Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5P.104/2005 /bnm
Urteil vom 18. Juli 2005
II. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Ersatzrichter Hasenböhler,
Gerichtsschreiber Zbinden.
Parteien
1. X.________, Hablützel Veuve Blöchlinger, Rechtsanwälte,
2. Y.________, p.A. Hablützel Veuve Blöchlinger, Rechtsanwälte,
Beschwerdeführer,
gegen
Z.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dominik Bachmann,
Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, Postfach, 8023 Zürich.
Gegenstand
Art. 9 BV etc. (vorsorgliche Massnahmen; Dienstbarkeit),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 16. Februar 2005.
Sachverhalt:
A.
X.________ und Y.________ sind je zur Hälfte Miteigentümer des Gebäudes Assek.-Nr. ... auf dem Grundstück Kat.-Nr. 1 in A.________. Z.________ ist Eigentümerin der benachbarten Liegenschaft Kat.-Nr. 2. Zugunsten dieses Grundstückes lasten auf dem Grundstück von X.________ und Y.________ zwei Grunddienstbarkeiten, welche Bau- und Nutzungsbeschränkungen beinhalten.
B.
B.a Auf Antrag von Z.________ verbot der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Meilen am 29. März 2004 X.________ und Y.________, die mit Beschluss des Gemeinderates A.________ bewilligten Umbauarbeiten auszuführen, soweit es sich dabei nicht um die beispielhaft (insbesondere) aufgezählten baulichen Renovations- und Unterhaltsarbeiten handelt. Gleichzeitig setzte er Z.________ Frist an, um für allfälligen Schaden eine Sicherheit von Fr. 80'000.-- zu leisten und die Klage beim Friedensrichter bzw. beim Gericht anhängig zu machen.
B.b Am 7. Juni 2004 erhob Z.________ Klage beim Bezirksgericht Meilen. Mit Präsidialverfügung vom 8. Juni 2004 wurde davon Vormerk genommen, dass das am 29. März 2004 erlassene Bauverbot während der Dauer des ordentlichen Verfahrens im Sinne einer vorsorglichen Massnahme weiterhin gelte.
B.c Am 2. Juli 2004 stellte Z.________ beim Bezirksgericht Meilen ein Begehren um superprovisorischen Erlass eines vorsorglichen Bauverbots betreffend die innere Brandmauer und den Scheunenteil, weil X.________ und Y.________ trotz der Verfügung vom 29. März 2004 verschiedene unzulässige Umbauarbeiten vorgenommen hätten. Weiter verlangte sie, den Scheunenteil zu verschliessen, damit keine Bauarbeiten mehr vorgenommen werden könnten. Das Bezirksgericht Meilen entsprach zunächst mit Zirkulationsbeschluss vom 5. Juli 2004 dem Gesuch insoweit, als X.________ und Y.________ superprovisorisch verboten wurde, an der inneren Brandmauer und im Scheunenteil irgendwelche Bauarbeiten auszuführen, und ihnen befohlen wurde, bereits begonnene bzw. im Gang befindliche Bauarbeiten einzustellen.
B.d Mit Beschluss vom 21. Oktober 2004 verbot das Bezirksgericht Meilen X.________ und Y.________ an dem auf ihrer Liegenschaft gelegenen Gebäude Bauarbeiten auszuführen, sofern es sich nicht um bauliche Renovations- und Unterhaltsarbeiten im Sinne von Dispositiv-Ziff. 1 der Verfügung des Einzelrichters vom 29. März 2004 handelt (Dispositiv-Ziff. 1). Zusätzlich wurde die Zuwiderhandlung gegen das Bauverbot gemäss Art. 292 StGB unter Strafe gestellt (Dispositiv-Ziff. 2). Alle übrigen Anträge der Parteien wurden aufgewiesen (Dispositiv-Ziff. 3) und die einstweilige vorsorgliche Massnahme vom 5. Juli 2004 aufgehoben, soweit sie nicht der vorsorglichen Massnahme vom 29. März 2004 entspricht (Dispositiv-Ziff. 4). Schliesslich wurde die Sicherheit für allfällige von X.________ und Y.________ vorgesehene Rückbauarbeiten geregelt (Dispositiv-Ziff. 5).
B.e Dagegen rekurrierte Z.________ an das Obergericht des Kantons Zürich. Dessen I. Zivilkammer hiess mit Beschluss vom 16. Februar 2005 den Rekurs gut, soweit sie darauf eintrat, hob die Dispositiv-Ziffern 1, 3, 4 und 5 des bezirksgerichtlichen Beschlusses vom 21. Oktober 2004 auf und ersetzte sie durch folgende Fassung:
1. Es wird den Beklagten verboten, an der innern Brandmauer und im Scheunenteil, also nordöstlich der bestehenden innern Brandmauer des Gebäudes Assek.-Nr. ... auf dem Grundstück Kat.-Nr. 1, A.________, irgendwelche Bauarbeiten auszuführen.
2. (unverändert)
3. (aufgehoben)
4. (aufgehoben)
5. (aufgehoben)"
(Dispositiv-Ziffer 1). Z.________ wurde eine Frist von 20 Tagen gesetzt, um die Sicherheitsleistung von Fr. 80'000.-- um Fr. 40'000.-- auf insgesamt Fr. 120'000.-- zu erhöhen (Dispositiv-Ziffer 2). Die Kosten des Rekursverfahrens wurden X.________ und Y.________ unter solidarischer Haftung zu vier Fünfteln und Z.________ zu einem Fünftel auferlegt (Dispositiv-Ziffer 4). X.________ und Y.________ wurden unter solidarischer Haftung verpflichtet, Z.________ für das Rekursverfahren eine Prozessentschädigung von insgesamt Fr. 750.-- zuzüglich Fr. 57.-- Mehrwertsteuer zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 5).
C.
X.________ und Y.________ führen staatsrechtliche Beschwerde und beantragen dem Bundesgericht, die Ziffern 1, 4 und 5 des Beschlusses der I. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 16. Februar 2005 aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, einen neuen Entscheid auf Grundlage der Erwägungen der angerufenen Instanz zu fällen. In prozessualer Hinsicht verlangen sie vom Bundesgericht, am fraglichen Bauobjekt vor Ort einen Augenschein durchzuführen bzw. einen solchen einem Sachverständigen zu übertragen.
Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Eintretensvoraussetzungen einer staatsrechtlichen Beschwerde gegeben sind (BGE 127 I 92 E. 1 S. 93; 128 I 177 E. 1 S. 179,).
Handelt es sich, wie hier, um einen kantonal letztinstanzlichen Zwischenentscheid, so kann dieser gemäss Art. 87 Abs. 2 OG nur dann mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zu bewirken vermag. Dieser muss rechtlicher Natur sein; eine bloss tatsächliche Beeinträchtigung, wie beispielsweise eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens, genügt nicht. Der Nachteil ist nur dann rechtlicher Art, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Entscheid nicht mehr ganz behoben werden könnte (BGE 128 I 177 E. 1.1 S. 179/80).
1.2 Vorliegend erblicken die Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil darin, dass sie wegen der vom Obergericht angeordneten Baubeschränkung erst mit jahrelanger Verzögerung in die von ihnen im Frühjahr 2003 erworbene Liegenschaft einziehen könnten. Es werde ihnen also verunmöglicht, die Liegenschaft zweckmässig als Wohnraum bzw. entsprechende Räume als Wohnneben- und Freizeiträume sowie den gesamten Umschwung zu nutzen. Zudem bestehe die Gefahr, dass sie bis zum rechtskräftigen Entscheid in der Hauptsache und bis zum nachfolgenden Abschluss der Renovation der Baute ein oder sogar mehrere Male umziehen müssten, was eine sinnvolle Einschulung der Kinder in A.________ und ihre Eingliederung in die seit Frühjahr 2003 vorgesehene Lebensumgebung verhindere.
Gegenstand der vorsorglich angeordneten Baubeschränkung bilden Bauarbeiten an der inneren Brandmauer und im Scheunenteil (vgl. Dispositiv-Ziff. 1 des angefochtenen Entscheides). Vom Bauverbot nicht erfasst sind dagegen die in der Verfügung des Einzelrichters im summarischen Verfahren vom 29. März 2004 beispielhaft (insbesondere) aufgezählten Renovations- und Umbauarbeiten im Wohnteil der Liegenschaft. Diese von der Baubeschränkung ausgeklammerten Umbau- und Renovationsarbeiten decken sich exakt mit jenen, welche die Beschwerdeführer in ihrer Eingabe vom 15. März 2004 an den Einzelrichter im summarischen Verfahren als notwendig bezeichneten, um das von ihnen erworbene Haus bewohnbar zu machen. Darin hatten sie bemerkt, der Bezug der von ihnen gekauften Liegenschaft im damaligen Zustand sei für eine Familie mit vier Kindern unzumutbar, weshalb eine Reihe baulicher Massnahmen notwendig sei. Diese Arbeiten würden allesamt die durch die beiden Dienstbarkeiten allenfalls auferlegten Beschränkungen in keiner Weise tangieren. Der Einzelrichter im summarischen Verfahren hat diese baulichen Renovations- und Umbauarbeiten explizit vom vorsorglich angeordneten Bauverbot ausgenommen. Daran haben die später ergangenen Beschlüsse des Bezirksgerichts und des Obergerichts nichts geändert. Die Beschwerdeführer hätten es also in der Hand gehabt, alle diese Renovations- und Umbauarbeiten ausführen zu lassen und dadurch jedenfalls den Wohnteil der von ihnen erworbenen Liegenschaft benutzbar zu machen. Damit ist ihrer Argumentation, wegen der Ungewissheit des Einzuges sei eine sinnvolle Einschulung der Kinder in A.________ und ihre Eingliederung in die vorgesehene Lebensumgebung verunmöglicht worden, die Grundlage entzogen. Dasselbe gilt für ihren Einwand, sie seien wegen des verzögerten Umzuges einer Doppelbelastung durch Mietzinsen einerseits und Hypothekarzinsen anderseits ausgesetzt. Abgesehen davon, dass es sich dabei allenfalls um einen finanziellen und insoweit regelmässig nicht schwer zu ersetzenden Nachteil handelt, wäre bei Ausführung der erwähnten Renovations- und Umbauarbeiten die Liegenschaft im Wohnteil benutzbar und damit ein Umzug möglich gewesen.
1.3 Unter dem Gesichtswinkel des nicht wieder gutzumachenden Nachteils machen die Beschwerdeführer weiter geltend, selbst bei einem Bezug der Wohnräume müssten später jedenfalls die Wohnnebenräume, die Freizeiträume, die Aussenhaut und das Dach umgebaut werden, sodass ein Auszug mit den Kindern für mehrere Wochen oder Monate wahrscheinlich wäre.
Indes ist gemäss Auskunft des Architekturbüros W.________ ein Umbau in zwei zeitlich und gegenständlich unterschiedlichen Etappen an sich möglich, würde allerdings zu Mehrkosten führen. Dabei handelt es sich wiederum um einen finanziellen Nachteil, der in der Regel nicht als schwer ersetzbar gilt, wobei vorliegend zu beachten ist, dass die Beschwerdegegnerin zur Leistung einer Sicherheit von Fr. 120'000.-- verhalten worden ist, die gerade zur Deckung solcher finanzieller Nachteile dient. Indem die Beschwerdeführer im Wissen um den Bestand der erwähnten beiden Grunddienstbarkeiten und in Kenntnis des ihnen von der Dienstbarkeitsberechtigten entgegengebrachten Widerstandes gegen einen Teil ihres Bauvorhabens den Umbau gleichwohl begonnen haben bzw. ihn weiterführen, haben sie die vorsorgliche Anordnung einer Baubeschränkung in Kauf genommen und auf eigenes Risiko gehandelt. Folglich können sie sich nicht darauf berufen, die vorsorglich angeordnete Baubeschränkung zwinge sie zu einem nochmaligen Umzug, was für sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bedeute.
1.4 Weiter machen die Beschwerdeführer geltend, das Obergericht habe den mit der von ihm angeordneten vorsorglichen Massnahme verbundenen finanziellen Nachteil heruntergespielt. Selbst wenn es zutreffe, dass Schäden finanzieller Art grundsätzlich ersetzt werden könnten, seien doch die im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Schadenersatzes stehenden Unannehmlichkeiten, nämlich die Anstrengung eines weiteren langwierigen Verfahrens gegen die Beschwerdegegnerin und die Ausrichtung des Schadenersatzes erst nach Jahren, nicht wieder gutzumachen. Denn dadurch werde das nachbarschaftliche Verhältnis über Jahre hinaus belastet, weil die Beendigung der Streitsache nicht möglich sei.
Das Obergericht hat dazu bemerkt, es sei offensichtlich, dass den Beklagten (den heutigen Beschwerdeführern) im Fall ihres Obsiegens im Hauptprozess wegen des einstweiligen Verbotes zur Durchführung eines Teiles der beabsichtigten Bauarbeiten Mehrkosten entstehen würden, wobei die von ihnen geltend gemachte Kostenerhöhung von Fr. 50'000.-- grundsätzlich nachvollziehbar sei (Ziff. 6c, S. 14 des angefochtenen Beschlusses). Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass das Obergericht die finanziellen Folgen der angeordneten vorsorglichen Massnahme heruntergespielt habe. Im Übrigen muss der nicht wieder gutzumachende Nachteil rechtlicher Natur sein, was nur zutrifft, wenn er durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht mehr ganz behoben werden könnte. Sollten die Beschwerdeführer im Hauptverfahren durchdringen, liesse sich schliesslich ihr Bauprojekt verwirklichen, sodass rein unter diesem Gesichtswinkel ein allfälliger Nachteil für sie beseitigt wäre. Allerdings könnte das Bauvorhaben nur mit Verspätung realisiert werden, was wiederum zum Mehrkosten führen würde, wie das Obergericht zutreffend festhält. Darin liegt aber kein nicht wieder gutzumachender Nachteil, ist doch ein solcher grundsätzlich dann nicht gegeben, wenn er durch Geld voll ausgeglichen werden kann (Vogel, Probleme des vorsorglichen Rechtsschutzes, SJZ 76 (1980), S. 95 f.). Die Beschwerdeführer bestreiten dies im Grunde auch gar nicht, machen aber geltend, die mit der Durchsetzung eines entsprechenden Schadenersatzanspruches verbundenen Unannehmlichkeiten, namentlich die Belastung des nachbarlichen Verhältnisses, könnten nicht wieder gutgemacht werden. Dem ist einmal entgegenzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin zu einer Sicherheitsleistung von immerhin Fr. 120'000.-- verpflichtet wurde, woraus eine den Beschwerdeführern im Falle ihres Obsiegens allenfalls zustehende Forderung weitgehend gedeckt werden könnte, ohne dass für sie grosse Umtriebe entstehen würden. Weiter haben die Beschwerdeführer eine allfällige Belastung des nachbarlichen Verhältnisses zur Beschwerdegegnerin sich selber zuzuschreiben, zumal sie im Wissen um deren Widerstand gegen einen Teil ihres Bauprojektes dieses gleichwohl begonnen bzw. weitergeführt haben. Sie geraten mit sich selber in Widerspruch, wenn sie daraus einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil ableiten wollen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es vorliegend an einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur fehlt, sodass auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
2.
Nach dem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit kostenpflichtig ( Art. 156 Abs. 1 und 7 OG ). Da keine Vernehmlassungen eingeholt worden sind, stellt sich die Frage von Parteientschädigungen nicht.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Juli 2005
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: