BGer I 804/2004
 
BGer I 804/2004 vom 20.05.2005
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 804/04
Urteil vom 20. Mai 2005
II. Kammer
Besetzung
Präsident Borella, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiber Hadorn
Parteien
B.________, 1994, Beschwerdeführerin,
vertreten durch ihre Eltern und diese
vertreten durch Rechtsanwältin Rita Diem, Holbeinstrasse 34, 8008 Zürich,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 28. Oktober 2004)
Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 9. Dezember 2003 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich ein Gesuch von B.________ (geb. am 16. August 1994) um medizinische Massnahmen ab. Diese Verfügung bestätigte die IV-Stelle mit Einspracheentscheid vom 11. März 2004.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. Oktober 2004 ab.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es seien ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen. Eventuell sei die Sache zu näheren Abklärungen an die Verwaltung zurückzuweisen.
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zum Anspruch von Personen bis zum vollendeten 20. Altersjahr auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG und Art. 13 IVG), zu den anerkannten Geburtsgebrechen (Art. 1 Abs. 1 und 2 GgV), insbesondere zum angeborenen Psychoorganischen Syndrom (POS; Ziff. 404 GgV Anhang), und die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 122 V 113) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zutreffend ist sodann, dass medizinische Eingliederungsmassnahmen nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sein müssen, damit sie von der Invalidenversicherung übernommen werden können (BGE 123 V 60 Erw. 2b/cc, 115 V 195 Erw. 4b).
2.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf medizinische Massnahmen. Dabei steht fest, dass die Versicherte an einem kongenitalen Psychoorganischen Syndrom (POS) im Sinne von Ziff. 404 GgV Anhang leidet und die entsprechende Diagnose vor Vollendung des 9. Altersjahres (16. August 2003) gestellt worden ist. Unklar ist hingegen, ob auch die Behandlung rechtzeitig vor dem genannten Zeitpunkt begonnen hat.
2.1 Im Fragebogen zum infantilen POS vom 24. September 2003 liess Frau Dr. med. K.________, Kinder- und Jugendpsychiatrie FMH, die Frage Nr. 4.4 nach dem Beginn der spezifischen medizinischen Massnahmen, die sich gezielt auf die Therapie des diagnostizierten POS beziehen, unbeantwortet. Im Bericht vom 20. Juni 2004 beschreibt Dr. K.________ den Verlauf der Behandlungen wie folgt: am 4. Juni 2003 hätten die Eltern der Versicherten um eine nochmalige Untersuchung gebeten. Am 11. und 18. Juni sowie am 2. Juli 2003 hätten Abklärungssitzungen stattgefunden, die immer auch therapeutische Elemente enthalten hätten. Am 7. Juli 2003 habe Dr. K.________ den Eltern die Diagnose des POS anlässlich eines Elterngesprächs mitgeteilt. Gleichzeitig seien eingehend die Auswirkungen des POS und die besondere Erziehungssituation besprochen worden. Im damaligen Zeitpunkt sei eine intensive psychotherapeutische Begleitung der Versicherten nicht angezeigt erschienen. Ausserdem hätten die Eltern vorderhand eine Behandlung mit dem Medikament Ritalin abgelehnt, um die Versicherte mit alternativen Methoden behandeln zu lassen. Sie hätten gleichzeitig "weitere Gespräche als Eltern und medizinische Kontrollen" in grösseren Abständen gewünscht. In zwei weiteren therapeutischen Sitzungen mit der Mutter vom 6. Juli und 25. August 2003 sei es um die schwierige Erziehungssituation gegangen. Am 2. Oktober 2003 habe Dr. K.________ eine Kontrolle der Versicherten durchgeführt. Die ganze Lage scheine sich etwas stabilisiert zu haben, weshalb vereinbart worden sei, dass die Eltern sich melden sollten, falls es der Versicherten schlechter gehe oder ihre Schulleistungen abnehmen sollten.
2.2 Unter solchen Umständen hat die Behandlung nicht vor dem 9. Altersjahr begonnen. Gespräche mit den Eltern sind rechtsprechungsgemäss (AHI 2002 S. 62 Erw. 2b) keine Behandlung der betroffenen Person und ihres Leidens an sich, selbst wenn sie sinnvoll und für den Behandlungserfolg nötig sein können. Am 7. Juli 2003 wurde eine psychotherapeutische Behandlung der Versicherten als nicht angezeigt erachtet und eine solche mit Ritalin von den Eltern abgelehnt. In der Folge fand vor dem kritischen Datum des 16. August 2003 nur noch eine Sitzung mit der Mutter statt. Diese kann nicht als Behandlungsbeginn gelten. Was Dr. K.________ hiegegen im Bericht vom 3. Dezember 2004 einwendet, ändert daran nichts. Namentlich vermag die nicht näher begründete Aussage, am 7. Juli 2003 habe die eigentliche Behandlung begonnen, angesichts des im Bericht vom 20. Juni 2004 detailliert beschriebenen Ablaufes nicht zu überzeugen.
2.3 Bei diesem Ausgang des Verfahrens braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob die später in Angriff genommene Behandlung mit alternativen Methoden bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft entspricht.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 20. Mai 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: