BGer 1P.498/2004 |
BGer 1P.498/2004 vom 03.11.2004 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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1P.498/2004 /sza
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Urteil vom 3. November 2004
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I. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
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Bundesgerichtsvizepräsident Nay,
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Bundesrichter Féraud,
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Gerichtsschreiber Störi.
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Parteien
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X.________, Beschwerdeführerin,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Bielstrasse 9, 4502 Solothurn,
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Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, Amthaus 1, Postfach 157, 4502 Solothurn.
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Gegenstand
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Art. 9 BV (Strafverfahren),
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Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer,
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vom 14. Juli 2004.
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Sachverhalt:
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A.
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Die Amtsgerichtspräsidentin von Olten-Gösgen verurteilte X.________ am 12. Dezember 2002 wegen Drohung, Beschimpfung und mehrfachen Missbrauchs des Telefons zu 500 Franken Busse. Sie hielt für erwiesen, dass X.________ in der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 2001 ihren Bruder A.________ viele Male anrief, ihn und seine Familie beschimpfte und Drohungen gegen sie ausstiess in der Art, sie werde alle umbringen und kaputt machen, ihr Sohn habe Kollegen, die sie zusammenschlagen würden.
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Die Strafkammer des Obergerichts Solothurn, an welche X.________ appelliert hatte, verurteilte sie am 14. Juli 2004 wegen Drohung und Beschimpfung zu 400 Franken Busse.
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B.
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Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 8. September 2004 wegen Willkür und Verletzung des Grundsatzes "im Zweifel für den Angeklagten" beantragt X.________, das obergerichtliche Urteil vollständig aufzuheben. Ausserdem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege.
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C.
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Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft verzichten auf Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Beim angefochtenen Entscheid der Strafkammer handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 OG). Die Beschwerdeführerin ist durch die strafrechtliche Verurteilung in ihren rechtlich geschützten Interessen berührt (Art. 88 OG), weshalb sie befugt ist, die Verletzung verfassungsmässiger Rechte zu rügen. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.
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Die staatsrechtliche Beschwerde ermöglicht indessen keine Fortsetzung des kantonalen Verfahrens. Das Bundesgericht prüft in diesem Verfahren nur in der Beschwerdeschrift erhobene, detailliert begründete und soweit möglich belegte Rügen. Die Beschwerdeführerin muss den wesentlichen Sachverhalt darlegen, die als verletzt gerügten Verfassungsbestimmungen nennen und überdies dartun, inwiefern diese verletzt sein sollen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 127 I 38 E. 3c; 125 I 492 E. 1b; 122 I 70 E. 1c).
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2.
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Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Willkürverbotes (Art. 9 BV) und sinngemäss des Grundsatzes "in dubio pro reo" in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel.
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2.1 Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Auf dem Gebiet der Beweiswürdigung steht den kantonalen Instanzen ein weiter Ermessensspielraum zu. Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dabei genügt es nicht, wenn sich der angefochtene Entscheid lediglich in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41; 124 IV 86 E. 2a S. 88, je mit Hinweisen).
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2.2 Als Beweiswürdigungsregel besagt der aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleitete Grundsatz "in dubio pro reo", dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Die Maxime ist verletzt, wenn der Strafrichter an der Schuld des Angeklagten hätte zweifeln müssen. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Es muss sich um erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel handeln, d.h. um solche, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei der Frage, ob angesichts des willkürfreien Beweisergebnisses erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel hätten bejaht werden müssen und sich der Sachrichter vom für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt nicht hätte überzeugt erklären dürfen, greift das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung ein, da der Sachrichter diese in Anwendung des Unmittelbarkeitsprinzips zuverlässiger beantworten kann.
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3.
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3.1 Nach der übereinstimmenden Darstellung von A.________ und seiner Ehefrau B.________ hat die Beschwerdeführerin ihren Bruder in der fraglichen Nacht über 30-mal angerufen und ihn und seine Familie beschimpft und bedroht. Der Bruder habe jeweils die Lauthörtaste betätigt, sodass seine Ehefrau alles mithören konnte.
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Die Beschwerdeführerin sagte dagegen aus, sie habe an jenem Abend festgestellt, dass das Auto ihres Sohnes zerkratzt worden sei, und im Sohn ihres Bruders den Täter vermutet. Sie habe ihren Bruder daher einige Male angerufen, um ihn deswegen zur Rede zu stellen, dabei aber weder Drohungen noch Beschimpfungen ausgestossen. Sie habe dazu gar keine Gelegenheit gehabt, da ihr Bruder jeweils sofort aufgehängt habe. Ihr Sohn C.________ bestätigte, dass seine Mutter ihrem Bruder telefoniert habe, bestritt jedoch, dass sie dabei Drohungen und Beschimpfungen ausstiess.
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Das Obergericht kam nach eingehender Würdigung dieser Aussagen und der weiteren Umstände, unter denen sich das Geschehen abspielte, zum Schluss, die Aussagen der Eheleute A.________ und B.________ seien glaubhaft. Die entgegenstehende Darstellung der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes überzeugten es dagegen nicht.
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3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, B.________ und C.________ seien wegen ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen untereinander sowie zum Strafantragsteller und zur Beschuldigten in gleicher Weise befangen. Es stünde daher die Zeugenaussage von B.________ gegen jene von C.________, welche beide mit Vorsicht gewürdigt werden müssten; der Sachverhalt sei daher zumindest zweifelhaft und damit nicht bewiesen. Es sei willkürlich, auf die Zeugenaussage von B.________ abzustellen und diejenige von C.________ quasi zu ignorieren. Sie hätte daher nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" freigesprochen werden müssen.
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3.3 Die Beschwerdeführerin verkennt, dass es bei der Beweiswür-digung nicht auf die Zahl der Zeugen ankommt, sondern auf ihre Glaubwürdigkeit und die Qualität ihrer Aussagen. Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid (S. 4 ff.) die Aussagen sorgfältig gewürdigt und in nachvollziehbarer Weise dargelegt, weshalb es diejenigen von A.________ und seiner Ehefrau überzeugten und diejenigen der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes nicht. Die Beschwerdeführerin legt nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise dar (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), inwiefern diese Beweiswürdigung unhaltbar sein soll, und das ist auch nicht ersichtlich. Die Rüge ist offensichtlich unbegründet.
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4.
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Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 OG). Sie hat zwar ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt, welches jedoch abzuweisen ist, da die Beschwerde offensichtlich aussichtslos war (Art. 152 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin sowie der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 3. November 2004
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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