Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.276/2005/leb
Urteil vom 29. September 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Hatzinger.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Arnold Weber,
gegen
Eidgenössische Oberzolldirektion,
Monbijoustrasse 40, 3003 Bern,
Eidgenössische Zollrekurskommission,
avenue Tissot 8, 1006 Lausanne.
Gegenstand
Einfuhr von Brotgetreide; Tarifierung; Kontingentsüberschreitung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen Zollrekurskommission vom
31. März 2005.
Sachverhalt:
A.
Die X.________, Mühle, verarbeitet Getreide und war im 2. Halbjahr 2001 berechtigt, einen Zollkontingentsanteil von 778'308 kg brutto Brotgetreide einzuführen. Nach einer zolldienstlichen Untersuchung forderte die Zollkreisdirektion Schaffhausen am 10. April 2003 von der Mühle Einfuhrabgaben von insgesamt Fr. 4'171.90 nach (Fr. 4'074.10 Zoll und Fr. 97.80 Mehrwertsteuer). Dieser Betrag entsprach der Differenz zwischen dem Ausser- und dem Kontingentszollansatz infolge Überschreitens der zugeteilten Kontingente um 8'724 kg brutto in der fraglichen Periode. Eine hiergegen eingereichte Beschwerde wies die Oberzolldirektion am 17. November 2003 ab, soweit sie darauf eintrat.
B.
Gegen diesen Entscheid gelangte die X.________ an die Eidgenössische Zollrekurskommission, welche die Beschwerde am 31. März 2005 ebenfalls abwies und den angefochtenen Entscheid bestätigte. Begründet wurde dieses Urteil namentlich damit, dass das unverpackt eingeführte Getreide einem Tarazuschlag unterliege, mithin einem Gewichtszuschlag in Prozent des Nettogewichts der Ware, was zur Kontingentsüberschreitung führte.
C.
Am 3. Mai 2005 hat die X.________ beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, den Entscheid der Zollrekurskommission aufzuheben.
Die Oberzolldirektion beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Zollrekurskommission hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen ein Urteil der Eidgenössischen Zollrekurskommission und ist somit grundsätzlich nach Art. 97 f. OG zulässig, soweit kein Ausschlussgrund vorliegt (vgl. Art. 99 ff. OG). Unzulässig ist dieses Rechtsmittel aber gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. h OG auf dem Gebiet der Zölle gegen Verfügungen über deren Veranlagung, soweit diese von der Tarifierung oder der Gewichtsbemessung abhängt. Die beiden Kriterien eignen sich im Hinblick auf ihren "technischen" Charakter nicht für eine Überprüfung durch das Bundesgericht. Gegenstand der Gewichtsbemessung ist die Feststellung der Warenmenge. Als Tarifierung ist die Subsumtion eines Tatbestands unter eine Position des Zolltarifs bzw. einen bestimmten Zollansatz zu verstehen; darum geht es auch dann, wenn ausser der Nummer des Zolltarifs andere zollrechtliche Bestimmungen anwendbar sind. Von der rechtlichen Qualifikation lässt sich die Feststellung des Sachverhalts nicht trennen, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insofern erst recht ausgeschlossen ist (vgl. zum Ganzen BGE 119 Ib 103 E. 1a S. 106 f.; 115 Ib 202 E. 2b S. 204; Urteile 2A.567/2002 vom 25. April 2003, E. 1.2; 2A.513/1999 vom 1. Dezember 1999, E. 1b, je mit Hinweisen; siehe auch Urteile 2A.133/2005 vom 12. Mai 2005, E. 2.2; 2A.312/1989 vom 22. Juni 1990, E. 1a; 2A.31/1989 vom 20. November 1989, E. 1).
1.2
1.2.1 Im vorliegenden Fall hängt die Zollveranlagung zum Einen von der Gewichtsbemessung ab. Dies ist bei der streitigen Gewichtsdifferenz von 941 kg (8'724 kg überschrittene Kontingentsmenge abzüglich 7'783 kg Tarazuschlag von 1% der erlaubten Kontingentsmenge von 778'308 kg) offensichtlich und gilt dem Grundsatz nach auch bezüglich der anwendbaren Taraverordnung vom 4. November 1987 (SR 632.13; vgl. insbes. deren Art. 2 Abs. 2), obwohl es sich dabei eigentlich um eine Rechtsfrage handelt; denn zur Gewichtsbemessung gehört ebenso die in dieser Verordnung geregelte Frage, wie die Verpackung zu berücksichtigen ist. Zum Anderen sind auch Tarifierungsfragen massgebend bei der Anwendung der Verordnung, in deren Anhang die Tarazuschläge aufgeführt sind. Die Beschwerdeführerin behauptet, für Getreide mit der Tarifnummer 1001.9031 sei kein Zuschlag vorgesehen; die Oberzolldirektion äussert sich hiezu nicht. Der Anhang nennt in dieser Hinsicht die Nummern "1001.1011/1101.0019". Zwar ist wohl anzunehmen, dass damit für sämtliche Positionen von Ziff. 1001.1011 bis 1101.0019, also einschliesslich der Position 1001.9031, der Tarasatz 1% betragen soll; jedoch sollte Art. 100 Abs. 1 lit. h OG das Bundesgericht gerade von solchen Fragen der Tarifinterpretation befreien.
1.2.2 Soweit in dieser Hinsicht gerügt wird, die Vorinstanz habe den Sachverhalt unkorrekt festgestellt und Bundesrecht, namentlich die Taraverordnung, verletzt, ist auf die Beschwerde demnach nicht einzutreten. Im Übrigen kann insofern darauf eingetreten werden, als keine Tariffragen, sondern davon unabhängige Rechtsfragen streitig sind (BGE 119 Ib 103 E. 1b S. 107; Urteil 2A.513/1999 vom 1. Dezember 1999, E. 1b); namentlich fragt sich, ob das Vertrauensprinzip (Art. 9 BV), das Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO-Übereinkommen; SR 0.632.20) und die Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) verletzt sind.
2.
Die Eingabe erweist sich in der Sache selbst jedoch als offensichtlich unbegründet:
Dies gilt namentlich in Bezug auf die Rüge der Verletzung von Art. 6 Ziff. 2 und 3 EMRK; denn es liegt auf der Hand, dass die Zollbehörde von der Beschwerdeführerin keine Busse verlangt, sondern einzig den ordentlichen Zoll nachgefordert hat. Insofern kommt der Nachforderung kein Strafcharakter zu (vgl. BGE 129 II 160 E. 3.2 S. 167 f.; ASA 70 330 E. 2b). Auch kann von einem Verstoss gegen das WTO-Übereinkommen keine Rede sein: Einerseits hätte die Beschwerdeführerin allfällige Verletzungen bereits beim Zuschlag der Zollkontingentsanteile rügen können, was sie offenbar nicht getan hat. Andererseits ist die Verteilung der zulässigen Zollkontingente im internationalen Recht nicht geregelt; diese ist - wie die Zollabfertigung - Sache der innerstaatlichen Gesetzgebung und, soweit sie hier überhaupt geprüft werden kann, nicht zu beanstanden (vgl. E. 1; BGE 129 II 160 E. 2.1 S. 163; 128 II 34 E. 2b u. c S. 38; Remo Arpagaus, Das Schweizerische Zollrecht, in: Koller/Müller/Rhinow/Zimmerli [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Basel 1999, Rz. 59 ff.). Dass die Gewichte beim Import von Brotgetreide früher anders ermittelt wurden, vermag die Beschwerdeführerin nicht darzutun; deshalb geht die Rüge der Verletzung des Vertrauensgrundsatzes zum Vornherein fehl (siehe dazu etwa BGE 130 I 26 E. 8.1 S. 60; 129 II 361 E. 7.1 S. 381, je mit Hinweisen). Ob schliesslich die Taraverordnung bei Schüttgut eine sachgerechte Lösung enthält, hat das Bundesgericht ebenfalls nicht zu prüfen (vgl. BGE 129 II 160 E. 2.3 S. 164; 128 II 34 E. 3b S. 40 f. mit Hinweisen); dass diese Lösung gesetz- oder verfassungswidrig sei, behauptet die Beschwerdeführerin zu Recht nicht.
3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 153, 153a und 156 Abs. 1 OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen Oberzolldirektion und der Eidgenössischen Zollrekurskommission schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. September 2005
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: