Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
7B.76/2005 /blb
Urteil vom 25. Mai 2005
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Levante.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt, Bäumleingasse 5, Postfach 964, 4001 Basel.
Gegenstand
Existenzminimumsberechnung, Zustellung des Zahlungsbefehls,
SchKG-Beschwerde gegen das Urteil der Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt
Basel-Stadt vom 17. Februar 2005 (AB 2005/6).
Die Kammer zieht in Erwägung:
1.
Das Betreibungsamt Basel-Stadt vollzog in der gegen X.________ laufenden Betreibung am 26. November 2004 die Pfändung (Gruppe Nr. xxxx). Dabei wurde die das Existenzminimum übersteigende Einkommensquote in der Höhe von Fr. 2'340.-- pro Monat gepfändet. Gleichzeitig wurde verfügt, dass ab dem 1. März 2005 nur noch ein reduzierter Mietzins im Notbedarf berücksichtigt werde (Pfändungsurkunde vom 5. Januar 2005). Hiergegen erhob X.________ Beschwerde. Mit Urteil vom 17. Februar 2005 hiess die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt die Beschwerde teilweise gut und wies das Betreibungsamt an, in der Existenzminimumsberechnung den Betrag von Fr. 40.-- für berufsbedingte Mehrauslagen und den reduzierten Mietzins erst ab 1. April 2005 zu berücksichtigen.
X.________ hat das Urteil der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 25. April 2005 (Postaufgabe) rechtzeitig an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Nichtigkeit der Zustellung des Zahlungsbefehls festzustellen. Weiter verlangt er aufschiebende Wirkung.
Die Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung keine Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) angebracht. Vernehmlassungen sind keine eingeholt worden.
2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Zustellung des Zahlungsbefehls während des Militärdienstes erfolgt und daher nichtig sei. Die Vorinstanz hat in diesem Zusammenhang festgehalten, dass der Beschwerdeführer den Zahlungsbefehl anlässlich des eintägigen militärischen Dienstes nach Dienstschluss auf der Post abgeholt habe. Der Beschwerdeführer habe absichtlich und rechtsmissbräuchlich die militärische Dienstleistung zum Anlass genommen, der ihm zuvor postalisch zugestellten Abholungseinladung nachzukommen, um absichtlich - wie bereits in einem anderen Betreibungsverfahren - vom Rechtsstillstand zu profitieren. Da Rechtsmissbrauch nicht geschützt werden könne, sei die Zustellung als rechtsgültig zu betrachten.
3.
Gemäss Art. 57 Abs. 1 SchKG besteht für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand. Nach der Rechtsprechung ist die Zustellung eines Zahlungsbefehls während eines Militärdienstes gänzlich unbeachtlich, d.h. nichtig (Art. 22 Abs. 1 SchKG); der Rechtsstillstand während des Militärdienstes steht nicht nur im Interesse des Dienstpflichtigen, sondern auch im öffentlichen Interesse, denn die zu erbringende Dienstleistung soll nicht beeinträchtigt werden (BGE 127 III 173 E. 3b S. 177).
3.1 Die Aufsichtsbehörde hat festgehalten, dass der Beschwerdeführer sich bereits im Rechtsöffnungsverfahren in der gleichen Betreibung auf den Rechtsstillstand zufolge Militärdienst berufen habe. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat mit Urteil vom 15. Juli 2004 die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Rechtsöffnungsentscheid abgewiesen. Es wurde erwogen, dass sich der Beschwerdeführer in der Betreibung Nr. xxxx in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Rechtsstillstand am 16. April 2003, dem Tag seines Militärdienstes berufe; die Zustellung des Zahlungsbefehls sei deshalb wirksam (vgl. Urteil 5P.420/2004; erledigt durch Rückzug der staatsrechtlichen Beschwerde).
Gemäss Art. 57d SchKG kann der Rechtsöffnungsrichter auf Antrag eines Gläubigers den Rechtsstillstand wegen Militärdienstes aufheben, wenn der Schuldner Anstalten trifft, die auf eine allgemeine Benachteiligung der Gläubiger hinzielen (Ziff. 1). Dass vorliegend im Rechtsöffnungsverfahren - und für die Betreibungsbehörden verbindlich (vgl. Gilliéron, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 20 zu Art. 57d SchKG) - der Rechtsstillstand nach Art. 57d SchKG aufgehoben worden sei, geht aus jenem Urteilsdispositiv nicht hervor. Folglich hat die Aufsichtsbehörde zu Recht angenommen, dass sich das Appellationsgericht lediglich vorfrageweise - und insoweit für die Aufsichtsbehörde nicht verbindlich (Lorandi, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, N. 151 zu Art. 22 SchKG) - zur Nichtigkeit geäussert hat.
3.2 Nach den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Urteil hat der Beschwerdeführer den Zahlungsbefehl nach Schluss seines eintägigen Militärdienstes auf der Poststelle abgeholt. Die Aufsichtsbehörde hat zu Recht nicht in Frage gestellt, dass am 16. April 2003, am ganzen Tag seines Militärdienstes, der Rechtsstillstand galt. Das Gesetz trifft in der Tat keine Unterscheidung nach der Länge des Dienstes (BGE 127 III 173 E. 3b S. 177). Nach der Rechtsprechung gilt der Rechtsstillstand nach Art. 57 SchKG am (ganzen) Entlassungstag (BGE 67 III 69 f.) und auch bei kurzem, nur einige Tage dauerndem Militärdienst (BGE 66 III 36 S. 37; Gilliéron, a.a.O., N. 12 zu Art. 57 SchKG).
3.2.1 Die Aufsichtsbehörde hat dem Beschwerdeführer allerdings vorgehalten, dass er sich am Tag seines eintägigen Militärdienstes zur Post begeben habe, um den Zahlungsbefehl in Empfang zu nehmen, obwohl er dies auch vor oder nach diesem Tag hätte tun können; er habe beabsichtigt, rechtsmissbräuchlich vom Rechtsstillstand zu profitieren, wie er bereits in einem früheren Betreibungsverfahren einen militärischen Kurzdienst zum Anlass genommen habe, der ihm zuvor durch die Post avisierten Abholungseinladung nachzukommen.
3.2.2 Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Verwirklichung von Interessen verwendet wird, die dieses Rechtsinstitut nicht schützen will (BGE 127 II 49 E. 5a S. 56; Häfelin/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2002, Rz. 716 S. 148). Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, Rechtsmissbrauch zu bestreiten, ohne auf die Erwägungen der Vorinstanz einzugehen. Er verkennt indessen, dass die Zustellung eines Zahlungsbefehls während des Dienstes deshalb unbeachtlich ist, weil dem Dienstpflichtigen - im öffentlichen Interesse - nicht zugemutet werden soll, im Dienst etwas vorzukehren, das ihn nach der Entlassung an die fällige Rechtsvorkehr erinnern solle (BGE 127 III 173 E. 3b S. 177, mit Hinweis auf BGE 67 III 69). Art. 57 SchKG schützt nicht denjenigen, der eine Betreibungshandlung während des Rechtsstillstandes wegen der Nichtigkeitsfolge herbeiführen will. Die vorinstanzlich festgestellte Absicht (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG) des Beschwerdeführers, den Zahlungsbefehl gestützt auf die (siebentägige) Abholungseinladung trotz entsprechender Möglichkeit nicht vor oder nach, sondern am 16. April 2003, dem Tag seinen Militärdienstes, auf dem Postamt abzuholen, lässt ohne weiteres darauf schliessen, dass seine Berufung auf den Rechtsstillstand einzig der Verfahrensverzögerung dient, welche Art. 57 SchKG nicht schützen will. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Nichtigkeit der Zustellung des Zahlungsbefehls verneint hat.
3.3 Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde daher unbegründet und abzuweisen.
4.
Mit dem vorliegenden Urteil wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung hinfällig.
5.
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG).
Demnach erkennt die Kammer:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Beschwerdegegner (Kanton Basel-Stadt, vertreten durch die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt, Fischmarkt 10, Postfach, 4001 Basel), dem Betreibungsamt Basel-Stadt und der Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. Mai 2005
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: