Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.240/2006/fun
Urteil vom 20. Juli 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Roland Ilg,
gegen
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude, Rathausstrasse 2, 4410 Liestal,
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfas-sungs- und Verwaltungsrecht, Postfach, 4410 Liestal.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 8. Februar 2006.
Sachverhalt:
A.
Der marokkanische Staatsangehörige X.________ (geb. 1966) heiratete am 12. September 2002 die ursprünglich ebenfalls aus Marokko stammende Schweizer Bürgerin Y.________. Er erhielt in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung, welche ihm letztmals bis zum 11. September 2004 verlängert wurde. Mit Urteil vom 29. April 2004 des Bezirksgerichtspräsidenten von Arlesheim wurde den Eheleuten das Getrenntleben bewilligt, nachdem dem Ehemann schon im Dezember 2003 das Betreten der ehelichen Wohnung (vorläufig) untersagt worden war (Urteil des Bezirksgerichts Arlesheim vom 16. Dezember 2003).
Am 30. Juni 2004 kam der gemeinsame Sohn des Ehepaares, Z.________, zur Welt. Z.________ besitzt wie seine Mutter das Schweizer Bürgerrecht. Mit Verfügung vom 28. April 2005 des Bezirksgerichts Arlesheim wurde er unter die Obhut der Mutter gestellt; der Vater X.________ erhielt ein gerichtsübliches Besuchsrecht zugesprochen.
B.
Nachdem das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft X.________ das rechtliche Gehör gewährt hatte, verweigerte es ihm mit Verfügung vom 24. Februar 2005 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und wies ihn an, die Schweiz bis zum 15. April 2005 zu verlassen. Zur Begründung führt das Amt im Wesentlichen aus, X.________ berufe sich für die weitere Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung in rechtsmissbräuchlicher Weise auf seine gescheiterte Ehe. Zu seinem Sohn pflege er zur Zeit keinen Kontakt und zahle auch keine Alimente. Aber selbst wenn er sein Kind wieder regelmässig besuchen würde, könnte dies nichts an seiner Situation ändern, weil er sich in der Schweiz seiner Frau gegenüber nicht klaglos verhalten habe und im Übrigen sein Besuchsrecht durchaus auch vom Ausland her ausüben könne.
Eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft blieb erfolglos, und mit Urteil vom 8. Februar 2006 wies das Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft die gegen den regierungsrätlichen Entscheid vom 16. August 2005 gerichtete Beschwerde ebenfalls ab. Sein begründetes Urteil versandte das Gericht am 3. April 2006.
C.
Mit Eingabe vom 2. Mai 2006 führt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, "in Abänderung des angefochtenen Urteils dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung auch weiterhin zuzusprechen". Gleichzeitig wird um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht.
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft hat auf Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesamt für Migration schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
D.
Mit Verfügung vom 17. Mai 2006 hat der Abteilungspräsident das gleichzeitig mit der Beschwerdeeinreichung gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet der Fremdenpolizei ausgeschlossen gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) entscheidet die zuständige Behörde, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung. Damit besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung, es sei denn, der Ausländer oder seine in der Schweiz lebenden Angehörigen könnten sich hierfür auf eine Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen (BGE 130 II 281 E. 2.1 S. 284; 128 II 145 E. 1.1.1 S. 148 mit Hinweisen).
2.
Der Beschwerdeführer leitet aus Art. 7 ANAG (betreffend die getrennte Ehe mit der Schweizer Bürgerin Y.________) zu Recht keine Ansprüche mehr ab, weshalb auf diese in den Verfahren vor dem Regierungsrat und dem Kantonsgericht geprüfte Frage hier nicht nochmals eingegangen zu werden braucht.
Streitig ist allein, ob der Beschwerdeführer aufgrund seines Besuchsrechtes gegenüber seinem im Jahre 2004 geborenen Sohn, welcher der Obhut der Mutter zugewiesen wurde und der als Schweizer Bürger hier ein festes Anwesenheitsrecht hat, aus Art. 8 EMRK einen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung ableiten kann.
3.
3.1 Art. 8 EMRK - sowie seit dem 1. Januar 2000 auch Art. 13 Abs. 1 BV (vgl. BGE 126 II 377 E. 7 S. 394) - gewährleisten das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Hat ein Ausländer nahe Verwandte mit gefestigtem Anwesenheitsrecht in der Schweiz und ist diese familiäre Beziehung intakt und wird sie tatsächlich gelebt, dann kann es die erwähnten Garantien verletzen, wenn ihm die Anwesenheit in der Schweiz untersagt wird (BGE 129 II 193 E. 5.3.1).
3.2 Der nicht sorgeberechtigte Ausländer kann die familiäre Beziehung zu seinen Kindern von vornherein nur in einem beschränkten Rahmen, nämlich durch Ausübung des ihm eingeräumten Besuchsrechts, leben. Hierzu ist nicht unabdingbar, dass er dauernd im gleichen Land wie das Kind lebt und dort über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Ein solches Besuchsrecht gegenüber einem in der Schweiz fest anwesenheitsberechtigten Kind verschafft dem ausländischen Elternteil daher im Allgemeinen noch keinen Anspruch auf dauernde Anwesenheit; den Anforderungen von Art. 8 EMRK ist Genüge getan, wenn das Besuchsrecht im Rahmen von Kurzaufenthalten vom Ausland her ausgeübt werden kann, wobei allenfalls dessen Modalitäten entsprechend auszugestalten sind. Ein weiter gehender Anspruch kann bestehen, wenn in wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine besonders enge Beziehung zu den Kindern besteht, diese Beziehung wegen der Distanz zum Heimatland des Ausländers praktisch nicht aufrecht erhalten werden könnte und das bisherige Verhalten des Ausländers in der Schweiz zu keinerlei Klagen Anlass gegeben hat ("tadelloses Verhalten", "comportement irréprochable", "comportamento irreprensibile", vgl. BGE 120 Ib 1 E. 3c S. 5, 22 E. 4a/b S. 25 f.). Wesentlich ist dabei, ob gegen den Ausländer fremdenpolizeiliche Entfernungs- und Fernhaltegründe sprechen, insbesondere ob und inwieweit er sich massgebliches, strafrechtlich oder fremdenpolizeilich verpöntes Fehlverhalten hat zuschulden kommen lassen.
3.3 Das Kantonsgericht - an dessen Feststellung des Sachverhalts das Bundesgericht nach Massgabe von Art. 105 Abs. 2 OG gebunden ist - erwog, der Beschwerdeführer habe erst seit ungefähr neun Monaten, also nachdem er mit der Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung konfrontiert worden sei, regelmässigen Kontakt zu seinem Sohn. Ein Interesse des Beschwerdeführers an einer Intensivierung der bislang lockeren Beziehung sei nicht zu erkennen. Nach anfänglich regelmässiger Überweisung der Unterhaltsbeiträge würden die für die letzten fünf Monate geschuldeten Beträge noch ausstehen. Schliesslich könne das Verhalten des Beschwerdeführers in der Schweiz nicht als tadellos bezeichnet werden.
3.4 Die Vorinstanz hat gestützt auf die einschlägige bundesgerichtliche Rechtsprechung (vgl. E. 3.2) einen Anspruch auf eine Anwesenheitsbewilligung aus Art. 8 EMRK zu Recht verneint: Von einer in wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht besonders engen Beziehung des Beschwerdeführers zu seinem Sohn kann angesichts der vom Kantonsgericht getroffenen Feststellungen nicht die Rede sein. Sodann ist auch die Bedingung des klaglosen bisherigen Verhaltens beim Beschwerdeführer nicht erfüllt, indem er mehrfach Drohungen gegen seine Ehefrau ausgesprochen hat und ihm in einem solchen Zusammenhang schon gerichtlich untersagt werden musste, die eheliche Wohnung zu betreten (vgl. vorne "A."). Obwohl die Ehefrau zwei Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Tätlichkeit, Drohung und häuslicher Gewalt gegen ihren Ehemann jeweils wieder zurückgezogen hat (vgl. S. 14 des angefochtenen Entscheides), spielen diese Vorkommnisse für die Beurteilung des klaglosen Verhaltens entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sehr wohl eine Rolle.
Schliesslich bleibt hervorzuheben, dass das Interesse geschiedener bzw. getrennter ausländischer Väter an der Erleichterung des Kontaktes mit den der hier verbleibenden Ehefrau zugeteilten Kindern vor allem dann ins Gewicht fällt, wenn sie zuvor mit diesen Kindern längere Zeit in Familiengemeinschaft gelebt haben und die bestehende Beziehung aufrechterhalten möchten, nicht aber dann, wenn es sich - wie hier - um ein nach der Trennung von der Ehefrau geborenes Kleinkind handelt. Der Sohn wird durch die Ausreisepflicht des Vaters nicht im gleichen Masse betroffen, wie wenn er mit ihm zusammen in der gleichen Familie gelebt hätte (vgl. auch Urteil 2A. 423/2005, E. 5.4). Die Vater-Sohn Beziehung kann vorliegend zumutbarerweise vom Ausland aus (durch schriftlichen und telefonischen Kontakt) sowie im Rahmen von Kurzaufenthalten des Vaters in der Schweiz gepflegt werden.
3.5 Nach dem Gesagten erscheint die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung des Beschwerdeführers nicht bundesrechtswidrig. Die verfügten fremdenpolizeilichen Sanktionen halten auch vor Art. 8 EMRK stand.
4.
Dies führt zur Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann nicht entsprochen werden, da er aufgrund des sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung stützenden und einlässlich begründeten Entscheides der Vorinstanz nicht ernsthaft mit einer Gutheissung seiner Beschwerde rechnen konnte (Art. 152 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft (Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht) sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. Juli 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: