BGer 6S.318/2003
 
BGer 6S.318/2003 vom 27.05.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
6S.318/2003 /kra
Sitzung vom 27. Mai 2004
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Näf.
Parteien
Generalprokurator des Kantons Bern, 3001 Bern,
Beschwerdeführer,
gegen
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Fürsprecher Erich Giesser.
Gegenstand
Rassendiskriminierung (Art. 261bis StGB),
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 3. Juni 2003.
Sachverhalt:
A.
Am 26. September 1999 fand in einer Waldhütte eine von X.________ im Namen der Vereinigung Z.________ organisierte Veranstaltung statt. X.________ lud dazu die Mitglieder der genannten Gruppierung sowie einige weitere ihm persönlich bekannte Kollegen schriftlich ein. Er engagierte als Referenten Y.________, der einen Vortrag zum Thema "Die Entstehung der SS und der Waffen-SS" halten sollte. Y.________, der selbst nicht Mitglied der Vereinigung Z.________ war, lud seinerseits einige ihm bekannte Personen zur Veranstaltung ein. In die Waldhütte wurde nur eingelassen, wer eine schriftliche Einladung vorweisen konnte. Es waren etwa 40-50 Personen anwesend, die alle der "Skinhead"-Szene angehörten. Y.________ sprach in der Waldhütte vor diesen Personen zum genannten Thema.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern erhob gegen X.________ und Y.________ Anklage unter anderem wegen Rassendiskriminierung.
B.
Am 3. Juni 2003 sprach das Obergericht des Kantons Bern in Bestätigung des Urteils des Gerichtspräsidenten 3 des Gerichtskreises III Aarberg-Büren-Erlach vom 24. Oktober 2002 Y.________ und X.________ frei von der Anschuldigung der Rassendiskriminierung durch Verharmlosung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Y.________) beziehungsweise von der Anschuldigung der Rassendiskriminierung durch Organisation einer Propagandaaktion (X.________ ), angeblich begangen am 26. September 1999.
C.
Der stellvertretende Generalprokurator des Kantons Bern führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
D.
Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde verzichtet.
E.
X.________ und Y.________ beantragen in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde.
F.
Der stellvertretende Bundesanwalt beantragt in seinen Bemerkungen sinngemäss die Gutheissung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Gemäss Art. 261bis StGB wird wegen Rassendiskriminierung unter anderem bestraft, wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sind (Abs. 2); wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt (Abs. 3); wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert (Abs. 4 erste Hälfte) oder aus einem dieser Gründe Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht (Abs. 4 zweite Hälfte).
Die erste Instanz hat die Beschwerdegegner freigesprochen mit der Hauptbegründung, die vom Beschwerdegegner 1 organisierte Veranstaltung sei nicht öffentlich gewesen, und mit der Eventualbegründung, dass der Beschwerdegegner 2 durch die inkriminierten Äusserungen an dieser Veranstaltung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers den Holocaust beziehungsweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit weder geleugnet noch gröblich verharmlost noch zu rechtfertigen gesucht habe. Die Vorinstanz hat den Freispruch der Beschwerdegegner allein mit dem Fehlen der Öffentlichkeit begründet und sich mit den weiteren Tatbestandsmerkmalen von Art. 261bis StGB nicht befasst.
Zu prüfen ist somit einzig, ob das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit objektiv erfüllt ist.
2.
2.1 Die Vorinstanz hat die Öffentlichkeit im Wesentlichen mit der Begründung verneint, bei der Veranstaltung in der abgelegenen Waldhütte habe es sich um eine geschlossene Gesellschaft von persönlich eingeladenen Mitgliedern der "Skinhead"-Szene gehandelt. Zwar hätten die anwesenden 40-50 Personen nicht alle dem gleichen Verein oder derselben Organisation angehört, doch hätten sie sich durch eine auf Sinn und Zweck der gemeinsamen Gesinnung basierende Zusammengehörigkeit ausgezeichnet. In der Waldhütte sei ein bestimmter, begrenzter Personenkreis anwesend gewesen, welcher mittels Eingangskontrolle überprüft worden sei. Es habe niemand Zutritt erhalten, der nicht persönlich vom Organisator eingeladen worden sei, was diesem nur dank seiner persönlichen Beziehung zu den Eingeladenen möglich gewesen sei. Gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in BGE 126 IV 176 könne daher von einem geschlossenen oder gar vertrauten Kreis ausgegangen werden. Die Zahl von 40-50 anwesenden Personen begründe nicht eo ipso Öffentlichkeit. Die in BGE 126 IV 176 E. 2c/aa beispielsweise genannte Zahl 20 stelle entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft keinen fixen Grenzwert dar. Ausserdem gebe es vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass das Risiko einer Weiterverbreitung der Äusserungen bestanden habe.
2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, vorliegend sei Öffentlichkeit schon in Anbetracht der relativ grossen Zahl von 40-50 anwesenden Personen gegeben. Gemäss einer Bemerkung in BGE 126 IV 176 E. 2c/aa könne bei Äusserungen in einem geschlossenen oder gar vertrauten Kreis Öffentlichkeit fehlen, auch wenn dieser Kreis beispielsweise 20 Personen umfasse. Daraus sei zu schliessen, dass diese Zahl im kritischen Bereich liege. Sie sei vorliegend deutlich überschritten. Bei 40-50 Personen sei Öffentlichkeit zu bejahen, wie sich auch aus BGE 126 IV 20 E. 1d betreffend 50 Adressaten ergebe. Zum gleichen Ergebnis gelange man, wenn mehr Gewicht auf die persönliche Verbundenheit der Adressaten gelegt werde. Es habe sich im vorliegenden Fall nicht um einen geschlossenen Vereinsanlass oder eine Familienfeier gehandelt, sondern um ein Treffen von Personen aus mindestens drei verschiedenen Gruppen, deren Verbindung einzig in der Gesinnung gelegen habe. Eine persönliche Verbundenheit aller Teilnehmer habe nicht bestanden. Wenn bei Veranstaltungen mit beispielsweise bis zu 50 Personen die Gesinnung als verbindender Faktor genügte, um Öffentlichkeit zu verneinen, würden der Rassendiskriminierung viele Bühnen eröffnet; etwa kantonale Delegiertenversammlungen von Parteien, Jahrestreffen von Verbänden, Generalversammlungen von gesinnungsorientierten Aktiengesellschaften. Die Verneinung der Öffentlichkeit in solchen Fällen stünde im Widerspruch sowohl zu Sinn und Zweck von Art. 261bis StGB als auch zum Willen des Gesetzgebers. Die typischerweise von konspirativen Vorkehrungen begleiteten Anlässe von rechtsextremen Sympathisanten, an welchen rassendiskriminierende Hetztiraden von vornherein zu erwarten seien, dürften, auch wenn daran in der Regel bloss bereits kontaminierte Personen teilnähmen, angesichts der Gefahr der Festigung und Weiterverbreitung rassistischer Ansichten strafrechtlich nicht geduldet werden.
2.3 Die Beschwerdegegner wenden unter Hinweis auf eine Meinungsäusserung in der Lehre (Marcel Alexander Niggli, Rassendiskriminierung, Ein Kommentar zu Art. 261bis StGB und Art. 171c MStG, 1996, N. 613) ein, in Anbetracht der gesamten relevanten Umstände - abgelegene Waldhütte, persönliche Einladungen, Eingangskontrolle, gemeinsame Gesinnung - fehle es an einem direkten Öffentlichkeitsbezug und sei daher Öffentlichkeit ungeachtet der Zahl der Teilnehmer zu verneinen. Indem der Beschwerdeführer mit dem ohnehin rein politischen Argument, es gelte der Gefahr der Festigung und Weiterverbreitung rassistischer Ansichten zu begegnen, für eine strafrechtliche Erfassung plädiere und aus diesem Grund Öffentlichkeit bejahe, impliziere er in unzulässiger Weise, dass an der fraglichen Veranstaltung tatsächlich rassistische Ansichten vorgetragen worden seien, was die Vorinstanz indessen nicht festgestellt habe.
2.4 Der stellvertretende Bundesanwalt hält unter Hinweis auf BGE 126 IV 20 und 176 dafür, dass bei 40-50 Personen ein Grenzfall vorliegen könnte und daher das Risiko der Weiterverbreitung von Bedeutung sei. Dieses Risiko sei gross gewesen, weil das Ziel des Vortrags darin bestanden habe, die Zuhörer in ihrer Gesinnung zu bestärken und die Weiterverbreitung des fraglichen Gedankenguts zu fördern. Die anwesenden Personen seien nicht als privater Kreis zu qualifizieren, was sich schon aus der Zahl sowie aus dem Zulassungskriterium ergebe, wonach einzig die Gesinnung massgebend gewesen sei.
3.
3.1 Öffentlich ist eine Äusserung nach allgemeiner Auffassung, wenn sie von unbestimmt vielen Personen oder von einem grösseren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrgenommen werden kann (BGE 111 IV 151 E. 3; 123 IV 202 E. 3d; 126 IV 176 E. 2; Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art. 259 N. 3a, Art. 261 N. 3, Art. 261bis N. 15; Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil. II, 5. Aufl. 2000, § 38 N. 15; Marcel Alexander Niggli, a.a.O., N. 696, 704; Dorrit Schleiminger, Basler Kommentar, StGB II, 2003, Art. 261bis N. 21; ähnlich die Rechtsprechung und herrschende Lehre in Deutschland, siehe statt vieler Schönke/Schröder/Lenckner, Strafgesetzbuch, Kommentar, 26. Aufl. 2001, § 186 StGB N. 19). Diese allgemeine Begriffsumschreibung gilt, wie sich aus den zitierten Entscheiden ergibt, auch für den Tatbestand der Rassendiskriminierung (Art. 261bis StGB) im Besonderen und die Tatbestandsvariante der Leugnung von Völkermord (Art. 261bis Abs. 4 zweite Hälfte StGB) im Speziellen.
3.2
3.2.1 Nach der Praxis des Bundesgerichts ist öffentlich die Aufforderung zu Verbrechen und Gewalttätigkeit (im Sinne von Art. 259 StGB), die auf einem Plakat geäussert wurde, welches auf einer Strassensignalisationstafel auf dem Predigerplatz in Zürich aufgeklebt war (BGE 111 IV 151). Öffentlich sind antisemitische Äusserungen in einem Brief, der an 432 Personen und somit an einen grösseren Personenkreis versandt wurde (BGE 123 IV 202 E. 3d und E. 4c). Äusserungen in einem Schreiben, das an rund 50 Personen verschickt wurde, hat der Kassationshof in BGE 126 IV 20 E. 1d als öffentlich im Sinne von Art. 261bis StGB qualifiziert mit der Begründung, der Beschuldigte in jenem Verfahren habe das Schreiben möglicherweise nur an Bekannte beziehungsweise an ohnehin interessierte Personen versandt, doch habe das Risiko bestanden, dass das Schreiben von den Adressaten weiterverbreitet und somit sein Inhalt über die fragliche Gruppe hinaus bekannt wurde. In BGE 127 IV 203 wurde Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261bis StGB angenommen im Falle eines Beschuldigten, der in einer von ihm herausgegebenen Zeitschrift einige Exemplare eines den Holocaust leugnenden Buches eines Dritten unter Hinweis auf dessen Inhalt zum Verkauf angeboten hatte. Unerheblich war, dass kein einziges Exemplar des Buches verkauft wurde; das öffentliche Angebot reichte aus.
Demgegenüber hat das Bundesgericht Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261bis StGB verneint im Fall eines Beschuldigten, der ein rassendiskriminierende Ideologien enthaltendes Buch eines Dritten per Post an sieben ihm bekannte Personen verschickt hatte (BGE 126 IV 176; zustimmend Guido Jenny, ZBJV 139/2003 S. 379). Gemäss den Erwägungen im zitierten Entscheid sind sieben Adressaten in einer solchen Konstellation nicht als Öffentlichkeit zu qualifizieren. Daher stelle sich die - in der Lehre umstrittene - Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Risiko der Weiterverbreitung der Äusserungen durch die Adressaten Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261bis begründe, ob etwa Öffentlichkeit zu bejahen sei, wenn der Absender keine Kontrolle über die Weiterverbreitung durch die Adressaten und damit keine Kontrolle über den Wirkungskreis der Äusserungen habe. Das Bundesgericht hat im zitierten Entscheid die Frage verneint. Zwar könne das Risiko der Weiterverbreitung an einen grösseren Personenkreis je nach den Umständen grösser oder kleiner sein, doch bestehe insoweit im Prinzip nie eine Kontrollmöglichkeit; diese sei daher - allenfalls von Grenzfällen abgesehen - kein taugliches Kriterium. Öffentlichkeit sei somit nicht schon gegeben, wenn ein erhebliches Risiko der Weiterverbreitung an einen grösseren Personenkreis bestanden, sondern erst, wenn sich dieses Risiko verwirklicht habe, welche Voraussetzung im beurteilten Fall nicht erfüllt war. Das Ausmass des Risikos der Weiterverbreitung sei nur in Bezug auf den subjektiven Tatbestand von Bedeutung (BGE 126 IV 176 E. 2e; ablehnend und kritisch Marcel Alexander Niggli/Gerhard Fiolka, Das Private und das Politische: Der Begriff der Öffentlichkeit im Strafrecht am Beispiel der Bundesgerichtsentscheide vom 21. Juni 2000 und vom 23. August 2000 betreffend Rassendiskriminierung, in: AJP 2001 S. 533 ff.). Das Bundesgericht hat Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB auch verneint im Fall eines Buchhändlers, der ein den Holocaust leugnendes Buch eines Dritten in beschränkter Anzahl (weniger als zehn Exemplare) an einem für Kunden nicht einsehbaren Ort aufbewahrt, hiefür keinerlei Werbung gemacht und es nur auf Verlangen verkauft hatte (BGE 126 IV 230; zustimmend Guido Jenny, ZBJV 139/2003 S. 379; ablehnend und kritisch Marcel Alexander Niggli/Gerhard Fiolka, a.a.O., S. 533 ff.).
3.2.2 Mit der Frage der Öffentlichkeit von mündlichen Äusserungen hatte sich das Bundesgericht nur relativ selten zu befassen. Im Urteil 6S.635/2001 vom 30. Mai 2002 (auszugsweise wiedergegeben in Medialex 2002 S. 158) wurde Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB bejaht im Fall eines Beschuldigten, der die Äusserung gegenüber dem Betroffenen auf der Strasse eines Wohnquartiers in Anwesenheit von sechs Personen getan hatte. Das Bundesgericht hat festgehalten, die kantonale Instanz habe die unmittelbar anwesenden sechs Personen zu Recht nicht als Öffentlichkeit im Sinne des Gesetzes qualifiziert. Öffentlichkeit sei gemäss den zutreffenden Ausführungen der kantonalen Instanz aber deshalb gegeben, weil sich der Vorfall an einem sonnigen Juniabend zwischen 18.00 und 20.00 Uhr auf der Strasse eines Einfamilienhausquartiers ereignet habe. Daher hätte eine Vielzahl von unbestimmten und mit dem Beschuldigten in keiner persönlichen Beziehung stehenden Drittpersonen potentielle Zeugen der lautstarken Äusserungen werden können. Das Bundesgericht hat Öffentlichkeit sodann bejaht im Fall von Äusserungen eines Beschuldigten in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung wegen Ehrverletzung, an welcher Medienschaffende zugegen waren, welche über die Gerichtsverhandlung und die Äusserungen des Beschuldigten zusammenfassend in Presseerzeugnissen berichteten (Urteil 6S.698/2001 vom 22. Januar 2003, E. 3.3).
3.2.3 Das Bundesgericht musste sich in der zitierten Rechtsprechung somit vor allem mit Fällen auseinander setzen, in denen Äusserungen in schriftlicher Form an einen begrenzten Personenkreis gerichtet waren. Da weder der Autor beziehungsweise der Versender der Schriften mit den Adressaten noch diese untereinander durch persönliche Beziehungen verbunden waren, stellte sich dem Bundesgericht jeweils die Frage, ob der Kreis der Adressaten im Sinne der zitierten allgemeinen Umschreibung des Öffentlichkeitsbegriffs als ein grösserer (nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängender) Personenkreis zu qualifizieren sei. Damit kam in diesen Fällen nach der Rechtsprechung der Zahl der Adressaten entscheidende Bedeutung zu. Das Bundesgericht hat denn auch in mehreren Urteilen massgeblich auf die Zahl der Adressaten der (schriftlichen) Äusserungen abgestellt und Öffentlichkeit einerseits unter Hinweis auf die offensichtlich grosse Zahl ohne weiteres bejaht (siehe BGE 123 IV 202 E. 3d und E. 4c) beziehungsweise in Anbetracht der kleinen Zahl verneint (vgl. BGE 126 IV 176, 230). Das Bundesgericht hat es aber abgelehnt, insoweit einen "Grenzwert" zu bestimmen und diesen beispielsweise - etwa in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG betreffend "viele Menschen" (siehe BGE 108 IV 63 E. 2; 109 IV 143 E. 3a) - auf die Zahl 20 festzulegen.
4.
4.1 Öffentlichkeit der Äusserung beziehungsweise des Verhaltens ist nicht nur in Art. 261bis StGB, sondern auch in verschiedenen weiteren Tatbeständen des Strafgesetzbuches ein strafbegründendes Merkmal, so in Art. 152 StGB (betreffend unwahre Angaben über kaufmännische Gewerbe in öffentlichen Bekanntmachungen), in Art. 197 Ziff. 2 Abs. 1 StGB (betreffend öffentliches Ausstellen und Zeigen von pornographischen Gegenständen oder Vorführungen), in Art. 259 StGB (betreffend öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit), in Art. 260 Abs. 1 StGB (betreffend Landfriedensbruch durch Teilnahme an einer öffentlichen Zusammenrottung), in Art. 261 Abs. 1 StGB (betreffend Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit etwa durch öffentliches Verspotten der Überzeugung anderer in Glaubenssachen in gemeiner Weise), in Art. 262 Ziff. 1 Abs. 3 StGB (betreffend Störung des Totenfriedens durch öffentliche Beschimpfung eines Leichnams), in Art. 276 Ziff. 1 Abs. 1 StGB (betreffend öffentliche Aufforderung zum Ungehorsam gegen militärische Befehle) etc.
4.2 Die Lehre scheint überwiegend davon auszugehen, dass der Begriff der Öffentlichkeit im Strafgesetzbuch ein einheitlicher und daher bei allen Straftatbeständen gleich auszulegen ist (siehe statt vieler Marcel Alexander Niggli, a.a.O., N. 694, 704).
-:-
Für diese Auffassung gibt es indessen keine zwingenden Gründe. In Anbetracht der Verschiedenartigkeit der Tatbestände, die Öffentlichkeit als strafbegründendes Element voraussetzen, liegt im Gegenteil eine tatbestandsbezogene Auslegung des Merkmals der Öffentlichkeit nahe.
4.3 Ob Öffentlichkeit im Sinne eines bestimmten Straftatbestands gegeben ist, hängt wesentlich von dem durch die Strafbestimmung geschützten Rechtsgut sowie davon ab, weshalb darin Öffentlichkeit als strafbegründendes Merkmal vorausgesetzt wird. Das Bundesgericht hat denn auch schon mehrfach festgehalten, ob Öffentlichkeit anzunehmen sei, hänge von den gesamten Umständen ab, deren Tragweite unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der in Betracht fallenden Strafbestimmung und des dadurch geschützten Rechtsgutes zu bewerten sei (BGE 126 IV 176 E. 2c/aa; Urteil 6S.635/2001 vom 30. Mai 2002, E. 3d).
5.
Zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren einzig, wie das Merkmal der Öffentlichkeit im Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis StGB zu interpretieren ist.
5.1 Art. 261bis StGB ("Rassendiskriminierung") ist im Zwölften Titel des Strafgesetzbuches betreffend die "Verbrechen und Vergehen gegen den öffentlichen Frieden" eingeordnet. Strafbar sind grundsätzlich - ausser bei der Tatbestandsvariante der Leistungsverweigerung im Sinne von Art. 261bis Abs. 5 StGB - nur öffentliche Handlungen. Gemäss den Ausführungen in der Botschaft des Bundesrates stellt Rassendiskriminierung eine Gefährdung des öffentlichen Friedens dar. Der Angriffspunkt sei allerdings die Menschenwürde eines jeden Einzelnen der betroffenen Gruppe. Der Zusammenhang sei jedoch eindeutig. In einem Staat, in dem Teile der Bevölkerung ungestraft verleumdet oder herabgesetzt werden könnten, wo zu Hass und Diskriminierung gegen Angehörige bestimmter rassischer, ethnischer oder religiöser Gruppen aufgestachelt werden dürfte, wo einzelne Menschen auf Grund ihrer rassischen, ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit in ihrer Menschenwürde angegriffen werden könnten, wo aus derartigen Gründen einem Menschen oder einer Gruppe von Menschen eine Leistung verweigert werden dürfte, wäre der öffentliche Friede gefährdet, das Vertrauen in die Rechtsordnung erschüttert und sehr häufig die Gewährleistung anderer Grundrechte gefährdet (Botschaft des Bundesrates, BBl 1992 III 269 ff., 309 f.).
Auch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schützen Art. 261bis Abs. 1 und Abs. 4 StGB in erster Linie - unmittelbar oder zumindest mittelbar (siehe BGE 129 IV 95 E. 3 zu Art. 261bis Abs. 4 zweite Hälfte StGB) - die Würde des einzelnen Menschen in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer Rasse, Ethnie oder Religion. Dieser Schutz des Einzelnen in seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe dient zugleich der Wahrung des öffentlichen Friedens (BGE 123 IV 202 E. 2 und E. 3a; siehe auch BGE 128 I 218 E. 1.4).
5.2
5.2.1 Äusserungen und Verhaltensweisen, die andere Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Ethnie oder Religion in ihrer Würde unmittelbar oder mittelbar verletzen, sind in einem Rechtsstaat inakzeptabel und an sich schon strafwürdig. Dem Gesetzgeber schien es aber angezeigt, solche Äusserungen und Verhaltensweisen - abgesehen vom Fall der Leistungsverweigerung (Art. 261bis Abs. 5 StGB) - nur unter der Voraussetzung unter Strafe zu stellen, dass sie öffentlich erfolgen. Äusserungen und Verhaltensweisen im engen privaten Rahmen sollen nicht strafbar und damit auch nicht Gegenstand von Strafuntersuchungen mit entsprechenden Zwangsmassnahmen sein. Der Begriff der Öffentlichkeit in Art. 261bis StGB ist in Anbetracht von Sinn und Zweck dieses strafbegründenden Merkmals und mit Rücksicht auf das durch diese Bestimmung geschützte Rechtsgut der Menschenwürde auszulegen.
Von diesem Ausgangspunkt betrachtet erscheinen alle Äusserungen und Verhaltensweisen als öffentlich, die nicht dem erwähnten privaten Rahmen zugerechnet werden können. Es genügt also, um öffentliches Handeln anzunehmen, dass dieses nicht auf das engere private Umfeld beschränkt bleibt, das der Gesetzgeber von der Strafbarkeit ausnehmen wollte. So gesehen kann als öffentlich im Sinne von Art. 261bis StGB alles gelten, was nicht privat ist (vgl. Niggli/Fiolka, a.a.O., S. 539 f.).
Die bisherige Rechtsprechung geht demgegenüber von einer Umschreibung der Öffentlichkeit aus, die mit dem Verweis auf einen grösseren Personenkreis insbesondere der Zahl der Adressaten ein ausschlaggebendes Gewicht beimisst. So hat das Bundesgericht den Versand eines Buchs an sieben Empfänger als nicht öffentliche Handlung qualifiziert, weil sieben Personen noch keine Öffentlichkeit zu begründen vermöchten (BGE 126 IV 176 E. 2d/aa; ähnlich auch BGE 126 IV 230 E. 2b/dd). Diese rein quantitative Betrachtung vermag nicht länger zu überzeugen. Auch unter wenigen Personen ausgetauschte rassistische Äusserungen können den privaten Rahmen überschreiten, den der Gesetzgeber von der Strafbarkeit ausnehmen wollte. Die Zahl der Personen, welche eine Äusserung wahrnehmen, ist ohnehin oft zufällig und erscheint daher nicht als geeignetes Kriterium, um über den öffentlichen Charakter einer Handlung zu entscheiden.
5.2.2 Aus diesen Erwägungen kann an der bisherigen Umschreibung des Tatbestandsmerkmals der Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261bis StGB nicht festgehalten werden. Es gelten vielmehr inskünftig ungeachtet der Zahl der Adressaten alle Äusserungen und Verhaltensweisen als öffentlich, die nicht im privaten Rahmen erfolgen. Als privat sind Äusserungen anzusehen, die im Familien- und Freundeskreis oder sonst in einem durch persönliche Beziehungen oder besonderes Vertrauen geprägten Umfeld erfolgen.
Der Entscheid, ob eine Handlung noch im privaten Kreis erfolgt, ist auf Grund der konkreten Umstände zu treffen. Es liegt auf der Hand, dass dabei die Zahl der anwesenden Personen ebenfalls eine Rolle spielen kann. Je enger diese miteinander verbunden sind, umso umfangreicher kann der Kreis sein, ohne den privaten Charakter zu verlieren. Umgekehrt ist etwa ein Gespräch unter vier Augen auf Grund der dadurch geschaffenen Vertraulichkeit auch dann dem privaten Kreis zuzurechnen, wenn sich die involvierten Personen nicht näher kennen. Die Zahl der Adressaten einer Äusserung kann daher den Entscheid über die Privatheit bzw. Öffentlichkeit mitbeeinflussen, ohne aber für sich allein ausschlaggebend zu sein.
Eine gemeinsame Gesinnung der Teilnehmer vermag den öffentlichen Charakter einer Veranstaltung im Sinne von Art. 261bis StGB nicht auszuschliessen, wenn die Gesinnungsgenossen nicht auch persönlich miteinander verbunden sind. Ebenso wenig können Versammlungen schon deshalb als privat gelten, weil eine Einlasskontrolle durchgeführt und der Zugang nur einem besonderen Publikum gestattet wird. Art. 261bis StGB will gerade auch verhindern, dass sich rassistisches Gedankengut in Zirkeln, die ihm zuneigen, weiter verfestigt und ausweitet.
6.
Die vom Beschwerdegegner 1 organisierte Veranstaltung, an welcher der Beschwerdegegner 2 den Vortrag hielt, fand in einer Waldhütte statt. Eingelassen wurde nur, wer eine schriftliche Einladung vorweisen konnte. Es wurden Einlasskontrollen durchgeführt. Die 40-50 anwesenden Personen gehörten verschiedenen Gruppierungen an. Sie waren nicht alle miteinander bekannt. Auch soweit sie sich kannten, waren sie nicht alle durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden. Sie bildeten nicht einen sonst wie durch Vertrauen geprägten engen Kreis von wenigen Personen. Die Umstände, dass die Veranstaltung eine geschlossene war und dass alle Teilnehmer der "Skinhead"-Szene angehörten und im Wesentlichen dieselbe "rechtsextreme" Gesinnung hatten, vermögen keine Privatheit zu begründen. Die inkriminierten Äusserungen waren daher öffentlich.
7.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist demnach gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird prüfen, ob auch die übrigen Tatbestandsmerkmale und die weiteren Voraussetzungen für eine Verurteilung der Beschwerdegegner erfüllt sind.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die unterliegenden Beschwerdegegner eine Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 2'000.--, je zur Hälfte und unter solidarischer Haftung für den ganzen Betrag, zu zahlen (Art. 278 Abs. 1 BStP).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 3. Juni 2003 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird je zur Hälfte und unter solidarischer Haftung für den ganzen Betrag den Beschwerdegegnern auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, sowie der Schweizerischen Bundesanwaltschaft und dem Bundesamt für Polizei schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 27. Mai 2004
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: