Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
H 82/06
Urteil vom 31. August 2006
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ursprung, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiber Arnold
Parteien
L.________, Fürsprecher, Beschwerdeführer,
gegen
Ausgleichskasse des Kantons Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin,
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Bern
(Entscheid vom 17. März 2006)
Sachverhalt:
A.
Die Firma X._________ AG - am 24. März 1999 als Y.________ AG gegründet - war der Ausgleichskasse des Kantons Bern angeschlossen. L.________ war seit der Gründung bis zum Konkurs der Gesellschaft, welcher am 19. September 2001 eröffnet und am 5. Juni 2003 als geschlossen erklärt wurde, nicht zeichnungsberechtigtes Mitglied des Verwaltungsrates. Mit Verfügung vom 13. August 2004, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 2. September 2005, verpflichtete ihn die Ausgleichskasse zur Bezahlung von Schadenersatz für nicht abgelieferte paritätische Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von Fr. 15'975.-.
B.
Die dagegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Einzelrichterentscheid vom 17. März 2006).
C.
L.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides sei festzustellen, dass er nicht schadenersatzpflichtig sei, eventuell sei die Sache zwecks ergänzender Beweisvorkehren und neuem Entscheid an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur soweit eingetreten werden, als die Schadenersatzforderung kraft Bundesrechts strittig ist. Im vorliegenden Verfahren ist deshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Umfang nicht einzutreten, als sie sich gegen die Schadenersatzforderung für entgangene Beiträge an die kantonale Familienausgleichskasse richtet (vgl. BGE 119 V 80 Erw. 1b, 118 V 69 Erw. 1b mit Hinweis).
1.2 Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
2.
Die Vorinstanz hat die materiellrechtlich einschlägigen Bestimmungen (Art. 52 AHVG, in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung, Art. 14 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVG) sowie die Rechtsprechung zur subsidiären Haftung der Organe (BGE 123 V 15 Erw. 5b; vgl. auch BGE 129 V 11 ff. Erw. 3) und zu den weiteren Haftungsvoraussetzungen des Schadens (BGE 123 V 15 Erw. 5b), der Widerrechtlichkeit (BGE 118 V 195 Erw. 2a mit Hinweisen) und des Verschuldens (BGE 108 V 186 Erw. 1b, 193 Erw. 2b, 108 V 202 Erw. 3a; vgl. auch Thomas Nussbaumer, Die Haftung des Verwaltungsrates nach Art. 52 AHVG, in: AJP 9/1996, S. 1081) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
3.1 Wie das kantonale Gericht verbindlich festgestellt hat (Erw. 1.2), entstand der Ausgleichskasse der geltend gemachte Schaden in Höhe von Fr. 15'975.-, weil die Konkursitin seit ihrer Gründung im März 1999 bis zur Konkurseröffnung am 19. September 2001 wiederholt ihre gesetzlichen Abrechnungs- und Beitragszahlungspflichten verletzt hat. Die Vorinstanz hat sodann mit sorgfältiger und in allen Teilen überzeugender Würdigung, auf die verwiesen wird, dargelegt, dass den Beschwerdeführer auf Grund seines Verwaltungsratsmandates und der damit verbundenen unübertragbaren und unentziehbaren Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen (Art. 717 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 OR), eine Schadenersatzpflicht trifft. Im Rahmen der Gründung und Etablierung einer Gesellschaft haben die verantwortlichen Organe, zumal bei einfachen und überschaubaren Verhältnissen, zwingend darauf zu achten, dass ein geordnetes AHV-Beitragswesen geführt wird.
3.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vorgebracht, was die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz als mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG oder die rechtliche Würdigung als bundesrechtswidrig erscheinen liesse.
3.2.1 Soweit der Beschwerdeführer dieselben Einwendungen vorträgt, die er bereits im vorinstanzlichen Verfahren erhoben hat, kann auf die überzeugende Begründung im angefochtenen Entscheid verwiesen werden.
3.2.2 Der Beschwerdeführer bringt keine Gründe vor, die Anlass bieten würden, die in BGE 129 V 11 ff. bestätigte Judikatur zur subsidiären Haftung der Organe in genereller Hinsicht einer erneuten Überprüfung zu unterziehen.
3.2.3 Die Vorinstanz durfte auf zusätzliche Beweismassnahmen verzichten, namentlich auf die Befragung der übrigen Mitglieder des Verwaltungsrates (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 122 V 162 Erw. 1d mit Hinweis). Soweit die fraglichen Personen die Behauptung des Beschwerdeführers bestätigen würden, er habe auf die Notwendigkeit der Einhaltung der ahv-rechtlichen Verpflichtungen hingewiesen, vermöchte ihn dies auf Grund der konkreten Verhältnisse nicht zu entlasten. Nachdem er zugestandenermassen um die von Beginn weg problematische finanzielle Situation der Konkursitin wusste, hätte er die allfällige Passivität seiner Kollegen nicht ohne Weiteres hinnehmen dürfen, sondern sich beispielsweise durch Nachfragen bei der zuständigen Ausgleichskasse einen Überblick über die Verhältnisse verschaffen müssen, um daraufhin mit Nachdruck auf die Befolgung der ahv-rechtlichen Bestimmungen hinzuwirken.
3.2.4 Dass der Schaden auch bei pflichtgemässem Verhalten des Beschwerdeführers eingetreten wäre, ist eine blosse Hypothese und auch durch ergänzende Beweisvorkehren nicht beweisbar, weshalb der Einwand unbegründet ist, es fehle am adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten und dem eingetretenen Schaden (vgl. Urteil A. vom 21. Januar 2004, H 267/02, Erw. 6.2 mit Hinweisen).
4.
Bei diesem Verfahrensausgang ist der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario; Art. 135 in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1300.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 31. August 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: