BGer 6S.75/2005 |
BGer 6S.75/2005 vom 31.10.2005 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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6S.75/2005 /gnd
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Urteil vom 31. Oktober 2005
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Kassationshof
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Besetzung
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Bundesrichter Schneider, Präsident,
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Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
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Gerichtsschreiber Briw.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat
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Dr. Roland Strauss,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001 Basel,
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Polizei- und Militärdepartement des Kantons Basel-Stadt, Abteilung Zivilschutz, Zeughausstrasse 2, 4002 Basel.
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Gegenstand
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Widerhandlung gegen das BG über den Zivilschutz,
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Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 4. Februar 2005.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ wurde am 10. April 2003 ein Aufgebot für einen Zivilschutz-Dienstanlass vom 2. - 6. Juni 2003 (WK Sanitätsdienst) zugestellt. Er rückte am 2. Juni 2003 am zugewiesenen Ort, einem Pflegeheim, ein, erklärte jedoch, dass er keinen Diensteinsatz leisten, sondern während der ganzen Woche für sein Geschäft arbeiten werde. Er wurde daraufhin von der Pflegedienstleiterin nach Hause geschickt. Die Abteilung Zivilschutz des Polizei- und Militärdepartements des Kantons Basel-Stadt verzeigte ihn deshalb gemäss Art. 66 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über den Zivilschutz vom 17. Juni 1994 (ZSG; AS 1994 III 2626).
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B.
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Der Strafbefehlsrichter Basel-Stadt bestrafte X.________ am 16. Juli 2003 wegen Widerhandlung gegen Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG mit 30 Tagen Haft unbedingt.
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Der Strafgerichtspräsident Basel-Stadt verurteilte ihn auf Einsprache hin am 28. April 2004 in Anwendung von Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG und Art. 41 StGB zu 30 Tagen Haft mit bedingtem Strafvollzug unter Auferlegung einer Probezeit von 2 Jahren.
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Das Appellationsgericht Basel-Stadt (Ausschuss) bestätigte am 4. Februar 2005 das Urteil des Strafgerichtspräsidenten.
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C.
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X.________ erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil des Appellationsgerichts aufzuheben und ihn vom Vorwurf der Widerhandlung gegen Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG freizusprechen, eventuell ihn der Widerhandlung gegen Art. 66 Abs. 3 lit. a ZSG schuldig zu sprechen und zur Entrichtung einer Busse von höchstens Fr. 500.-- zu verurteilen.
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Das Appellationsgericht Basel-Stadt verzichtet auf Gegenbemerkungen und beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Hält der Kassationshof eine Beschwerde für begründet, entscheidet er grundsätzlich nicht in der Sache selber, sondern weist diese zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück (vgl. Art. 277ter BStP). Auf den Antrag, in der Sache zu entscheiden, ist daher nicht einzutreten.
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Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheides richten, sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Der Kassationshof ist an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP).
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Die Vorinstanz bestätigt das Urteil des Strafgerichtspräsidenten ohne eigene schriftliche Begründung und verweist damit auf das bestätigte Urteil. Auf dieses ist daher inhaltlich abzustellen.
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2.
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Der Beschwerdeführer macht primär geltend, er sei infolge rechtfertigenden Notstands von der Widerhandlung gegen das ZSG freizusprechen. Im Eventualstandpunkt bringt er vor, er habe dem Aufgebot Folge geleistet und gleichzeitig seine Notsituation dargelegt. Er habe damit allenfalls gegen Art. 66 Abs. 3 lit. a ZSG verstossen. Statt dessen habe die Vorinstanz in Verletzung des Grundsatzes nulla poena sine lege auf die rechtsstaatlich bedenkliche Generalklausel von Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG abgestellt, denn die darin aufgezählten Tatbestände würden alle die physische Präsenz betreffen. Schliesslich sei eine Haftstrafe unverhältnismässig.
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2.1 Gemäss Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG wird mit Gefängnis, Haft oder Busse bestraft, wer vorsätzlich einem Aufgebot nicht Folge leistet, sich ohne Bewilligung aus dem Dienst entfernt, nach einer bewilligten Abwesenheit nicht mehr zurückkehrt, einen ihm erteilten Urlaub überschreitet oder sich in anderer Weise der Schutzdienstleistung entzieht. Gemäss Art. 66 Abs. 3 lit. a ZSG wird mit Haft oder Busse bestraft, wer sich weigert, die ihm im Zivilschutz übertragene Aufgabe und Funktion zu übernehmen. Diese Straftatbestände des ZSG lauten gleich wie Art. 68 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 lit. a des am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz vom 4. Oktober 2002 (BZG; SR 520.1). Das BZG ist für den Täter nicht das mildere Gesetz, so dass das zur Tatzeit geltende ZSG anwendbar bleibt (Art. 2 StGB).
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Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG erfasst neben dem vorsätzlichen Nichteinrücken (" wer vorsätzlich einem Aufgebot nicht Folge leistet") mehrere Tatbestandsvarianten, in denen der Pflichtige dem Aufgebot zwar Folge leistet, sich dann aber in unterschiedlicher Weise der Dienstpflicht entzieht. Der Dienstpflicht entzieht sich insbesondere derjenige, der den Dienst verweigert. Im zu beurteilenden Fall war der Beschwerdeführer am Dienstort eingerückt und hatte in der Folge jede Dienstleistung verweigert, so dass er nach Hause geschickt werden musste. Wie der Strafgerichtspräsident verbindlich feststellt (oben E. 1), hatte sich mit dem Einrücken des Beschwerdeführers sein Wille, dienstlichen Anordnungen zu folgen, bereits erschöpft. Der Beschwerdeführer verlegte seinen Arbeitsplatz an den Dienstort und erklärte kategorisch, keinen Diensteinsatz zu leisten. Damit weigerte er sich nicht lediglich im Sinne des Übertretungstatbestands von Art. 66 Abs. 3 lit. a ZSG, eine ihm übertragene Aufgabe und Funktion zu übernehmen, wie der Beschwerdeführer geltend macht. Vielmehr verweigerte er überhaupt jede Dienstleistung. Dieses Verhalten ist nach der ratio legis eindeutig unter den Vergehenstatbestand von Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG zu subsumieren. Die Generalklausel ("sich in anderer Weise der Schutzdienstleistung entzieht") erweist sich als hinreichend bestimmt und erfasst das zu beurteilende Verhalten.
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2.2 Die Voraussetzungen des vom Beschwerdeführer geltend gemachten rechtfertigenden Notstands im Sinne von Art. 34 StGB sind nicht gegeben. Es fehlt bereits am Bestand einer Notlage. Wie nämlich der Strafgerichtspräsident feststellt, hatte für den Beschwerdeführer genügend Zeit bestanden, dem Problem planerisch Herr zu werden. Die Schwierigkeiten mit dem Server bestanden ab dem 25. Mai 2003 und damit seit mehreren Tagen vor Dienstantritt. Ausserdem hätte ihm der Dienst genügend Möglichkeiten gelassen, sich daneben auch noch geschäftlichen Belangen zu widmen (Urteil S. 4). Der Beschwerdeführer hatte im Übrigen weder ein Dispensationsgesuch gestellt noch mit den Verantwortlichen eine Lösung gesucht. Es ist somit nicht nachgewiesen, dass die behauptete Gefahr für das Vermögen nicht anders abwendbar gewesen wäre (vgl. BGE 101 IV 4 E. 1). Es ist daher nicht mehr zu prüfen, ob wirtschaftliche Gründe als rechtfertigender Notstand im Rahmen des Zivilschutzgesetzes geltend gemacht werden können (verneinend Hans Jörg Frei, Dienstversäumnis und Dienstverweigerung im Zivilschutz, Diss. Zürich 1999, S. 122).
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2.3 Schliesslich ist auch das Strafmass bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Ausgangspunkt bildet der Strafrahmen des Vergehenstatbestands mit Gefängnis, Haft oder Busse, also einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Gefängnis (Art. 36 StGB). Der Beschwerdeführer ist zwar nicht vorbestraft. Er war aber bereits einmal wegen Nichteinrückens verwarnt und einmal vorzeitig entlassen worden, weil er andauernd geschäftliche Arbeiten verrichtet hatte (Urteil S. 2). Die Vorinstanz nimmt angesichts der kategorischen Dienstverweigerung zu Recht ein erhebliches Verschulden an. Indessen ist nicht von einer generellen Dienstverweigerung auszugehen. Sie verletzt das ihr zustehende Ermessen bei der Festsetzung des Strafmasses nicht.
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3.
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Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird kostenpflichtig (Art. 278 Abs. 1 BStP).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, dem Polizei- und Militärdepartement des Kantons Basel-Stadt, Abteilung Zivilschutz, und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, sowie der Schweizerischen Bundesanwaltschaft schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 31. Oktober 2005
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Im Namen des Kassationshofes
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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