Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2P.132/2006 /vje
Urteil vom 29. Mai 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.
Parteien
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Advokat Theodor Mion,
gegen
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, Postfach 4168, 6002 Luzern.
Gegenstand
Verweigerung einer Jahresaufenthaltsbewilligung,
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern vom 18. April 2006.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Eheleute A.________ und B.________, geb. 1971 bzw. 1975, sowie ihr Kind C.________, geb. 1999, aus dem Kosovo stammende Staatsangehörige der Union Serbien und Montenegro, reisten im Jahr 1999 in die Schweiz ein. Ein weiteres Kind, D.________, wurde 2001 in der Schweiz geboren. Im Jahr 2000 reiste auch die Mutter von A.________, E.________, geb. 1937, in die Schweiz ein. Nach Abweisung der Asylgesuche wurden alle fünf Personen vorläufig in der Schweiz aufgenommen. Das Amt für Migration des Kantons Luzern wies am 14. Februar 2006 das Gesuch, allen Familienangehörigen eine Jahresaufenthaltsbewilligung zu erteilen, ab. Die gegen diese Verfügung erhobene Verwaltungsbeschwerde wies das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern am 18. April 2006 ab. Zudem lehnte es das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab und auferlegte der Familie die amtlichen Kosten von Fr. 1'200.--.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 18. Mai (Postaufgabe 19. Mai) 2006 beantragen A.________, B.________, C.________, D.________ und E.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements vom 18. April 2006 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen sowie die Auferlegung der Kosten durch das Departement aufzuheben und dieses anzuweisen, ihnen die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Ebenso wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG).
2.
2.1 Wie die Beschwerdeführer zu Recht selber festhalten, haben sie keinen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung. Damit steht in dieser Angelegenheit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht nicht offen (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG). Aus dem gleichen Grund können sie nicht mit Beschwerde ans kantonale Verwaltungsgericht gelangen (§ 19 des Luzerner Gesetzes vom 1. Dezember 1943 über die Niederlassung und den Aufenthalt sowie über die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Fassung vom 13. März 1995). Der Entscheid des Departements ist kantonal letztinstanzlich, und er kann grundsätzlich mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden ( Art. 84 Abs. 2 und 86 OG ), sofern die übrigen formellen Voraussetzungen erfüllt sind.
2.2 Da die Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch auf die nachgesuchte Bewilligung haben, erleiden sie durch den negativen Bewilligungsentscheid keine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 88 OG; sie sind zur staatsrechtlichen Beschwerde in der Sache selbst nicht legitimiert (BGE 126 I 81 E. 3b S. 85 ff., mit Hinweisen). Das von ihnen zitierte bundesgerichtliche Urteil (BGE 128 II 200) betrifft nicht das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, sondern handelt von der Legitimation des vorläufig aufgenommenen Ausländers, den Entscheid über die Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung wegen eines Härtefalles gemäss Art. 13 lit. f BVO der hiefür ausschliesslich zuständigen Bundesbehörde mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten. Die kantonalen Behörden ihrerseits sind nicht befugt, über das Vorliegen oder Fehlen eines Härtefalles rechtsgültig zu entscheiden; es steht ihnen, wenn sie die Erteilung einer Bewilligung erwägen, bloss frei, die Frage der zuständigen Bundesbehörde zu unterbreiten; dazu verpflichtet sind sie aber nicht (umfassend dazu BGE 122 II 186). Lehnen sie die Erteilung einer Bewilligung ab, ist der Ausländer zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen den entsprechenden Entscheid nicht legitimiert.
2.3 Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst ist der Ausländer, der keinen Bewilligungsanspruch hat, zur staatsrechtlichen Beschwerde berechtigt, soweit er - in einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise - die Verletzung von ihm im kantonalen Verfahren zustehenden Parteirechten rügt, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt (grundlegend BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.; vgl. auch BGE 128 I 218 E. 1.1 S. 220; 127 II 161 E. 3b S. 167; 126 I 81 E. 3b S. 86 sowie E. 7b S. 94). Nicht zu hören sind dabei aber Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des Bewilligungsentscheids abzielen, wie die Behauptung, dass die Begründung des angefochtenen Entscheids unvollständig oder zu wenig differenziert ausgefallen sei oder sich nicht mit sämtlichen von der Partei vorgetragenen Argumenten auseinandersetze oder dass die Parteivorbringen willkürlich gewürdigt worden seien. Ebenso wenig ist der Vorwurf zu hören, der Sachverhalt sei unvollständig oder sonst wie willkürlich ermittelt worden. Unzulässig ist auch die Rüge, Beweisanträge seien wegen willkürlicher antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt worden (vgl. BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 313; 126 I 81 E. 7b S. 94; 118 Ia 232 E. 1c S. 236; 117 Ia 90 E. 4a S. 95).
Soweit die Beschwerdeführer die Verletzung des Willkürverbots sowie rechtsungleiche Behandlung rügen, kritisieren sie den angefochtenen Entscheid hinsichtlich der Bewilligungsverweigerung selber. Wenn sie unter dem Titel Rechtsverweigerung geltend machen, das Departement habe die Erteilung einer Bewilligung allein darum ausgeschlossen, weil sie sich noch nicht zehn Jahre im Kanton aufhielten, läuft dies auf die Rüge hinaus, das gewählte Kriterium sei sachfremd, mithin willkürlich. Damit sind sie nicht zu hören. Zulässig ist einzig die Rüge, die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege im Verfahren vor dem Departement verletze bundesrechtliche Verfahrensgarantien.
2.4 Das Departement hat die Frage des Bedürftigkeitsnachweises offen gelassen und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit der kantonalen Beschwerde abgewiesen, dies gestützt auf § 204 Abs. 1 des Luzerner Gesetzes vom 3. Juli 1972 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG). Zum kantonalen Recht äussern sich die Beschwerdeführer nicht; sie rufen nur bundesrechtliche Verfahrensgarantien an. Art. 29 Abs. 3 BV erlaubt die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege, wenn das Rechtsbegehren aussichtslos erscheint.
Besteht kein Rechtsanspruch auf eine Bewilligung, darf das Bundesgericht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten des kantonalen Rechtsmittels nicht sein Ermessen an die Stelle jenes der kantonalen Rechtsmittelbehörde setzen. Die Prozessaussichten hängen in einem solchen Fall von der jeweiligen kantonalen Praxis ab (BGE 122 I 267 E. 3 b und c S. 272 ff.; Urteile 2P.176/2004 vom 28. Juli 2004 E. 3.3 und 2P.177/2000 vom 10. Oktober 2000 E. 2c). Die Beschwerdeführer stellen nicht in Frage, dass es feste Praxis der Luzerner Behörden ist, regelmässig frühestens nach zehnjährigem Aufenthalt das Vorliegen eines Härtefalles in Betracht zu ziehen; diese Praxis war ihnen, als sie mit Beschwerde an das Departement gelangten, bekannt. Sie erachten diese Praxis indessen als grundsätzlich rechtswidrig. Dies trifft nicht zu. Dass deren Anwendung sich speziell in ihrem Fall nicht rechtfertige, zeigen sie in der Beschwerde nicht auf. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die kantonale Härtefallkommission dem Amt für Migration einen Antrag zu ihren Gunsten gestellt hätte; die Beschwerdeführer behaupten auch nicht, dass sie mit einem diesbezüglichen Gesuch an diese Kommission gelangt wären (vgl. § 8 Abs. 2 der kantonalen Verordnung vom 12. Dezember 2000 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und zum Asylgesetz). Unter diesen Umständen durfte das Departement für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der kantonalen Beschwerde allein auf das Kriterium der Anwesenheitsdauer gemäss seiner festen Praxis abstellen. Die Rüge, der Anspruch der Beschwerdeführer auf unentgeltliche Rechtspflege sei verletzt, ist unbegründet.
2.5 Soweit auf die staatsrechtliche Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, ist sie offensichtlich unbegründet und abzuweisen.
2.6 Da auf die Rügen weitgehend nicht eingetreten werden kann und die einzig zulässige Rüge sich als klarerweise unbegründet erweist, ist das auch vor Bundesgericht gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 152 OG).
Damit sind entsprechend dem Verfahrensausgang die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführern 1 und 2, die für ihre minderjährigen Kinder handeln, und der Beschwerdeführerin 5 je zu gleichen Teilen unter Solidarhaft aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 600.-- wird den Beschwerdeführern 1, 2 und 5 unter Solidarhaft auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. Mai 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: