BGer H 21/2005 |
BGer H 21/2005 vom 10.06.2005 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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H 21/05
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Urteil vom 10. Juni 2005
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III. Kammer
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Besetzung
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Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiberin Schüpfer
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Parteien
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Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer,
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gegen
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R.________, 1985, Beschwerdegegnerin, vertreten durch ihre Mutter U.________,
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Vorinstanz
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Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
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(Entscheid vom 22. Dezember 2004)
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Sachverhalt:
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A.
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R.________, geboren am 27. Mai 1985, besucht die Kantonsschule. Ab August 2003 war sie von der Stockwerkeigentümergemeinschaft "V.________" in X.________ für die Hauswartung angestellt und verdiente dabei bis Ende 2003 einen Betrag von Fr. 1'650.-. Mit Verfügung vom 8. Juni 2004 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn die Verwalterin der Stockwerkeigentümergemeinschaft, (und Mutter der Betroffenen), U.________, zur Bezahlung von AHV/IV/EO, FAK und ALV-Beiträgen in der Höhe von Fr. 244.25. Auf Einsprache hin wurde an der Verfügung festgehalten (Entscheid vom 14. Juli 2004).
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B.
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Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn hiess die dagegen erhobene Beschwerde gut und hob die Verfügung vom 8. Juni 2004 sowie den Einspracheentscheid vom 14. Juli 2004 auf.
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C.
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Das Bundesamt für Sozialversicherung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides.
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Die Ausgleichskasse und das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn beantragen Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während R.________ auf deren Abweisung schliessen lässt.
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D.
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Die Stockwerkeigentümergemeinschaft "V.________" wurde vom Eidgenössischen Versicherungsgericht zur Vernehmlassung beigeladen, wovon deren Verwalterin U.________ mit Eingabe vom 28. April 2005 Gebrauch machte.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als Sozialversicherungsbeiträge kraft Bundesrechts streitig sind. Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu prüfen, wie es sich bezüglich der Beitragsschuld gegenüber der Ausgleichskasse für kantonale Familienzulagen verhält (BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis).
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1.2 Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
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2.
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Im vorinstanzlichen Entscheid wird U.________ als Beschwerdeführerin bezeichnet. Sie ist jedoch nicht direkt vom Einspracheentscheid betroffen. In der Sache sind entweder die Stockwerkeigentümergemeinschaft "V.________", als Arbeitgeberin und Beitragsschuldnerin (Art. 14 Abs. 1 AHVG), oder die Versicherte selbst aktivlegitimiert (Art. 34 ATSG). Der Wortwahl in der Beschwerde vom 7. September 2004 ist sinngemäss zu entnehmen, dass sich U.________ als Mutter und Vertreterin ihrer Tochter R.________ gegen den Einspracheentscheid wehrt. Daran ändert auch die Eingabe vom 28. April 2005 nichts. Damit ist auch letztinstanzlich R.________, vertreten durch U.________, Prozesspartei.
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3.
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Gemäss Art. 1a Abs. 1 lit. a AHVG sind alle natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz nach diesem Gesetz versichert. Die Versicherten sind beitragspflichtig, solange sie eine Erwerbstätigkeit ausüben (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 AHVG). Für Nichterwerbstätige beginnt die Beitragspflicht am 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 AHVG). Von der Beitragspflicht befreit sind unter anderem erwerbstätige Kinder bis zum 31. Dezember des Jahres, in welchem sie das 17. Altersjahr zurückgelegt haben (Art. 3 Abs. 2 lit.a AHVG). Nichterwerbstätige bezahlen je nach ihren sozialen Verhältnissen einen Beitrag von 353 (Stand 2003) bis 8400 Franken pro Jahr. Erwerbstätige, die im Kalenderjahr weniger als den genannten Mindestbeitrag entrichten, gelten als Nichterwerbstätige (Art. 10 Abs. 1 AHVG). Nichterwerbstätige Studenten und Versicherte, die aus öffentlichen Mitteln oder von Drittpersonen unterhalten oder unterstützt werden, bezahlen den Mindestbeitrag (Art. 10 Abs. 2 AHVG).
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4.
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Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin trotz Befreiung von der Beitragspflicht als Nichterwerbstätige Beiträge auf Erwerbseinkommen zu entrichten hat.
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Das kantonale Gericht hat die Beitragspflicht für das von der Beschwerdegegnerin erzielte Einkommen verneint. Diese gelte als nichterwerbstätige Studentin, weil sie mit einem Einkommen von Fr. 1650.- weniger als Fr. 353.- entrichten müsse. Im Jahre 2003 sei sie 18 Jahre alt und damit als Nichterwerbstätige noch nicht beitragspflichtig gewesen.
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5.
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5.1 Nach Art. 3 AHVG sind grundsätzlich alle Versicherten beitragspflichtig, solange sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen und keine Beitragsbefreiung gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung geltend gemacht werden kann. Das ist auch für die im Jahre 2003 18-jährige Beschwerdegegnerin der Fall. Alle Erwerbseinkommen, die nicht aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung davon befreit sind, unterstehen der Beitragspflicht. Mit ihrer Hauswartstätigkeit, welche monatlich offenbar mit Fr. 330.- entschädigt wurde, ging die Versicherte einer Erwerbstätigkeit nach. Dabei ist es irrelevant, ob das Entgelt als "Taschengeldaufbesserung" - wie sie sich ausdrückt - verstanden wird.
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5.2 Laut Art. 10 AHVG sind auch Nichterwerbstätige beitragspflichtig. Die Höhe der Beiträge richtet sich dabei nicht nach der konkreten Einkommenssituation, sondern nach den sozialen Verhältnissen. Dabei ist im Minimum Fr. 353.- jährlich zu bezahlen. Die Bestimmung "Erwerbstätige, die im Kalenderjahr, gegebenenfalls mit Einschluss des Arbeitgeberbeitrages, weniger als 353 Franken entrichten, gelten als Nichterwerbstätige" (Satz 2 von Art. 10 Abs. 1 AHVG), besagt, dass auch Erwerbstätige mit einem sehr geringen Erwerbseinkommen einen Beitrag von Fr. 353.- bis 8'400.- zu entrichten haben; das heisst also, dass auch bei ihnen die sozialen Verhältnisse - nämlich Vermögen und Renteneinkommen (Art. 28 AHVV) - bei der Festsetzung der Beitragshöhe mitberücksichtigt werden. Die Erhebung der Nichterwerbstätigenbeiträge und jene der Beiträge aus Erwerbstätigkeit einer versicherten Person erfolgt unabhängig voneinander. Die Befreiung von der Bezahlung von Nichterwerbstätigenbeiträgen hat nicht die Beitragsbefreiung auf Erwerbseinkommen zur Folge. Die Erhebung von Beiträgen auf Erwerbseinkommen ist unabhängig vom Beitragsstatus. So werden gemäss Art. 30 Abs. 1 AHVV erst auf Ersuchen der versicherten Person hin Beiträge vom Erwerbseinkommen an die Beiträge angerechnet, die sie als Nichterwerbstätige zu entrichten haben.
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5.3 Im Gegensatz zur Ansicht von Vorinstanz und Beschwerdegegnerin bedeutet die Qualifikation als Nichterwerbstätige gemäss Art. 10 Abs. 1 Satz 2 AHVG nicht, dass für die versicherte Person damit erst am 1. Januar nach Vollendung ihres 20. Altersjahres (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 AHVG) die Beitragspflicht beginnt. Die gesetzliche Voraussetzung dafür, dass die Beschwerdegegnerin trotz ihrer Erwerbstätigkeit in kleinem Rahmen überhaupt als Nichterwerbstätige qualifiziert wird, liegt nach dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 1 AHVG gerade in der Entrichtung von Beiträgen auf Erwerbseinkommen, die den Mindestbetrag nicht erreichen. Aus Art. 3 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Satz 2 AHVG ergibt sich, dass für das Erwerbseinkommen der Beschwerdegegnerin zwar Beiträge zu bezahlen sind, dass sie aber bis am 1. Januar nach Vollendung ihres 20. Altersjahres die Differenz zwischen den auf dem Erwerbseinkommen geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen und dem Mindestbeitrag für Nichterwerbstätige nicht zu bezahlen hat. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Bundesamtes für Sozialversicherung ist demnach gutzuheissen.
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6.
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Das Verfahren ist kostenpflichtig, da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, sondern um eine Beitragsstreitigkeit geht (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf einzutreten ist, wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 22. Dezember 2004 aufgehoben.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und der Stockwerkeigentümergemeinschaft "V.________" zugestellt.
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Luzern, 10. Juni 2005
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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