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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 445/05
Urteil vom 28. September 2005
III. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Seiler; Gerichtsschreiber Flückiger
Parteien
B.________, 1955, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Edith Heimgartner, Denkmalstrasse 2, 6006 Luzern,
gegen
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
(Entscheid vom 18. Mai 2005)
Sachverhalt:
A.
Die 1955 geborene B.________ meldete sich am 2. November 2001 unter Hinweis auf vielfältige Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Luzern holte einen Bericht des Dr. med. R.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 4. Januar 2002 ein, dem Stellungnahmen dieses Arztes vom 5. September 2001, des Dr. med. A.________, Innere Medizin, speziell Rheumaerkrankungen FMH, vom 29. Oktober 2001, des Dr. med. U.________, med. Radiologie FMH, vom 28. Januar 1998 sowie des Spitals X.________ vom 24. September 1997 und 5. März 1998 beigelegt waren. Zudem liess sie am 5. März 2002 einen Abklärungsbericht Haushalt erstellen, den die Versicherte am 15. März 2002 mit Änderungen unterzeichnete und auf Nachfrage vom 15. April 2002 um zusätzliche Angaben ergänzte. Überdies holte die Verwaltung ein Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) vom 25. April 2003 ein. Anschliessend lehnte sie es mit Verfügung vom 12. August 2003 ab, eine Rente auszurichten. Daran wurde auf Einsprache hin mit Entscheid vom 15. März 2004 festgehalten.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern ab (Entscheid vom 18. Mai 2005). Im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens hatte die Versicherte ein Zeugnis des Dr. med. H.________, Innere Medizin FMH, Psychosom. und Psychosoziale Medizin APPM, vom 18. Juni 2004 einreichen lassen.
C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei ihr - in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids und des Einspracheentscheids - mit Wirkung ab 1. November 2000 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Eventuell seien ergänzende Abklärungen in medizinischer, haushaltsspezifischer und erwerblicher Hinsicht durchzuführen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Am 1. Januar 2003 sind das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) und die Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 11. September 2002 (ATSV), am 1. Januar 2004 die Änderungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 21. März 2003 (4. IVG-Revision) und der Verordnung über die Invalidenversicherung vom 21. Mai 2003 in Kraft getreten. In dieser Konstellation ist der Rentenanspruch für die Zeit bis 31. Dezember 2002 nach den bis zu diesem Datum gültig gewesenen Bestimmungen, für das Jahr 2003 unter zusätzlicher Berücksichtigung des ATSG, der ATSV und der damit verbundenen Rechtsänderungen sowie ab 1. Januar 2004 entsprechend der seither geltenden Normenlage zu beurteilen (vgl. BGE 130 V 445 ff. Erw. 1). Materiellrechtlich hat das ATSG, wie das kantonale Gericht richtig erwogen hat, zu keiner im vorliegenden Zusammenhang relevanten Änderung geführt (BGE 130 V 343, 393).
1.2 Die Vorinstanz hat die bis Ende 2003 gültig gewesenen Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 ATSG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Bemessung der Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG), bei nicht erwerbstätigen, insbesondere im Haushalt beschäftigten Personen nach der spezifischen Methode (Art. 8 Abs. 3 ATSG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 IVV; AHI 1997 S. 291 Erw. 4a; vgl. auch BGE 130 V 99 Erw. 3.3.1, 104 V 136 Erw. 2a) und bei teilweise erwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode (Art. 27bis Abs. 1 IVV; vgl. auch BGE 130 V 395 Erw. 3.3 mit Hinweisen) sowie zur Aufgabe des Arztes oder der Ärztin im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass gemäss der am 1. Januar 2004 (vor dem Einspracheentscheid vom 15. März 2004, welcher die zeitliche Grenze der gerichtlichen Überprüfung festlegt [BGE 129 V 223 Erw. 4.1]) in Kraft getretenen Fassung von Art. 28 Abs. 1 IVG Anspruch eine Viertelsrente bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 %, auf eine halbe Rente bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 %, auf eine Dreiviertelsrente bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 60 % und auf eine ganze Rente bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 70 % besteht.
2.
Mit der Vorinstanz und den Verfahrensbeteiligten ist davon auszugehen, dass die Versicherte ohne Behinderung im Umfang von 50 % einer ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit nachginge, sodass die Invalidität nach der gemischten Methode zu bemessen ist.
3.
3.1 In medizinischer Hinsicht ist den Akten zu entnehmen, dass der Hausarzt Dr. med. R.________ in seinem Bericht vom 5. September 2001 erklärte, er sei nicht in der Lage, die von der Patientin angegebenen multiplen Beschwerden (Schmerzen in allen Gelenken, vor allem im Kreuz und in der Hüfte) unter ein einheitliches rheumatologisches Krankheitsbild einzuordnen. Sicher spiele eine psychische Komponente mit. Der daraufhin konsultierte Dr. med. A.________ stellte am 29. Oktober 2001 die Diagnose "primäres Fibromyalgie-Syndrom und/oder somatoforme Schmerzstörung". Weiter führte er aus, für ihn liege hier schon das Krankheitsbild der Fibromyalgie vor. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit in derartigen Fällen sei sehr schwierig und eine Ermessensfrage. Aus seiner Sicht könne der Patientin in diesem Zustand wohl keine ausserhäusliche Erwerbstätigkeit zugemutet werden. Inwieweit sie in der Haushaltarbeit eingeschränkt sei, müsse wohl am besten durch eine Abklärung der Invalidenversicherung bestimmt werden. Dr. med. R.________ übernahm in seinem Bericht an die IV-Stelle vom 4. Januar 2002 die erwähnte Diagnose. Die Arbeitsunfähigkeit als Hausfrau bezifferte er für die Zeit ab 20. Februar 1998 auf 50 %, wobei er die konkreten Einschränkungen beschrieb. In ihrem angestammten Beruf als angelernte Vermessungszeichnerin sei die Beschwerdeführerin zu 100 % arbeitsunfähig, da es ihr nicht mehr möglich sei, über längere Zeit sitzend oder stehend an der selben Arbeit zu arbeiten.
3.2 Die erwähnten Stellungnahmen lassen sich, trotz der vordergründig divergierenden Aussagen, durchaus mit dem der MEDAS erstatteten rheumatologischen Konsilium des Dr. med. J.________, physikalische Medizin und Rehabilitation, speziell Rheumaerkrankungen FMH, vom 20. Februar 2003 vereinbaren. Dieser Arzt gelangte zum Ergebnis, es liege ein Ganzkörperschmerzsyndrom vor, das seiner Ansicht nach viel eher einer somatoformen Schmerzstörung entspreche und streng genommen nicht der Definition eines Fibromyalgie-Syndroms genüge. Es handle sich bei diesem Krankheitsbild streng genommen nicht um eine rheumatologische Affektion, weshalb die Arbeitsfähigkeit hauptsächlich durch den Psychiater festgelegt werden sollte. Diese Aussage steht in keinem Widerspruch zu den Feststellungen des Dr. med. R.________, der erklärt hatte, er könne die angegebenen Beschwerden keinem einheitlichen rheumatologischen Krankheitsbild zuordnen. Dr. med. A.________ geht zwar von einem primären Fibromyalgie-Syndrom aus, stellt diese Diagnose aber in Kombination mit oder alternativ zu derjenigen einer somatoformen Schmerzstörung. Die Differenz zur Beurteilung durch Dr. med. J.________ ist im Wesentlichen terminologischer Art und dürfte darin gründen, dass der Begriff des Fibromyalgie-Syndroms nicht einheitlich verwendet wird. Der Bericht des Dr. med. A.________ bildet unter diesen Umständen keinen hinreichenden Anlass, die durch die MEDAS vorgenommene Zuordnung des Beschwerdebildes zum Bereich der psychischen Gesundheitsschädigungen (vgl. BGE 131 V 50 Erw. 1.2) in Frage zu stellen.
3.3 Mit Bezug auf den psychiatrischen Aspekt stellte der durch die MEDAS beigezogene Spezialarzt Dr. med. N.________ in seinem Bericht vom 26. Februar 2003 die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung (gegenwärtig leichtere bis mittelgradige Episode; ICD-10: F 33.0/33.1) sowie eines ausgeprägten Schmerzsyndroms. Diese Beurteilung stimmt überein mit den Feststellungen der Klinik Y.________ anlässlich der Hospitalisationen vom 23. Juni bis 31. Juli 2002 und vom 30. Dezember 2002 bis 23. Januar 2003. Dr. med. N.________ bezifferte die Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht für ausserhäusliche Tätigkeiten auf 50 % und für Haushaltarbeiten auf etwa 30 %. Im Vordergrund steht nach seiner Einschätzung die depressive Komponente. Die Schmerzsymptomatik wurde offensichtlich ebenfalls berücksichtigt, aber in ihren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit nur geringfügig gewichtet. Dies ist mit Blick auf die durch die neuere Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur invalidenversicherungsrechtlichen Relevanz somatoformer Schmerzstörungen (BGE 131 V 50 f. Erw. 1.2 mit Hinweisen) nicht zu beanstanden. Während die der psychischen Komorbidität zuzurechnenden Anteile im MEDAS-Gutachten berücksichtigt werden, sind die übrigen praxisgemäss relevanten Kriterien (BGE 131 V 50 f. Erw. 1.2) nicht in ausgeprägtem Mass erfüllt; demgegenüber spricht beispielsweise die vage Charakterisierung der angegebenen intensiven Schmerzen gegen die Annahme einer zusätzlichen invalidisierenden Gesundheitsschädigung. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die MEDAS diesem Aspekt des psychischen Beschwerdebildes bei der Bezifferung der Arbeitsunfähigkeit in relativ geringem Umfang Rechnung trug. Ebenso war es - auch unter Berücksichtigung des Zeugnisses des Dr. med. H.________ vom 18. Juni 2004 - zulässig, dass die Vorinstanz von weiteren diesbezüglichen Abklärungen absah. Auch letztinstanzlich können solche unterbleiben, da der relevante medizinische Sachverhalt durch das MEDAS-Gutachten vom 25. April 2003 hinreichend geklärt ist. Für eine nach diesem Zeitpunkt eingetretene Veränderung, welche bis zum Einspracheentscheid vom 15. März 2004 anspruchswirksam geworden wäre, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
4.
4.1 Bei der Bemessung des Invaliditätsgrades im erwerblichen Teilbereich ging die Vorinstanz für die Bestimmung des Valideneinkommens von einer halbtags ausgeübten Tätigkeit im Gastgewerbe (Service) aus, dies gestützt auf die Angaben der Versicherten anlässlich der schriftlichen Nachfrage der IV-Stelle vom 15. April 2002. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Auf Grund der vorhandenen Berufserfahrung rechtfertigt es sich allerdings, auf das Anforderungsniveau 3 (Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt) der branchenspezifischen Angaben in Tabelle A1 der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2000 abzustellen. Dies ergibt einen standardisierten Monatslohn (Zentralwert) von Fr. 3602.- und, hochgerechnet auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 42,2 Stunden (Die Volkswirtschaft 3/2005 S. 94 Tabelle B9.2), ein Jahreseinkommen von Fr. 45'601.- oder, bei einem Pensum von 50 %, Fr. 22'801.-.
4.2 Das Invalideneinkommen ermittelte das kantonale Gericht ausgehend von einem Halbtagespensum in einer körperlich leichten Tätigkeit. Dies entspricht dem von medizinischer Seite formulierten Zumutbarkeitsprofil und ist korrekt. Gleiches gilt für die Bezifferung des hypothetischen jährlichen Erwerbseinkommens auf Fr. 19'495.-, dies unter Berücksichtigung eines Prozentabzugs (BGE 126 V 79 f. Erw. 5b mit Hinweisen) von 15 %, welcher im Rahmen der Ermessenskontrolle (BGE 126 V 81 Erw. 6) nicht zu beanstanden ist. Bezogen auf den erwerblichen Anteil ergibt sich damit - in Gegenüberstellung zum Valideneinkommen von Fr. 22'801.- - ein Invaliditätsgrad von 14,5 % oder gewichtet 7,25 %.
5.
Die Einschränkung im Haushaltsbereich bezifferte die IV-Stelle gestützt auf den Abklärungsbericht vom 5. März 2002 mit 43,2 % oder gewichtet 21,6 %. Der Bericht enthält eine Begründung der jeweiligen Einschränkungen, wobei praxisgemäss (vgl. BGE 130 V 101 Erw. 3.3.3 mit Hinweisen) von einer Mithilfe der Angehörigen ausgegangen wurde, welche weiter geht als im Gesundheitsfall. Die Vorinstanz hat in diesem Zusammenhang mit Recht erwogen, dass der Abklärungsbericht grundsätzlich auch bei psychischen Gesundheitsschädigungen ein geeignetes Mittel zur Bemessung der Einschränkung im Haushalt darstellt, wobei jedoch den medizinischen Befunden im Falle eines inhaltlichen Widerspruchs in der Regel grösseres Gewicht beizumessen ist (AHI 2004 S. 137 Erw. 5.3). Das MEDAS-Gutachten vom 25. April 2003, welches die Arbeitsunfähigkeit im Haushalt auf 30 % beziffert, bietet keine Grundlage für die Annahme einer höheren Einschränkung als der im Abklärungsbericht genannten. Stellt man auf Letzteren ab, resultiert ein Invaliditätsgrad von - gesamthaft - 29 %, welcher keinen Rentenanspruch begründet.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 28. September 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: