Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
H 14/05
Urteil vom 10. Juni 2005
III. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger; Gerichtsschreiber Schmutz
Parteien
R.________, 1938, Deutschland, Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, Lausanne
(Entscheid vom 2. Dezember 2004)
Sachverhalt:
A.
A.a Der am 21. Mai 1938 geborene R.________ beantragte am 6. November 2003 über die deutsche Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bei der Schweizerischen Ausgleichskasse eine schweizerische Altersrente. Mit Verfügung vom 8. März 2004 beschied ihm stattdessen die IV-Stelle für Versicherte im Ausland, es bestehe kein Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung, weil er nicht während mindestens eines Jahres Beiträge an die schweizerische AHV/IV entrichtet habe. Gegen diesen Entscheid erhob R.________ bei der Schweizerischen Ausgleichskasse fristgerecht Einsprache, unterliess es jedoch, diese zu begründen. Die Schweizerische Ausgleichskasse setzte ihm mit Schreiben vom 27. April, 18. und 28. Mai 2004 Fristen zur nachträglichen Begründung der Einsprache. Sie wies ihn darauf hin, dass ohne eine solche nicht auf die Einsprache eingetreten werden könne. Nach Verstreichen der dritten Nachfrist verfügte die Schweizerische Ausgleichskasse am 10. Juni 2004, auf die am 26. März 2004 erhobene Einsprache gegen die Verfügung vom 8. März 2004 werde nicht eingetreten, da sie den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge. Sie versah den Entscheid mit der Rechtsmittelbelehrung, dass innert 30 Tagen seit der Zustellung bei der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen (nachfolgend: Rekurskommission) Beschwerde erhoben werden könne.
A.b Mit auf den 9. Juli 2004 datiertem, bei der Schweizerischen Ausgleichskasse am 15. Juli 2004 eingelangtem Schreiben legte R.________ "gegen den Bescheid der Schweizerischen Ausgleichskasse Einspruch/Widerspruch" ein. Er erklärte, am Anspruch "rückwirkend seit dem ersten Antrag vom Dezember 1990 festzuhalten, dessen Ablehnung rechtswidrig" gewesen sei. Die Schweizerische Ausgleichskasse akzeptierte die Ausführungen als nachträgliche Begründung der Einsprache vom 26.März 2004 und wies diese mit Entscheid vom 20.Juli 2004 ab, da für den Anspruch auf (nunmehr) eine Altersrente eine Mindestbeitragsdauer von einem Jahr vorgeschrieben sei, welche Voraussetzung R.________ nicht erfülle. Eine Rückerstattung der geleisteten AHV/IV-Beiträge sei nicht möglich.
B.
Die von R.________ mit Eingabe vom 18. August 2004 erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission mit Entscheid vom 2. Dezember 2004 ab, weil die vorgeschriebene Mindestbeitragsdauer für den Anspruch auf Leistungen sowohl der AHV wie der IV nicht erreicht sei. Dabei merkte sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht an, dass R.________ seit Erreichen des Rentenalters im Mai 2003 um die Ausrichtung einer Altersrente und nicht einer Invalidenrente nachgesucht habe. Da für den Anspruch bei beiden Renten eine Mindestbeitragsdauer von einem Jahr verlangt werde, und weil die Schweizerische Ausgleichskasse als zuständige Stelle verfügt habe, sei die verfahrensrechtliche Unstimmigkeit, dass die IV-Stelle für Versicherte im Ausland die Verfügung vom 8. März 2004 erlassen habe, im Laufe des Verfahrens behoben worden.
C.
R.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt eine Rente rückwirkend ab Dezember 1990.
Die Schweizerische Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach ständiger Rechtsprechung prüft das Eidgenössische Versicherungsgericht von Amtes wegen die formellen Gültigkeitserfordernisse des Verfahrens, insbesondere auch die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht auf die Beschwerde oder Klage eingetreten ist. Hat die Vorinstanz übersehen, dass es an einer Prozessvoraussetzung fehlte, und hat sie materiell entschieden, ist dies im Rechtsmittelverfahren von Amtes wegen zu berücksichtigen mit der Folge, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben wird (BGE 128 V 89 Erw. 2a, 125 V 347 Erw. 1a, 122 V 322 Erw. 1).
2.
Als der 1938 geborene Beschwerdeführer über die deutsche BfA bei der Schweizerischen Ausgleichskasse eine schweizerische Altersrente beantragte, befand er sich im 66. Altersjahr. Dass ihm trotzdem die IV-Stelle für Versicherte im Ausland mit Verfügung vom 8. März 2004 beschied, es bestehe kein Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung, ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zunächst war damit über das gestellte Gesuch um Ausrichtung einer AHV-Rente noch nicht befunden. Zudem regte die Verweigerung der Ausrichtung einer Invalidenrente den Beschwerdeführer an, rückwirkend bis Dezember 1990 und damit bis ins 53. Altersjahr einen Rentenanspruch zu erheben (vgl. Eingabe vom 9. Juli 2004 an die Schweizerische Ausgleichskasse, vorinstanzliche Beschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
3.
Was die von der IV-Stelle für Versicherte im Ausland am 8. März 2004 verfügte Ablehnung des Anspruchs auf eine Invalidenrente betrifft, bleibt festzustellen, dass mangels korrekter Anfechtung auf die hiegegen eingereichte Einsprache mit Einspracheentscheid vom 10. Juni 2004 nicht eingetreten werden konnte, sodass damit die Frage nach dem Anspruch auf eine Invalidenrente, soweit es denn ursprünglich eine Frage war oder später zu einer solchen wurde, formell rechtskräftig entschieden ist.
4.
Was den Altersrentenanspruch anbelangt, fehlt es an einer formell rechtsgültigen Verwaltungsverfügung und damit auch an einem Anfechtungsobjekt und an einem gültigen Einspracheentscheid. Der zweite Einspracheentscheid vom 20.Juli 2004 ist nichtig, weil damit nach verspätetem Eingang einer Begründung ein zweites Mal über die am 10.Juni 2004 bereits mittels Nichteintreten entschiedene Sache befunden wurde. Abgesehen davon und den bereits erwähnten Gründen könnte der zweite Einspracheentscheid (überschrieben mit "Einspracheverfügung") auch nicht (wie de facto erfolgt) in eine Ablehnungsverfügung betreffend AHV-Altersrente umgestaltet werden. Da es bezüglich des Altersrentenanspruchs an einer Verfügung fehlt, wird die Verwaltung noch darüber zu befinden haben.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen vom 2. Dezember 2004 aufgehoben wird, mit der Feststellung, dass der Einspracheentscheid der Schweizerischen Ausgleichskasse vom 20. Juli 2004 nichtig ist, und die Sache an die Schweizerische Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit sie über das Gesuch des Beschwerdeführers um Zusprechung einer Altersrente verfüge.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 10. Juni 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: