Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
K 132/03
Urteil vom 28. Juni 2004
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Kopp Käch
Parteien
Helsana Versicherungen AG, Schadenrecht, Birmensdorferstrasse 94, 8003 Zürich, Beschwerdeführerin,
gegen
V.________, 1981, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Martin Schwegler, Willisauerstrasse 11, 6122 Menznau
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
(Entscheid vom 23. September 2003)
Sachverhalt:
A.
Der 1981 geborene V.________ ist bei der Helsana Versicherungen AG (nachfolgend Helsana) obligatorisch krankenpflegeversichert. Er reichte über seinen behandelnden Zahnarzt Dr. med. dent. S.________, Kieferorthopäde SSO, bei der Krankenversicherung ein Gesuch um Kostengutsprache für die Behandlung eines Granuloms ein. Nach Beizug ihres Vertrauenszahnarztes verneinte die Helsana mit Verfügung vom 10. Januar 2003 eine Leistungspflicht für die zahnärztliche Behandlung. Mit Einspracheentscheid vom 17. März 2003 hielt sie an ihrem Standpunkt fest.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 23. September 2003 insofern gut, als es den Einspracheentscheid aufhob und die Akten an die Helsana zurückwies, damit sie ein versicherungsexternes Gutachten einhole und anschliessend neu verfüge.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Helsana die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 23. September 2003 und die Bestätigung ihres Einspracheentscheids vom 17. März 2003.
V.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern beantragt ebenfalls deren Abweisung. Das Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Krankenversicherung (seit 1. Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit), verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Vorinstanz hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf Leistungen der sozialen Krankenversicherung für zahnärztliche Behandlungen, die durch eine schwere, nicht vermeidbare Erkrankung des Kausystems, namentlich durch ein idiopathisches internes Zahngranulom bedingt sind (Art. 31 Abs. 1 lit. a KVG, Art. 33 Abs. 2 und 5 KVG in Verbindung mit Art. 33 lit. d KVV sowie Art. 17 lit. a Ziff. 1 KLV), zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Richtig sind auch die Ausführungen über die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit Hinweisen) sowie über die Beweiswürdigung und die Vornahme ergänzender Abklärungen (BGE 125 V 352 Erw. 3a und b mit Hinweisen).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin die Kosten der zahnärztlichen Behandlung des Beschwerdegegners zu übernehmen hat.
2.1 Der Versicherte beantragt die Kostenübernahme gestützt auf die Diagnosestellungen des Dr. med. dent. S.________ vom 28. Oktober 2002 und des Dr. med. dent. M.________ vom 18. Dezember 2002, wonach ein idiopathisches internes Zahngranulom vorliege.
2.2 Die Krankenkasse demgegenüber verneint nach Beizug ihres Vertrauenszahnarztes eine Leistungspflicht mit der Begründung, es handle sich eindeutig um ein externes Granulom.
2.3 Die Vorinstanz hält den Sachverhalt als nicht rechtsgenüglich abgeklärt und weist die Angelegenheit zur Einholung eines versicherungsexternen Gutachtens an die Krankenkasse zurück. Gegen diesen Entscheid erhebt letztere Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
3.
3.1 Bezüglich Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für zahnärztliche Behandlungen ist vorerst darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber anlässlich der KVG-Revision per 1. Januar 1996 nichts am Grundsatz geändert hat, wonach die zahnärztlichen Behandlungen im Allgemeinen nicht von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu decken sind (BGE 124 V 185). Damit eine Leistungspflicht bejaht werden kann, muss eine der in Art. 17-19 KLV abschliessend aufgezählten Erkrankungen (BGE 129 V 83 Erw. 1.3 und 279 Erw. 3.2) mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein.
3.2 Zu prüfen ist im konkreten Fall das Vorliegen eines idiopathischen internen Zahngranuloms gemäss Art. 17 lit. a Ziff. 1 KLV.
3.2.1 Zum Nachweis der erwähnten Erkrankung liegen ein Röntgenbild vom 11. Dezember 2002 sowie zwei Arztberichte auf, nämlich derjenige des Dr. med. dent. S.________ vom 28. Oktober 2002 sowie derjenige des Dr. med. dent. M.________ vom 18. Dezember 2002. So hält Dr. med. dent. S.________ das Vorliegen eines idiopathischen internen Granuloms fest, das unter Art. 17 lit. a Ziff. 1 KLV falle und eine schwere, nicht vermeidbare Erkrankung des Kausystems mit erhöhtem Krankheitswert darstelle. Dr. med. dent. M.________ sodann bestätigt, das Bild entspreche klar einem internen Zahngranulom im Sinne der erwähnten Verordnungsbestimmung. Gegen ein externes Granulom sprächen der durchgehende Parodontalspalt, die äusserliche Unversehrtheit des Zahnes und die vollständige Abwesenheit von irgendwelchen Entzündungen im Parodont. Der Vertrauenszahnarzt der Beschwerdeführerin legt demgegenüber dar, aufgrund der unregelmässigen Begrenzung, der Struktur und der durchgängig sichtbaren Kanalwände handle es sich eindeutig um ein externes Granulom.
3.2.2 Gestützt auf die vorhandenen medizinischen Unterlagen können das Vorliegen eines idiopathischen internen Zahngranuloms und damit die Frage der Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht beurteilt werden. Die Diagnosestellungen der Dres. med. dent. S.________ und M.________ vermögen in Anbetracht der Einwendungen des Vertrauenszahnarztes der Beschwerdeführerin das Vorhandensein der Erkrankung nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Dr. med. dent. M.________ führt für den Versicherten den Beweis, dass es sich um ein internes Zahngranulom handelt, weitgehend dadurch, dass er ein externes Granulom ausschliesst. Dies vermag nicht zu überzeugen. Zudem führt er Tatsachen an, die sich wohl anhand des den Akten beigelegten Röntgenbildes so darstellen lassen, die aber zu relativieren sind angesichts des Umstandes, dass das Röntgenbild die Zähne nur in einer Schnittebene darstellt. Dem Gericht fehlt die Möglichkeit, auf dem Röntgenbild oder besser auf einer vergrösserten Handskizze die Tatsachen nachzuvollziehen, die zu den entsprechenden Schlussfolgerungen führen. Auch der Vertrauenszahnarzt der Beschwerdeführerin vermag seinen Standpunkt indessen nicht in überzeugender Weise darzulegen. Wenn er sich auf eine "unregelmässige Begrenzung" beruft, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, wo es diese auf dem Röntgenbild sehen soll und wo eine rundliche Begrenzung für den Beweis eines internen Granuloms erkannt werden müsste. Zumindest bestehen Zweifel, ob die den Schlussfolgerungen des Vertrauenszahnarztes zu Grunde gelegten Tatsachen auf dem Röntgenbild rechtsgenüglich erkennbar sind. Die Vorinstanz hat daher zu Recht die Sache an die Beschwerdeführerin zur weiteren Abklärung durch die Einholung eines versicherungsexternen Gutachtens zurückgewiesen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Helsana Versicherungen AG hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.
Luzern, 28. Juni 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: