BGer I 956/2005
 
BGer I 956/2005 vom 10.03.2006
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 0}
I 956/05
Urteil vom 10. März 2006
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ursprung, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Schön; Gerichtsschreiber Nussbaumer
Parteien
S.________, 1950, Beschwerdeführerin, vertreten
durch Rechtsanwalt Philip Stolkin, Lausannegasse 18, 1700 Freiburg,
gegen
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
(Verfügung vom 12. Dezember 2005)
Sachverhalt:
A.
S.________ (geboren 1950) meldete sich im Februar 2004 erneut bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Mit Verfügung vom 24. Februar 2005 verneinte die IV-Stelle Bern wiederum einen Anspruch auf eine Invalidenrente. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 15. August 2005 fest. Hiegegen liess S.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Beschwerde erheben. Mit Verfügung vom 11. Oktober 2005 wies das Verwaltungsgericht unter anderem Anträge im Zusammenhang mit den beiden von der IV-Stelle beigezogenen Gutachtern ab. Auf die hiegegen erhobene Beschwerde trat das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 29. November 2005 (I 757/05) nicht ein, weil die Eintretensvoraussetzung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht gegeben war.
B.
Nach Eingang des Urteils vom 29. November 2005 wies das Verwaltungsgericht mit Verfügung vom 12. Dezember 2005 den erneut gestellten Antrag auf persönliche Befragung oder Einvernahme des Beschwerdeführers (recte Beschwerdeführerin) ab (Dispositiv-Ziffer 1) und erklärte das Beweisverfahren als geschlossen (Dispositiv-Ziffer 2).
C.
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung von Ziffer 1 und 2 des Dispositivs sei das kantonale Gericht anzuweisen, eine persönliche Anhörung der Beschwerdeführerin durchzuführen, eine unmittelbare Beteiligung zu garantieren, sowie zusätzlich die Verfügung darin zu bestätigen, dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin zum Plädoyer zugelassen werde, und es sei das kantonale Gericht anzuweisen, das Beweisverfahren wieder zu eröffnen und eine Parteibefragung durchzuführen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht lässt sie die Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels und die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung beantragen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Eidgenössische Versicherungsgericht beurteilt letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Art. 128 in Verbindung mit Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG). Zu diesen auf bundesrechtlicher Grundlage beruhenden Verfügungen gehören nach Art. 5 Abs. 2 und Art. 45 VwVG unter anderem die im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren erlassenen Zwischenentscheide über die Ablehnung von Beweisanerbieten (Art. 45 Abs. 2 lit. f VwVG) auf dem Gebiete der Invalidenversicherung (vgl. BGE 126 V 244; ZAK 1988 S. 524). Solche Verfügungen sind selbstständig anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 45 Abs. 1 VwVG; BGE 120 Ib 97 Erw. 1c mit Hinweisen, 97 V 248) und, was hier zutrifft (vgl. Art. 62 ATSG in Verbindung mit Art. 69 IVG), gegen den Endentscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsgericht geführt werden kann (Art. 129 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG; vgl. BGE 131 V 43 Erw. 1.1, 128 V 201 Erw. 2a mit Hinweisen; Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 140 ff.).
2.
2.1 Selbstständig anfechtbar sind namentlich Verfügungen über die Ablehnung von Beweisanerbieten (Art. 45 Abs. 2 lit. f VwVG). Auch bei den in Art. 45 Abs. 2 VwVG als selbstständig anfechtbar bezeichneten Zwischenverfügungen gilt jedoch grundsätzlich als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Beschwerde, dass der Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erleiden muss (BGE 125 II 619 Erw. 2a mit Hinweis). Als solcher gilt nicht nur ein Schaden, der auch durch einen für den Beschwerdeführer in der Hauptsache günstigen Endentscheid nicht behoben werden könnte (BGE 110 V 355 Erw. 1c; 99 Ib 416 Erw. 1a). Der Nachteil braucht nicht rechtlicher Natur zu sein, vielmehr genügt bereits ein tatsächliches schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Aufhebung oder Abänderung der Zwischenverfügung. Die Anfechtung einer Zwischenverfügung ist auch möglich aus wirtschaftlichen Interessen, sofern die Beschwerdeerhebung nicht lediglich zur Verhinderung einer Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens erfolgt (vgl. BGE 125 II 620 Erw. 2a; 120 Ib 100 Erw. 1c, je mit Hinweis). Nach ständiger Rechtsprechung sind vorinstanzliche Entscheide, mit welchen Beweisanerbieten abgelehnt werden, in der Regel nicht geeignet, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zu bewirken, es sei denn, dass die Beweismittel gefährdet sind und erhebliche, bisher noch nicht abgeklärte Tatsachen betreffen (BGE 98 Ib 286 f. Erw. 4; Urteile des Bundesgerichts vom 10. November 2000, [2A.267/2000] und vom 26. März 1999 [1A.36/1999]; ZAK 1988 S. 524; RSKV 1975 Nr. 232 S. 198 Erw. 1; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 4. März 2004 [I 750/03]).
2.2 Angesichts dieser Rechtsprechung erweist sich auch die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unzulässig. Mit der angefochtenen Verfügung vom 12. Dezember 2005 hat die Vorinstanz wiederum einen Beweisantrag, nämlich die persönliche Befragung und Einvernahme der Beschwerdeführerin, abgewiesen und das Beweisverfahren als geschlossen erklärt. Es geht dabei ebenfalls um die Ablehnung eines Beweisanerbietens, für deren selbstständige Anfechtbarkeit nach ständiger Rechtsprechung spezifische auf das Beweismittel gerichtete Anforderungen gestellt werden. Diese Anforderungen können auch nicht dadurch hergestellt werden, indem die Frage des Beweismittels unter dem Aspekt der Bundesverfassung und der EMRK beleuchtet wird. Eine allfällige Verletzung der Verfahrensrechte der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang und hinsichtlich der persönlichen Anhörung kann gegebenenfalls mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Endentscheid gerügt werden. Insofern stehen der Beschwerdeführerin alle Rechte offen.
3.
Da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offensichtlich unzulässig ist, wird sie im Verfahren nach Art. 36a OG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels erledigt und es wird darauf nicht eingetreten.
4.
Angesichts von Art. 134 OG erweist sich das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann angesichts der offensichtlichen Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht gewährt werden (Art. 152 OG; BGE 125 V 202 Erw. 4a).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 10. März 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: