BGer C 233/2003 |
BGer C 233/2003 vom 26.10.2004 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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C 233/03
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Urteil vom 26. Oktober 2004
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III. Kammer
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Besetzung
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Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Polla
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Parteien
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Regionales Arbeitsvermittlungszentrum St. Gallen, Unterstrasse 4, 9000 St. Gallen, Beschwerdeführer, vertreten durch das Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9001 St. Gallen,
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gegen
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G.________, 1963, Beschwerdegegner
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Vorinstanz
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Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen
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(Entscheid vom 29. August 2003)
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1963 geborene G.________ meldete sich am 14. Februar 1996 bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 30. September 2002 verneinte das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) St. Gallen den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. Juni 2002 mangels Vermittlungsfähigkeit, da G.________ nicht bereit sei, eine Dauerstelle anzunehmen.
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B.
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Die hiegegen geführte Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen gut und hob die Verfügung vom 30. September 2002 auf (Entscheid vom 29. August 2003).
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C.
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Das Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen führt für das RAV Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Vermittlungsfähigkeit von G.________ zu verneinen.
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G.________ lässt sich in dem Sinne vernehmen, dass er verschiedene Aktenstücke einreicht, ohne jedoch einen konkreten Antrag zu stellen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Im kantonalen Entscheid werden die Bestimmungen über die Vermittlungsfähigkeit als eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 AVIG) und die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 126 V 521 Erw. 3a mit Hinweisen; ARV 2002 S. 112 Erw. 2a, 2001 S. 146 Erw. 1), namentlich auch mit Bezug auf die Vermittlungsfähigkeit von Personen, die vor ihrer Arbeitslosigkeit temporär beschäftigt waren, welche nur dann als vermittlungsfähig gelten, wenn sie bereit und in der Lage sind, eine Dauerstelle anzunehmen (Art. 14 Abs. 3 AVIV; BGE 120 V 388 Erw. 3b mit Hinweisen), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu Recht festgehalten ist sodann, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 und die damit auf dem Gebiet des Arbeitslosenversicherungsrechts verbundenen Änderungen nicht anwendbar sind, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 30. September 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2).
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2.
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Zu klären gilt es die Frage, ob der Beschwerdegegner seit 1996 freiwillig ausschliesslich temporäre Arbeitsverhältnisse eingeht, welche mit hauptsächlich in den Wintermonaten beschäftigungslosen Zeiten verbunden sind, sodass dies als Ausdruck für die subjektiv fehlende Vermittlungsbereitschaft für Dauerstellen zu werten ist.
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2.1 Die Vorinstanz hat die Vermittlungsfähigkeit hauptsächlich im Lichte der Tatsache, dass der Versicherte während der gesamten Zeit seiner Arbeitslosigkeit Arbeitsbemühungen nachwies, bejaht. Diese seien zwar zum Teil hinsichtlich der Quantität ungenügend, würden jedoch auch die Suche nach Dauerstellen (auch ausserhalb seiner angestammten Tätigkeit) beinhalten. Sein Wille, sich nicht nur für zeitlich befristete Stellen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, werde zudem durch den Umstand untermauert, dass die Personal I.________ AG bestätige, auch mit der Suche nach Dauerstellen beauftragt worden zu sein. Die Verwaltung vertritt dagegen die Auffassung, der Beschwerdegegner stelle sich freiwillig - seinem Lebensstil entsprechend - nur für zeitlich begrenzte Arbeitseinsätze zur Verfügung, ohne eine auf Dauer angelegte Stelle anzustreben, sodass seine Vermittlungsfähigkeit rechtsprechungsgemäss verneint werden müsse.
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2.2 Fest steht, dass der Versicherte seit Februar 1997 bei der Personal I.________ AG als temporärer Mitarbeiter auf dem Bau tätig ist. Dem Lebenslauf des Versicherten kann weiter entnommen werden, dass er bereits vor seiner Arbeitslosigkeit, d.h. seit 1995, lediglich zeitlich befristet tätig war. Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass der Beschwerdegegner seit der Anmeldung zur Arbeitsvermittlung Arbeitsbemühungen aufweist, welche die Suche nach Dauer- und Temporärstellen umfassen, wobei der gelernte Zimmermann und zuletzt als Gerüstbauer tätig gewesene Versicherte sich u.a. auch um Arbeit als Monteur, Lagerist, Dachdecker, Hilfsmaurer, Packer und Isoleur bemühte. Im letztinstanzlich aufgelegten Schreiben der Personal I.________ AG (vom 3. November 2003) bekräftigt diese, dass sich bis zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit einer Festanstellung ergeben habe.
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2.3 Der Verwaltung kann insoweit gefolgt werden, als es schwer verständlich ist, warum der Beschwerdegegner seit 1996, mithin innerhalb der vierten Rahmenfrist für den Leistungsbezug, Arbeitslosenentschädigung beansprucht, zumal er weder aufgrund seines Alters, noch seiner Ausbildung und Arbeitsweise, wie verschiedene Arbeitszeugnisse belegen, hinsichtlich der Stellensuche benachteiligt sein sollte, sodass es nahe liegt anzunehmen, der Versicherte stelle sich freiwillig nur für zeitlich begrenzte Arbeitseinsätze zur Verfügung. Als Allrounder hätte es ihm an sich möglich sein sollen, trotz konjunkturell schwankender Auftragslage im Baugewerbe, einen ihn direkt und auf Dauer beschäftigenden Arbeitgeber (allenfalls ausserhalb der Baubranche) zu finden. Es fällt jedoch auf, dass das RAV - gemäss Aktenlage - ebenfalls nicht in der Lage war, dem Beschwerdegegner in der gesamten Zeit seiner Arbeitslosigkeit mehr als eine zumutbare Stelle zuzuweisen, wobei bezüglich der Gründe, weshalb es hierbei zu keiner Anstellung kam, widersprüchliche Angaben der potenziellen Arbeitgeberin vorliegen. Am 11. März 2002 führte sie an, der Versicherte habe stark nach Alkohol gerochen, nachdem sie am 1. März 2002 in ihrer Rückmeldung an das RAV festgehalten hatte, der Beschwerdegegner besitze keinen Führerausweis, welcher jedoch bezüglich des Arbeitsweges unbedingt erforderlich gewesen wäre. Hieraus lassen sich somit ebenfalls keine zuverlässigen Hinweise auf eine fehlende subjektive Vermittlungsbereitschaft hinsichtlich einer Festanstellung finden. Wenn der Versicherte wiederholt, so auch anlässlich der mündlichen Verhandlung im vorinstanzlichen Verfahren, betont, bereit und in der Lage zu sein, eine Dauerstelle anzunehmen, dies zudem durch die vorgelegten Arbeitsbemühungen dokumentiert und des Weiteren das Stellenvermittlungsbüro beauftragt hat, auch Dauerstellen zu suchen, bleibt - trotz langjähriger ausschliesslicher Temporärarbeit - kein Raum, dem Versicherten den Willen zur Annahme einer solchen Stelle abzusprechen, weshalb es beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden hat. Sollte der Beschwerdegegner weiterhin arbeitslos sein, wird er besonders gefordert sein, die weitere Vermittlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Aufgabe des RAV wird es sein, Gründe für die Schwervermittelbarkeit des Versicherten zu suchen und ihn durch vermehrte Zuweisung von Dauerstellen oder durch andere (arbeitsmarktliche) Massnahmen bei der Beendigung seiner Arbeitslosigkeit zu unterstützen.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Kantonalen Arbeitslosenkasse St. Gallen und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
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Luzern, 26. Oktober 2004
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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