BGer I 504/2005 |
BGer I 504/2005 vom 05.10.2005 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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I 504/05
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Urteil vom 5. Oktober 2005
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IV. Kammer
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Besetzung
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Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Schüpfer
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Parteien
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B.________, 1968, Beschwerdeführer, vertreten
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durch Rechtsanwalt Dr. Peter Sutter, Niedern 117,
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9043 Trogen,
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gegen
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IV-Stelle des Kantons Appenzell I. Rh., Poststrasse 9, 9050 Appenzell, Beschwerdegegnerin
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Vorinstanz
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Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Appenzell
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(Entscheid vom 12. April 2005)
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1968 geborene, als Küchengehilfe tätige B.________ meldete sich am 19. Mai 2003 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden (IV-Stelle) holte verschiedene Arztberichte, insbesondere solche der Klinik für Neurochirurgie des Spitals S.________, wo bei B.________ verschiedene Rückenoperationen durchgeführt worden waren (u.a. vom 25. Dezember 2002, vom 30. September 2003, vom 13. November 2003 und vom 13. Februar 2004), und des Dr. med. K.________, Spezialarzt für Chirurgie FMH, ein. Im Weiteren zog sie einen Bericht ihres Berufsberaters vom 18. Dezember 2003 bei. In der Folge eröffnete die IV-Stelle dem Versicherten er habe ab April 2003 bis Ende Januar 2004 Anspruch auf eine ganze Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 100 % (1. Verfügung vom 23. Juni 2004) und ab 1. Februar 2004 auf eine Dreiviertelsrente bei einem Invaliditätsgrad von 60 % (2. Verfügung vom 23. Juni 2003). Sie hielt an der 2. Verfügung auch auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 30. September 2004).
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B.
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Das Kantonsgericht Appenzell I.Rh. wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 12. April 2005).
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C.
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B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihm ab 1. Februar 2004 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen, eventuell sei die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen.
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Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf Vernehmlassung verzichtet.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1), die Invaliditätsbemessung nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG) sowie die Grundsätze über die Invaliditätsbemessung (BGE 128 V 30 Erw.1, 126 V 75 Erw 3b), zur Bedeutung ärztlicher Auskünfte für die Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 Erw. 4) sowie zur freien Beweiswürdigung (BGE 125 V 352 Erw. 3a) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen bleibt, dass einer rückwirkend verfügten abgestuften und/oder befristeten Rente Revisionsgründe unterlegt sein müssen (BGE 109 V 125), wobei sich der Zeitpunkt der Herauf-, Herabsetzung oder Aufhebung der Rente nach Art. 88a IVV bestimmt (BGE 121 V 275 Erw. 6b/dd mit Hinweis).
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2.
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In dem zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteil F. vom 3. Mai 2005 (I 297/03) hat das Eidgenössische Versicherungsgericht erkannt, dass es in anfechtungs- und streitgegenständlicher Hinsicht irrelevant ist, ob eine rückwirkende Zusprechung einer abgestuften und/oder befristeten Invalidenrente in einer oder in mehreren Verfügungen gleichen Datums eröffnet wird. Es gelten die Grundsätze gemäss BGE 125 V 413, wonach, wenn gleichzeitig eine Rente zugesprochen und diese revisionsweise - in sinngemässer Anwendung von Art. 17 ATSG und Art. 88a IVV - herauf- oder herabgesetzt oder aufgehoben wird, ein zwar komplexes, im Wesentlichen jedoch einzig durch die Höhe der Leistung und die Anspruchsperioden definiertes Rechtsverhältnis vorliegt. Der Umstand allein, dass Umfang und allenfalls Dauer des Rentenanspruchs über den verfügungsweise geregelten Zeitraum hinweg variieren, ist unter anfechtungs- und streitgegenständlichem Gesichtspunkt belanglos. Wird nur die Abstufung oder die Befristung der Leistungen angefochten, wird damit die gerichtliche Überprüfungsbefugnis nicht in dem Sinne eingeschränkt, dass unbestritten gebliebene Bezugszeiten von der Beurteilung ausgeklammert bleiben (BGE 125 V 417 Erw. 2d mit Hinweisen).
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3.
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Der Beschwerdeführer war wegen einer am 19. Februar 2002 diagnostizierten Diskushernie L5/S1 ab 2. April 2002 in seiner angestammten Tätigkeit als Hilfskoch im Gasthaus H.________ zu 100 % arbeitsunfähig. Er wurde erstmals am 25. Juni 2002 operiert. Nachdem ab 3. September 2002 eine 50%ige Arbeitsfähigkeit attestiert werden konnte, wurde bereits am 7. November 2002 eine Rezidivhernie an gleicher Stelle und eine weitere auf Höhe L4/5 gefunden, welche am 20. Dezember 2002 an der Klinik für Neurochirurgie am Spital S.________ operiert wurden. Bereits im Februar 2003 zogen die behandelnden Ärzte eine dritte Operation in Erwägung. Diese erfolgte am 3. September 2003 (Stabilisation L4/5 und L5/S1). Nach einer wiederum stationär am Spital S.________ erfolgten Infiltration des Neuroforamens L5 am 18. und 19. September 2003 weilte der Beschwerdeführer vom 2. bis 28. Oktober 2003 zur Rehabilitation in der Klinik V.________. Damit steht fest, dass nach Ablauf des Wartejahres (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG; BGE 129 V 222) seit dem 2. April 2002 eine volle Arbeitsunfähigkeit - einzig unterbrochen von einer zwei Monate dauernden Phase mit 50%iger Arbeitsunfähigkeit - und weiterhin eine 100%ige Erwerbsunfähigkeit bestand. Dass die IV-Stelle ab 1. April 2003 eine ganze Rente zusprach, lässt sich unter diesen Umständen nicht beanstanden.
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4.
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Strittig ist, ob die zugesprochene ganze Rente zu Recht mit Wirkung ab 1. Februar 2004 auf eine Dreiviertel Rente reduziert wurde.
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4.1 Gemäss dem hier anwendbaren (Erwägung 1 und 2) Art. 88a Abs. 1 IVV ist bei einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit die anspruchsbeeinflussende Änderung für die Herabsetzung oder Aufhebung der Leistung von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich längere Zeit dauern wird. Sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird.
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4.2 Am 3. September 2003 wurde der Beschwerdeführer letztmals an der Wirbelsäule operiert. Laut Bericht der behandelnden Ärzte am Spital S.________ vom 13. November 2003 (Prof. Dr. med. I.________, Chefarzt, und Dr. med. F.________, Oberarzt) ergab eine Nachkontrolle vom 4. November 2003 eine medizinisch zumutbare Arbeitsfähigkeit in einer angepassten rückenschonenden Tätigkeit von 50 %. Damit war es dem Beschwerdeführer wieder zumutbar, eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Einig sind sich alle Beteiligten, dass er an seinem angestammten Arbeitsplatz als Hilfskoch nicht mehr einsetzbar war.
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4.3
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4.3.1 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Wesentlichen kritisiert, es sei nicht nachvollziehbar, warum nach einer praktisch ununterbrochen attestierten vollen Arbeitsunfähigkeit quasi von einem Tag auf den andern eine Tätigkeit im Rahmen von 50 % möglich sein soll, nachdem der Beschwerdeführer auch weiterhin über die selben Schmerzen wie vor den Operationen berichte und angesichts des Umstandes, dass gemäss Austrittsbericht der Klinik V.________ mit der Rehabilitation keine nennenswerte Verbesserung der Symptome hatte erzielt werden können.
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4.3.2 Die für die revisionsweise Reduktion des Rentenanspruchs unter anderem notwendige Veränderung der Verhältnisse (Art. 17 ATSG) liegt darin, dass es dem Beschwerdeführer nach Abschluss der chirurgischen Massnahmen und der stationären Rehabilitation ab November 2003 zumutbar war, wieder (irgend-)einer Tätigkeit nachzugehen. Nachdem er spätestens seit April 2002 nicht mehr als Hilfskoch arbeiten konnte, war ihm vor Abschluss der Behandlung nicht zumutbar, sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Bis Ende Oktober 2003 erschien es eventuell möglich, dass er an seinen alten Arbeitsplatz zurückkehren könnte. Darum rechtfertigte es sich, dass die attestierte Arbeitsunfähigkeit damals die Tätigkeit als Hilfskoch betraf. Nachdem es sich gezeigt hatte, dass sich der Gesundheitszustand - wenn auch mit bleibenden Schmerzen - stabilisiert hatte, und der Beschwerdeführer sich beruflich neu orientieren musste, wurde die Arbeitsfähigkeit im Bericht vom 13. November 2003 erstmals für eine den neuen gesundheitlichen Gegebenheiten angepassten Tätigkeit angegeben und mit 50 % bemessen. Ab der Kontrolluntersuchung vom 4. November 2003 konnte von Verhältnissen von einer gewissen Dauer und Stabilität ausgegangen werden. Damit wurde der Invaliditätsgrad zu Recht unter Anrechnung des Verdienstes bei einer neuen zumutbaren Arbeit ermittelt
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5.
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Im Hinblick auf die Bestimmung des Invaliditätsgrades kann auf die einlässlich begründete Ermittlung im kantonalen Entscheid verwiesen werden. Die Höhe des Valideneinkommens wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht nicht mehr bestritten. Bei einem maximalen Abzug im Sinne der in BGE 126 V 74 ff. veröffentlichten Rechtsprechung von 25 % - was als eher grosszügig aber im Hinblick auf die Gesamtsituation als gerade noch gerechtfertigt erscheint - resultiert bei einer Arbeitsfähigkeit von 50 % eine Erwerbsunfähigkeit von gerundet 60 % (BGE 130 V 121) (Valideneinkommen Fr. 50'355.- ; Invalideneinkommen Fr. 20'182.-). Damit hat der Beschwerdeführer ab Februar 2004 (Art. 88a Abs. 1 IVV) nur noch Anspruch auf eine Dreiviertel Rente.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh., der Ausgleichskasse des Kantons Appenzell I.Rh. und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 5. Oktober 2005
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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