BGer 2A.681/2005 |
BGer 2A.681/2005 vom 19.01.2006 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2A.681/2005 /vje
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Urteil vom 19. Januar 2006
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II. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
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Gerichtsschreiber Feller.
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Parteien
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X.________ und Y.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,
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Eidgenössische Steuerrekurskommission,
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avenue Tissot 8, 1006 Lausanne.
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Gegenstand
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Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege (Mehrwertsteuer; 1. Quartal 2001 bis 4. Quartal 2001),
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Zwischenentscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 3. November 2005.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Nachdem sie zuvor je auf eigene Rechnung in der gleichen Sparte tätig gewesen waren, trieben Y.________ und X.________ ab 1. Januar 1998 im Rahmen einer einfachen Gesellschaft Handel mit Gebrauchtwagen; sie kauften solche Fahrzeuge auf und exportierten sie anschliessend ins Ausland. X.________ und Y.________ sind ab 21. Juli bzw. ab 17. August 2004 mit dieser Tätigkeit wieder je als Einzelfirma im Handelsregister eingetragen.
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Die Eidgenössische Steuerverwaltung trug die einfache Gesellschaft rückwirkend per 1. Januar 1998 in das Register der Mehrwertsteuerpflichtigen ein. Da sie der Buchhaltung der Gesellschaft wegen Unvollständigkeit der Aufzeichnungen die Beweiskraft absprach, ermittelte die Eidgenössische Steuerverwaltung den geschuldeten Mehrwertsteuerbetrag für 2001 ermessenweise. Gegen den diesbezüglichen Einspracheentscheid erhoben Y.________ und X.________ Beschwerde an die Eidgenössische Steuerrekurskommission. Nachdem sie von dieser zur Bezahlung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'000.-- aufgefordert worden waren, stellten sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Ihr Vertreter stellte das ausgefüllte Formular "Gesuch um Zuerkennung des Rechts auf unentgeltliche Prozessführung" zusammen mit Beilagen der Rekurskommission zu. Deren Vizepräsident wies das Gesuch mit Zwischenentscheid vom 3. November 2005 ab, bestätigte die Pflicht zur Bezahlung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'000.-- und stellte in Aussicht, dass nach Rechtskraft dieses Zwischenentscheids eine neue Zahlungsfrist angesetzt werde.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 21. November 2005 beantragen Y.________ und X.________ dem Bundesgericht, der Zwischenentscheid vom 3. November 2005 sei aufzuheben und es sei ihnen die unentgeltliche Prozessführung für das Verfahren vor der Eidgenössischen Steuerrekurskommission zu gewähren, eventuell sei die Angelegenheit zu neuer Beurteilung an diese zurückzuweisen.
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Die Eidgenössische Steuerverwaltung und die Vorinstanz haben auf Vernehmlassung verzichtet.
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Eine Verfügung betreffend aufschiebende Wirkung, worum die Beschwerdeführer eventualiter ersucht hatten, hat sich schon angesichts von Art. 111 Abs. 1 OG erübrigt.
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2.
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2.1 Gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG kann die Beschwerdeinstanz oder, wenn als Beschwerdeinstanz eine Kollegialbehörde entscheidet, ihr Vorsitzender nach Einreichung der Beschwerde eine bedürftige Partei, deren Begehren nicht zum vornherein aussichtslos erscheint, auf Gesuch davon befreien, Verfahrenskosten zu bezahlen (unentgeltliche Rechtspflege).
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Mit dem - rechtzeitig und formgültig angefochtenen - Zwischenentscheid wird den Beschwerdeführern die unentgeltliche Rechtspflege mit der Begründung verweigert, sie hätten ihre Bedürftigkeit nicht dargetan.
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2.2
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2.2.1 Für die Anwendung von Art. 65 Abs. 1 VwVG und damit für den Begriff der Bedürftigkeit ist die zu Art. 29 Abs. 3 BV bzw. zu Art. 4 aBV entwickelte Rechtsprechung massgeblich. Bedürftig ist eine Partei, welche die Leistung der erforderlichen Prozess- und Parteikosten nur erbringen kann, wenn sie die Mittel angreift, die sie zur Deckung des Grundbedarfs für sich und ihre Familie benötigt; dabei sind die Einkommens- und die Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen (BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164; 124 I 1 E. 2a S. 2; 118 Ia 369 E. 4a S. 370). Abzustellen ist auf die individuellen Verhältnisse und nicht rein schematisch auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum; prozessuale Bedürftigkeit kann auch dann angenommen werden, wenn das Einkommen höher ist als dieses Minimum (BGE 124 I 1 E. 2a S. 2; 106 Ia 82). Grundsätzlich obliegt es der um unentgeltliche Prozessführung ersuchenden Partei, diese individuellen finanziellen Verhältnisse umfassend darzulegen und soweit möglich zu belegen. Sie muss die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung zumindest ausreichend glaubhaft machen. Kommt sie diesen Obliegenheiten nicht nach, darf das Gesuch abgewiesen werden (BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164 f.; 115 Ia 193 E. 3a S. 195; Urteil des Bundesgerichts 2P.195/2000 vom 9. April 2001 E. 4c/aa; Beschluss des Bundesgerichts 2A.280/2003 vom 17. Juni 2003 E. 2.1).
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2.2.2 Die Vorinstanz hält den Beschwerdeführern vor, sie hätten ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nur rudimentär begründet und die prozessuale Bedürftigkeit mit wenigen - unvollständigen - Unterlagen nachzuweisen versucht. Die Beschwerdeführer machen geltend, sie hätten das Formular zum Nachweis der Bedürftigkeit vollständig ausgefüllt und die für die einzelnen Rubriken verlangten Belege eingereicht. Sie werfen der Rekurskommission widersprüchliches Verhalten vor, wobei sie sich insbesondere auf ein Telefongespräch zwischen dem Gerichtsschreiber der Vorinstanz und ihrem Rechtsvertreter berufen, welches die Modalitäten der Gesuchsbegründung zum Gegenstand gehabt habe.
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Wie es sich mit der Vollständigkeit der Belege für die einzelnen geltend gemachten Ausgabenposten verhält, kann offen bleiben. Ausschlaggebend ist ein anderer Gesichtspunkt:
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Beide Beschwerdeführer wollen ein Einkommen von monatlich bloss je ca. Fr. 2'000.-- erzielen; dieses Einkommen ergibt sich aus der Bilanz und Erfolgsrechnung der einfachen Gesellschaft per Ende 2004, welche sie der Vorinstanz vorgelegt haben. Diese hat das Missverhältnis zwischen diesem Einkommen und den durchschnittlichen monatlichen Ausgaben hervorgehoben, welches sie insbesondere im Falle von Y.________ als krass wertet und welches auch im Falle von X.________ besteht. In der Tat gibt es keine Erklärung dafür, wie die Beschwerdeführer diese Differenz ausgleichen können, nachdem sie (praktisch) kein Vermögen ausweisen und auch die geltend gemachte Verschuldung nicht geeignet ist, die Finanzierung des Lebensunterhalts aufzuzeigen. Entscheidend dabei ist, dass die Beschwerdeführer dieselben Einkommensverhältnisse seit Jahren geltend machen (s. die beigebrachten Steuerunterlagen für die letzten Jahre). Auch in Berücksichtigung der Vorbringen vor Bundesgericht ist undenkbar, dass ihre gleichbleibend niedrigen Einkünfte die Bestreitung der anfallenden Lebenshaltungskosten über längere Zeit hinweg ermöglichen könnten. Der Auffassung der Vorinstanz, die Angaben und Unterlagen der Beschwerdeführer erlaubten es nicht, die finanziellen Verhältnisse zuverlässig festzustellen, ist zumindest hinsichtlich der Einkommensverhältnisse beizupflichten. Die Beschwerdeführer sind den ihnen im Hinblick auf den Bedürftigkeitsnachweis obliegenden Pflichten nicht nachgekommen, sie haben ihre Bedürftigkeit nicht ausreichend glaubhaft gemacht (vorne E. 2.1.1). Dass sie durch die Gestaltung des einschlägigen Formulars oder durch Auskünfte des Gerichtsschreibers der Vorinstanz davon abgehalten worden sein könnten, insbesondere ihre Einkünfte umfassend aufzuzeigen, ist nicht ersichtlich. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege durfte aus diesem Grunde abgewiesen werden.
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2.3 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist, im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG), abzuweisen.
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2.4 Die Beschwerdeführer haben auch für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. Aus den vorstehend erwähnten Gründen ist der Bedürftigkeitsnachweis nicht erbracht, und das Gesuch ist schon darum abzuweisen; zudem erscheint die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als aussichtslos (Art. 152 Abs. 1 OG).
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Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführern, je zur Hälfte unter Solidarhaft, aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 sowie Art. 153 und 153a OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Eidgenössischen Steuerverwaltung und der Eidgenössischen Steuerrekurskommission schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. Januar 2006
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Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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