Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1P.493/2005
1P.515/2005 /ggs
Urteil vom 6. Oktober 2005
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Nay, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Parteien
1P.493/2005
1. Erben A.________, nämlich:
- B.________,
- C.________,
- D.________,
- E.________,
- F.________,
- G.________,
- H.________,
- I.________,
2. J.________ AG,
Beschwerdeführer 1, alle vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Armon Vital,
und
1P.515/2005
1. K.________,
2. Ehepaar L.________,
Beschwerdeführer 2, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Martin,
gegen
M.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mario Cavigelli,
Gemeinde Samnaun, 7562 Samnaun-Compatsch, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar Bänziger,
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Präsidium, Obere Plessurstrasse 1, 7001 Chur.
Gegenstand
Baueinsprache; Kosten und Entschädigung,
Staatsrechtliche Beschwerden gegen die Verfügungen des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, Präsidium, vom 21. Juni 2005 (1P.515/2005) und
22. Juni 2005 (1P.493/2005).
Sachverhalt:
A.
Am 16. September 2004 erteilte die Baubehörde der Gemeinde Samnaun M.________ die Baubewilligung für den Abbruch und den Neubau der Chasa Veglia auf den Parzellen Nrn. 58 und 958 in Samnaun-Dorf. Gemäss Baubewilligung soll der Ersatzbau nur ein Untergeschoss aufweisen.
Am 23. Mai 2005 erstatteten die Erben A.________ und die J.________ AG einerseits sowie K.________ und das Ehepaar L.________ andererseits bei der Gemeinde Samnaun Anzeige, weil der Bauherr nicht bewilligte Bauarbeiten für die Erstellung eines zweiten Untergeschosses ausführe. Sie verlangten, dass superprovisorisch die sofortige Einstellung der begonnenen Aushubarbeiten zu verfügen sei.
Mit Schreiben vom selben Tag antwortete die Gemeinde den Erben A.________ und der J.________ AG, dass es sich um Änderungen von untergeordneter Natur handle. Zur Erläuterung legte sie eine Aktennotiz der Baubehörde bei, aus der Folgendes hervorging: Die Fundamente für die Bodenplatte des ersten Untergeschosses müssten aus statischen und bautechnischen Gründen auf eine Tiefe von -5.75 m hinuntergezogen werden; dies allein sei nicht baubewilligungspflichtig. Zudem sei - ebenfalls aus statischen Gründen - ein zusätzlicher Technikraum auf der Nordwestseite im ersten Untergeschoss erforderlich; dieser Raum diene zugleich der Ver- und Entsorgung von Wasser, Meteorwasser, Strom und Telefon vom Hotel Montana her. Für diese Änderung verlange die Baubehörde ein Projektänderungsgesuch. Der neu unter der Bodenplatte des ersten Untergeschosses entstehende Hohlraum müsse nachträglich aufgefüllt werden und dürfe weder zugänglich sein noch genutzt werden.
Mit Schreiben vom 25. Mai 2005 informierte die Gemeinde auch K.________ sowie das Ehepaar L.________ in diesem Sinne. Sie fügte hinzu, dass die Baubehörde an ihrer Sitzung vom nächsten Montag (d.h. am 30. Mai 2005) definitiv über die beantragten Projektänderungen entscheiden werde. Unter den gegebenen Umständen halte die Gemeinde die geforderte unverzügliche Baueinstellung für unverhältnismässig.
B.
Mit Eingaben vom 24. bzw. 25. Mai 2005 an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden beantragten die Erben A.________ und die J.________ AG sowie K.________ und Mitbeteiligte, es sei M.________ superprovisorisch sowie, nach Anhörung des Gesuchgegners, vorsorglich zu untersagen, mit dem Aushub und den Bauarbeiten fortzufahren, soweit diese nicht Gegenstand der Baubewilligung vom 16. September 2004 seien. Sie kündigten an, dass sie gegen das Schreiben der Gemeinde vom 23. bzw. 25. Mai 2005 noch Rekurs erheben würden.
C.
Am 26. Mai 2005 wies der Präsident des Verwaltungsgerichts das Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen ab: Ein sofortiges Einschreiten ohne Gewährung des rechtlichen Gehörs dränge sich aufgrund der Akten nicht auf.
D.
Am 1. Juni 2005 genehmigte die Baubehörde die Tieferlegung der Fundamente für den Neubau auf -5.75 m sowie die Schaffung eines zusätzlichen Technikraumes im ersten Untergeschoss mit den dazugehörigen Infrastrukturanlagen und -leitungen. Gleichzeitig wurde der Bauherr verpflichtet, entweder den neu geschaffenen Raum unterhalb des ersten Untergeschosses wieder aufzufüllen oder die Bauarbeiten sofort einzustellen, bis für ein zweites Untergeschoss eine Baubewilligung vorliege.
Daraufhin beantragten die Gesuchsteller, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen sei als durch den Genehmigungsentscheid vom 1. Juni 2005 gegenstandslos geworden abzuschreiben und die Kosten seien den Gesuchsgegnern aufzuerlegen.
E.
Mit Verfügungen vom 21. und 22. Juni 2005 schrieb der Präsident des Verwaltungsgerichts die Verfahren als gegenstandslos geworden ab und auferlegte die Gerichtskosten jeweils den Gesuchstellern. Diese wurden verpflichtet, die Gemeinde Samnaun und M.________ aussergerichtlich zu entschädigen.
F.
Dagegen erheben die Erben A.________ und die J.________ AG (die Beschwerdeführer 1) sowie K.________ und das Ehepaar L.________ (die Beschwerdeführer 2) staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragen, die Kostenentscheide des Verwaltungsgerichtspräsidenten seien aufzuheben.
G.
M.________ und der Präsident des Verwaltungsgerichts beantragen, die Beschwerden seien abzuweisen, soweit darauf eingetreten werde. Die Gemeinde Samnaun verzichtet auf eine Teilnahme am Verfahren vor Bundesgericht.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Beschwerden richten sich beide gegen M.________ (im Folgenden: der Beschwerdegegner) und die Gemeinde Samnaun und betreffen dieselben Rechtsfragen. Es rechtfertigt sich daher, über beide Beschwerden gemeinsam zu entscheiden.
2.
Die angefochtenen Abschreibungsbeschlüsse sind kantonal letztinstanzlich. Sie schliessen ein Rekursverfahren ab, das sich formell gegen das Schreiben der Gemeinde vom 23. bzw. 25. Mai 2005 richten sollte. Dieses Verfahren ist deshalb nicht identisch mit dem zurzeit noch beim Verwaltungsgericht hängigen Rekursverfahren gegen den Genehmigungsentscheid vom 1. Juni 2005. Insofern sind die Abschreibungsverfügungen formell als Endentscheide zu qualifizieren.
Die Beschwerdeführer sind in rechtlich geschützten eigenen Interessen betroffen, soweit sie zur Zahlung von Gerichtskosten und Parteientschädigungen verpflichtet werden. Sie sind daher zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Kostenentscheid legitimiert (Art. 88 OG).
Da alle übrigen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die staatsrechtlichen Beschwerden einzutreten.
3.
Die Beschwerdeführer machen geltend, nach der ständigen Praxis des Verwaltungsgerichts sei für die Kostenverteilung darauf abzustellen, wer den Grund für die nachträglich eingetretene Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gesetzt habe; dies habe das Verwaltungsgerichtspräsidium auch einleitend in E. 2 seiner Verfügung anerkannt. Bei Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Verfügung pendente lite sei dies in der Regel das rekursbeklagte Gemeinwesen, das mit der Neuformulierung seiner Verfügung bewirke, dass der Angriff des Rekurrenten ins Leere gehe und sich damit als nutzlos erweise.
In Anwendung dieser Praxis hätte die Vorinstanz der Gemeinde Samnaun die Kosten überbinden müssen, die am 1. Juni 2005 in der gleichen Sache neu verfügt und im Verfügungsdispositiv den Antrag der Gesuchsteller auf Baueinstellung teilweise gutgeheissen und teilweise wegen Gegenstandslosigkeit abgeschrieben habe.
Stattdessen habe die Vorinstanz auf die mutmasslichen Erfolgsaussichten des Gesuchs um Erlass vorsorglicher Massnahmen abgestellt, ohne dies näher zu begründen. Der angefochtene Entscheid sei somit widersprüchlich; er verletze die Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) und das Willkürverbot (Art. 9 BV).
3.1 Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht weicht vom Entscheid der kantonalen Instanz nur ab, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 125 I 166 E. 2a S. 168; 125 II 10 E. 3a S. 15, 129 E. 5b S. 134; je mit Hinweisen). Dabei genügt es nicht, wenn sich nur die Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Die Aufhebung eines Entscheides rechtfertigt sich nur, wenn dieser auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 117 Ia 135 E. 2 S. 139 mit Hinweisen).
3.2 In den einleitenden Rechtserwägungen (E. 2 der angefochtenen Verfügung) stellte der Präsident des Verwaltungsgerichts darauf ab, "wer das überflüssig gewordene Verfahren verursacht habe" und nicht darauf, wer dessen Gegenstandslosigkeit verursacht habe. Insofern ist kein Widerspruch zwischen den einleitenden Rechtserwägungen der Verfügung und deren weiteren Prüfungsprogramm erkennbar.
Unstreitig haben die Beschwerdeführer mit ihren Gesuchen um Erlass superprovisorischer und vorsorglicher Massnahmen das Verfahren vor Verwaltungsgericht ausgelöst und deshalb die unmittelbare Ursache für die dabei angefallenen Kosten gesetzt. Das Gericht beliess es jedoch nicht bei dieser Feststellung, sondern prüfte weiter, ob ihre Intervention gerechtfertigt gewesen sei. Damit prüfte es zugleich, ob die Gemeinde bzw. der Beschwerdegegner Anlass zur Gesuchseinreichung gegeben hatten. Der Vorwurf der Beschwerdeführer 2, das Verwaltungsgericht habe es abgelehnt zu prüfen, ob die Gemeinde Samnaun und die Bauherrschaft das gegenstandslos gewordene Verfahren verursacht haben könnten, ist deshalb unbegründet.
3.3 Es entspricht einem allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, bei Abschreibung eines Verfahrens wegen Gegenstandslosigkeit für die Kostenverteilung grundsätzlich auf den Stand der Streitsache vor Eintritt der Gegenstandslosigkeit abzustellen (Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Rz 698 S. 247 f; vgl. auch Art. 72 BZP und BGE 106 Ib 294 E. 3 S. 295).
Die Behauptung der Beschwerdeführer 2, das Verwaltungsgericht habe auf einen Zeitpunkt nach Gegenstandslosigkeit des Verfahrens abgestellt, findet in den Erwägungen des angefochtenen Entscheids keine Stütze: In Erwägung 3 wird ausdrücklich auf das Gesuch vom 24. bzw. 25. Mai 2005 abgestellt und betont, dass die Baubehörde "von Anfang an und nicht erst mit dem Entscheid vom 1. Juni 2005" die Wiederauffüllung des Hohlraumes verlangt hatte.
3.4 Das Verwaltungsgericht hat allerdings nicht auf die Erfolgsaussichten des Rekurses in der Hauptsache, sondern auf diejenigen der Gesuche um superprovisorischen und vorsorglichen Rechtsschutz abgestellt. Dies erscheint vertretbar und jedenfalls nicht willkürlich, weil zum massgeblichen Zeitpunkt noch kein Rekurs deponiert worden war, sämtliche angefallenen Kosten also durch die Gesuche um vorsorglichen Rechtsschutz verursacht worden waren.
Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dieses Vorgehen dem in Art. 93 Abs. 4 der Bündner Kantonsverfassung statuierten Grundsatz des Verursacherprinzips widersprechen sollte (soweit diese im Kapitel "VII. Finanzordnung" enthaltene Bestimmung hier überhaupt anwendbar ist): Werden Kosten durch ein Gesuch verursacht, das von vornherein unbegründet war, ist es grundsätzlich gerechtfertigt, diese Kosten dem Gesuchsteller als Verursacher aufzuerlegen.
3.5 Allerdings entspricht es der Praxis des Bündner Verwaltungsgerichts, in Fällen, in denen das rekursbeklagte Gemeinwesen während der Hängigkeit des Verfahrens neu verfügt und dadurch die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens bewirkt, dem Gemeinwesen die Kosten aufzuerlegen, das mit der Neuformulierung seiner Verfügung bewirkt, dass der Angriff des Rekurrenten ins Leere geht und sich damit als nutzlos erweist (Verfügung vom 8. Dezember 1969, PVG 1969 Nr. 118 E. 2 S. 210 f.; Verfügung vom 9. Juli 1996, PVG 1996 Nr. 112 E. 1b S. 326). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die neue Verfügung den Intentionen der Rekurrenten entspricht und es sich somit materiell um eine Rekursanerkennung handelt (Verfügung vom 23. April 1975, PVG 1975 Nr. 103 E. 1 S. 179).
Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass die Beschwerdeführer vorsorglichen gerichtlichen Rechtsschutz beantragten, obwohl sie wussten, dass die Baubehörde der Gemeinde schon innert kurzer Frist über die Genehmigung der Projektänderungen entscheiden würde: Aus der Aktennotiz, die dem Schreiben der Gemeinde vom 23. Mai 2005 beilag, geht hervor, dass der Beschwerdegegner die Baubehörde schon am 18. Mai über die beabsichtigten Projektänderungen informiert hatte und diese alsbald darüber entscheiden werde; im Schreiben vom 25. Mai 2005 wurde als Entscheidtermin die nächste Sitzung der Baubehörde am 30. Mai 2005 genannt.
Die Beschwerdeführer nahmen somit in Kauf, ein gerichtliches Verfahren mit den damit verbundenen Kostenfolgen auszulösen, obwohl dieses voraussichtlich in kurzer Zeit, mit dem Genehmigungsentscheid der Gemeinde, gegenstandslos werden würde. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von den oben zitierten Fällen, in denen die Rekurrenten nicht mit der Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Verfügung während des Rekursverfahrens rechnen mussten. Es ist deshalb nicht willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht von der üblichen Praxis abgewichen ist, und die Kostenverteilung von den Erfolgsaussichten der Gesuche abhängig gemacht hat.
4.
Im Folgenden ist deshalb zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht die Erfolgsaussichten der Gesuche um vorsorgliche Massnahmen willkürlich verneint hat.
4.1 Das Verwaltungsgericht nahm an, dass die Gefahr einer unerwünschten Präjudizierung des Rekursverfahrens nur bestanden hätte, wenn die getroffenen baulichen Massnahmen mutmasslich gegen materielles Baurecht verstiessen und daher baugesetzlich unzulässig seien. Dies sei jedoch im Gesuch der Beschwerdeführer nicht einmal ernsthaft geltend gemacht worden. Vielmehr sei lediglich auf die Verletzung der Bewilligungspflicht hingewiesen worden. Ein derartiger Mangel lasse sich indessen leicht durch die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung beheben, so dass durch eine Weiterführung der Bauarbeiten keine unerwünschte Präjudizierung zu befürchten gewesen wäre.
Eine mögliche materielle Baurechtsverletzung hätten die Gesuchsteller darin erkannt, dass der unter dem ersten Untergeschoss entstehende Hohlraum ausnützungspflichtig sei. Die Baubehörde habe indessen von Anfang an verlangt, dass dieser Hohlraum aufgefüllt werde, womit er klarerweise nicht der AZ-Pflicht unterstehe.
Unter diesen Umständen hätten die Gesuche um vorsorgliche Massnahmen kaum Aussicht auf Erfolg gehabt.
4.2 Die Beschwerdeführer halten diese Erwägungen für willkürlich:
Sie machen geltend, der betonierte "Hohlraum" auf der Ebene des zweiten Untergeschosses unterliege der Baubewilligungspflicht, unabhängig davon, ob er nachträglich wieder aufgefüllt werde oder nicht. Nach der klaren Vorschrift von Art. 81 des Baugesetzes der Gemeinde Samnaun vom 15. Juli 1985 (BauG) dürfe mit den Bauarbeiten erst begonnen werden, wenn die Baubewilligung rechtskräftig sei. Die Durchführung eines Baubewilligungsverfahren unter formeller Beteiligung der Nachbarn sei daher immer geboten, und nicht nur bei Projekten, bei welchen materielle Verletzungen des Baurechts zu befürchten seien. Die nachträgliche Legalisierung eines bereits erstellten Projekts müsse die Ausnahme bleiben und dürfe nicht die Regel bilden.
Es sei sodann widersprüchlich, von den Nachbarn zu verlangen, dass sie die Verletzung materiellen Baurechts ernsthaft geltend machen, obwohl ihnen noch keine Pläne des Bauprojekts zur Verfügung gestanden hätten.
Zweifelhaft sei auch die Auffassung der Vorinstanz, wonach ein Raum, der wieder aufgefüllt werde, nicht der AZ-Pflicht unterstehe: Art. 38 BauG kenne keinen entsprechenden Ausnahmetatbestand, anrechenbar seien vielmehr alle Ebenen eines Gebäudes im Aussenmass der ober- und unterirdischen Umfassungswände.
Schliesslich bestätige die nachträglich von der Baubehörde Samnaun erlassene Verfügung vom 1. Juni 2005, dass die Bauarbeiten offenkundig auf die unzulässige Schaffung eines zweiten Untergeschosses hinausliefen. In dieser Verfügung sei das von den Beschwerdeführern am 23. Mai 2005 deponierte Gesuch um Einstellung der Bauarbeiten teilweise gutgeheissen worden. Wenn aber die Gemeinde nachträglich dem Gesuch der Beschwerdeführer entsprochen habe, könne nicht behauptet werden, dass die bei Gericht eingereichten Gesuche um vorsorgliche Massnahmen keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätten.
4.3 Es ist unstreitig, dass die Aushubarbeiten des Beschwerdegegners, soweit sie von den bewilligten Plänen abwichen, formell baurechtswidrig waren. Gemäss Art. 83 BauG war der Beschwerdegegner daher verpflichtet, unverzüglich die Genehmigung der Baubehörde einzuholen; diese musste entscheiden, ob eine neue Publikation durchzuführen sei.
4.3.1 Vorsorgliche gerichtliche Massnahmen werden jedoch nicht abstrakt zum Schutz der Rechtsordnung angeordnet, sondern zum Schutze der konkret im Streit liegenden Rechte und Interessen (Art. 31 VGG). Sie setzen deshalb voraus, dass die Rechtsdurchsetzung gefährdet ist und den Gesuchstellern ein - schwerwiegender oder wenigstens überwiegender - Nachteil droht, wenn keine vorläufigen Massnahmen angeordnet werden. Dies setzt voraus, dass zeitliche Dringlichkeit vorliegt, d.h. es den Gesuchstellern nicht zumutbar ist, den Entscheid in der Hauptsache abzuwarten.
Zwar trifft es zu, dass in der Regel geringere Anforderungen an vorsorgliche Massnahmen gestellt werden, wenn sich diese - wie beim Bau- oder Nutzungsstopp - gegen angemasste Rechtspositionen im Zusammenhang mit einem nachfolgenden Bewilligungsverfahren richten. In diesen Fällen bildet die Rechtsgleichheit den eigentlichen Anordnungsgrund: Es soll verhindert werden, dass durch Anmassung eine Besserstellung gegenüber denjenigen erreicht wird, welche sich an die Bewilligungspflicht halten (Isabelle Häner, Vorsorgliche Massnahmen im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, ZSR 116/1997 II S. 263 ff., insbes. S. 361 f.). Auch in solchen Fällen ist es aber nicht willkürlich, neben dem Rechtsgleichheitsgebot auch das Ausmass der Rechtsverletzung einerseits und das Interesse der Gesuchsteller an einem sofortigen Baustopp andererseits mitzuberücksichtigen.
4.3.2 Im vorliegenden Fall wussten die Beschwerdeführer schon bei Einleitung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, dass innert kurzer Frist ein Genehmigungsentscheid der Gemeinde ergehen werde, in dem voraussichtlich die beantragten Projektänderungen (Tieferlegung der Fundamente und Technikraum im ersten Untergeschoss) genehmigt und damit die formelle Baurechtswidrigkeit beseitigt werden würde. Sie machten in ihren Gesuchen selbst nicht geltend, dass die beantragten Projektänderungen gegen materielles Baurecht verstossen oder negative Auswirkungen auf ihre Parzellen haben könnten.
Ferner wussten sie, dass die Gemeinde die Wiederauffüllung des entstandenen Hohlraums verlangen würde, d.h. die Schaffung eines zweiten Untergeschosses nicht ohne vorherige Durchführung eines ordentlichen Baubewilligungsverfahrens dulden würde. Die von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Rechtsfragen (Baubewilligungs- und AZ-Pflichtigkeit eines aufgefüllten Hohlraums) konnten im Anschluss an den angekündigten Genehmigungsentscheid gerichtlich entschieden werden, ohne durch die zwischenzeitlich vorgenommenen Aushub- und Bauarbeiten präjudiziert zu werden; die Beschwerdeführer haben denn auch in keiner Weise dargelegt, inwiefern die Fortsetzung dieser Arbeiten zu einer unerwünschten Präjudizierung geführt hätte, zumal nach ihrer eigenen Darstellung der Aushub bereits fast 6 m tief war.
Unter diesen Umständen ist nicht zu erkennen, welches Interesse die Beschwerdeführer an einer sofortigen Einstellung der Bauarbeiten, noch vor Erlass des angekündigten Genehmigungsentscheids der Gemeinde, hatten.
4.3.3 Nach dem Gesagten kann die Prognose des Verwaltungsgerichtspräsidenten, dass die Interessenabwägung zu Ungunsten der Beschwerdeführer ausgefallen und vorsorgliche Massnahmen nicht angeordnet worden wären, nicht als willkürlich erachtet werden.
5.
Nach dem Gesagten erweisen sich die staatsrechtlichen Beschwerden als unbegründet und sind abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer die Gerichtskosten und haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verfahren 1P.493/2005 und 1P.515/2005 werden vereinigt.
2.
Die staatsrechtlichen Beschwerden werden abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird zur Hälfte den Beschwerdeführern des Verfahrens 1P.493/2005 und zur Hälfte den Beschwerdeführern des Verfahrens 1P.515/2005 auferlegt.
4.
Die Beschwerdeführer des Verfahrens 1P.493/2005 und die Beschwerdeführer des Verfahrens 1P.515/2005 haben den Beschwerdegegner M.________ für das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr. 1'000.--- (insgesamt Fr. 2'000.--) zu entschädigen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Samnaun und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Präsidium, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Oktober 2005
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: