Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1P.770/2003 /bmt
Urteil vom 10. März 2004
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Féraud,
Gerichtsschreiber Forster.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
1. A.________,
2. B.________, dieser vertreten durch Fürsprecher Daniel Hoffet,
private Beschwerdegegner,
Generalprokurator des Kantons Bern,
Postfach 7475, 3001 Bern,
Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern.
Gegenstand
Art. 8, 9, 29 und 30 BV (Strafverfahren),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern
vom 14. November 2003.
Sachverhalt:
A.
Am 17. März 2003 wies die Anwaltskammer des Kantons Bern eine Beschwerde von X.________ gegen die Nichteröffnung eines Disziplinarverfahrens gegen Fürsprecher B.________ ab. Am 18. Juli 2003 erstattete X.________ Strafanzeige gegen Angehörige der bernischen Anwaltskammer, darunter Oberrichter A.________, wegen angeblichen Amtsmissbrauchs und weiteren Delikten. Der Strafanzeigeerstatter stellte sich auf den Standpunkt, im Beschwerdeverfahren vor der Anwaltskammer sei ihm das rechtliche Gehör fortgesetzt verweigert worden; ausserdem sei die Anwaltskammer nicht gesetzeskonform personell besetzt gewesen.
B.
Mit Beschluss vom 13./15. August 2003 traten der Untersuchungsrichter 1 des Untersuchungsrichteramtes III Bern-Mittelland bzw. der Prokurator 1 der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland auf die Strafanzeige nicht ein. Den von X.________ dagegen erhobenen Rekurs wies die Anklagekammer des Obergerichtes des Kantons Bern am 14. November 2003 ab, soweit sie darauf eintrat.
C.
Gegen den Rekursentscheid der Anklagekammer vom 14. November 2003 gelangte X.________ mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 19. Dezember 2003 an das Bundesgericht. Auf seine Vorbringen und Anträge wird in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. Die Generalprokuratur und die Anklagekammer des Obergerichtes des Kantons Bern schliessen je auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Der private Beschwerdegegner 2 beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, ist die staatsrechtliche Beschwerde rein kassatorischer Natur (vgl. BGE 125 I 104 E. 1b S. 107; 125 II 86 E. 5a S. 96, je mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer neben der Aufhebung des angefochtenen Entscheides besondere Feststellungen durch das Bundesgericht beantragt, ist die Beschwerde unzulässig.
2.
Die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen den Rekursentscheid der Anklagekammer des bernischen Obergerichtes vom 14. November 2003. Gegenstand des angefochtenen Entscheides ist die Frage, ob die kantonalen Strafverfolgungsbehörden zu Recht auf die Strafanzeige vom 18. Juli 2003 nicht eintraten. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf kantonales Strafprozessrecht. Soweit in der Beschwerde sinngemäss der Entscheid der Anwaltskammer des Kantons Bern vom 17. März 2003 (betreffend Nichteröffnung eines Disziplinarverfahrens) beanstandet wird, kann darauf mangels fristgerecht erhobener Beschwerde (Art. 89 OG) und mangels Beschwerdeantrag (Art. 90 Abs. 1 lit. a OG) offensichtlich nicht eingetreten werden.
3.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde kann grundsätzlich die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (oder bundesrechtlicher Vorschriften über die Abgrenzung der sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit der Behörden) gerügt werden (Art. 84 Abs. 1 OG). Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem angefochtenen strafprozessualen Nichteintretensentscheid eine Verletzung verschiedener Bestimmungen des materiellen Bundesstrafrechts rügt, ist schon unter diesem Gesichtspunkt nicht darauf einzutreten (vgl. Art. 84 Abs. 2 OG i.V.m. Art. 269 BStP).
4.
Schliesslich ist noch die Beschwerdelegimation zu prüfen (Art. 88 OG).
4.1 Mutmassliche Geschädigte (bzw. Strafanzeigeerstatter) ohne Opferstellung können mit staatsrechtlicher Beschwerde nur die Verletzung jener formellen Parteirechte geltend machen, die ihnen nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund der Bundesverfassung (oder völkerrechtlicher Bestimmungen) zustehen. Dazu gehört namentlich der in Art. 29 Abs. 2 BV verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. BGE 120 Ia 157 E. 2a/bb S. 160, 220 E. 2a S. 222, 227 E. 1 S. 229 f.). Darüber hinaus räumt Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG Opfern im Sinne des eidgenössischen Opferhilfegesetzes eine auf materiellrechtliche Fragen erweiterte Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde ein. Insbesondere können Opfer im Falle von Freisprüchen und Verfahrenseinstellungen die Beweiswürdigung der kantonalen Instanzen als willkürlich anfechten (BGE 120 Ia 157 E. 2c S. 161 f.). Als Opfer ist jede Person anzusehen, welche durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt wurde (Art. 2 Abs. 1 OHG).
4.2 Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, im strafprozessualen Rekursverfahren vor der Anklagekammer des bernischen Obergerichtes seien seine Parteirechte missachtet worden. Er rügt vielmehr, im kantonalen Beschwerdeverfahren betreffend Eröffnung eines anwaltlichen Disziplinarverfahrens habe die Anwaltskammer des Kantons Bern in unzulässiger personeller Besetzung entschieden und das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers missachtet. Diese Rügen sind offensichtlich unzulässig. Wie bereits dargelegt, wären sie in einer frist- und formgültig erhobenen Beschwerde gegen den Entscheid der Anwaltskammer vom 17. März 2003 vorzubringen gewesen (Art. 89 und Art. 90 Abs. 1 lit. a OG ).
4.3 Mangels gesetzlicher Opferstellung (Art. 2 Abs. 1 OHG) ist der Beschwerdeführer als blosser Strafanzeigeerstatter nicht befugt, die Beweiswürdigung des angefochtenen Entscheides anzufechten. Darüber hinaus enthielte die Beschwerde auch keine ausreichend substanziierten Rügen, wonach der angefochtene Entscheid willkürliche Tatsachenfeststellungen träfe (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; vgl. BGE 128 I 295 E. 7a S. 312; 127 I 38 E. 3c S. 43; 125 I 71 E. 1c S. 76, je mit Hinweisen).
5.
Zusammenfassend ergibt sich, dass auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden kann.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend, sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Dem anwaltlich vertretenen privaten Beschwerdegegner 2 ist eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 159 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat dem privaten Beschwerdegegner 2 für das Verfahren vor Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Generalprokurator und der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. März 2004
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: