BGer 2A.738/2005
 
BGer 2A.738/2005 vom 30.01.2006
Tribunale federale
{T 0/2}
2A.738/2005 /leb
Urteil vom 30. Januar 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiberin Dubs.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Othman Bouslimi,
gegen
Departement des Innern des Kantons Solothurn,
4500 Solothurn, vertreten durch das Amt für öffentliche Sicherheit des Kantons Solothurn, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Postfach 157, 4502 Solothurn.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 10. November 2005.
Sachverhalt:
A.
Die russische Staatsangehörige X.________ (geb. 1972) arbeitete im Zeitraum vom 1. September 1998 bis zum 28. Februar 2001 in verschiedenen Kantonen als Tänzerin (Aufenthaltsbewilligung L). Am 16. November 2001 heiratete sie den Schweizer Bürger Y.________, worauf ihr eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib beim Ehegatten erteilt wurde. Beruflich war sie in der Folge als Serviceaushilfe sowie als Coiffeuse tätig. Im November 2004 wurde ihr die selbständige Erwerbstätigkeit als Coiffeuse bewilligt. Anfangs 2005 haben sich die Ehegatten getrennt und am 21. bzw. 23. Mai 2005 eine Trennungsvereinbarung unterzeichnet. Der Ehegatte ist eine neue Beziehung eingegangen und erwartet mit seiner Partnerin ein Kind.
B.
Mit Verfügung vom 22. September 2005 verweigerte das Departement des Innern des Kantons Solothurn X.________ die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Der dagegen beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn erhobene Rekurs blieb ohne Erfolg.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 15. Dezember 2005 beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. November 2005 aufzuheben und ihr die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
D.
Das Bundesgericht hat die Akten des Verwaltungsgerichts beigezogen, jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Nach Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet der Fremdenpolizei ausgeschlossen gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt (BGE 130 II 281 E. 2.1 S. 284; 128 II 145 E. 1.1.1 S. 148 mit Hinweisen).
1.2 Im vorliegenden Fall lebt die Beschwerdeführerin zwar getrennt von ihrem Ehegatten, die Ehe besteht aber formell weiterhin (vgl. BGE 126 II 265 E. 1b S. 266 mit Hinweis). Gemäss Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) besitzt die Beschwerdeführerin somit grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, weshalb das Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist.
1.3 Nach Art. 105 Abs. 2 OG ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Entscheids gebunden, wenn - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt hat. Ausgeschlossen ist ferner die Überprüfung der Angemessenheit (Art. 104 lit. c OG).
2.
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers grundsätzlich Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Kein Anspruch besteht, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern zu umgehen (Art. 7 Abs. 2 ANAG), sowie bei rechtsmissbräuchlicher Berufung auf eine definitiv gescheiterte Ehe.
2.2 Nach gefestigter bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich im fremdenpolizeilichen Verfahren auf eine Ehe beruft, welche nur (noch) formell besteht oder aufrecht erhalten wird, mit dem alleinigen Ziel, ihm eine Anwesenheitsberechtigung zu ermöglichen; dieses Ziel wird von Art. 7 ANAG nicht geschützt (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151 mit Hinweisen).
Dass die Ehe nur noch formell und ohne Aussicht auf Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft besteht, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und ist bloss durch Indizien zu erstellen (BGE 130 II 113 E. 10.2 S. 135 mit Hinweis). Feststellungen über das Bestehen solcher Indizien können äussere Gegebenheiten, aber auch innere, psychische Vorgänge betreffen (Wille der Ehegatten); es handelt sich so oder anders um tatsächliche Feststellungen, welche für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich sind (oben E. 1.3). Frei zu prüfen ist die Rechtsfrage, ob die festgestellten Tatsachen (Indizien) darauf schliessen lassen, die Berufung auf die Ehe bezwecke die Umgehung fremdenpolizeilicher Vorschriften und sei rechtsmissbräuchlich (BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152 mit Hinweisen).
3.
3.1 Das Verwaltungsgericht geht in seinem Urteil von der dargestellten Rechtsprechung zur missbräuchlichen Berufung auf die Ehe aus. Die Ehegatten haben sich Anfangs 2005 getrennt und seither nicht mehr zusammengelebt. Im Mai 2005 wurde zudem eine Trennungsvereinbarung unterzeichnet. Wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt hat, kommt für den Ehemann ein Zusammenleben nicht mehr in Frage. Ergänzend kann auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).
Hinweise darauf, dass diese Feststellungen offensichtlich unrichtig wären, sind nicht ersichtlich und gehen namentlich auch nicht aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin hervor. Obwohl im vorliegenden Fall das Zusammenleben drei Jahre gedauert hat, kann die Beschwerdeführerin aufgrund der Tatsache, dass die Ehe für den Ehemann offensichtlich definitiv gescheitert ist und er sich scheiden lassen will, nicht ernsthaft damit rechnen, das eheliche Zusammenleben werde zu irgendeinem Zeitpunkt nochmals aufgenommen. Dies umso weniger, als der Ehemann mit seiner neuen Partnerin zusammenlebt und mit dieser ein Kind gezeugt hat. Umstände oder eigene Bemühungen, die darauf schliessen liessen, dass konkret Hoffnung auf Versöhnung bestünde, macht die Beschwerdeführerin keine geltend. Dass der Ehemann die Scheidungsklage zurückgezogen hat, beruht keineswegs auf einer Annäherung der Ehegatten, sondern wird ausdrücklich damit begründet, dass das Erfordernis der zwei Jahre dauernden Trennung noch nicht erfüllt ist. Im Übrigen sind für das vorliegende Verfahren weder die Umstände der Eheschliessung noch die Gründe, die zum Scheitern der Ehe geführt haben, von Belang, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht einzugehen ist.
3.2 Bei gesamthafter Betrachtung aller Indizien musste sich für das Verwaltungsgericht der Schluss aufdrängen, dass keine Aussichten auf Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft mehr bestanden. Wenn sich die Beschwerdeführerin unter den dargelegten Umständen dennoch auf die Ehe beruft, um die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu erwirken, handelt sie rechtsmissbräuchlich.
4.
Soweit die Beschwerdeführerin sinngemäss die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 4 ANAG verlangt, der eine Bewilligung ins freie Ermessen der Behörden stellt, bzw. das Vorliegen eines Härtefalls geltend macht, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig und kann darauf nicht eingetreten werden (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG). Im Übrigen wäre diesbezüglich auch die staatsrechtliche Beschwerde mangels Legitimation ausgeschlossen (vgl. BGE 126 I 81 E. 4-6 S. 85 ff.). Auf die Darlegungen betreffend Integration und finanzielle Unabhängigkeit der Beschwerdeführerin ist daher nicht einzugehen.
5.
5.1 Die Beschwerde ist somit offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
5.2 Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. Januar 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: