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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4A.6/2006 /ruo
Urteil vom 11. April 2006
I. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Kiss,
Gerichtsschreiber Arroyo.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Petschner & Partner,
gegen
Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Einsteinstrasse 2, 3003 Bern,
Beschwerdegegner,
Eidgenössische Rekurskommission für Geistiges Eigentum, Einsteinstrasse 12, 3003 Bern.
Gegenstand
Patentverzichtserklärung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für Geistiges Eigentum vom 17. Januar 2006.
Sachverhalt:
A.
A.________, Mannheim/D (Beschwerdeführer), ist Inhaber des Europäischen Patents Nr. 0000, das am 8. April 1998 unter anderem für die Schweiz und Liechtenstein erteilt wurde. Der Beschwerdeführer bezeichnete einen Vertreter, der in das schweizerische Patentregister eingetragen wurde.
Am 15. Oktober 2002 machte der Vertreter des Beschwerdeführers die deutsche Korrespondenzkanzlei auf die Fälligkeit der 9. Jahresgebühr aufmerksam. Bei diesem Erinnerungsschreiben handelt es sich um einen Standardbrief des Vertreters, auf dem entweder der Vermerk "einzahlen" oder "nicht einzahlen" angekreuzt werden kann. Der deutsche Korrespondenzanwalt vermerkte "nicht einzahlen" und sandte die Gebührenerinnerung am 25. November 2002 an den Vertreter des Beschwerdeführers zurück. Dieser erklärte am 24. Februar 2003 dem Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum (IGE) den Verzicht auf den schweizerisch/liechtensteinischen Teil des Europäischen Patents Nr. 0000. Mit Schreiben vom 26. Februar 2003 bestätigte das IGE dem Vertreter, der Verzicht werde vorgemerkt und das Patent gelöscht.
Am 29. Februar 2004 reichte der Vertreter des Beschwerdeführers beim IGE ein Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand ein. Er brachte vor, er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Patentinhaber selbst bzw. über einen Dritten die 9. Jahresgebühr bezahlt habe. Dies sei erst erkannt worden, als der Patentinhaber über seinen Vertreter die 10. Jahresgebühr habe einzahlen wollen und ihm vom IGE mitgeteilt worden sei, dass das Patent durch Verzicht erloschen sei.
B.
Mit Verfügung vom 25. Juni 2004 wies das IGE das Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand vom 29. Februar 2004 betreffend das Europäische Patent Nr. 0000 zurück. Zur Begründung führte das IGE aus, Artikel 47 PatG über die Wiedereinsetzung finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da kein Fristversäumnis, sondern eine ausdrücklich abgegebene Verzichtserklärung zur Löschung des Patents geführt habe. Der Verzicht könne durch den schweizerischen Vertreter gemäss Art. 13 PatG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 lit. a PatG gültig erklärt werden. Zwar könne die Löschung eines Patents in analoger Weise wie der Rückzug eines Patentgesuchs rückgängig gemacht werden, wenn sie irrtümlich erfolgt sei. Der Irrtum müsse jedoch entschuldbar sein, was im vorliegenden Fall nicht zutreffe, da der Vertreter entgegen der Anweisung des Korrespondenzanwaltes ("nicht einzahlen") gehandelt und den Patentverzicht erklärt habe.
C.
Mit Entscheid vom 17. Januar 2006 wies die Eidgenössische Rekurskommission für geistiges Eigentum die Beschwerde gegen die Verfügung des IGE vom 25. Juni 2004 ab und bestätigte die angefochtene Verfügung. Die Rekurskommission legte dar, der irrtümlich erklärte Verzicht könne gleich wie der Rückzug eines Patentgesuches widerrufen werden, sofern der Irrtum entschuldbar sei, wobei strengere Massstäbe gälten als bei einem Fristversäumnis und die Bestimmungen über die Willensmängel im Sinne von Art. 23 ff. OR Anwendung fänden. Der Patentinhaber, der eine Verzichtserklärung wegen Irrtums nicht gelten lassen wolle, müsse glaubhaft machen, dass er in entschuldbarem Irrtum gehandelt habe und müsse die Wiedereintragung innert zweier Monate nach Entdeckung des Irrtums und spätestens innerhalb eines Jahres nach Abgabe der Erklärung verlangen. Die Rekurskommission erachtete zwar die Frist für die Wiedereintragung als eingehalten, hielt jedoch den Irrtum über den Patentverzicht nicht für entschuldbar, da sich aus den vom Vertreter eingereichten Unterlagen die behauptete Usanz nicht ergebe, wonach "nicht einzahlen" in Patentanwaltskreisen als Verzicht auf das Patent verstanden werde; "nicht einzahlen" könne daher nur als Instruktion gelten, die Zahlung der fälligen Jahresgebühr nicht zu veranlassen.
D.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 10. Februar 2006 stellt der Beschwerdeführer durch seinen Patentvertreter den Antrag, es sei die Verfügung vom 17. Januar 2006 der Eidgenössischen Rekurskommission für Geistiges Eigentum, mit der die angefochtene Verfügung des IGE vom 25. Juni 2004 bestätigt wurde, aufzuheben und die Wiedereinsetzung des EP Nr. 0000 mit Wirkung für die Schweiz zu gewähren; allenfalls sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zur Begründung bringt der Beschwerdeführer vor, sein Patentvertreter sei entgegen der Meinung der Vorinstanz der Überzeugung, dass der Vermerk "nicht einzahlen" den Verzicht auf das Schutzrecht bedeute. Er bemerkt, die Gebührenzahlung durch Dritte sei erst kürzlich in Mode gekommen, was zur Unklarheit des Begriffs "nicht einzahlen" geführt habe; er hält dafür, es würde unter diesen Umständen der Sorgfaltspflicht der Korrespondenzanwälte oder der Patentinhaber entsprechen, allfällige Zahlungen durch Dritte mitzuteilen, zumal die Vollmacht des Patentvertreters den Rückzug erteilter Schutzrechte umfasse. Der Patentvertreter weist darauf hin, durch die erfolgte Verzichtserklärung sei vermieden worden, die Akte noch weitere sieben Monate oder länger offen zu halten und weitere Aktivitäten zu entfalten, nachdem der Auftraggeber seinen Willen erklärt habe, das Schutzrecht fallen zu lassen - nach einem Vorgehen, das bisher über Jahrzehnte hinweg von den Auftrag gebenden Kollegen nie bemängelt worden sei.
E.
Das IGE verzichtet unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid auf eine Vernehmlassung. Die Rekurskommission für geistiges Eigentum verzichtet ebenfalls auf eine Vernehmlassung und schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den angefochtenen Entscheid der Rekurskommission ist gemäss Art. 98 lit. e OG zulässig, da eine Ausnahme nach Art. 99 ff. OG nicht vorliegt. Die 30-tätige Beschwerdefrist gemäss Art. 106 OG ist gewahrt, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.
1.1 Da es sich bei der Rekurskommission für geistiges Eigentum um eine richterliche Vorinstanz handelt, bindet deren Feststellung des Sachverhalts gemäss Art. 105 Abs. 2 OG das Bundesgericht, sofern sie nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften erfolgt ist (BGE 128 III 454 E. 1 mit Verweisen).
1.2 Die Vorinstanz hat aus den vom Beschwerdeführer eingereichten Unterlagen geschlossen, dass eine Übung unter Patentanwälten nicht nachgewiesen sei, wonach "nicht einzahlen" als Verzicht auf das Schutzrecht aufgefasst werde. Sie hat insofern insbesondere erwogen, den meisten Gebührenerinnerungen sei zu entnehmen, dass der Vermerk "nicht einzahlen" als unklar empfunden worden sei, weshalb sie mit klarstellenden Bemerkungen versehen zurückgesandt worden seien; nur in Bezug auf drei Standard-Gebührenerinnerungen habe der Vertreter des Beschwerdeführers dem IGE aufgrund des Vermerks "nicht einzahlen" den Verzicht erklärt, während der Vertreter auf eine Mehrzahl von Vermerken "nicht einzahlen" selber nicht mit einem Verzicht reagiert habe.
1.3 Die Beweiswürdigung der Vorinstanz ist im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG nicht zu beanstanden, weshalb von deren verbindlichen Feststellung auszugehen ist, dass in Patentanwaltskreisen der Vermerk "nicht einzahlen" nicht bzw. nicht eindeutig mit Verzicht auf das Schutzrecht gleichgesetzt wird.
2.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung finden die Art. 23 ff. OR im öffentlichen Recht keine direkte Anwendung; sie können jedoch als Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze insoweit anwendbar sein, als sich die Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts als sachgerecht erweist (BGE 102 Ib 115 E. 2 und 3; 98 V 255 E. 2 S. 257 f.; vgl. auch BGE 122 I 328 E. 7b S. 340; Urteil 1A.64/2005 vom 25. Mai 2005 E. 2.3.1). Dabei wird allerdings nur der Irrtum als beachtlich anerkannt, der nicht von der Person, an die sich der beanstandete Verwaltungsakt richtet, verschuldet worden ist (BGE 102 Ib 115 E. 4c S. 122). Das Gesuch um Rückgängigmachung der vorgenommenen Verfügung ist sodann in analoger Anwendung von Art. 47 Abs. 2 PatG innert zweier Monate seit Kenntnis des Irrtum, spätestens aber innerhalb eines Jahres nach Abgabe der mit dem Willensmangel behafteten Erklärung über den Rückzug der Anmeldung oder den Verzicht auf das Patent zu stellen (BGE 102 Ib 115 E. 2c/E 4c S. 122).
2.1 Der Vertreter des Beschwerdeführers hat im vorliegenden Fall den Verzicht auf das Europäische Patent 0000 mit Wirkung für die Schweiz und Liechtenstein am 24. Februar 2003 erklärt, worauf das IGE ihm den Eingang der Verzichtserklärung und die Löschung des Patents mit Schreiben vom 26. Februar 2003 bestätigte. Das Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand, mit dem der Vertreter des Beschwerdeführers sinngemäss die Wiedereintragung des gelöschten Patents verlangte, datiert vom 29. Februar 2004. Die absolute Jahresfrist war im Zeitpunkt des Gesuchs abgelaufen; der Vorinstanz kann nicht gefolgt werden, wenn sie die Jahresfrist erst mit der Entdeckung des Irrtums und nicht mit der Erklärung des Verzichts beginnen lassen will. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist schon aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen.
2.2 Der Beschwerdeführer beanstandet jedoch überdies zu Unrecht, dass die Vorinstanz seinen Irrtum nicht als entschuldbar anerkannt hat. Der Ausdruck "nicht einzahlen" hat im allgemeinen Sprachgebrauch die Bedeutung, es sei die Zahlung zu unterlassen. Nachdem dem Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter der Nachweis nicht gelungen ist, dass diesem Ausdruck in Patentanwaltskreisen die davon abweichende Bedeutung zukommt, es sei der Verzicht auf das Schutzrecht zu erklären, wäre dem Patentvertreter oblegen, entweder näher zu prüfen, ob der Patentinhaber bzw. der Korrespondenzanwalt die Weisung abgeben wollte, er solle den Verzicht erklären, oder ob er sich mit der Unterlassung der Zahlung begnügen wolle. Dass die Bezahlung der Jahresgebühren durch den Patentinhaber selbst oder durch eine Drittperson früher nicht üblich war, vermag den Irrtum des Vertreters ebenso wenig zu entschuldigen wie das Anliegen, die Akte nicht weiterhin führen zu müssen.
3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist als unbegründet abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat bei diesem Verfahrensausgang die Gerichtsgebühr zu bezahlen (Art. 156 Abs. 1 OG). Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum und der Eidgenössischen Rekurskommission für Geistiges Eigentum schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. April 2006
Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: