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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.504/2004 /kil
Urteil vom 16. September 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Feller.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Migrationsamt des Kantons Zürich, Berninastrasse 45, Postfach, 8090 Zürich,
Bezirksgericht Zürich, Haftrichterin, Wengistrasse 28, Postfach, 8026 Zürich.
Gegenstand
Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichterin, vom 3. September 2004.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende A.________, geb. ... 1954, dessen Zugehörigkeit zur Union Serbien und Montenegro von den dortigen Behörden anerkannt wird, verbüsste bis am 2. September 2004 eine Freiheitsstrafe. Das Migrationsamt des Kantons Zürich wies ihn am 2. September 2004 im Sinne von Art. 12 Abs. 1 ANAG bzw. Art. 17 Abs. 1 ANAV formlos aus der Schweiz weg und ordnete gleichzeitig gegen ihn die Ausschaffungshaft an. Nach mündlicher Verhandlung bestätigte die Haftrichterin des Bezirksgerichts Zürich am 3. September 2004 die Haftanordnung und bewilligte die Haft bis zum 1. Dezember 2004.
Mit zwei Eingaben vom 9./10. bzw. 13. September 2004 hat A.________ beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben, womit er beantragt, die Verfügung der Haftrichterin sei aufzuheben und er sei aus der Ausschaffungshaft zu entlassen und auf freien Fuss zu setzen.
Es sind drei den Beschwerdeführer betreffende Urteile des Kassationshofs des Schweizerischen Bundesgerichts zu den Akten genommen werden (6S.624/2001 vom 26. Februar 2002; 6A.64/2000 vom 2. August 2000 und 6S.596/1999). Weitere Instruktionsmassnahmen sind nicht angeordnet und von einem Schriftenwechsel ist abgesehen worden. Das Urteil, mit welchem das in der Rechtsschrift vom 13. September 2004 gestellte, den Rahmen des vorliegenden Verfahrens ohnehin sprengende Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos wird, ergeht im Verfahren nach Art. 36a OG.
2.
2.1 Wurde ein wegen fehlender Reisepapiere oder anderer Schwierigkeiten nicht sofort durchführbarer Weg- oder Ausweisungsentscheid eröffnet, so kann die zuständige kantonale Behörde (Art. 13c Abs. 1 ANAG) einen Ausländer mit Zustimmung der zuständigen kantonalen richterlichen Behörde (Art. 13c Abs. 2 ANAG) zur Sicherstellung von dessen Vollzug in Ausschaffungshaft nehmen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere wenn ein gesetzlicher Haftgrund gemäss Art. 13b Abs. 1 ANAG vorliegt. Der Vollzug der Wegweisung darf sich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen als undurchführbar erweisen (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130 II 56 E. 1 S. 58; BGE 125 II 217 E. 1 S. 219 mit Hinweisen); die Haft muss insgesamt verhältnismässig sein (vgl. BGE 130 II 56 E. 4.1.1 S. 59 f.; 126 II 439; 125 I 377 E. 4 S. 383). Sodann ist unerlässlich, dass die für den Vollzug der Weg- oder Ausweisung notwendigen Vorkehrungen umgehend getroffen werden (Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; vgl. BGE 124 II 49).
Gegen den Beschwerdeführer sind Strafurteile ergangen, in welchen gegen ihn auch Landesverweisungen verhängt wurden. Sodann erging gegen ihn am 2. September 2004 eine formlose Wegweisung. Letztere Massnahme konnte bisher nicht vollzogen werden; die Ausschaffungshaft dient der Sicherstellung von deren Vollzug und damit einem vom Gesetz vorgesehenen Zweck.
2.2 Die kantonalen Behörden stützen die Haft insbesondere (und entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ausdrücklich) auf den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG. Danach kann der weggewiesene Ausländer in Ausschaffungshaft genommen werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere wenn er gewissen gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt; für das Vorliegen dieses Haftgrunds der Untertauchensgefahr spricht insbesondere, wenn das bisherige Verhalten des Ausländers darauf schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt (s. zu den grundsätzlich auch nach der am 1. April 2004 in Kraft getretenen Gesetzesmodifikation vom 19. Dezember 2003 [AS 2004 1633] weiterhin massgeblichen Kriterien für diesen Haftgrund: BGE 122 II 49 E. 2a S. 50 f.; ferner BGE 130 II 56 E. 3 S. 58 f.; 129 I 139 E. 4.2. S. 146 ff.; 125 II 369 E. 4b/aa S. 375; vgl. neuestens, unter Berücksichtigung der neuen Fassung von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG, BGE 2A.342/2004 vom 15. Juli 2004 E. 3.3.3).
Die Haftrichterin stützt sich dabei im Wesentlichen auf folgende Sachverhaltsfeststellungen: Der Beschwerdeführer ist mehrmals zu längerdauernden Freiheitsstrafen und jedenfalls zweimal zu einer unbedingten Landesverweisung verurteilt worden. Am 9. Oktober 2001 verhängte das Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (damals: Bundesamt für Ausländerfragen) gegen ihn eine auf unbestimmte Dauer gültige Einreisesperre. Am 30. Oktober 2001 wurde der Beschwerdeführer nach Belgrad ausgeschafft. Trotz Einreisesperre und rechtskräftiger Landesverweisung reiste er in der Folge wieder in die Schweiz ein, und es erging gegen ihn wegen Verweisungsbruchs ein weiteres Strafurteil. Der Beschwerdeführer weigert sich, in seine Heimat auszureisen, dies trotz rechtskräftig abgeschlossenem für ihn negativ ausgegangenem Asylverfahren. Er will einzig nach Italien ausreisen, obwohl nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er legal in jenes Land einreisen könnte und über diesbezüglich echte bzw. gültige Dokumente verfügte. Diese Sachverhaltsfeststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich, soweit sie nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen getroffen worden sind (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG). Weder vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführers eine derart qualifiziert falsche Sachverhaltsermittlung darzutun, noch ergeben sich Hinweise hiefür aus den Akten. Insbesondere lässt sich den beigezogenen Urteilen des Kassationshofs entnehmen, dass der Beschwerdeführer zweimal rechtskräftig des Landes verwiesen worden ist. Sodann behauptet der Beschwerdeführer, er sei im Laufe des Herbstes 2001 nicht ausgeschafft worden. Abgesehen davon, dass nicht klar ist, was er daraus für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens zu seinen Gunsten ableiten will, steht jedenfalls fest, dass er im Monat November 2001 in Belgrad war, hat er doch im Verfahren 6S.624/2001 (Urteil des Kassationshofs vom 26. Februar 2002) eine Rechtsschrift eingereicht, die am 7. November 2001 an einer Poststelle in Belgrad abgestempelt worden war.
Angesichts des geschilderten Verhaltens des Beschwerdeführers ist der angerufene Haftgrund klarerweise erfüllt. Wie das Migrationsamt in seiner Haftverfügung darlegt, würde ferner schon das Einreisen trotz Bestehens einer Einreisesperre einen eigenen Haftgrund darstellen (Art. 13a lit. c in Verbindung mit Art. 13b Abs. 1 lit. b ANAG). Die rechtlichen Ausführungen des Beschwerdeführers zur Frage des Haftgrundes sind nicht nachvollziehbar und stossen, soweit mit strafprozessualen Regeln argumentiert wird, im Rahmen eines Verfahrens betreffend ausländerrechtliche Haft ohnehin ins Leere.
Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer, soweit er sich gegen die Ausreiseverpflichtung als solche wendet und als rechtskräftig abgewiesener Aslybewerber asyl- und flüchtlingsrechtlich argumentiert; die Rechtmässigkeit der Wegweisung als solche kann im Haftprüfungsverfahren vorbehältlich ausserordentlicher, hier nicht vorliegender Umstände, nicht in Frage gestellt werden (s. dazu BGE 128 II 193 E. 2.2 S. 197; 121 II 59). Der Durchführung des Wegweisungsvollzugs stehen im Übrigen weder rechtliche noch tatsächliche Gründe entgegen (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG). Es konnte denn auch bereits auf den 30. September 2004 ein Rückflug in die Heimat des Beschwerdeführers organisiert werden, womit sich auch hinsichtlich der Einhaltung des Beschleunigungsgebots keine Fragen stellen. Die Ausschaffungshaft erscheint schliesslich unter keinem anderen Gesichtspunkt als unverhältnismässig. So ist, was der Beschwerdeführer - unter Hinweis auf anscheinend früher ausgestandene Ausschaffungshaft - zur Haftdauer ausführt, schon darum irrelevant, weil die heute zu beurteilende Haft zur Sicherstellung einer Wegweisung dient, die nach der trotz Bestehens einer Einreisesperre erfolgten Wiedereinreise verfügt worden ist (vgl. BGE 125 II 465 E. 3b S. 468 f.).
2.3 Die gegen den Beschwerdeführer angeordnete Ausschaffungshaft erweist sich damit als in jeder Hinsicht bundesrechtskonform. Sie ist offensichtlich unbegründet und abzuweisen.
2.4 Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes. Angesichts der klaren Sach- und Rechtslage erscheinen seine Rechtsbegehren aussichtslos, und die Beigabe eines Rechtsanwalts ist nicht erforderlich (vgl. Art. 152 Abs. 1 und 2 OG). Indessen rechtfertigt es sich in Fällen der vorliegenden Art, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 154 und 153a Abs. 1 OG), sodass das Gesuch, soweit es die Kostenbefreiung betrifft, gegenstandslos wird; hinsichtlich des Begehrens um Beigabe eines Rechtsanwalts ist es abzuweisen.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird, soweit es nicht gegenstandslos ist, abgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt des Kantons Zürich und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichterin, sowie dem Bundesamt für Flüchtlinge schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. September 2004
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: