BGer 6P.34/2004
 
BGer 6P.34/2004 vom 21.05.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
6P.34/2004
6S.96/2004 /kra
Urteil vom 21. Mai 2004
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly,
Gerichtsschreiber Heimgartner.
Parteien
BY.________,
CY.________,
DY.________,
Beschwerdeführer,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Wick,
gegen
X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Cornel Wehrli,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau.
Gegenstand
Einstellungsverfügung (fahrlässige Tötung),
Staatsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 31. Januar 2004.
Sachverhalt:
A.
Am Samstag, den 10. Mai 2003, um 08.55 Uhr, fuhr X.________ (Jahrgang 1982) am Steuer eines Personenwagens Peugeot 306 auf der Hauptstrasse Frick - Eiken. AY.________ (Jahrgang 1940) mündete auf einem Motorrad Vespa Piaggio aus der Vorstadt-Circusstrasse, an deren Rand das Signal "Kein Vortritt" steht, von rechts - ohne zu halten oder abzubremsen - in die genannte Hauptstrasse ein. Es kam zur Kollision. AY.________ verstarb auf der Unfallstelle.
B.
Die Staatsanwaltschaft stellte das gegen X.________ eröffnete Strafverfahren am 10. Dezember 2003 ein. Die Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau wies eine dagegen erhobene Beschwerde der Ehefrau und der beiden Kinder des Verstorbenen am 31. Januar 2004 ab.
C.
Gegen diesen Entscheid führen die Ehefrau und die beiden Kinder staatsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeitsbeschwerde.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
I. Staatsrechtliche Beschwerde
1.
Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), des Willkürverbots (Art. 9 BV) sowie des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 BV).
2.
Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde setzt die persönliche Betroffenheit der Beschwerdeführer in eigenen rechtlich geschützten Positionen voraus (Art. 88 OG).
2.1 Nach der Praxis des Bundesgerichts ist der mutmasslich Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Einstellung eines Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil eine staatsrechtliche Beschwerde zu erheben. Der Geschädigte hat lediglich ein tatsächliches oder mittelbares Interesse an der Verfolgung und Bestrafung des Täters, nicht aber ein rechtlich geschütztes, eigenes und unmittelbares Interesse im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 88 OG (BGE 128 I 218 E. 1.1). Der Strafanspruch, um den es im Strafverfahren geht, steht ausschliesslich dem Staat zu, und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte als Privatstrafkläger auftritt oder die eingeklagte Handlung auf seinen Antrag hin verfolgt wird.
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst ist der Geschädigte aber befugt, mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von Verfahrensrechten geltend zu machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 88 OG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund der Bundesverfassung zustehen (BGE 128 I 218 E. 1.1).
Er kann beispielsweise geltend machen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht angehört worden, habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder er habe nicht Akteneinsicht nehmen können. Hingegen kann er weder die Würdigung der beantragten Beweise noch die Tatsache rügen, dass seine Anträge wegen Unerheblichkeit oder aufgrund antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt wurden. Die Beurteilung dieser Fragen kann von der Prüfung der materiellen Sache nicht getrennt werden. Auf eine solche hat der in der Sache selbst nicht Legitimierte jedoch keinen Anspruch (BGE 120 Ia 157 E. 2a/bb, 125 I 253 E. 1b).
2.2 Weitergehende Rechte stehen dem Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG zu. Gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG kann das Opfer den Entscheid eines Gerichts verlangen, wenn das Verfahren eingestellt wird. Es kann nach Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG den betreffenden Gerichtsentscheid mit den gleichen Rechtsmitteln anfechten wie der Beschuldigte, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann. Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG geht Art. 88 OG als "lex specialis" vor. Die Legitimation des Opfers zur staatsrechtlichen Beschwerde ist insoweit auf materiellrechtliche Fragen erweitert (BGE 128 I 218 E. 1.1).
Die erweiterte Legitimation des Opfers besteht allerdings nur in dem Rahmen, in welchem ihm die Art. 8 und 9 OHG eine rechtlich geschützte Position einräumen. Diese ist begrenzt. Denn das OHG garantiert dem Opfer nur minimale Verfahrensrechte und überlässt es dem kantonalen Recht, dem Opfer allenfalls weitergehende Rechte zuzugestehen. Der Gesetzgeber wollte mit den Art. 8 und 9 OHG dem Opfer die adhäsionsweise Durchsetzung seiner Zivilansprüche gegen den Beschuldigten im Strafverfahren erleichtern und ihm nach Möglichkeit einen unter Umständen aufwändigen und kostspieligen Zivilprozess ersparen (vgl. BGE 123 IV 78 E. 2a). Hierbei wollte er aber nicht mehr als unbedingt erforderlich in die kantonale Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Verfahrensrechtes eingreifen (BGE 124 IV 137 E. 2d). Das Opfer hat deswegen von Bundesrechts wegen insbesondere keinen Anspruch darauf, dass ein Strafverfahren, das auf Grund des kantonalen Rechts eingestellt werden darf, weitergeführt wird, um ihm im Hinblick auf die Durchsetzung von Zivilansprüchen eine günstigere Lage zu verschaffen (BGE 127 IV 185 E. 1a).
Das OHG gewährt dem Opfer keinen Anspruch, im gleichen Umfang wie der Angeklagte an Prozesshandlungen teilzunehmen, Anträge zu stellen und Bemerkungen vorzubringen. Aus dem Zweck der Art. 8 und 9 OHG, die adhäsionsweise Durchsetzung der Zivilansprüche im Strafverfahren zu erleichtern, folgt aber immerhin, dass sich das Opfer grundsätzlich zu den für den Zivilanspruch relevanten Punkten äussern und Beweisanträge stellen kann. Wie das zu geschehen hat, folgt aus dem kantonalen Verfahrensrecht sowie aus den bundesverfassungs- und konventionsmässigen Mindestgarantien. Das OHG selber regelt den Anspruch des Opfers auf rechtliches Gehör in Zusammenhang mit der Beweisführung nicht selber; dessen Verletzung ist mittels staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen (BGE 124 IV 137 E. 2d; 120 Ia 101 E. 3a).
2.3 Bei der Geltendmachung von Verfahrensrechten im Sinn von Art. 8 OHG sind gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. b OHG der Ehegatte des Opfers, dessen Kinder und Eltern sowie andere Personen, die ihm in ähnlicher Weise nahe stehen, dem Opfer gleichgestellt, soweit ihnen Zivilansprüche gegenüber dem Täter zustehen. Gemeint sind damit sowohl eigene als auch vom verstorbenen Opfer ererbte Zivilansprüche (BGE 126 IV 42 E. 3b).
2.4 Die Beschwerdeführer sind die Ehefrau und die Kinder des getöteten Opfers. Die Feststellung, dass den unfallbeteiligten Automobilisten kein strafrechtlich relevantes Verschulden trifft, ist offensichtlich geeignet, sich auf die Genugtuungs- und Schadenersatzansprüche auszuwirken, die ihnen bei einem Verschulden des Automobilisten zustünden. Zivilansprüche können im aargauischen Strafverfahren noch in der Hauptverhandlung geltend gemacht werden (vgl. § 165 Abs. 1 StPO/AG), so dass den Beschwerdeführern kein Nachteil daraus erwächst, dass sie es in der Vorverhandlung nicht getan haben (vgl. BGE 127 IV 185 E. 1). Die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG sind in Bezug auf die Beschwerdeführer erfüllt.
3.
Die Beschwerdeführer verlangen in ihrem Rechtsbegehren, dass der Entscheid des Obergerichts sowie die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft aufgehoben und die kantonalen Instanzen angehalten werden, bestimmte Untersuchungshandlungen vorzunehmen und anschliessend Anklage zu erheben.
Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur. Sie kann nur zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen. Eine Ausnahme gilt einzig, wenn die von der Verfassung geforderte Lage nicht schon mit der Aufhebung des angefochtenen kantonalen Entscheids wieder hergestellt wird, sondern dafür eine positive Anordnung nötig ist (BGE 129 I 129 E. 1.2.1). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben. Überdies richtet sich die staatsrechtliche Beschwerde ausschliesslich gegen den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid (Art. 86 OG). Soweit die Beschwerdeführer mehr verlangen als die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids, ist auf die Rechtsbegehren nicht einzutreten.
4.
Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Es genügt nicht, wenn der Beschwerdeführer bloss den angefochtenen Entscheid rügt, wie er dies in einem appellatorischen Verfahren tun könnte, bei dem die Rechtsmittelinstanz die Rechtsanwendung frei überprüfen kann (BGE 117 Ia 10 E. 4b; 107 Ia 186 E. b).
5.
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung ihres Anspruches auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), weil gewisse Beweise nicht abgenommen worden seien.
5.1 Das rechtliche Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV dient der Sachaufklärung und gewährt ein Mitwirkungsrecht. Der Betroffene hat insbesondere das Recht, sich zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergibt sich somit der Anspruch auf Beweisabnahme.
Der Verzicht auf die Durchführung beantragter Beweismassnahmen ist indessen zulässig, wenn das Gericht auf Grund bereits abgenommener Beweise oder gestützt auf die Aktenlage seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass diese seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde. Beweise müssen daher nicht abgenommen werden, wenn sie nicht erhebliche Tatsachen betreffen oder offensichtlich untauglich sind, über die streitige Tatsache Beweis zu erbringen (BGE 125 I 127 E. 6c/cc, mit Hinweisen). Der Verzicht auf ein Beweismittel verletzt mithin den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn die vorweggenommene Beweiswürdigung, die die kantonale Behörde zum Verzicht auf die Erhebung dieses Beweises bewog, sich als willkürlich erweist.
Bei der Beweiswürdigung steht dem Gericht ein weiter Ermessensspielraum zu. Willkür ist daher nicht schon gegeben, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erschiene, sondern wenn das Ergebnis schlechterdings mit vernünftigen Gründen nicht zu vertreten ist, wenn also der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Eine Aufhebung rechtfertigt sich aber nur, wenn die Entscheidung nicht bloss in der Begründung, sondern im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 124 I 208 E. 3a; 124 IV 86 E. 2a).
Der Verzicht auf die Abnahme beantragter Beweismassnahmen ist zu begründen. Die Begründungspflicht und der Anspruch auf Begründung sind aber nicht bereits dadurch verletzt, dass sich die urteilende Behörde nicht mit allen Parteistandpunkten auseinander setzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (vgl. BGE 126 I 97 E. 2b).
Anderes gilt in Bezug auf Beweismittel, die im kantonalen Verfahren nicht beantragt wurden. Denn infolge des Erfordernisses der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (Art. 86 OG) sind neue Beweismittel im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde grundsätzlich ausgeschlossen. Das gilt insbesondere bei Beschwerden wegen Willkür oder Verletzung des rechtlichen Gehörs. In diesem Rahmen können keine Beweismittel vorgebracht werden, welche nicht bereits im kantonalen Verfahren geltend gemacht wurden (vgl. BGE 107 Ia 187 E. 2a). Dies lässt sich auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableiten. Demnach kann derjenige, der eine Rüge wegen Verfahrensmängel nicht vor der letzten kantonalen Instanz erhebt, diese grundsätzlich auch nicht mehr vor Bundesgericht geltend machen; ansonsten würden Verzögerungstaktiken begünstigt (BGE 119 Ia 88 E. 1a).
5.2 Der unfallbeteiligte Automobilist, X.________, litt vor dem Unfall an den Folgen einer Beinverletzung (Bruch des linken Schien-und Wadenbeins). Gemäss einem Bericht seines Arztes durfte er ab dem 20. März 2003 für sechs Wochen nicht Auto fahren, und er war am Tag des Unfalls arbeitsunfähig. Die Beschwerdeführer rügen, dass das Obergericht auf diesen Umstand nicht eingegangen ist, keine weiteren medizinischen Auskünfte eingeholt und den allfälligen Einfluss auf den Unfallablauf nicht abgeklärt hat.
In der kantonalen Beschwerde haben die Beschwerdeführer keine dahingehenden Beweisanträge gestellt. Auf die Rüge kann somit nicht eingetreten werden.
Im Übrigen ging das Obergericht auf Grund der Aussagen der Insassen im nachfolgenden Personenwagen davon aus, dass der unfallbeteiligte Automobilist sein Ausweich- und Anhaltemanöver (Vollbremsung) schnellstmöglich eingeleitet hatte. Dies schliesst eine verzögerte Reaktion und damit einen Einfluss der Beinverletzung auf den Unfallhergang aus. Dass das Obergericht diese Folgerung nicht ausdrücklich darlegt, ist unerheblich. Die Beschwerdeführer zeigen denn auch nicht auf, inwiefern die Verletzung des linken Beines sich auf das Brems- oder Ausweichmanöver ausgewirkt haben sollte.
5.3 Der Automobilist trug im Zeitpunkt des Unfalls ein eingeschaltetes Mobiltelefon auf sich. Er erklärte, dass es sich in der Hosentasche befand und er weder einen Anruf getätigt noch eine Kurzmeldung geschrieben oder gelesen hatte. Gemäss den Beschwerdeführern sollen erhebliche Indizien dafür bestehen, dass der Automobilist abgelenkt gewesen sein könnte. Deshalb wären ihrer Auffassung nach bei den Telefonanbietern diesbezügliche Abklärungen vorzunehmen.
Einen solchen Beweisantrag haben die Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren nicht gestellt. Auf die Rüge kann nicht eingetreten werden. Im Übrigen liesse nichts darauf schliessen, dass der Automobilist durch das Mobiltelefon abgelenkt gewesen wäre. Die Rüge wäre somit unbegründet.
5.4 Gemäss den Beschwerdeführern sollen gewichtige Indizien dafür bestehen, dass der Automobilist zu schnell fuhr oder falsch reagierte. Überdies handle es sich beim Automobilisten um einen jugendlichen Lenker mit Jahrgang 1982, der regelmässig an Motorradrennen teilnehme und folglich an hohe Geschwindigkeiten und waghalsige Verkehrsmanöver gewohnt sei. Es bestehe der Verdacht, dass sich das auf sein Verhalten im normalen Strassenverkehr ausgewirkt haben könnte. Deshalb wären nach Auffassung der Beschwerdeführer Auskünfte über Vorstrafen und Administrativmassnahmen in Bezug auf den Automobilisten einzuholen.
Das Obergericht hat den Unfallhergang namentlich auf Grund von Aussagen der Augenzeugen ermittelt, die festgehalten haben, dass der Automobilist die gesetzliche Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten hatte und das Opfer ohne anzuhalten oder abzubremsen eingemündet war. Unter diesen Umständen war es nicht nötig, den automobilistischen Leumund des Automobilisten abzuklären. Die Rüge ist unbegründet.
5.5 Die Beschwerdeführer bemängeln, dass der automobilistische Leumund des Opfers nicht festgehalten wurde. Dieser wäre aber - so gut er auch sein mag - nicht geeignet, die Beweismittel zu entkräften, die in Bezug auf den konkreten Unfallhergang abgenommen wurden. Auch einem vorsichtigen und erfahrenen Fahrzeuglenker kann eine Unachtsamkeit unterlaufen. Die Rüge ist unbegründet.
5.6 Weiter rügen die Beschwerdeführer, dass kein verkehrstechnisches Gutachten und kein massstabgetreuer Unfall- und Spurenplan erstellt wurden. Auf Grund dieser Unterlagen liessen sich "voraussichtlich genauere Aussagen über die Geschwindigkeit der Beteiligten im Kollisionszeitpunkt, die genaue Fahrtrichtung, die Reaktionszeiten und -wege, die Bremszeiten, die Distanzen etc." und damit "erheblich zuverlässigere Aussagen über ein allfälliges Verschulden der Unfallbeteiligten" machen.
Das Obergericht konnte den Unfallhergang auf Grund von Zeugenaussagen ermitteln. Deshalb durfte es auf ein Gutachten verzichten. Es durfte dies umso mehr tun, als ein Gutachten kaum präzise Ergebnisse gebracht hätte angesichts des Umstandes, dass weder Bremsspuren des Motorrades noch solche des mit einem Antiblockiersystem (ABS) ausgerüsteten Automobils festgestellt wurden. Unter diesen Umständen war auch ein Unfall- und Spurenplan entbehrlich. Die Rüge ist unbegründet.
5.7 Die Beschwerdeführer berichten von einem zehn Jahre alten Unfallzeugen, der nie einvernommen wurde. Sie hätten erst kürzlich von ihm erfahren, so dass sie seine Einvernahme nicht früher hätten beantragen können. Es handelt sich hier um ein neues, bisher unbekanntes Beweismittel. Die Rüge ist unzulässig. Damit kann offen bleiben, ob ein zehnjähriges Kind sich nach einem Jahr wirklich noch an Einzelheiten eines Verkehrsunfalls erinnern kann und seine Aussage als Auskunftsperson (vgl. § 107 StPO/AG) geeignet wäre, die andern erhobenen Beweise in Frage zu stellen.
5.8 Die Beschwerdeführer rügen sinngemäss, das Obergericht habe kein Gutachten über die Frage eingeholt, ob Fahrzeuge, die mit ABS ausgerüstet sind, bei einer Vollbremsung Bremsspuren hinterlassen. Ein entsprechendes Gesuch haben sie indes im kantonalen Verfahren nicht gestellt. Auf die Rüge kann nicht eingetreten werden.
Im Übrigen wurden am Unfallort keine Brems- oder Reifenspuren festgestellt. Der Gutachter hätte somit höchstens allgemeine Ausführungen darüber machen können, ob und unter welchen Voraussetzungen beim Bremsen mit ABS auf Strassen Spuren entstehen. Sie wären nicht geeignet, ein Fehlverhalten des Autolenkers nachzuweisen.
6.
Ferner machen die Beschwerdeführer eine "willkürliche und rechtsungleiche Erforschung der materiellen Wahrheit" geltend. Gemäss § 26 Abs. 1 StPO/AG haben die Untersuchungs- und Gerichtsbehörden zur Erforschung der materiellen Wahrheit die Beweisaufnahme von Amtes wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die zur Beurteilung der Tat und des Täters von Bedeutung sind. Gemäss der kantonalen Rechtsprechung hängt es von der Würdigung der tatsächlichen und rechtlichen Umstände ab, wie weit im Einzelnen die materielle Wahrheit zu erforschen ist. Eine Verletzung von § 26 Abs. 1 StPO/AG ist nicht leichthin anzunehmen (Kassationsgericht des Kantons Aargau, Entscheid vom 24. April 1967, zitiert in: Beat Brühlmeier, Aargauische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Aarau 1980, § 26, N. 4). Nach aargauischem Recht ist somit die Pflicht der Behörde begrenzt, von Amtes wegen Beweise zu erheben.
Das Bundesgericht prüft die Anwendung kantonalen Rechts nur unter dem Blickwinkel der Willkür. Inwieweit die Ermittlungspflicht der aargauischen Behörden geht und warum das Obergericht diese in willkürlicher Weise verletzt haben sollte, legen die Beschwerdeführer nicht dar. Der blosse Hinweis auf die kantonale Norm genügt den Anforderungen an die Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde nicht. Auf die Rüge ist nicht einzutreten.
7.
Die Beschwerdeführer rügen schliesslich die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 BV) bei der Handhabung von § 136 Abs. 1 StPO/AG und § 24 Abs. 2 StPO/AG. Gemäss § 136 Abs. 1 StPO/AG wird das Verfahren nach Durchführung der Ermittlungen oder der Untersuchung eingestellt, wenn zureichende Gründe für eine Anklageerhebung fehlen. Nach § 24 Abs. 2 StPO/AG ist die Anklagebehörde verpflichtet, Anklage zu erheben, wenn zureichende Gründe vorliegen.
Die Beschwerdeführer bringen Argumente vor, die nach ihrer Auffassung für ein Fehlverhalten des unfallbeteiligten Automobilisten sprechen und erstellen damit einen "plausibleren alternativen Sachverhalt".
Die Beschwerdeführer verkennen die Natur der staatsrechtlichen Beschwerde. Mit ihr wird nicht das kantonale Verfahren weitergeführt. Es handelt sich vielmehr um ein neues und selbständiges bundesrechtliches Verfahren, bei dem einzig geprüft wird, ob ein kantonaler Entscheid verfassungsmässige Rechte des Bürgers, in casu das Willkürverbot und das Rechtsgleichheitsgebot, verletzt. Auf die appellatorische Kritik am festgestellten Sachverhalt, die sich weitgehend mit der vorangehenden Kritik gegen das Beweisverfahren deckt, ist deshalb nicht einzutreten. Der Umstand, dass die verfassungswidrige Anwendung kantonalen Rechts und nicht direkt die Feststellung des Sachverhalts gerügt wird, erweitert die Kognition in Sachverhaltsfragen nicht. Im Übrigen suchen die Beschwerdeführer darzulegen, dass ihre Version lediglich plausibler ist. Damit scheinen auch sie die Sachverhaltsdarstellung des Obergerichts nicht als offensichtlich unhaltbar zu betrachten.
8.
Zusammenfassend ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
II. Nichtigkeitsbeschwerde
9.
Die Beschwerdeführer sind zur Nichtigkeitsbeschwerde gegen den letztinstanzlichen Einstellungsentscheid legitimiert (Art. 268 Ziff. 2 und Art. 270 lit. e BStP). Soweit sie mehr verlangen als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, ist die Beschwerde unzulässig (Art. 277ter BStP; BGE 125 IV 298 E. 1). Nur die ausdrücklich bestrittenen Punkte werden geprüft (vgl. BGE 128 IV 106 E. 1; 126 IV 65 E. 1).
10.
Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz ausschliesslich eine Verletzung des OHG vor, begangen "durch Nichtdurchführung von Ermittlungs- oder Untersuchungshandlungen" und "durch Einstellung des Verfahrens trotz hinreichendem Tatverdacht". Die Begründung ist dieselbe wie jene der staatsrechtlichen Beschwerde. Rügen, welche das Untersuchungsverfahren betreffen, können jedoch auch im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde eines Opfers nicht gehört werden (BGE 124 IV 137 E. 2d; 120 Ia 101 E. 3a). Unzulässig sind sodann Rügen gegen die Anwendung kantonalen Rechts und gegen die Sachverhaltsfeststellung (Art. 269 Abs. 1 BStP bzw. Art. 273 Abs. 1 lit. b und Art. 277bis Abs. 1 zweiter Satz BStP). Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden.
III. Kosten
11.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführer die Kosten vor Bundesgericht zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG und Art. 278 Abs. 1 BStP).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 4'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. Mai 2004
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: