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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.46/2005/vje
Urteil vom 31. August 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, Müller, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Hatzinger.
Parteien
Steueramt des Kantons Solothurn, 4509 Solothurn,
Beschwerdeführer,
gegen
M. und F. X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat
Thomas Kaufmann,
Kantonales Steuergericht Solothurn,
Centralhof, Bielstrasse 9, 4502 Solothurn.
Gegenstand
Staatssteuer 2001,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonalen Steuergerichts Solothurn vom
22. November 2004.
Sachverhalt:
A.
F. X.________ führt seit 1991 in A.________das Blumengeschäft "C.________". Die Veranlagungsbehörde Thal/Gäu betrachtete den Betrieb des Geschäfts in der definitiven Veranlagung vom 3. November 2003 für die Steuerperiode 2001 nicht mehr als selbständige Erwerbstätigkeit, sondern als Liebhaberei; die Behörde liess den geltend gemachten Verlust von Fr. 56'575.-- nicht zum Abzug zu. Eine Einsprache wurde am 4. Dezember 2003 abgewiesen.
B.
Gegen diesen Einspracheentscheid gelangten F. und ihr Ehemann M. X.________ an das Kantonale Steuergericht Solothurn. Dieses trat am 22. November 2004 (Versand des Urteils: 8. Dezember 2004) auf die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer 2001 nicht ein. Den Rekurs hinsichtlich der Staatssteuer 2001 hiess das Steuergericht im Sinne der Erwägungen teilweise gut; es wies die Sache zur Neuveranlagung bzw. Überprüfung der Höhe der Verluste und deren Verrechnungsmöglichkeit an die Veranlagungsbehörde zurück. Beim Betrieb des Blumenladens sei von einer selbständigen Erwerbstätigkeit auszugehen.
C.
Am 24. Januar 2005 hat das Steueramt des Kantons Solothurn beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Steuergerichts eingereicht. Das Steueramt beantragt, den angefochtenen Entscheid betreffend die Staatssteuer 2001 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die fragliche Tätigkeit sei nicht gewinnstrebig, so dass der entsprechende Verlust nicht abgezogen werden könne.
Das Steuergericht sowie M. und F. X.________ (Beschwerdegegner) beantragen, die Beschwerde abzuweisen (soweit darauf einzutreten sei). Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt deren Gutheissung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Gegenstand dieses Verfahrens bilden nur die kantonalen Steuern der Periode 2001; auf die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer ist die Vorinstanz nicht eingetreten; dagegen ist nicht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben worden. Die Eingabe des Kantonalen Steueramts ist grundsätzlich zulässig (vgl. Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]; siehe auch BGE 130 II 202 E. 1 S. 204). Die Beschwerde richtet sich gegen einen Rückweisungsentscheid, der jedoch die Frage, ob es sich bei der streitigen Tätigkeit um Liebhaberei oder Erwerbstätigkeit handelt, definitiv entscheidet. Solche Entscheide können auch im Rahmen von Art. 73 StHG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden (Urteil 2A.480/2004 vom 2. Februar 2005, E. 1.2 mit Hinweis auf BGE 129 II 286 E. 4.2 S. 291). Auf die form- und fristgerechte Beschwerde ist somit einzutreten. Da das kantonale Recht in der streitigen Frage, wie zu sehen sein wird, nicht von den Vorgaben des Steuerharmonisierungsgesetzes abweichen darf, kann das Bundesgericht grundsätzlich frei prüfen, wie es sich damit verhält (BGE 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.).
2.
2.1
2.1.1 Nach Art. 7 Abs. 1 StHG unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte, insbesondere auch solche aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Die Verluste aus den sieben der Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren werden abgezogen, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Einkommens dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten (Art. 67 Abs. 1 StHG).
2.1.2 Eine praktisch gleiche Regelung der Verlustverrechnung kennt das solothurnische Steuerrecht (vgl. § 37 Abs. 1 des Solothurner Gesetzes vom 1. Dezember 1985 über die Staats- und Gemeindesteuern [Steuergesetz; StG/SO]). Weiter sind gemäss § 23 Abs. 1 StG/SO alle Einkünfte aus dem Betrieb eines Unternehmens wie Handel, Industrie, Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Diese Bestimmung ist wiederum nahezu identisch mit Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11); insofern ist hier von einer kantonalrechtlichen Regelung auszugehen, die dem Bundesrecht angeglichen ist und mit dem Steuerharmonisierungsgesetz übereinstimmt (vgl. Urteil 2A.224/2004 vom 26. Oktober 2004, E. 7.2).
2.2
2.2.1 Unter den Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit fällt allgemein jede Tätigkeit, bei der ein Unternehmer auf eigenes Risiko, unter Einsatz von Arbeit und Kapital, in einer frei gewählten Organisation und mit der Absicht der Gewinnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. An dieser Absicht fehlt es namentlich dann, wenn eine Tätigkeit aus blosser Liebhaberei betrieben wird. Für eine solche Qualifizierung reicht allerdings eine selbst mehrjährige Verlusterzielung noch nicht aus. Bringt eine Tätigkeit indes auf Dauer nichts ein, ist dies ein deutliches Indiz dafür, dass es an der Absicht, Gewinn zu erzielen, mangelt. Wird eine üblicherweise erwerbliche Tätigkeit lange auf diese Weise ausgeübt, lässt das Ausbleiben des finanziellen Erfolgs regelmässig darauf schliessen, dass eine erwerbliche Zielsetzung fehlt. Wer wirklich eine Erwerbstätigkeit ausübt, wird sich in der Regel nach andauernden beruflichen Misserfolgen von der Zwecklosigkeit seiner Tätigkeit überzeugen lassen und diese aufgeben. Führt er sie dennoch weiter, ist anzunehmen, dass dafür andere Motive als der Erwerbszweck massgebend sind (vgl. zum Ganzen BGE 125 II 113 E. 5b S. 120 f.; 115 V 161 E. 9 S. 170 ff.; Urteile 2A.68/2004 vom 4. Juni 2004, E. 1.2 u. 1.3; H 98/90 vom 26. Februar 1991, E. 3, je mit Hinweisen).
2.2.2 Allerdings muss nicht jedes einzelne mit einem Verlust abgeschlossene Jahr oder selbst eine mehrjährige Verlusterzielung zwingend auf eine Liebhaberei schliessen lassen. Eine solche ist erst anzunehmen, wenn sich ein Steuerpflichtiger, dem es um die Erzielung eines Erwerbseinkommens gegangen wäre, wegen des finanziellen Misserfolgs von der Weiterführung des Betriebs hätte abbringen lassen. Dabei können unter Umständen die Verhältnisse in den Vorjahren bzw. in den folgenden Jahren gewisse Anhaltspunkte liefern (vgl. zum Ganzen Urteile 2A.68/2001 vom 11. Juli 2001, E. 4b/cc; 2A.281/1991 vom 2. Oktober 1992, E. 2c; H 2/02 vom 16. Juli 2003, E. 5.3, in AHI 2003 S. 416; Ernst Höhn/Robert Waldburger, Steuerrecht, Bd. I, 9. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 2001, N. 45 zu § 14).
3.
3.1 Vorliegend geht es um einen Grenzfall. Zwar handelt es sich bei dem von der Beschwerdegegnerin geführten Blumenladen nicht um eine blosse amateurhafte Hobbytätigkeit, sondern um einen Geschäftsbetrieb mit ordentlicher Buchhaltung, mehreren Angestellten (drei vollzeitlich angestellte Floristinnen) und einem erheblichen Umsatz (Fr. 376'188.-- im Jahr 2001); der Betrieb ist von seiner Art her durchaus geeignet, einen Gewinn abzuwerfen. Doch hat die Beschwerdegegnerin damit nach der Darstellung des Steueramts in den ersten zwölf Jahren seines Bestehens (Geschäftsjahre 1991 bis 2002) regelmässig Verluste erzielt, insgesamt Fr. 241'258.--. Dies scheint in der Tat dagegen zu sprechen, den Laden in seiner gegenwärtigen Form gewinnbringend betreiben zu können, was an der Gewinnstrebigkeit der Geschäftsführung ernsthaft zweifeln lässt. Dabei war es dem Steueramt - entgegen der Auffassung der Beschwerdegegner - an sich nicht verwehrt, das nachfolgende Geschäftsjahr 2002 miteinzubeziehen (vgl. E. 2.2.2); denn hätte sich die Situation in diesem Jahr wesentlich verbessert, wäre der 2001 erzielte Verlust in anderem Licht erschienen und der Schluss, der Blumenladen sei eine dauernde Verlustquelle, hätte sich allenfalls nicht mehr rechtfertigen lassen. Dies war jedoch nicht der Fall und dem wäre auch dann nicht so, wenn die - übrigens neue - Behauptung der Beschwerdegegner mitberücksichtigt würde (vgl. aber Art. 105 Abs. 2 OG betreffend die Sachverhaltsfeststellung), wonach der Verlust des Jahres 2002 wegen eines Buchungsfehlers um rund Fr. 32'000.-- zu hoch ausgewiesen worden sei. Im Übrigen vermögen auch die Erklärungen der Beschwerdegegner für den Verlust von 2001 nichts Wesentliches zu ändern; namentlich wurden die in diesem Jahr getätigten Investitionen in die Geschäftseinrichtungen von zirka Fr. 50'000.-- aktiviert; die darauf entfallenden Abschreibungen werden das Ergebnis auch noch in den folgenden Jahren belasten. So oder anders bleibt in beiden Jahren ein beachtlicher Verlust.
3.2
3.2.1 Werden die Zahlen des Steueramts genauer betrachtet, ist der vorliegende Fall indes weniger eindeutig. Zwar hat die Beschwerdegegnerin mit ihrem Blumenladen in den ersten fünf Geschäftsjahren (1991 bis 1995) jeweils beachtliche Verluste erlitten, insgesamt rund Fr. 109'000.--. Im Jahr 1996 begann sich die Situation aber zu verbessern, der Verlust betrug nur noch Fr. 6'381.--; und in den folgenden vier Jahren (1997 bis 2000) erzielte die Beschwerdegegnerin jeweils ein ausgeglichenes, insgesamt leicht positives Ergebnis (1997 und 2000: je ein Gewinn von Fr. 1'104.-- bzw. Fr. 6'336.--; 1998: Fr. 1'921.-- Gewinn [gemäss Steueramt] bzw. Fr. 4'078.-- Verlust [gemäss Steuergericht] und 1999: Fr. 102.-- Verlust). Dies beweist, dass der Laden an sich und von der Art der Geschäftsführung her nicht zum vornherein eine dauernde Verlustquelle darstellen muss; vielmehr erscheint es durchaus möglich, ihn - wenn auch nicht besonders erfolgreich - wenigstens einigermassen ausgeglichen zu führen, was gegen blosse Liebhaberei spricht. Dass in den beiden folgenden Jahren (2001 und 2002) wieder Verluste geschrieben wurden (2001: Fr. 56'574.--), lässt noch nicht den Schluss zu, dass die Beschwerdegegnerin nicht gewinnstrebig arbeitete bzw. dass ihre Geschäftsziele unrealistisch waren; denn mit Verlusten muss jeder unternehmerisch Tätige rechnen, wobei eine mehrjährige Verlusterzielung allein nicht genügt (E. 2.2.2).
3.2.2 Aufgrund der Geschäftsjahre 1996 bis 2001 lässt sich keine klare Tendenz erkennen, ob das Blumengeschäft wirklich eine Verlustquelle ist bzw. sich die geschäftliche Situation verschlechtert; wäre dies eindeutig der Fall, könnte nicht mehr von Gewinnstrebigkeit gesprochen (E. 2.2.1) und die Verluste auch nicht mehr angerechnet werden. Aus der Sicht der Jahre 2001/2002 war der Entschluss, das Geschäft weiterzuführen, nicht unvernünftig. Es lässt sich jedenfalls nicht ohne weiteres sagen, ein Steuerpflichtiger, dem es um die Erzielung eines Erwerbseinkommens geht, hätte sich wegen des finanziellen Misserfolgs von einer Weiterführung des Betriebs abbringen lassen (E. 2.2.2). Unter diesem Gesichtspunkt unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von bekannten Präjudizien, namentlich vom Urteil 2A.68/2004 vom 4. Juni 2004, wo es um einen Landwirtschaftsbetrieb ging, der eine dauernde Verlustquelle darstellte.
3.2.3 Vorliegend handelt es sich um ein ordentlich geführtes Geschäft mit Angestellten, was eine grosszügigere Betrachtungsweise rechtfertigt als bei unprofessionellem Vorgehen eines Einzelnen. Damit ist freilich nicht gesagt, dass eine mit der bisherigen vergleichbare, das heisst weitgehend erfolglose Geschäftstätigkeit (1991 bis 2002: neun bzw. zehn von zwölf defizitäre Geschäftsjahre) noch längere Zeit als selbständige Erwerbstätigkeit anerkannt werden könnte. Sollte die defizitäre Situation weiter andauern und sich in absehbarer Zeit kein Gewinn einstellen, wird daher Liebhaberei anzunehmen sein (vgl. auch Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, N. 40 zu Art. 18 DBG). In Bezug auf die fragliche Periode 2001 ist dies unter den hier gegebenen Umständen gerade noch nicht der Fall.
4.
Demzufolge erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet und ist deshalb abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Kanton Solothurn, der Vermögensinteressen wahrnimmt, kostenpflichtig (Art. 153, 153a und 156 Abs. 1 sowie 2 OG). Zudem hat er den obsiegenden Beschwerdegegnern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 und 160 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Kanton Solothurn auferlegt.
3.
Der Kanton Solothurn hat den Beschwerdegegnern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonalen Steuergericht Solothurn sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. August 2005
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: