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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
P 53/04
Urteil vom 9. Mai 2005
III. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und nebenamtlicher Richter Weber; Gerichtsschreiber Attinger
Parteien
L.________, 1931, Beschwerdeführerin, vertreten durch A.________,
gegen
Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt, Grenzacherstrasse 62, 4005 Basel, Beschwerdegegner
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel
(Entscheid vom 6. September 2004)
Sachverhalt:
A.
Die 1931 geborene L.________ meldete sich am 6. Februar 1998 zum Bezug von Ergänzungsleistungen zur Altersrente an. Gleichentags verpflichtete sie sich in einer mit "Revers" überschriebenen Erklärung gegenüber dem Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt, im Falle des (seit längerem beabsichtigten) Verkaufs eines in ihrem Miteigentum stehenden Hauses in P.________/F die in der Zwischenzeit erfolgten EL-"Zuvielbezüge" zurückzuerstatten. In der Folge sprach das Amt für Sozialbeiträge L.________ ab 1. Januar 1998 Ergänzungsleistungen zu, wobei der Liegenschaftsbesitz in Frankreich nicht in deren Berechnung mit einbezogen wurde (Verfügung vom 16. Februar 1998). Nachdem der Verkauf des Hauses am 28. Juni 1999 realisiert werden konnte, nahm die EL-Behörde rückwirkend eine Neuberechnung ihrer Leistungen vor. Gestützt darauf verneinte sie mit Verfügung vom 15. Mai 2000 einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen ab 1. Januar 1998 und forderte gleichzeitig die zu Unrecht bezogenen EL-Betreffnisse im Gesamtbetrag von Fr. 10'598.- von L.________ zurück.
B.
B.a Diese erhob bei der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen und die IV-Stellen, Basel (heute: Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt), Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung bzw. Rektifizierung der angefochtenen Verfügung auf Grund der vorgebrachten Einwendungen. Während der Rechtshängigkeit dieser Beschwerde (lite pendente) erliess das Amt für Sozialbeiträge am 15. November 2000 eine neue Verfügung, worin für das Jahr 1998 ein EL-Anspruch weiterhin verneint, hingegen für 1999/2000 ein solcher bejaht und auf Fr. 24.- pro Monat (vom 1. Januar bis 31. Dezember 1999) bzw. auf monatlich Fr. 100.- (ab 1. Januar 2000) festgesetzt wurde; die mit gleichem Verwaltungsakt verfügte Rückforderung gegenüber L.________ beläuft sich neu auf insgesamt Fr. 15'232.- (nunmehr einschliesslich Prämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung). Die Rekurskommission wies die Beschwerde ab und bestätigte die lite pendente erlassene Verfügung vom 15. November 2000 (Entscheid vom 13. September 2001).
B.b Das Eidgenössische Versicherungsgericht hiess die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde - soweit es darauf eintrat - mit Urteil vom 12. März 2004 in dem Sinne gut, als es den vorinstanzlichen Entscheid aufhob und die Sache an das Sozialversicherungsgericht zurückwies, damit dieses L.________ Gelegenheit gebe, sich zur drohenden Schlechterstellung zu äussern, und sie darauf aufmerksam mache, dass sie ihre Beschwerde zurückziehen kann. Nachdem das kantonale Gericht in diesem Sinne verfahren hatte, hielt L.________ in ihrer Stellungnahme vom 28. April 2004 die Beschwerde aufrecht. Mit Entscheid vom 6. September 2004 hiess das Sozialversicherungsgericht die Beschwerde "der Form halber gut" und verpflichtete das Amt für Sozialbeiträge zur Neuverfügung "gemäss den (lite pendente erlassenen) Verfügungsentwürfen vom 15. November 2000 (einschliesslich der Berechnungsblätter)".
C.
L.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und Rückweisung der Sache an die Verwaltung zur Neuberechnung u.a. des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen für die Jahre 1998 und 1999 unter Ausserachtlassung eines hypothetischen Vermögensertrags und zur entsprechenden Reduktion der Rückforderung.
Das Amt für Sozialbeiträge und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann gemäss Art. 128 OG in Verbindung mit Art. 97 OG und Art. 5 Abs. 1 VwVG nur insoweit eingetreten werden, als sie sich auf bundesrechtliche Ergänzungsleistungen im Sinne des ELG und nicht auf kantonale oder kommunale Beihilfen bezieht (BGE 122 V 222 Erw. 1).
2.
Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 15. Mai/15. November 2000) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (Peter Arnold/Ulrich Meyer, Intertemporales Recht, in: ZSR 124 2005 I. Halbband, S. 115 ff., S. 128 f. und 132; BGE 131 V 11 Erw. 1, 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
3.
Das kantonale Gericht hat die hier massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze, insbesondere die Norm über die Anrechnung von Einkünften, auf die verzichtet worden ist (Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG), richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.
4.
Letztinstanzlich streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Ergänzungsleistungen für die Jahre 1998 und 1999, wobei in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzig geltend gemacht wird, Verwaltung und Vorinstanz hätten diesbezüglich zu Unrecht einen hypothetischen Liegenschaftsertrag als Verzichtseinkommen angerechnet.
4.1 Der Beschwerdeführerin ist insofern beizupflichten, als Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG ganz allgemein die Verhinderung von Missbräuchen bezweckt. Soweit sie sich indessen dagegen verwahrt, dass ihr persönlich Missbrauchsabsichten unterstellt würden, kann ihr nicht gefolgt werden. Mit der am 1. Januar 1987 in Kraft getretenen Regelung (damals Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG) sollte eine einheitliche und gerechte Lösung ermöglicht werden, indem sich eben gerade die schwierige Prüfung der Frage fortan erübrigte, ob beim Verzicht auf Einkommen oder Vermögen (hier Verzicht auf Mieteinnahmen) der Gedanke an eine Ergänzungsleistung tatsächlich eine Rolle gespielt hat oder nicht (BGE 122 V 397 Erw. 2, 120 V 11 Erw. 1, 117 V 155 Erw. 2a mit Hinweisen). Die Gründe, warum die Beschwerdeführerin die Liegenschaft in P.________ nicht selber bewohnte, spielen im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls keine Rolle. Ferner ist auch dem in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wie bereits im vorinstanzlichen und im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwand, wonach Reparaturarbeiten dringend nötig waren ("neues Dach, Fassadenrenovation etc."), keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Jedenfalls ergeben sich aus sämtlichen Akten keinerlei Hinweise darauf, dass das fragliche Wohnhaus für eine allfällige Mieterschaft nicht bewohnbar gewesen wäre. Solches wird denn auch von der Beschwerdeführerin zu Recht nicht geltend gemacht. Dem Umstand, dass vor Durchführung der erwähnten Erneuerungsarbeiten nur ein relativ bescheidener Mietzins erzielt werden konnte, haben Verwaltung und kantonales Gericht hinreichend Rechnung getragen, indem sie für das am Atlantischen Ozean auf einem Grundstück von insgesamt 1400 m2 gelegene 5-Zimmer-Wohnhaus einen hypothetischen jährlichen Liegenschaftsertrag von lediglich Fr. 4415.- (1998) bzw. Fr. 4100.- (1999) berücksichtigten.
4.2 Aus der Bemerkung der nachmaligen Liegenschaftskäufer in deren Brief vom 16. April 1999, wonach sie einen ständigen Wohnsitz in P.________ suchten, kann sodann nicht abgeleitet werden, dass sie selber oder andere Interessenten das Haus nicht auch im vermieteten Zustand erworben hätten. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird denn auch weder behauptet noch dargetan, dass in Frankreich ein Mietverhältnis in Fällen wie dem vorliegenden nicht auflösbar sei. Das Schreiben der mit der Veräusserung der Liegenschaft betrauten Agence E.________ vom 31. Januar 2002 führt zu keiner andern Betrachtungsweise.
Auch die übrigen von der Beschwerdeführerin gegen die Aufrechnung eines hypothetischen Mietertrages als Verzichtseinkommen angeführten Einwände sind unbegründet: So wird pauschal behauptet, dass in Frankreich hohe Steuern anfallen würden und die Gefahr bestehe, den vereinbarten Mietzins auf dem Betreibungswege einfordern zu müssen. Schliesslich sei auch das Kursrisiko gegeben. Dass die Vermietung von im Ausland gelegenen Liegenschaften durch in der Schweiz wohnhafte Personen generell unmöglich ist, kann sicherlich nicht angenommen werden. Der blosse Hinweis auf eine angeblich hohe Steuerbelastung in Frankreich vermochte die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht davon zu entbinden, für das in ihrem Eigentum stehende bzw. ihrer Nutzniessung dienende Grundstück einen angemessenen Ertrag zu erwirtschaften. Auch das Kursrisiko ist in den hier relevanten Jahren 1998 und 1999 nicht derart hoch gewesen, dass eine Vermietung der Liegenschaft deswegen ausgeschlossen gewesen wäre. Immerhin nahmen die Wechselkursschwankungen des Schweizer Frankens gegenüber der französischen Währung bereits vor der Einführung des Euros nicht ein derartiges Ausmass an, dass mit Blick darauf von der Erzielung eines Mietertrages hätte abgesehen werden können. Anders wäre allenfalls die Situation zu betrachten, wenn sich die Liegenschaft in einem Land befunden hätte, in welchem eine grassierende Inflation geherrscht hätte. Derartiges kann jedoch für Frankreich in den Jahren 1998 und 1999 nicht behauptet werden.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 9. Mai 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: