BGer U 464/2005 |
BGer U 464/2005 vom 07.06.2006 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess {T 7}
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U 464/05
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Urteil vom 7. Juni 2006
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III. Kammer
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Besetzung
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Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Seiler; Gerichtsschreiberin Kopp Käch
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Parteien
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M.________, 1968, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Silvan Meier Rhein, Obergasse 20, 8400 Winterthur,
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gegen
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Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin
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Vorinstanz
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Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
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(Entscheid vom 18. Oktober 2005)
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1968 geborene M.________ arbeitete seit dem 2. Juni 2003 als Anlageführer bei der Firma I.________ AG, und war dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle versichert. Am 28. Juni 2003 stürzte er auf der Autobahn als Beifahrer aus einem fahrenden Personenwagen auf die Fahrbahn und erlitt dabei ein Polytrauma mit Amputationsverletzung des rechten Vorderarmes, eine Rippenserienfraktur rechts, ein Weichteiltrauma sowie diverse Hautschürfungen. Zudem bestand der Verdacht auf eine commotio cerebri.
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Mit Verfügung vom 20. Februar 2004 kürzte die SUVA die Geldleistungen um 50 % mit der Begründung, der Unfall sei auf ein Wagnis zurückzuführen. Nach Beizug der Akten des Strafverfahrens gegen den Fahrzeuglenker L.________ hielt sie mit Einspracheentscheid vom 31. August 2004 an ihrem Standpunkt fest.
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B.
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Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher M.________ die Ausrichtung der Versicherungsleistungen in ungekürzter Höhe beantragen liess, wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 18. Oktober 2005 ab.
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C.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M.________ das im vorinstanzlichen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern.
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Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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D.
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Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat mit Verfügung vom 6. Februar 2006 die Strafakten S 04/159 des Gerichtskreises III Aarberg-Büren-Erlach in Sachen L.________ ediert und diese anschliessend den Parteien zur Kenntnis- und allfälligen Stellungnahme zugestellt. Der Beschwerdeführer und die SUVA hielten in ihren Eingaben am bisherigen Standpunkt fest.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Die Vorinstanz hat die Bestimmungen zum Begriff des Wagnisses (Art. 39 UVG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 2 UVV), welcher mit jenem identisch ist, der unter der Herrschaft des bis 31. Dezember 1983 in Kraft gestandenen KUVG gültig war, sowie die dazu entwickelte Rechtsprechung, die zwischen absoluten und relativen Wagnissen unterscheidet (BGE 125 V 313 Erw. 1, 112 V 47 Erw. 2a und 300 Erw. 1b, je mit Hinweisen; RKUV 2005 Nr. U 552 S. 306 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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2.
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2.1 Die SUVA begründete die Kürzung der Geldleistungen in der Verfügung vom 20. Februar 2004 damit, dass der Beschwerdeführer gemäss Polizeirapport als Beifahrer in einem Personenwagen während der Fahrt auf der Autobahn bei einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h auf den Fensterrahmen gesessen sei, wobei sich der Oberkörper ausserhalb des Fahrzeugs befunden habe. Nach Beizug der Akten des Strafverfahrens gegen L.________ führte sie im Einspracheentscheid vom 31. August 2004 aus, selbst wenn der Versicherte entgegen der glaubwürdigen Aussage des PW-Fahrers nicht auf dem Fensterrahmen gesessen wäre, hätte er zumindest Anstalten dazu gemacht und sich weit aus dem Fahrzeug hinausgelehnt, was bei einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h und bei Vorliegen eines angetrunkenen Zustandes auch eine gefährliche und unsinnige Handlung und damit ein Wagnis darstelle.
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2.2 Nach sorgfältiger Würdigung der Aktenlage bestätigte die Vorinstanz sowohl die Annahme der SUVA, der Versicherte habe sich auf den Fensterrahmen des Autos gesetzt, wie auch die aus dem eingegangenen Wagnis resultierende Kürzung der Geldleistungen um 50 %.
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2.3 Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, Verwaltung und Vorinstanz hätten ausschliesslich auf die Aussagen des PW-Fahrers L.________ abgestellt. Diese Aussagen des Unfallverursachers seien indessen zu relativieren, da sie einerseits Widersprüche aufwiesen und andrerseits die Wahrnehmung von L.________ durch Übernächtigung, Alkohol- und Drogeneinfluss getrübt gewesen sei. Aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer selber nicht mehr an den relevanten Sachverhalt erinnern konnte, dürfe nichts zu seinen Ungunsten abgeleitet werden. Es sei nicht rekonstruierbar, was genau am 28. Juni 2003 vorgefallen sei, sodass die Folgen der Beweislosigkeit von der SUVA zu tragen seien.
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3.
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3.1 Aus den Akten ersichtlich und unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 28. Juni 2003 auf der Autobahn aus dem von L.________ gelenkten PW gefallen ist, wobei gemäss Unfallfotos vom 28. Juni 2003 und Spurenbericht vom 10. Juli 2003 der Polizei des Kantons Sotothurn die Beifahrertüre geschlossen war. Wie das kantonale Gericht dargelegt hat, ist es praktisch unmöglich, bei geschlossener Türe aus dem geöffneten Fenster zu fallen, wenn man nicht auf dem Fensterrahmen gesessen hat. Auf die überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz wird verwiesen. Blosses "aus-dem-Fenster-Baumeln-Lassen" des Armes könnte zwar beim Touchieren der Leitplanke zur Amputation des Armes führen, nicht jedoch zum Sturz aus dem Auto. Mit SUVA und Vorinstanz ist daher die Schilderung des Unfallhergangs durch den Fahrzeuglenker L.________ als glaubhaft und überwiegend wahrscheinlich zu qualifizieren.
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3.2 Die Edition der Strafakten des Gerichtskreises III Aarberg-Büren-Erlach zeigt, dass L.________ mit Urteil vom 22. Dezember 2005 von der Anschuldigung der fahrlässigen schweren Körperverletzung, angeblich begangen am 28. Juni 2003 am Beschwerdeführer, freigesprochen worden ist. Da nur ein Urteilsdispositiv ohne Begründung vorliegt, ist nicht ersichtlich, ob der Freispruch lediglich in Anwendung des Grundsatzes "im Zweifel für den Angeklagten" ergangen ist. Das Strafurteil gibt jedoch keinerlei Anlass, an der oben dargelegten Sachverhaltsdarstellung zu zweifeln.
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3.3 Das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellte Verhalten des Beschwerdeführers ist als Wagnis im Sinne von Art. 39 UVG und Art. 50 UVV zu qualifizieren. Die von der SUVA verfügte Kürzung der Geldleistungen um 50 % entspricht dem gesetzlich vorgesehenen Minimum und ist zu Recht erfolgt.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, dem Bundesamt für Gesundheit und dem Gerichtskreis III Aarberg-Büren-Erlach, Aarberg, zugestellt.
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Luzern, 7. Juni 2006
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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