Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6P.164/2004
6S.434/2004 /gnd
Urteil vom 5. Juli 2005
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly.
Gerichtsschreiber Näf.
Parteien
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, substituiert durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Zimmerli,
gegen
Y.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hess,
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, Hirschengraben 16, 6002 Luzern.
Gegenstand
6P.164/2004 Art. 8, 9, 32 Abs. 1 BV , Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Strafverfahren; willkürliche Beweiswürdigung, "in dubio pro reo")
6S.434/2004 Verletzung von Verkehrsregeln; Nichtbeherrschen des Fahrzeugs, ungenügendes Rechtsfahren (Art. 90 Ziff. 1 i.V.m. 31 Abs. 1 und Art. 34 Abs. 1 SVG),
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.164/2004) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.434/2004) gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 14. Oktober 2004.
Sachverhalt:
A.
Am 8. Dezember 2002, um ca. 19.40 Uhr, kam es in Ebikon zu einer Kollision zwischen dem von Y.________ gelenkten Personenwagen Opel Monterey 4 x 4 und dem von X.________ gelenkten Personenwagen Nissan Micra 1,3. X.________ wurde dabei verletzt.
B.
B.a Am 16. Dezember 2003 verurteilte das Amtsgericht Luzern-Land Y.________ wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB und X.________ wegen Nichtbeherrschens des Fahrzeugs (Art. 90 Ziff. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG) sowie wegen ungenügenden Rechtsfahrens (Art. 90 Ziff. 1 i.V.m. Art. 34 Abs. 1 SVG) je zu einer Busse von 300 Franken. Es stellte fest, dass Y.________ aufgrund des Unfallereignisses vom 8. Dezember 2002 gegenüber X.________ für die Hälfte ihres allfälligen Schadens ersatzpflichtig ist und die Hälfte einer allfälligen Genugtuung zu bezahlen hat, und verwies X.________ im Übrigen an das Zivilgericht.
B.b Y.________ erklärte die Appellation mit den Anträgen, er sei vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freizusprechen und sämtliche Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche der Privatklägerin X.________ seien abzuweisen.
B.c X.________ reichte gegen das Urteil des Amtsgerichts zwei gleich lautende Rechtsschriften ein, die eine als "Appellationserklärung", die andere als "Appellationsbegründung/Kassationsbeschwerde" bezeichnet, mit den Anträgen, sie sei freizusprechen, Y.________ sei bei einer Haftungsquote von 100 % dem Grundsatze nach zur Zahlung von Entschädigungs- und Genugtuungsleistungen an sie zu verpflichten und im Übrigen sei sie zur masslichen Festlegung dieser Ansprüche auf den Zivilweg zu verweisen.
Mit prozessleitender Verfügung vom 14. Mai 2004 entschied das Obergericht, die Eingaben von X.________, soweit sie sich gegen den Schuld-, Straf- und Kostenpunkt richteten, als Kassationsbeschwerde und, soweit sie gegen den Zivilpunkt gerichtet waren, als Appellation entgegenzunehmen.
Die Appellation von X.________ wurde mit der Appellation von Y.________ zu einem Verfahren vereinigt und dieses bis zur rechtskräftigen Erledigung des Kassationsbeschwerdeverfahrens sistiert.
B.d Das Obergericht des Kantons Luzern wies die Kassationsbeschwerde von X.________ am 14. Oktober 2004 ab.
C.
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
D.
Das Obergericht beantragt in seinen Gegenbemerkungen, die beiden Beschwerden abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Unfallbeteiligte Y.________ fuhr mit seinem Personenwagen auf der Oberdierikonerstrasse in Ebikon im Bereich einer langgezogenen Rechtskurve abwärts in Richtung Luzernerstrasse. Er wollte nach rechts auf den Vorplatz des Kirchenzentrums Höfli abbiegen. Das Amtsgericht hielt in tatsächlicher Hinsicht fest, er sei zu diesem Zweck vorerst nach links auf die Gegenfahrbahn ausgeschwenkt und habe hernach einen Sicherheitshalt eingeschaltet, um das Fahrzeug der Beschwerdeführerin, das er im rechten Aussenspiegel von hinten habe herannahen sehen, passieren zu lassen. Die erste Instanz hielt im weiteren fest, die Beschwerdeführerin sei mit ihrem Personenwagen mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h in das Fahrzeug von Y.________ hineingefahren. Dieses Fahrzeug sei im Zeitpunkt der Kollision stillgestanden. Es sei zwar ein wenig in die Fahrbahnhälfte der Beschwerdeführerin hineingeragt, doch habe für deren Fahrzeug ausreichend Raum zum Passieren zur Verfügung gestanden. Nicht geklärt werden konnte, ob Y.________ den rechten Blinker betätigt hatte (siehe zum Ganzen Urteil des Amtsgerichts S. 8). Das Amtsgericht sprach die Beschwerdeführerin deshalb wegen Nichtbeherrschens des Fahrzeugs und wegen ungenügenden Rechtsfahrens schuldig (Urteil S. 13 ff.). In einem "Exkurs" hielt es fest, die Beschwerdeführerin wäre auch dann zu verurteilen, wenn von ihrer Darstellung des Sachverhalts ausgegangen würde, wonach Y.________ mit seinem Personenwagen zunächst, ohne Betätigen des linken oder des rechten Blinkers, teils auf dem linksseitigen Trottoir, teils auf der Gegenfahrbahn langsam in Richtung Luzernerstrasse gefahren und dann unvermittelt, ohne Betätigen des rechten Blinkers, nach rechts geschwenkt sei, weshalb es zur Kollision gekommen sei. Nach der Auffassung des Amtsgerichts bestand unter den gegebenen Umständen eine unklare Situation. Die Beschwerdeführerin hätte mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass der Unfallbeteiligte unmittelbar nach rechts schwenken könnte, und sie hätte sich auf diese Möglichkeit namentlich durch erhebliche Reduktion ihrer Geschwindigkeit einstellen müssen (siehe Urteil des Amtsgerichts S. 15 ff.).
Das Obergericht hatte im Verfahren der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde nach Massgabe der luzernischen Strafprozessordnung lediglich zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin rechtsgenüglich geltend gemachten Kassationsgründe gegeben sind (siehe angefochtenes Urteil E. 2 S. 5 f.). Es hat die Feststellung des Amtsgerichts, dass die Beschwerdeführerin mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h in das stillstehende Fahrzeug des Unfallbeteiligten hineinfuhr, als nicht willkürlich erachtet (angefochtenes Urteil E. 3.3 S. 8, E. 3.5 S. 10). Es hat erwogen, die Beschwerdeführerin hätte nach den zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichts in Anbetracht der unstreitig unklaren Verkehrslage mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass der Unfallbeteiligte nach rechts auf ihre Fahrbahnhälfte schwenken könnte. Daher hätte sie ihre Aufmerksamkeit weiterhin auf den Wagen des Unfallbeteiligten richten, ihre Geschwindigkeit erheblich herabsetzen und sich gegen den rechten Fahrbahnrand halten müssen (angefochtenes Urteil E. 3.2 S. 7 f., E. 3.4 S. 8 f).
I. Staatsrechtliche Beschwerde
2.
2.1 Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte beziehungsweise welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein. Eine blosse Behauptung von Willkür mit pauschalen Vorbringen genügt nicht (BGE 130 I 258 E. 1.3; 125 I 492 E. 1b; 107 Ia 186).
2.2 Die Beschwerdeführerin hält den Feststellungen des Amtsgerichts, die gemäss den Ausführungen im angefochtenen Entscheid an keinen Nichtigkeitsgründen leiden, ihre eigene Version des Geschehens entgegen. Sie sei unmittelbar vor der Kollision nicht mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h, sondern mit einer Geschwindigkeit von lediglich ca. 30 km/h gefahren. Das Fahrzeug des Unfallbeteiligten sei unmittelbar vor der Kollision nicht stillgestanden. Sie sei nicht in das stillstehende Fahrzeug des Unfallbeteiligten geprallt; vielmehr sei dieser in ihren Personenwagen hineingefahren. Was die Beschwerdeführerin zur Begründung vorbringt, ist weitgehend eine appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung, die zur Begründung der Willkürrüge und der Rüge der Verletzung der Maxime "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel nicht genügt.
2.2.1 Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin unmittelbar vor der Kollision mit ca. 50 km/h fuhr, beruht auf deren eigenen Aussagen (siehe Urteil des Amtsgerichts S. 5, 8, 14; angefochtener Entscheid E. 3.5 S. 10).
2.2.2 Die Feststellung, dass das Fahrzeug des Unfallbeteiligten un-mittelbar vor der Kollision stillstand, stützt sich auf eine Pneudruckspur von dessen Fahrzeug und deren Interpretation durch den Polizeibeamten André Müller, der zur Aufnahme der Unfallspuren und der Aussagen der Beteiligten ausgerückt war und als Verkehrsspezialist bei der Kantonspolizei über grosse Erfahrung bei der Aufnahme von Unfallspuren und bei der Rapportierung von Unfallereignissen verfügt (siehe Urteil des Amtsgerichts S. 7, 8; angefochtener Entscheid E. 3.3 S. 8). In Anbetracht der Zeugenaussage des Polizeibeamten, der willkürfrei insoweit als Fachmann betrachtet werden konnte, durften die kantonalen Instanzen ohne Verletzung von Verfassungsrecht auf die Einholung des von der Beschwerdeführerin beantragten verkehrstechnischen beziehungsweise unfalldynamischen Gutachtens verzichten. Zwar mögen die festgestellten Kratzer auf der rechten Seite der vorderen Stossstange des Fahrzeugs des Unfallbeteiligten allenfalls für die Version der Beschwerdeführerin sprechen, dass jenes Fahr-zeug unmittelbar vor der Kollision noch in Bewegung war und in den Wagen der Beschwerdeführerin hineinfuhr. Gemäss den Ausführungen im Urteil des Amtsgerichts geht indessen aus den vorhandenen Dokumenten, unter anderem aus einer Fahrzeug-Expertise der Versicherungsgesellschaft, nicht hervor, dass diese Kratzer vom Unfall vom 8. Dezember 2002 herrühren, und sprechen die fotografierte Endstellung der beiden am Unfall beteiligten Fahrzeuge sowie die übrigen Fahrzeugschäden eher gegen eine solche Annahme (Urteil des Amtsgerichts S. 9).
Dass der Unfallbeteiligte nach seinen Aussagen bei der Kollision eine Prellung des Brustbeins erlitt, drängt entgegen den Bemerkungen in der staatsrechtlichen Beschwerde (S. 8/9, 17) nicht den Schluss auf, dass sich das Fahrzeug des Unfallbeteiligten unmittelbar vor der Kollision noch in einer Vorwärtsbewegung befunden habe und durch den Zusammenstoss abrupt gestoppt worden sei. Es kann ohne Willkür angenommen werden, dass sich der Unfallbeteiligte die Prellung dadurch zuzog, dass das Fahrzeug der Beschwerdeführerin mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h in seinen stillstehenden Wagen hineinfuhr.
2.2.3 Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Obergericht das von der Beschwerdeführerin im Rechtsmittelverfahren eingereichte Privatgutachten mit der Begründung nicht berücksichtigte, dass neue Beweismittel im kantonalen Kassationsbeschwerdeverfahren unzulässig sind. Dass das Obergericht weder dieses Privatgutachten zuliess noch ein gerichtliches Gutachten veranlasste, verstösst entgegen den Bemerkungen in der staatsrechtlichen Beschwerde (S. 8, 13 f.) nicht gegen die Maxime "in dubio pro reo" als Beweislastregel, nachdem das Amtsgericht auf Grund der gegebenen Umstände willkürfrei den Schluss ziehen durfte, die Beschwerde-führerin sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h in das still-stehende Fahrzeug des Unfallbeteiligten hineingefahren.
2.2.4 In welchem Winkel sich die beiden am Unfall beteiligten Fahrzeuge unmittelbar vor der Kollision zueinander befanden (siehe dazu staatsrechtliche Beschwerde S. 17), kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob der Weg, in welchen der Unfallbeteiligte nach rechts abbiegen wollte, von Personenwagen befahren werden darf (vgl. dazu staatsrechtliche Beschwerde S. 15 f.). Denn rechtlich massgebend ist allein, dass die Beschwerdeführerin auf Grund des Verhaltens des Unfallbeteiligten mit der Möglichkeit rechnen musste, dass dieser vor ihr nach rechts auf ihre Fahrbahnhälfte schwenken könnte, und sei es auch nur, um auf dieser, wie sie selbst, in Richtung Luzernerstrasse weiterzufahren.
2.3 Die staatsrechtliche Beschwerde ist demnach abzuweisen soweit darauf einzutreten ist.
II Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde
3.
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, sie sei sowohl als Angeklagte im Sinne von Art. 270 lit. a BStP wie auch als Opfer gestützt auf Art. 270 lit. e BStP zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gegen den ihre Verurteilung wegen Verletzung von Verkehrsregeln bestätigenden Entscheid der Vorinstanz legitimiert. Als Opfer sei sie deshalb zur Beschwerde befugt, weil sich ihre eigene Verurteilung im Sinne von Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP auf die Beurteilung ihrer Zivilforderung gegen den Unfallbeteiligten Y.________ auswirken könne.
3.1 Gemäss Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP steht die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde dem Opfer zu, das sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat, soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann (Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG). Die Zivilansprüche der Beschwerdeführerin gegen den Unfallbeteiligten sind Gegenstand des zurzeit sistierten Appellationsverfahrens vor der Vorinstanz. Gegenstand des vorliegend angefochtenen Entscheids ist einzig die Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen Verletzung von Verkehrsregeln. Diesen Entscheid kann die Beschwerdeführerin gemäss Art. 270 lit. a BStP als Angeklagte (Verurteilte) mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde wegen Verletzung von Bundesrecht (Art. 269 Abs. 1 BStP) anfechten. Die Beschwerdeführerin hat daher kein rechtlich geschütztes Interesse an der Beurteilung der Frage, ob sie den Entscheid der Vorinstanz auch gestützt auf Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP als Opfer mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde anfechten kann, zumal sie mit Recht selber nicht behauptet, dass sie in einer auf diese Bestimmung gestützten Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt Rügen erheben könne, die ihr in einer auf Art. 270 lit. a BStP gestützten Nichtigkeitsbeschwerde verwehrt seien.
3.2 Gemäss Art. 270 lit. e Ziff. 2 BStP steht die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde dem Opfer zu, soweit es eine Verletzung von Rechten geltend macht, die ihm das Opferhilfegesetz einräumt. Die Beschwerdeführerin kann gestützt auf diese Bestimmung grundsätzlich die Rüge erheben, die Vorinstanz habe Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG verletzt, indem sie das Rechtsmittel gegen den Entscheid des Amtsgerichts Luzern-Land im Strafpunkt nicht als Appellation, sondern lediglich als Kassationsbeschwerde entgegengenommen habe.
4.
Die Beschwerdeführerin beschreibt in ihrer Beschwerde (Ziff. 8 S. 7 ff.) - wie wörtlich übereinstimmend in der konnexen staatsrechtlichen Beschwerde (Ziff. 6) - den ihres Erachtens massgeblichen Sachverhalt. Sie macht geltend, die abweichenden Annahmen der Vorinstanz beruhten erstens auf einer ungenügenden Sachverhaltsermittlung, wodurch Art. 277 BStP verletzt worden sei, und zweitens auf einer bundesrechtswidrigen, nämlich gegen das Opferhilfegesetz verstossenden Anwendung des kantonalen Prozessrechts.
4.1 Was die Beschwerdeführerin unter dem Titel der "ungenügenden Sachverhaltsermittlung im Sinne von Art. 277 BStP" vorbringt (Nichtigkeitsbeschwerde Ziff. 9 S. 9 ff.), erschöpft sich in einer Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern die vorinstanzlichen Ausführungen zum Sachverhalt im Sinne von Art. 277 BStP an derartigen Mängeln leiden, dass die Gesetzesanwendung nicht nachgeprüft werden kann. Vielmehr macht sie - wie übrigens teilweise wörtlich übereinstimmend in der staatsrechtlichen Beschwerde - geltend, die tatsächlichen Feststellungen, welche ihrer Verurteilung zu Grunde liegen, seien unrichtig, wie zu Unrecht unterbliebene weitere Abklärungen, etwa die Einholung eines Gutachtens, beziehungsweise die gebotene Berücksichtigung des eingereichten Privatgutachtens ergeben würden. Damit wird indessen die Beweiswürdigung kritisiert und eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, was im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig ist.
Auf die Beschwerde ist daher in diesem Punkt nicht einzutreten.
4.2
4.2.1 Die Vorinstanz hat mit prozessleitendem Entscheid vom 14. Mai 2004 die von der Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Luzern-Land eingereichten Rechtsmittel nur insoweit als Appellation entgegengenommen, als sie sich gegen den Zivilpunkt (Festlegung der Haftungsquote des Unfallbeteiligten auf 50 %) richteten. Hingegen hat sie die von der Beschwerdeführerin eingereichten Rechtsmittel unter Hinweis auf das kantonale Prozessrecht lediglich als Kassationsbeschwerde entgegengenommen, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafpunkt richteten.
4.2.2 Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz Verhinderung von Bundesrecht, insbesondere des Opferhilfegesetzes, durch Handhabung kantonalen Prozessrechts vor (Nichtigkeitsbeschwerde Ziff. 10 S. 14 ff.). Sie macht geltend, dass sich ihre eigene Verurteilung wegen Verkehrsregelverletzungen auf die Beurteilung ihrer Zivilforderungen gegen den Unfallbeteiligten auswirken könne. Daher müsse sie ihre eigene Verurteilung wegen Verkehrsregelverletzung ebenso mit der Appellation anfechten können wie der Unfallbeteiligte seine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung mit der Appellation anfechten kann. Indem sie insoweit nur zur Kassationsbeschwerde zugelassen worden sei, in welchem Verfahren die Kognition des Obergerichts erheblich beschränkt sei, seien ihre Opferrechte beschnitten worden, da ihr der Kassationsentscheid nach Eintritt der Rechtskraft im Appellationsverfahren des Unfallbeteiligten vorgehalten werden könne, wodurch dessen Haftungsquote infolge ihres angeblichen Mitverschuldens herabgesetzt und damit ihre Zivilforderung verringert werde.
Diese Rüge richtet sich gegen den prozessleitenden Entscheid der Vorinstanz vom 14. Mai 2004. Diesen Entscheid hätte die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht anfechten können. Sie hat dies unterlassen. Die erst in der Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil der Vorinstanz vom 14. Oktober 2004 erhobene Rüge ist verspätet.
Auf die Beschwerde ist daher in diesem Punkt nicht einzutreten.
5.
5.1 In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass das Fahrzeug von Y.________, als es von der Beschwerdeführerin erstmals wahrgenommen wurde, in gleicher Fahrtrichtung wie diese langsam auf der linken Fahrbahnhälfte fuhr, ohne den linken oder den rechten Blinker zu betätigen. Damit bestand nach der zutreffenden Auffassung der kantonalen Instanzen eine unklare Verkehrslage, was übrigens auch die Beschwerdeführerin einräumte, welcher gemäss ihren eigenen Aussagen unklar war, was für ein Manöver der Lenker jenes Fahrzeugs vornehmen wollte. In Anbetracht dieser unklaren Situation musste die Beschwerdeführerin nach der zutreffenden Auffassung der kantonalen Instanzen, zumal keine weiteren Verkehrsteilnehmer in der Nähe waren, ihre Aufmerksamkeit vorrangig auf den Personenwagen von Y.________ richten sowie erstens ihre Geschwindigkeit erheblich reduzieren und sich zweitens möglichst an den rechten Fahrbahnrand halten, weil mit der Möglichkeit zu rechnen war, dass Y.________ nach rechts schwenken könnte, sei es, um auf der Fahrbahnhälfte der Beschwerdeführerin in Richtung Luzernerstrasse zu fahren, sei es, um nach rechts auf den Vorplatz des Kirchenzentrums Höfli abzubiegen. In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin stattdessen mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h in den Personenwagen von Y.________ hineinfuhr, der zuvor tatsächlich nach rechts geschwenkt war, aber im Kollisionszeitpunkt bereits wieder stillstand und dabei ein wenig in die Fahrbahnhälfte der Beschwerdeführerin ragte, welcher aber genügend Raum für ein Passieren zur Verfügung blieb.
5.2 Inwiefern bei dieser Sachlage die Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen Nichtbeherrschens des Fahrzeugs und wegen ungenügenden Rechtsfahrens gegen Bundesrecht verstosse, wird in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht dargetan und ist nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin legt ihren Rügen der Verletzung von Bundesrecht durch unrichtige Anwendung des SVG (Nichtigkeitsbeschwerde Ziff. 11 S. 16 ff.) ihre eigene Version des Geschehens zu Grunde, die von den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanzen in unzulässiger Weise abweicht. Abschliessend macht sie allerdings noch geltend, ihre Verurteilung verstiesse auch dann gegen Bundesrecht, wenn mit der Vorinstanz davon ausgegangen würde, dass das Fahrzeug des Unfallbeteiligten im Kollisionszeitpunkt bereits stillgestanden sei. Denn der Unfallbeteiligte habe seinen Wagen derart unvermittelt, unvorhersehbar und rasch auf die Strasse gezogen, dass sie erstens nicht habe damit rechnen müssen und zweitens gar nichts mehr habe unternehmen können (Nichtigkeitsbeschwerde S. 23). Dieser Einwand ist gemäss den vorstehenden Erwägungen unzutreffend.
6.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
III Kosten
7. Da die Beschwerdeführerin in beiden Verfahren unterliegt, hat sie die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG, Art. 278 Abs. 1 Satz 1 BStP). Dem Beschwerdegegner Y.________ ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm in den bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3.
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 4'000.-- für beide Verfahren wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, sowie Y.________ schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 5. Juli 2005
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: