BGer 2P.51/2006
 
BGer 2P.51/2006 vom 20.03.2006
Tribunale federale
{T 0/2}
2P.51/2006
2A.88/2006 /leb
Urteil vom 20. März 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Fürsprecher Mark Sollberger,
gegen
Amt für Bevölkerung und Migration
des Kantons Freiburg, route d'Englisberg 9/11,
1763 Granges-Paccot,
Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, route André-Piller 21, Postfach, 1762 Givisiez.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof,
vom 20. Dezember 2005.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
X.________, geb. 1984, Staatsangehöriger der Union Serbien und Montenegro, heiratete am 16. April 2003 in seiner Heimat (Kosovo) eine Landsfrau, welche in der Schweiz (Kanton Bern) die Niederlassungsbewilligung hatte. Gestützt auf diese Heirat erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton Bern; nach der Übersiedlung des Ehepaars in den Kanton Freiburg erteilte ihm das Amt für Bevölkerung und Migration des Kantons Freiburg am 30. Juni 2004 eine für diesen Kanton geltende Aufenthaltsbewilligung. Ein Begehren um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung lehnte es mit Verfügung vom 18. Mai 2005 ab, weil die Ehefrau die eheliche Wohnung am 1. Februar 2005 verlassen hatte und in den Kanton Bern gezogen war; zugleich verfügte es die Wegweisung des Ausländers aus dem Kanton.
X.________ gelangte gegen diese Verfügung mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg. Dieses wies die Beschwerde am 20. Dezember 2005 ab.
In zwei separaten Eingaben ans Bundesgericht vom 8. Februar 2006 ficht X.________ den verwaltungsgerichtlichen Entscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde und mit staatsrechtlicher Beschwerde an. Die kantonalen Akten sind eingeholt worden. Von der Einholung von Vernehmlassungen ist abgesehen worden.
2.
Über beide Beschwerden wird im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG) und in einem Urteil (Verfahrensvereinigung) entschieden, mit dessen Ausfällung die für beide Rechtsmittel im Hinblick auf die Wegweisung gestellten Gesuche um aufschiebende Wirkung gegenstandslos werden.
3.
Der Beschwerdeführer hat Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Die Zulässigkeit von Rechtsmitteln prüft das Bundesgericht von Amtes wegen mit freier Kognition (BG 130 I 312 E. 1 S. 317; 130 II 509 E. 8.1 S. 510, je mit Hinweisen).
3.1 Gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiete der Fremdenpolizei unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht (einschliesslich Staatsvertragsrecht) keinen Anspruch einräumt (Ziff. 3), sowie gegen die Wegweisung (Ziff. 4).
Der Beschwerdeführer beruft sich zunächst auf Art. 17 Abs. 2 ANAG. Nach dieser Bestimmung hat der ausländische Ehegatte eines Ausländers mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, "solange die Ehegatten zusammen wohnen". Der Beschwerdeführer lebt bereits längere Zeit nicht mehr mit seiner Ehefrau zusammen, wobei unerheblich ist, aus welchen Gründen das Zusammenleben aufgegeben worden ist; gestützt auf Art. 17 Abs. 2 ANAG kann kein Bewilligungsanspruch geltend gemacht werden (zur Eintretensvoraussetzung im Sinne von Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG gemäss Art. 17 Abs. 2 ANAG im Unterschied zu Art. 7 ANAG s. BGE 118 Ib 145 E. 3 S. 149 ff.).
Da es an einer tatsächlich gelebten, intakten ehelichen Beziehung zu seiner niedergelassenen Ehefrau fehlt, kann der Beschwerdeführer aus dieser Ehe auch keinen Anspruch aus Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Familienlebens) ableiten (vgl. BGE 129 II 215 E. 4 S. 218;126 II 425 E. 2a S. 427). Der Beschwerdeführer beruft sich sodann auch insofern vergeblich auf Art. 8 EMRK, als er eine familiäre Beziehung zu seiner in der Schweiz niedergelassenen Schwester erwähnt. Sowohl er wie auch die Schwester, die eine eigene Familie gegründet hat, sind volljährig, und mangels eines eigentlichen, durch besondere Betreuungs- und Pflegebedürfnisse bedingten Abhängigkeitsverhältnisses kann gestützt auf diese Beziehung aus dem von der Konvention garantierten Recht auf Familienleben kein ausländerrechtlicher Bewilligungsanspruch abgeleitet werden (BGE 120 Ib 257 E. 1d und e S. 260 ff.). Schliesslich ruft der Beschwerdeführer Art. 10 BV an. Dieses Grundrecht (persönliche Freiheit) verleiht im ausländerrechtlichen Bewilligungsverfahren keine weiterreichenden Ansprüche als Art. 13 BV oder Art. 8 EMRK (Achtung des Privatlebens). Selbst langjährige Anwesenheit in der Schweiz liesse unter diesem Titel keinen Bewilligungsanspruch entstehen. Erforderlich wären besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Bindungen gesellschaftlicher oder beruflicher Natur bzw. vertiefte soziale Beziehungen zum ausserfamiliären bzw. ausserhäuslichen Bereich; es müsste von einer eigentlichen Verwurzelung in der Schweiz gesprochen werden können (s. Zusammenfassung der Kriterien zu diesem Aspekt in BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286). Diese Voraussetzungen erfüllt der Beschwerdeführer offensichtlich nicht.
Mangels eines Rechtsanspruchs auf die nachgesuchte Bewilligung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig.
3.2 Der Ausländer, der über keinen Anspruch auf eine Bewilligung verfügt, erleidet durch den eine solche Bewilligung verweigernden Entscheid keine Rechtsverletzung. Eine solche wäre gemäss Art. 88 OG Voraussetzung der Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Der Beschwerdeführer ist insofern zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht legitimiert, als er die materielle Bewilligungsfrage zum Gegenstand der Rügen macht (BGE 126 I 81 E. 3b S. 85 ff., mit Hinweisen). Dies gilt nicht nur für die Rüge, das Willkürverbot sei verletzt, sondern auch insofern, als die Verletzung von speziellen Grundrechten gerügt wird, nachdem sich bei der Prüfung der Eintretensfrage zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergeben hat, dass diese Grundrechte in Bezug auf das ausländerrechtliche Bewilligungsverfahren keine Rechtsansprüche verschaffen.
Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst ist der Ausländer, der keinen Bewilligungsanspruch hat, zur staatsrechtlichen Beschwerde berechtigt, soweit er - in einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise - die Verletzung von ihm im kantonalen Verfahren zustehenden Parteirechten rügt, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt (grundlegend BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.; vgl. auch BGE 128 I 218 E. 1.1 S. 220; 127 II 161 E. 3b S. 167; 126 I 81 E. 3b S. 86 sowie E. 7b S. 94). Nicht zu hören sind dabei aber Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des Bewilligungsentscheids abzielen, wie die Behauptung, dass die Begründung des angefochtenen Entscheids unvollständig oder zu wenig differenziert ausgefallen sei oder sich nicht mit sämtlichen von der Partei vorgetragenen Argumenten auseinandersetze oder dass die Parteivorbringen willkürlich gewürdigt worden seien. Ebenso wenig ist der Vorwurf zu hören, der Sachverhalt sei unvollständig oder sonstwie willkürlich ermittelt worden (vgl. BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 313; 126 I 81 E. 7b S. 94; 118 Ia 232 E. 1c S. 236; 117 Ia 90 E. 4a S. 95).
Aufgrund dieser Vorgaben könnte höchstens die Rüge zulässig sein, dem Beschwerdeführer zustehende verfassungsmässige Rechte würden dadurch verletzt, dass ihm kein Rechtsmittel zur Verfügung gestanden habe, welches auch eine Angemessenheitsprüfung ermöglichte. Dem Verwaltungsgericht stand, wie es in E. 4 seines Entscheids unter Hinweis auf das einschlägige kantonale Recht darlegte, in Bezug auf Rechts- sowie Sachverhaltsfragen eine umfassende Prüfungsbefugnis zu. Damit aber konnte es die angefochtene Verfügung insbesondere auch unter dem Gesichtswinkel des Verhältnismässigkeitsgebots prüfen. Warum im Rechtsmittelverfahren darüber hinaus von Verfassungs wegen auch eine eigentliche Ermessenskontrolle, welche der Beschwerdeführer offenbar - fälschlicherweise - einer Verhältnismässigkeitsprüfung gleichsetzt, obligatorisch vorgeschrieben sein müsste, wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Abgesehen davon, dass Art. 29a BV noch nicht in Kraft getreten ist, wird sich auch aus der dort vorgesehenen Rechtsweggarantie grundsätzlich kein Anspruch auf ein Rechtsmittel mit Angemessenheitsprüfung ableiten lassen (Esther Tophinke, Bedeutung der Rechtsweggarantie für die Anpassung der kantonalen Gesetzgebung, in: Zbl 107/2006 S. 88 ff., S. 91, mit Hinweisen). Umso weniger ist anzunehmen, dass eine derart weitgehende Garantie sich aus Art. 9 bzw. Art. 29 BV ergeben könnte. Sofern der Beschwerdeführer sodann sinngemäss geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die ihm zustehende Prüfungsbefugnis nicht umfassend genug wahrgenommen, ist er damit nicht zu hören, weil dieses Vorbringen unzulässigerweise auf eine materielle Kontrolle des Sachentscheids abzielt.
Die verfahrensrechtliche Rüge ist, soweit überhaupt eine den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügende Begründung vorliegt, offensichtlich unbegründet.
4.
Nach dem Gesagten ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten; die staatsrechtliche Beschwerde sodann ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Diesem Verfahrensausgang entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Die Gerichtsgebühr (Art. 153 Abs. 1 OG) wird für beide Verfahren insgesamt festgesetzt; für deren Bemessung ist Art. 153a OG massgeblich.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verfahren 2A.88/2006 und 2P.51/2006 werden vereinigt.
2.
2.1 Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
2.2 Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Bevölkerung und Migration sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. März 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: