BGer 6S.455/2003
 
BGer 6S.455/2003 vom 26.02.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
6S.455/2003 /kra
Urteil vom 26. Februar 2004
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Kolly, Zünd,
Gerichtsschreiber Boog.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Felix Müller,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8500 Frauenfeld.
Gegenstand
Hehlerei (Art. 160 StGB),
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 19. Juni 2003.
Sachverhalt:
A.
Die Bezirksgerichtskommission Arbon erklärte X.________ am 4. September 2002 der Hehlerei (Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) schuldig und verurteilte ihn zu drei Tagen Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 6'000.--. Von der Anklage der Urkundenfälschung sprach sie ihn frei. Die Schadenersatzforderungen des Geschädigten verwies sie auf den Zivilweg. Eine gegen diesen Entscheid geführte Berufung des Beurteilten sowie eine Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft befand das Obergericht des Kantons Thurgau mit Urteil vom 19. Juni 2003 für unbegründet und bestätigte das erstinstanzliche Urteil.
B.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, die Ziffern 1 und 3a des angefochtenen Urteils seien aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
C.
Das Obergericht beantragt unter Verzicht auf Gegenbemerkungen die Abweisung der Beschwerde. Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Vorinstanz stellt für den Kassationshof verbindlich (Art. 277bis Abs. 1 BStP) fest, ein Bekannter des Beschwerdeführers habe im Oktober 1998 bei seinem damaligen Arbeitgeber einen gebrauchten hydraulischen Spitzhammer für Bauabbruch-, Asphalt- und Betonarbeiten der Marke "Rammer S 56" im Wert von Fr. 25'000.-- bis Fr. 64'000.-- gestohlen. Am folgenden Tag habe er ihn für Fr. 7'000.-- dem Beschwerdeführer, dem er ihn zuvor angeboten hatte, verkauft. Dieser habe weder um die deliktische Herkunft gewusst noch seriösen Verdacht geschöpft. Nach zwei oder drei Monaten habe der Beschwerdeführer den Rammer auf die Farben seines Unternehmens umspritzen lassen. Zu einem späteren Zeitpunkt, im Juli oder August 1999, habe er Kenntnis vom Diebstahl erhalten. Dessen ungeachtet habe er das Gerät weiter benutzt und es unterlassen, die Polizei zu benachrichtigen.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch der Hehlerei. Er macht geltend, er habe den fraglichen Spitzhammer nach Kenntnis der deliktischen Herkunft zwar weiterverwendet. Die Benutzung sei jedoch im bisherigen Rahmen erfolgt, ohne dass er weitere Vorkehren getroffen habe. Er habe das Gerät daher nicht im Sinne von Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB verheimlicht.
2.2 Die Vorinstanz nimmt in rechtlicher Hinsicht an, der Beschwerdeführer sei, nachdem er erfahren habe, dass der Spitzhammer aus einer Straftat stammte, nicht bloss untätig geblieben. Vielmehr habe er den farbmässig an seinen Maschinenpark angepassten Rammer weiter benutzt, als ob er sein Eigentum wäre bzw. als ob er ihn rechtmässig erworben hätte. Durch dieses aktive Tun habe er den Eindruck erweckt, das Gerät gehöre nach wie vor zu seinem legalen Maschinenpark. Der durch die Vortat geschaffene rechtswidrige Zustand sei dadurch perpetuiert und die Wiedererlangung der Sache erschwert worden.
3.
3.1 Der Hehlerei macht sich unter anderem schuldig, wer eine fremde Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, verheimlicht (Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB). Unter Verheimlichen ist jedes Tätigwerden zu verstehen, durch das dem Berechtigten oder der Behörde das Auffinden der Sache verunmöglicht oder erschwert wird, so beispielsweise, wenn der Täter die Sache versteckt oder an einen Ort bringt, wo sie nicht vermutet wird, sie weiterverkauft, oder wenn er den Besitz an der Sache wahrheitswidrig in Abrede stellt oder die Sache dem polizeilichen Zugriff entzieht (BGE 90 IV 14 E. 2; vgl. auch BGE 117 IV 441 E. 2; 101 IV 402 E. 2; 85 IV 142 E. 4). Ein einverständliches Zusammenwirken mit dem Vortäter ist bei der Tatvariante des Verheimlichens einer vorgängig erworbenen Sache, anders als beispielsweise beim Erwerb selbst, nicht erforderlich (vgl. Martin Schubarth, Kommentar Strafrecht, Bern 1990, Art. 144 N 50; Bernard Corboz, Les infractions en droit suisse, Bd. I, Bern 2002, Art. 160 N 37; José Hurtado Pozo, Droit pénal, Partie spéciale I, 3. Aufl., Zürich 1997, N 1304; a.M. Philippe Weissenberger, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, Art. 160 N 44). Denn das Erfordernis, dass der Hehler im Einverständnis mit dem Vortäter handelt, dient lediglich dazu, den Erwerb durch eigenmächtiges Handeln als Hehlerei auszuschliessen (vgl. Schönke/Schröder/Stree, Strafgesetzbuch, 26. Aufl., München 2001, § 259 N 42).
Blosses Schweigen oder Untätigbleiben ist als Verheimlichen nur strafbar, wenn eine Auskunfts- oder Handlungspflicht besteht (BGE 76 IV188 E. 2; 86 IV 218 E. 3). Eine allgemeine Rechtspflicht, den Besitz einer gestohlenen Sache dem Eigentümer oder einem andern Berechtigten oder der Polizei zu melden, gibt es nicht. Eine solche Pflicht besteht nur für den Finder einer verlorenen Sache (Art. 720 Abs. 1 ZGB, Art. 332 StGB). Als verloren gilt eine Sache, wenn sie dem früheren Inhaber des Gewahrsams ohne dessen Willen abhanden gekommen ist und sich anschliessend in niemandes Gewahrsam befunden hat (BGE 71 IV 87 E. 1 und 183 E. 2; 85 IV 189 E. 2). Letzteres trifft auf gestohlene Sachen nicht zu.
3.2 Das angefochtene Urteil verletzt kein Bundesrecht.
Zwar trifft zu, dass mangels entsprechender Rechtspflicht nicht als Verheimlichen im Sinne von Art. 160 StGB qualifiziert werden kann, dass der Beschwerdeführer es unterliess, den Eigentümer oder die Polizei zu benachrichtigen, nachdem er um die Herkunft des Spitzhammers erfahren hatte. Indes setzte der Beschwerdeführer das Werkzeug unverändert wie zu dem Zeitpunkt, als er noch keine Kenntnis des Diebstahls hatte, auf seinen Baustellen ein. Wohl versteckte er die Maschine nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht und verbrachte sie auch nicht an einen Ort, wo sie schwerer auffindbar war. Doch blieb er nicht untätig und sah insbesondere nicht von einer Nutzung ab, sondern hielt durch den weiteren Gebrauch des auf die Farben seines Unternehmens umgespritzten Geräts nach Aussen hin bewusst den Anschein aufrecht, er sei dessen rechtmässiger Eigentümer. Ein solches Verhalten war, wie die Vorinstanz zu Recht erkennt, generell geeignet, der Polizei und dem Eigentümer das Auffinden der gestohlenen Maschine zu erschweren.
Dass der Beschwerdeführer nach Kenntnis des Diebstahls "nur" sein früheres Verhalten weiterführte, bedeutet entgegen seiner Auffassung nicht, dass er sich passiv verhielt und das Auffinden nicht beeinträchtigte, sondern einzig, dass er durch sein Tun das Auffinden der gestohlenen Maschine nicht noch mehr erschwerte als schon zuvor; das Erschwernis aber hielt er aufrecht. Sodann begründet das strafrechtliche Sanktionieren der Weiterverwendung nicht faktisch die Pflicht, den Besitz einer gestohlenen Sache zu melden. Denn um einer Verurteilung zu entgehen, genügt ein Unterlassen von Handlungen zum Zweck der Verheimlichung. Nicht relevant ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass der Verzicht auf die Weiterverwendung eine Amortisation des Kaufpreises verunmöglicht und deswegen ein Motiv sein kann, den Besitz zu melden, um so wenigstens eine Rückforderung des Kaufpreises und damit eine Begrenzung des Schadens zu erreichen.
Die Vorinstanz hat den Weitergebrauch der gestohlenen Maschine somit zu Recht als Verheimlichen im Sinne von Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB gewürdigt. Die Beschwerde ist unbegründet.
4.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 278 Abs. 1 BStP).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Februar 2004
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: