Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.301/2004 /kil
Urteil vom 28. Mai 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Merkli,
Gerichtsschreiber Feller.
Parteien
X.________,
Y.________,
Beschwerdeführerinnen,
gesetzlich vertreten durch Herrn A.________,
dieser vertreten durch Advokat lic. iur. Werner Rufi,
gegen
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude, Rathausstrasse 2, 4410 Liestal,
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht,
Bahnhofplatz 17/Poststrasse 3, Postfach 635,
4410 Liestal.
Gegenstand
Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung (Familiennachzug), vorsorgliche Massnahmen,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 7. April 2004.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der mazedonische Staatsangehörige A.________ hat zwei Töchter aus einer ersten Ehe mit einer Landsfrau, nämlich X.________, geb. ... 1985, und Y.________, geb. ... 1988. Er reiste im November 1991 in die Schweiz ein und erhielt 1992 die Aufenthaltsbewilligung. Im Juli 1993 wurde sein Gesuch um Familiennachzug für seine damalige Ehefrau und die beiden Töchter aus finanziellen Gründen abgewiesen. Nach der Scheidung von der Mutter seiner Töchter heiratete A.________ am 23. April 1994 erneut; dem Gesuch um Familiennachzug für seine zweite Frau wurde entsprochen. A.________ seinerseits erhielt im Mai 1998 die Niederlassungsbewilligung. Ein zweites Begehren um Familiennachzug für seine Töchter wurde am 7. Juli 1999 wiederum abgelehnt; eine diesbezüglich Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft am 2. November 1999 ab. Nachdem das Gemeindegericht in Gostivar mit Urteil vom 20. Dezember 1999 das Sorgerecht für die beiden Töchter von der Mutter auf A.________ übertragen hatte, stellte dieser am 23. Mai 2000 abermals ein Nachzugsbegehren, welches am 23. Juni 2000 abgewiesen wurde; Rechtsmittel an Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (Urteil des letzteren vom 20. Juni 2001) blieben erfolglos. Im Dezember 2001 zog A.________ mit seiner Familie (zweite Ehefrau und die zwei aus dieser Ehe stammenden Kinder) in den Kanton Jura; auch die dortige Ausländerbehörde wies am 29. Mai 2002 ein Familiennachzug für die Töchter aus erster Ehe - rechtskräftig - ab.
Im September 2002 reisten X.________ und Y.________ als Touristinnen in die Schweiz ein. Nach Ablauf der bewilligten Anwesenheitsdauer kehrten sie nicht nach Mazedonien zurück und blieben illegal in der Schweiz. Im April 2003 kehrte A.________ mit der Familie in den Kanton Basel-Landschaft zurück und stellte am 30. April 2003 nochmals ein Familiennachzugsgesuch für X.________ und Y.________. Das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft wies das Gesuch mit Verfügung vom 12. August 2003 ab, ebenso der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft die dagegen erhobene Beschwerde; in seinem Entscheid vom 20. Januar 2004 beantragte er für den Fall einer Beschwerde an das Kantonsgericht, einem allfälligen Verfahrensantrag, X.________ und Y.________ den Aufenthalt während des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen, nicht zu entsprechen. X.________ und Y.________ erhoben am 2. Februar (Nachreichung der Beschwerdebegründung am 3. April) 2004 Beschwerde an das Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht. Mit prozessleitender Verfügung vom 3. Februar 2004 lehnte der Abteilungspräsident des Kantonsgerichts ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen des Inhalts, X.________ und Y.________ den Aufenthalt in der Schweiz während der Verfahrensdauer zu bewilligen, ab. Die gegen diese prozessleitende Verfügung erhobene Einsprache wies die Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Kantonsgerichts Basel-Landschaft mit Beschluss vom 7. April 2004 ab.
Mit rechtzeitiger Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 21. Mai 2004 beantragen die durch ihren Vater A.________ handelnden X.________ und Y.________ dem Bundesgericht, den am 11. Mai 2004 eröffneten Beschluss vom 7. April 2004 vollumfänglich aufzuheben.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen (Einholen zusätzlicher Akten) angeordnet worden. Das Urteil, mit dessen Ausfällung des Gesuch um aufschiebende Wirkung gemäss Art. 111 Abs. 2 OG (wohl eher Gesuch um vorsorgliche Massnahmen) gegenstandslos wird, ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG).
2.
2.1 Gemäss § 8 Abs. 2 des basellandschaftlichen Gesetzes vom 16. Dezember 1993 über die Verfassungs- und Verwaltungsprozessordnung (Verwaltungsprozessordnung, VPO) kann die präsidierende Person (der zuständigen Gerichtsabteilung) aus wichtigen Gründen vorsorgliche Massnahmen anordnen.
Ein Entscheid über die Anordnung vorsorglicher Massnahmen setzt Dringlichkeit voraus, d.h. es muss sich als notwendig erweisen, die fraglichen Vorkehren sofort zu treffen; der Verzicht auf Massnahmen muss für den Betroffenen einen Nachteil bewirken, der nicht leicht wiedergutzumachen ist. Erforderlich ist, dass eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen den Ausschlag für den einstweiligen Rechtsschutz gibt und dieser verhältnismässig erscheint. Vorsorgliche Massnahmen ergehen aufgrund einer bloss summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage; die zuständige Behörde ist nicht gehalten, für ihren rein vorsorglichen Entscheid zeitraubende Abkärungen zu treffen, sondern kann in erster Linie auf die ihr zur Verfügung stehenden Akten abstellen; Prognosen über den Ausgang des Verfahrens sind nur zu berücksichtigen, wenn sie eindeutig sind. Schliesslich hat die Behörde darauf zu achten, dass sie mit ihrem Entscheid den Entscheid in der Hauptsache nicht präjudiziert (BGE 129 II 286 E. 3 S. 289; 127 II 132 E. 3 S. 137 f.; 117 V 185 E. 2b S. 191, je mit Hinweisen). Nimmt schon die für den Entscheid über vorsorgliche Massnahmen zuständige Behörde bloss eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vor, wobei ihr - der Natur der Sache nach - ein erheblicher Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum zukommt, beschränkt sich das Bundesgericht auf Beschwerde hin seinerseits erst recht auf eine vorläufig Prüfung der Akten. Es prüft, ob die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat, und hebt deren Entscheid nur auf, wenn sie wesentliche Tatsachen völlig übersehen und Interessen ausser Acht gelassen oder offensichtlich falsch bewertet hat. Besondere Zurückhaltung erscheint geboten, wenn eine verwaltungsunabhängige richterliche Behörde über vorsorgliche Massnahmen entschieden hat (BGE 129 II 286 E. 3 S. 289; Urteile 2A.128/2003 vom 3. April 2003 E. 2.2; 2A.207/2001 vom 25. Mai 2001 E. 3; 2A.501/2000 vom 11. Dezember 2000; 2A.472/1996 vom 9. Juni 1997 E. 2a).
2.2 Ausländer dürfen sich nur dann in der Schweiz aufhalten, wenn sie über eine der vom Gesetz vorgesehenen Anwesenheitsberechtigungen verfügen; eine solche haben die Beschwerdeführerinnen nicht, da sie im September 2002 ausschliesslich als Touristinnen in die Schweiz einreisen durften und die beschränkte Dauer bewilligter Anwesenheit seit langer Zeit abgelaufen ist. Die Vorinstanz geht damit zu Recht davon aus, dass die Beschwerdeführerinnen mit der von ihnen beantragten vorsorglichen Massnahme insofern auf eine Vorwegnahme des Sachentscheides abzielen, als sie bereits für die Dauer des Verfahrens gleich gestellt sein wollen wie beim Obsiegen im Hauptprozess. Sie hat ihrer Interessenabwägung die nicht zu beanstandende Auffassung zu Grunde gelegt, dass eine solch weitgehende Massnahme nur ausnahmsweise zuzulassen sei.
Die Vorinstanz anerkennt das Interesse der Beschwerdeführerinnen daran, während der Verfahrensdauer bei ihrem Vater in der Schweiz zu bleiben. Sie geht jedoch davon aus, dass ein - bloss vorübergehender - Aufenthalt in Mazedonien für beide zumutbar sei; dies einerseits in Berücksichtigung ihres heutigen Alters (19 und 16 Jahre), andererseits angesichts der Tatsache, dass sie bis im Herbst 2002 in ihrem Heimatland aufgewachsen und bis 1999 von den Grosseltern und anschliessend im gleichen Dorf von der Tante (Schwester des Vaters) betreut worden sind; jedenfalls bestünden Kontakt- und Betreuungsmöglichkeiten. Die Aktenlage spricht dafür, dass es sich so verhält. Insbesondere lassen die vorgelegten Bestätigungen der Mutter und der Tante keineswegs den Schluss zu, dass niemand bereit wäre, sich wenigstens für relativ kurze Zeit gemäss den ihrem Alter entsprechenden Bedürfnissen um die Beschwerdeführerinnen zu kümmern. Wenn die Tante darlegt, sie gedenke bei erster Gelegenheit nach Italien auszureisen, ist über die allein kurzfristig massgeblichen Verhältnisse nichts ausgesagt. Beiden Bestätigungen lässt sich sodann entnehmen, dass wesentlich (auch) fehlende finanzielle Mittel der Übernahme von Betreuungsaufgaben entgegenstehen; diesbezüglich aber hätte der Vater der Beschwerdeführerinnen Abhilfe zu schaffen, der im Hinblick auf den Hauptentscheid geltend macht, er könne für ein Leben seiner Töchter in der Schweiz finanziell aufkommen. Dem in diesem Sinn zu relativierenden Interesse der Beschwerdeführerinnen an einem Abwarten des Endentscheids in der Schweiz hält die Vorinstanz ein grosses öffentliches Interesse an deren Ausreise entgegen. Sie hebt hervor, dass die heutige Situation durch treuwidriges Verhalten der Beschwerdeführerinnen herbeigeführt worden sei, seien doch diese erklärtermassen als Touristinnen eingereist und nach Ablauf des allein zu diesem Zwecke erteilten Visums nicht ausgereist. Diesem Aspekt durfte gerade darum grosse Bedeutung beigemessen werden, weil bereits mehrere rechtskräftige Entscheidungen über die Verweigerung des Familiennachzugs vorliegen. Schliesslich weist die Vorinstanz darauf hin, dass eine weiter andauernde Anwesenheit in der Schweiz, selbst wenn sie durch unrechtmässiges Verhalten erzwungen worden ist, den Entscheid in der Hauptsache zumindest faktisch präjudizieren könnte.
Die Vorinstanz hat bei ihrer Interessenabwägung die wesentlichen Tatsachen berücksichtigt und kein massgebliches Element ausser Acht gelassen oder offensichtlich falsch bewertet; sie hat den ihr zustehenden Entscheidspielraum eingehalten. Ihr Entscheid hält der bundesgerichtlichen Prüfung stand. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist abzuweisen.
2.3 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem für diese handelnden und verantwortlichen Vater der Beschwerdeführerinnen aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird A.________, dem Vater der Beschwerdeführerinnen, auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, dem Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Mai 2004
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: