Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2P.126/2006 /leb
Urteil vom 14. August 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, Müller,
Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Thomas Locher,
gegen
Departement des Innern des Kantons Solothurn, Rathaus, 4500 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Postfach 157, 4502 Solothurn.
Gegenstand
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 7. April 2006.
Sachverhalt:
A.
Der aus Algerien stammende B.________ (geb. 1975) reiste im Jahre 2003 mit einem Touristenvisum in die Schweiz. Auf sein nach Ablauf der Ausreisefrist gestelltes Asylgesuch trat das Bundesamt für Flüchtlinge am 13. September 2004 nicht ein. Die Schweizerische Asylrekurskommission wies eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde am 30. September 2004 ab. Am 3. Oktober 2005 heiratete B.________ die Schweizer Bürgerin C.________ (geb. 1959), welche zum Islam konvertierte und sich fortan A.________ nannte. Ihr Familiennachzugsgesuch für den Ehemann lehnte das Amt für Ausländerfragen des Kantons Solothurn am 15. Februar 2006 ab und wies B.________ an, die Schweiz bis zum 15. März 2006 zu verlassen. Gegen diese Verfügung erhob A.________ am 20. Februar 2006 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn.
B.
Mit Verfügung vom 21. Februar 2006 forderte das Verwaltungsgericht - unter Androhung des Nichteintretens auf die Beschwerde im Unterlassungsfall - A.________ auf, bis zum 14. März 2006 einen Kostenvorschuss von Fr. 700.-- an die Gerichtskasse zu bezahlen. Hierauf stellte die Betroffene ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, welches das Verwaltungsgericht mit Verfügung vom 30. März (recte: 2. März [Versanddatum]) 2006 "wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde" abwies, unter gleichzeitiger Erstreckung der Frist zur Zahlung des Kostenvorschusses bis zum 30. März 2006.
C.
Mit Schreiben vom 8. März 2006 teilte A.________ dem Verwaltungsgericht mit, dass sie den Kostenvorschuss nicht bezahlen könne und "vor das Bundesgericht treten" werde. Hierauf trat das Verwaltungsgericht mit Entscheid vom 7. April 2006 auf die bei ihm erhobene Beschwerde betreffend das Familiennachzugsgesuch für B.________ nicht ein.
D.
Mit Eingabe vom 11. Mai 2006 führt A.________ staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 7. April 2006 aufzuheben. Gleichzeitig wird um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht.
Das Departement des Innern (Ausländerfragen) beantragt in seiner - verspätet eingereichten - Vernehmlassung, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat sich allein zum gleichzeitig mit der Beschwerdeeinreichung gestellten Gesuch um aufschiebende Wirkung vernehmen lassen, welches der Abteilungspräsident mit Verfügung vom 21. Juni 2006 guthiess.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts, mit dem auf die Beschwerde wegen Nichtbezahlung des Kostenvorschusses nicht eingetreten wird, stützt sich auf kantonales Prozessrecht. In der Sache selber geht es jedoch um die Anwendung von (öffentlichem) Bundesrecht. Die Beschwerdeführerin könnte, da sie aufgrund von Art. 7 ANAG einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Nachzug ihres ausländischen Ehemannes besitzt, einen abschlägigen Sachentscheid des Verwaltungsgerichtes mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weiterziehen (vgl. Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG). Tritt eine kantonale Rechtsmittelinstanz in einer der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegenden Streitsache gestützt auf kantonales Verfahrensrecht auf ein Rechtsmittel nicht ein und führt dies dazu, dass die Durchsetzung von Bundesrecht vereitelt werden könnte, so ist die Rüge, das kantonale Verfahrensrecht sei in verfassungswidriger (insbesondere willkürlicher) Weise angewendet worden, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben, und zwar selbst dann, wenn nicht gleichzeitig eine Verletzung von materiellem Bundesverwaltungsrecht behauptet wird (BGE 125 I 7 nicht publ. E. 2b, 123 I 275 E. 2c S. 277, 120 Ib 379 E. 1b S. 382, 118 Ia 8 E. 1b S. 10). Diese Situation ist hier gegeben. Mit der Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts beanstandet die Beschwerdeführerin die dieser Entscheidung zugrunde liegende Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege, indem sie rügt, dass ihr Sachbegehren willkürlich und ohne Begründung als aussichtslos eingestuft worden sei. Für diese Rüge steht das Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Verfügung, und die vorliegende Eingabe ist als solche entgegenzunehmen.
2.
3.
4.
Verfügungen, mit denen das prozessuale Armenrecht verweigert wird, müssen wenigstens summarisch begründet werden (vgl. etwa Urteil 5P.70/1992 vom 24. April 1992). Das Verwaltungsgericht beschränkte sich in seiner am 2. März 2006 versandten Verfügung auf die Feststellung der "Aussichtslosigkeit der Beschwerde", ohne im späteren Nichteintretensentscheid nochmals auf diese Frage einzugehen. Es erstattete auch keine Vernehmlassung, in welcher die beanstandete Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege begründet würde. Die Vernehmlassung des kantonalen Departementes nimmt zwar in materieller Hinsicht zu den vor Verwaltungsgericht gestellten Prozessbegehren Stellung, doch wurde diese Eingabe erst nach Ablauf der vom Bundesgericht gesetzten Frist zur Post gegeben und kann insoweit nicht berücksichtigt werden. Es kann alsdann nicht Sache des Bundesgerichts sein, selber anstelle des Verwaltungsgerichts nach Gründen zu suchen, welche die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege rechtfertigen würden. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV, Verstoss gegen die Begründungspflicht) gutzuheissen und der angefochtene Nichteintretensentscheid aufzuheben.
5.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Hingegen hat der Kanton Solothurn die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG). Das für dieses Verfahren gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung erweist sich damit als gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen. Diese wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 7. April 2006 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Solothurn hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.
4.
Das für das bundesgerichtliche Verfahren gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird als gegenstandslos abgeschrieben.
5.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. August 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: