BGer 5C.139/2005
 
BGer 5C.139/2005 vom 28.07.2005
Tribunale federale
{T 0/2}
5C.139/2005 /bnm
Urteil vom 28. Juli 2005
II. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichterin Nordmann, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber von Roten.
Parteien
B.________ (Ehemann),
Beklagter und Berufungskläger,
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Rüegg,
gegen
K.________ (Ehefrau),
Klägerin und Berufungsbeklagte,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Benno Gebistorf,
Gegenstand
Ehescheidung (nachehelicher Unterhalt),
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 18. April 2005.
Sachverhalt:
A.
B.________ (Ehemann), Jahrgang 1955, und K.________ (Ehefrau), Jahrgang 1957, heirateten am xxxx 1984. Sie wurden Eltern dreier Söhne, geboren in den Jahren 1987, 1990 und 1992. Der Ehemann ist Primarschullehrer und Schulmaterialverwalter. Die Ehefrau hat während der Ehe den Haushalt der Familie besorgt, die Kinder betreut und zusätzlich als Laborantin gearbeitet, und zwar teilzeitlich im Umfang von 20-30 % am Kantonsspital. Die Ehegatten trennten sich im Dezember 1998. Am 14. Februar 2002 reichten sie ihr gemeinsames Scheidungsbegehren ein. Mit Klage vom 15. Mai 2002 stellte die Ehefrau (fortan: Klägerin) Anträge zu den Scheidungsfolgen, zu denen der Ehemann (hiernach: Beklagter) in seiner Klageantwort vom 25. Juni 2002 mit eigenen Begehren Stellung nahm. Während des Verfahrens dehnte die Klägerin ihre Erwerbstätigkeit auf 40 % aus.
B.
Das Amtsgericht G.________ schied die Ehe der Parteien und regelte die Scheidungsfolgen. Die Klägerin wie auch der Beklagte gelangten dagegen an das Obergericht (II. Kammer) des Kantons Luzern. Im Verlaufe des Verfahrens vor den kantonalen Gerichten konnten sich die Parteien über sämtliche Scheidungsfolgen ausser über den nachehelichen Unterhalt einigen. Rechtskräftig erledigt sind die amtsgerichtlich ausgesprochene Scheidung, die Zuweisung der elterlichen Sorge über die drei Kinder an die Klägerin, die Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen dem Beklagten und seinen drei Söhnen, die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von monatlichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 800.-- je Kind zuzüglich allfällige Kinder- und Ausbildungszulagen, die Übertragung von Fr. 123'994.80 ab dem Konto der beruflichen Vorsorge des Beklagten auf das Vorsorgekonto der Klägerin sowie die güterrechtliche Auseinandersetzung, wonach - unter anderem - der Beklagte im Herbst 2005 gegen eine Ausgleichszahlung an die Klägerin von Fr. 60'000.-- die eheliche Liegenschaft übernehmen wird.
C.
Strittig blieb der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Das Amtsgericht verpflichtete den Beklagten, der Klägerin ab Rechtskraft des Scheidungsurteil bis Ende September 2008 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'300.-- zu bezahlen (Urteil vom 13. November 2003). In teilweiser Gutheissung der Appellation der Klägerin setzte das Obergericht den Unterhalt fest auf monatlich Fr. 1'500.-- ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis Ende September 2008 und danach auf Fr. 800.-- bis zum Eintritt der Klägerin in das AHV-Alter (Dispositiv-Ziff. 3 des Urteils vom 20. Oktober 2004). Der Beklagte legte dagegen eidgenössische Berufung ein mit dem Antrag, die Klage abzuweisen, soweit damit ein Unterhaltsbeitrag von Fr. 800.-- ab Ende September 2008 bis zum Eintritt der Klägerin in das AHV-Alter verlangt werde. Gestützt auf Art. 52 OG hob die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts die Dispositiv-Ziff. 3 des obergerichtlichen Urteils auf und wies die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurück (Beschluss 5C.258/2004 vom 28. Februar 2005). Im anschliessenden Neubeurteilungsverfahren bestätigte das Obergericht sein vorheriges Urteil und dessen Dispositiv-Ziff. 3 (Urteil vom 18. April 2005).
D.
Mit eidgenössischer Berufung erneuert der Beklagte seinen bisherigen Antrag und verlangt die Aufhebung der ihm für die Zeit ab Oktober 2008 bis zum Eintritt der Klägerin in das AHV-Alter auferlegten Unterhaltsbeiträge von Fr. 800.-- pro Monat. Das Obergericht hat keine Gegenbemerkungen angebracht. Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden.
E.
Mit Urteil vom heutigen Tag hat die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts die gleichzeitig gegen das nämliche Urteil des Obergerichts erhobene staatsrechtliche Beschwerde des Beklagten abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte (5P.199/2005).
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Strittig ist vor Bundesgericht einzig die sog. Eigenversorgungskapazität der Klägerin und damit die Frage, ob es der Klägerin möglich und zumutbar ist, ihre Erwerbstätigkeit von heute 40 % ab Oktober 2008 nicht bloss auf 70 % auszudehnen, wovon das Obergericht ausgegangen ist, sondern auf 100 %, wie das der Beklagte fordert, oder - anders gefragt - ob der Klägerin ab Oktober 2008 ein (hypothetisches) Einkommen aus voller oder nur teilzeitlicher Erwerbstätigkeit angerechnet werden darf. Allgemein ist dazu Folgendes vorauszuschicken:
1.1 Tat- und Rechtsfrage hat das Bundesgericht für den vorliegenden Bereich in seinem Urteil über die vorab entschiedene staatsrechtliche Beschwerde des Beklagten abgegrenzt (E. 2.1) und dabei festgehalten, die obergerichtlichen Annahmen über die Lage auf dem Arbeitsmarkt beruhten auf allgemeiner Lebenserfahrung und könnten im Berufungsverfahren überprüft werden (E. 2.2), zumal dem Obergericht auch keine Willkür in der Beweiswürdigung vorzuwerfen sei (E. 2.3 des Beschwerdeurteils). Die heutigen Einwände des Beklagten gegen die obergerichtliche Beurteilung, der Klägerin sei eine Ausdehnung der beruflichen Tätigkeit auf 100 % ab Oktober 2008 weder zumutbar noch möglich, können allesamt im Berufungsverfahren überprüft werden.
Ob und in welchem Umfang der Klägerin ab einem bestimmten Zeitpunkt ein höheres als das tatsächlich erzielte Einkommen angerechnet werden darf, ist eine ausgesprochene Wertungsfrage, die das Sachgericht nach pflichtgemässem Ermessen zu beantworten hat. Derartige Ermessensentscheide überprüft das Bundesgericht grundsätzlich frei. Es übt aber Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (für die Eigenversorgungskapazität: BGE 127 III 136 E. 2c und E. 3a S. 140 f.; Urteil 5C.278/2000 vom 4. April 2001, E. 3b, in: ZBJV 138/2002 S. 35; allgemein: BGE 131 III 12 E. 4.2 S. 15).
Bei Ermessensentscheiden sind die Anforderungen an die Begründungsdichte grundsätzlich und im vorliegenden Bereich namentlich mit Blick auf eine spätere Urteilsabänderung gemäss Art. 129 ZGB (vgl. E. 1.3 sogleich) erhöht (zit. Urteil 5C.278/2000, E. 3b, in: ZBJV 138/2002 S. 35; allgemein: BGE 131 III 26 E. 12.2.2 S. 31). Das Obergericht hat seine Begründung vervollständigt, wie das der Beklagte im ersten Berufungsverfahren gefordert hat (vgl. Beschluss 5C.258/2004 vom 28. Februar 2005, E. 2.1 S. 6). Der Beklagte macht denn auch nicht geltend, das angefochtene Urteil sei nochmals gemäss Art. 52 OG an das Obergericht zurückzuweisen.
1.2 Bereits nach dem Scheidungsrecht von 1907/12 musste jeweilen geprüft werden, ob - regelmässig - die geschiedene Ehefrau die wirtschaftliche Selbstständigkeit wiederum erreichen könne und ob ihr dies nach den konkreten Verhältnissen zuzumuten sei (BGE 115 II 6 E. 3b S. 9). Nach Massgabe der konkreten Gegebenheiten (Dauer der Ehe; Alter und Gesundheitszustand der Frau; Alter allfälliger Kinder) und Möglichkeiten (berufliche Fähigkeiten; Lage auf dem Arbeitsmarkt) ist der geschiedenen Ehefrau zugemutet worden, hauptsächlich vom Zeitpunkt an, da das Betreuungsbedürfnis allfälliger Kinder entscheidend nachgelassen hat, eine Erwerbstätigkeit anzunehmen (BGE 117 II 211 E. 4a S. 215).
Die Scheidungsrechtsrevision von 1998/2000 ist von der gezeigten Rechtsprechung ausgegangen. Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist davon abhängig, dass einem Ehegatten nicht zuzumuten ist, für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufzukommen (Art. 125 Abs. 1 ZGB). Ob und in welchem Ausmass die Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit zumutbar sei, beurteilt sich nach den in Art. 125 Abs. 2 ZGB nicht abschliessend aufgezählten Kriterien (Ziff. 1-8), die auch beim Entscheid zu berücksichtigen sind, ob ein Beitrag zu leisten sei und gegebenenfalls in welcher Höhe und wie lange (BGE 127 III 136 E. 2a S. 138/139; 130 III 537 E. 3.4 S. 543; ausführlich: Urteil 5C.149/2004 vom 6. Oktober 2004, E. 4.2, in: FamPra.ch 2005 S. 354). Auch wenn das Gesetz das nicht eigens erwähnt, versteht sich von selbst, dass unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit auch zu prüfen ist, ob eine Eigenversorgung für den betreffenden Ehegatten überhaupt möglich ist (vgl. etwa Sutter/Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich 1999, N. 19 zu Art. 125 ZGB).
Es ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass sich die Kriterien, die für die Beurteilung der Zumutbarkeit eigener Erwerbstätigkeit massgebend sind, mit denjenigen für den Entscheid über die tatsächliche Möglichkeit eigener Erwerbstätigkeit überschneiden. Das Alter eines Ehegatten beispielsweise kann für die Zumutbarkeit (Art. 125 Abs. 2 Ziff. 4 ZGB) wie auch für die tatsächliche Möglichkeit, auf dem Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden, ausschlaggebend sein (vgl. etwa Hausheer/Spycher, Unterhalt nach neuem Scheidungsrecht, Bern 2001, S. 57 N. 05.76 und N. 05.77). Unzutreffend ist hingegen die vom Beklagten anscheinend verfochtene These, dass immer auch als zumutbar angesehen werden muss, was tatsächlich möglich ist. Die Gleichung stimmt nicht. Dass eigene Erwerbstätigkeit für einen Ehegatten tatsächlich möglich ist, bedeutet nicht zwingend, dass sie von ihm auch verlangt werden darf.
1.3 Heikel kann sich die Beurteilung der Eigenversorgungskapazität erweisen, wenn die Aufnahme oder Ausdehnung der Erwerbstätigkeit nicht sofort oder nach einer kurzen Umstellungszeit erfolgen soll, sondern - wie hier - erst in ein paar Jahren. Diese Beurteilung bedingt eine Prognose der künftigen Entwicklung der Verhältnisse, die sich im Nachhinein auch als falsch erweisen kann. Es stellt sich dann die Frage nach einer nachträglichen Erhöhung der Unterhaltsrente. Die Möglichkeit besteht gemäss Art. 129 Abs. 3 ZGB - im Gegensatz zur Herabsetzung, Aufhebung oder Einstellung (Abs. 1) - nur befristet auf fünf Jahre seit der Scheidung und nur unter den einschränkenden Voraussetzungen, dass keine zur Deckung des gebührenden Unterhalts ausreichende Rente festgesetzt werden konnte und dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der verpflichteten Person entsprechend verbessert haben. Eine spätere Erhöhung der Unterhaltsrente, weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der berechtigten Person anders entwickelt haben als im Scheidungsurteil vorhergesehen, kennt das Gesetz nicht. Insoweit gehen ehebedingte Nachteile, die erst nach der Scheidung eintreten, vollumfänglich zu Lasten des Unterhaltsberechtigten (vgl. etwa Hausheer/Spycher, a.a.O., S. 157 N. 09.115d). Der Entscheid des Gesetzgebers ist zu beachten, schliesst aber nicht aus, sondern legt vielmehr nahe, dass ein hypothetisches Einkommen, das erst mehrere Jahre nach dem Scheidungsurteil erzielt werden muss, nur mit der gebotenen Vorsicht und Zurückhaltung angenommen werden sollte.
2.
Das Obergericht hat angenommen, die Klägerin schöpfe mit einem 40 %-Pensum ihre Arbeitskapazität genügend aus, bis der jüngste Sohn im September 2008 das 16. Altersjahr erreicht habe. Zu diesem Zeitpunkt werde die Klägerin 51 Jahre alt sein. Es sei davon auszugehen, dass dannzumal mindestens noch die zwei jüngsten Söhne (16 und 18 Jahre alt) in ihrem Haushalt leben würden. Unter diesen Umständen hat es das Obergericht für zumutbar gehalten, dass die Klägerin ab Oktober 2008 ihr Arbeitspensum auf 70 % ausdehne. Die Aufnahme einer vollen Erwerbstätigkeit hat das Obergericht hingegen angesichts des fortgeschrittenen Alters der Klägerin, ihrer Biographie (Einschränkung der Berufstätigkeit zu Gunsten der Familienarbeit), der andauernden Kinderbetreuung und der eher gehobenen Lebensstellung der Parteien für unzumutbar und angesichts der nach wie vor angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt (insbesondere für ältere Arbeitnehmer/innen) und des wahrscheinlich andauernden Personalstopps bei den kantonalen Spitälern für unrealistisch gehalten (E. 4.1 S. 6).
2.1 Der Beklagte beruft sich darauf, dass die Klägerin während der Ehe nicht bloss den Haushalt geführt und die Kinder betreut habe, sondern auch beruflich im Umfang von 20-30 % tätig gewesen sei. Sie sei deshalb bereits im Erwerbsleben eingegliedert und verpflichtet, ihr Arbeitspensum auf 100 % zu erhöhen. Der Beklagte spricht damit "die Aufgabenteilung während der Ehe" an (Art. 125 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB). Die Tatsache, dass die Parteien eine sog. Zuverdienstehe gelebt haben, bedeutet für sich allein indessen noch nicht, dass eine volle Erwerbstätigkeit als zumutbar erschiene. Einer Ausdehnung der bisherigen Erwerbstätigkeit können eine Vielzahl von Gründen entgegenstehen, vor allem der Gesundheitszustand des betreffenden Ehegatten (z.B. Urteile 5C.290/2001 vom 18. Februar 2002, E. 6, 5C.205/2001 vom 29. Oktober 2001, E. 4b, und 5C.129/2001 vom 6. September 2001, E. 3b/bb, in: FamPra.ch 2002 S. 150). In einem weiteren Fall einer Zuverdienstehe, wo die wirtschaftlichen Verhältnisse mit den vorliegenden vergleichbar gewesen sind, hat es das Bundesgericht nicht beanstandet, dass der rund fünfzigjährigen, recht gut ausgebildeten Ehefrau nach langer Ehedauer und nach Wegfall der Kinderbetreuungspflichten ein hypothetisches Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit im Umfang von 75 % angerechnet worden ist (Urteile 5P.26/2001 bzw. 5C.32/2001 vom 19. April 2001, E. 4d bzw. E. 3b und E. 4). Die wenigen Hinweise aus der reichhaltigen Rechtsprechung verdeutlichen, dass das Obergericht zu Recht nicht einfach auf das von den Ehegatten gewählte Ehemodell abgestellt hat. Der gegenteilige Standpunkt des Beklagten ist unbegründet.
2.2 Besonderes Gewicht hat das Obergericht auf die noch andauernden Kinderbetreuungspflichten der Klägerin gelegt (Art. 125 Abs. 2 Ziff. 6 ZGB). Der Beklagte beruft sich dagegen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach eine volle Erwerbstätigkeit zumutbar sei, sobald das jüngste Kind das 16. Altersjahr - hier im September 2008 - erreicht habe. Die angerufene, auch nach revidiertem Scheidungsrecht geltende Rechtsprechung besagt, dass dem kinderbetreuenden Ehegatten eine Vollzeitbeschäftigung zumutbar ist, sobald das jüngste Kind das 16. Altersjahr vollendet hat. Der Grundsatz kann Ausnahmen rechtfertigen, zum einen wenn mehrere Kinder zu betreuen sind und zum anderen wenn ein Kind wegen einer Behinderung, einer chronischen Krankheit oder aus anderen Gründen der besonderen Betreuung bedarf (vgl. etwa Pichonnaz/Rumo-Jungo, Évolutions récentes des fondements de l'octroi de l'entretien après divorce, SJ 126/2004 II 47 ff., S. 57 f. mit Hinweisen).
Der Beklagte bestreitet Betreuungspflichten der Klägerin über das 16. Altersjahr der beiden jüngeren Kinder, verschweigt damit aber die vor Amtsgericht unbestrittene Feststellung, dass die beiden jüngeren Kinder an Sprachstörungen leiden und deshalb einen vermehrten betreuerischen Einsatz der Klägerin erforderten (E. 4.2 S. 10). Das Obergericht ist in seinem zweiten Urteil zwar ohne Grundangabe von einer "andauernden Kinderbetreuung" ausgegangen, die der Klägerin eine volle Erwerbstätigkeit ab Oktober 2008 unzumutbar machen soll (E. 4.1 S. 6), doch kann diese Annahme nur vor dem Hintergrund der erwähnten Probleme der jüngeren Kinder verstanden werden. Diesbezüglich hat das Obergericht denn auch in seinem ersten Urteil auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen (E. 4.2.3 S. 11 mit Hinweis auf OG VP S. 2). Dessen Inhalt kann hier somit nachgetragen werden (Art. 64 Abs. 2 OG) und lautet dahin, dass die Klägerin mit den beiden jüngeren Kindern täglich Aufgaben und Sprachübungen mache, dass diese schulisch Mühe hätten bzw. zusätzlich arbeiten müssten und dass vor allem der zweitjüngste Sohn (Jahrgang 1990) ein relativ starker Legastheniker sei.
Sprachstörungen bzw. Legasthenie verschwinden nicht einfach, wenn das jüngste Kind im September 2008 das 16. Altersjahr vollendet haben wird. Auf Grund der besonderen Bedürfnisse der Kinder durfte das Obergericht insoweit von einer andauernden Betreuungspflicht der Klägerin ausgehen, die sie an der Ausübung einer vollen Erwerbstätigkeit ab Oktober 2008 - zumindest für eine gewisse Zeit - hindern dürfte.
2.3 Im Sinne der Kriterien gemäss Art. 125 Abs. 2 ZGB hat das Obergericht die Aufnahme einer vollen Erwerbstätigkeit ab Oktober 2008 auch mit Blick auf das fortgeschrittene Alter der Klägerin (Ziff. 4), ihre Biographie, d.h. die Einschränkung ihrer Berufstätigkeit zu Gunsten der Familienarbeit (Ziff. 1), und die gehobene Lebensstellung der Parteien (Ziff. 3 und 5) für unzumutbar betrachtet. Der Beklagte wendet ein, insbesondere die letzten beiden Kriterien hätten mit der Zumutbarkeit, einer voll- statt einer bloss teilzeitlichen Erwerbstätigkeit nachzugehen, nichts zu tun.
In der Lehre wird davor gewarnt, dass sich die Gerichtspraxis zumeist an Fällen mit begrenzten finanziellen Mittel entwickelt habe, die nicht unbesehen auf finanziell günstige Verhältnisse übertragen werden könne. Der soziale Status des Ehegatten eines gut verdienenden oder vermögenden Partners müsse berücksichtigt werden (vgl. Freivogel/ Gloor/Stieger-Gmür, Nachehelicher Unterhalt bei komfortablen bis sehr guten finanziellen Verhältnissen, FamPra.ch 2004 S. 811 ff., S. 819). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung setzt die Ehe nicht einem jederzeit kündbaren Vertrag gleich, nach dessen Auflösung die Ehegatten nur so zu stellen wären, wie wenn sie die Ehe niemals eingegangen wären. Die Ehe, die - wie hier - weit mehr als zehn Jahre gedauert und drei Kinder hervorgebracht hat, die mithin sog. lebensprägend gewesen ist, kann Vertrauenspositionen schaffen, die auch nach der Scheidung nicht enttäuscht werden dürfen. Dieser Schutz berechtigten Vertrauens bezieht sich auf den Weiterbestand der bisherigen, frei vereinbarten Aufgabenteilung. Angesprochen ist damit vorab die während der Ehe gelebte Lebenshaltung als Bezugspunkt für den "gebührenden Unterhalt" im Sinne von Art. 125 Abs. 1 ZGB (so zuletzt ausführlich das in E. 1.2 hiervor zit. Urteil 5C.149/2004, E. 4.3, in: FamPra.ch 2005 S. 354). Angesprochen sind damit aber auch alle weiteren Fragen, deren Beantwortung davon abhängt, ob und inwieweit das Vertrauen in den Weiterbestand der bisherigen, frei vereinbarten Aufgabenteilung berechtigt und damit schutzwürdig ist. Dazu gehört die Zumutbarkeit, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszudehnen. Ist das Vertrauen - wie hier - im Grundsatz berechtigt und sind - wie hier - gute wirtschaftliche Verhältnisse gegeben, kann es als unzumutbar erscheinen, dass der Ehegatte, der während der Ehe nicht oder nur teilzeitlich erwerbstätig gewesen ist, im fortgeschrittenen Alter eine Erwerbstätigkeit noch aufnehmen oder massiv ausbauen muss. Das Bundesgericht hat schon im bisherigen Unterhaltsrecht unter vergleichbaren Voraussetzungen berücksichtigt, dass die geschiedene Ehefrau bei weiterbestehender Ehe ihre Erwerbstätigkeit hätte aufgeben können und mit Gewissheit nicht erhöht hätte bzw. erst in das Erwerbsleben eingetreten wäre (z.B. BGE 115 II 6 E. 4 S. 10 und E. 6 S. 11 f.).
Entgegen der Darstellung des Beklagten erweist es sich nicht als bundesrechtswidrig, dass das Obergericht die Aufgabenzuteilung und die Lebensstellung der Ehegatten in die Beurteilung einbezogen hat, ob der Klägerin im Alter von rund fünfzig Jahren eine Ausdehnung der Erwerbstätigkeit von 70 % auf 100 % zumutbar ist.
2.4 Zu weiteren Kriterien wie Vermögen, insbesondere das Ergebnis der güterrechtlichen Auseinandersetzung, Anwartschaften u.ä., die den Entscheid über die Eigenversorgung beeinflussen könnten, äussert sich der Beklagte nicht. Darauf ist nicht näher einzugehen.
2.5 Insgesamt vermag der Beklagte mit seinen Vorbringen keinen Ermessensfehler des Obergerichts aufzuzeigen. Die Frage, ob der Klägerin eine volle statt bloss eine teilzeitliche Erwerbstätigkeit von 70 % zumutbar ist, stellt sich ab Oktober 2008 und damit für die Zukunft. Die Klägerin wird in diesem Zeitpunkt einundfünfzigjährig sein und in beschränktem Umfang - voraussichtlich bis zu deren Eintritt in das Berufsleben - die dannzumal sechzehn und achtzehn Jahre alten Söhne zu betreuen haben. Dabei hat das Obergericht weitergehend die in langjähriger Ehe gelebte Rollenzuweisung an die Klägerin und die gehobene Lebensstellung der Parteien mitberücksichtigen dürfen. Dass es infolgedessen die Zumutbarkeit der fraglichen Ausdehnung der Erwerbstätigkeit verneint hat, kann nicht beanstandet werden.
Es kommt hinzu, dass auch die Möglichkeit, die Erwerbstätigkeit ab Oktober 2008 auszudehnen, für die Klägerin mit Unsicherheiten behaftet und keineswegs garantiert ist, wie das der Beklagte behauptet. Es ist ihm zwar darin beizupflichten, dass das Alter eines Arbeitnehmers bei der Erhöhung des Arbeitspensums nicht die gleiche Rolle spielt wie im Falle der Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit. Die Klägerin ist jedoch im Gesundheitsbereich tätig, in dem eine Verminderung des Kostendrucks nicht abzusehen ist. Das Obergericht hat auch insoweit kein Bundesrecht verletzt, indem es die tatsächliche Möglichkeit, die bisherige Teilzeit- zu einer Vollzeitstelle auszubauen, eher verneint hat.
Das angefochtene Urteil verletzt Art. 125 ZGB aus den dargelegten Gründen nicht. Der ausschliesslich im Zusammenhang mit der Rechtsanwendung angerufene Art. 8 ZGB - dessen Verletzung der Beklagte zudem nicht begründet (BGE 119 II 353 E. 5c/aa S. 357) - hat keine eigenständige Bedeutung (BGE 127 III 248 E. 3a S. 253).
3.
Nach dem Gesagten muss die Berufung abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Der Beklagte wird damit kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beklagten auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Juli 2005
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: