BGer 1P.611/2006 |
BGer 1P.611/2006 vom 12.10.2006 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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1P.611/2006 /scd
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Urteil vom 12. Oktober 2006
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I. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Féraud, Präsident,
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Bundesrichter Nay, Eusebio,
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Gerichtsschreiber Pfäffli.
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Parteien
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X.________, Beschwerdeführer,
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gegen
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Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Strafvollzugsdienst, Feldstrasse 42, 8090 Zürich,
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Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich.
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Gegenstand
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Vorladung in den Strafvollzug,
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Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich vom 22. August 2006.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 15. September 2004 zu 60 Tagen Gefängnis und mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 18. Januar 2005 zu 30 Tagen Gefängnis verurteilt.
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B.
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Auf Wunsch von X.________ trat der Strafvollzugsdienst des Kantons Zürich am 24. Februar 2005 den Strafvollzug in Form von gemeinnütziger Arbeit an den Kanton Schwyz ab. Mit Schreiben vom 11. März 2005 retournierte der Kanton Schwyz den Vollzug wieder an den Kanton Zürich, da X.________ auf ein entsprechendes Einladungsschreiben des Justizdepartements des Kantons Schwyz nicht reagiert hatte. Auf die von der Fachstelle Gemeinnützige Arbeit des Justizvollzugs des Kantons Zürich am 17. März 2005 erfolgte Einladung zu einem Gespräch, verbunden mit dem Hinweis, dass bei Nichtwahrung des Termins der Vollzug in Halbgefangenschaft oder im Normalregime erfolge, reagierte X.________ wiederum nicht. Daraufhin zog die Fachstelle Gemeinnützige Arbeit mit Verfügung vom 12. April 2005 die Bewilligung für die Leistung von gemeinnütziger Arbeit zurück. Von der in der Verfügung angeführten Möglichkeit, ein Gesuch um Verbüssung der Strafen in Halbgefangenschaft zu stellen, machte X.________ keinen Gebrauch.
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Am 27. Mai 2005 lud ihn der Strafvollzugsdienst des Kantons Zürich auf den 7. September 2005 zum Vollzug der beiden Gefängnisstrafen im Normalregime vor. Nachdem X.________ die Strafen am besagten Termin nicht antrat, wurde er am 14. September 2005 zur Verhaftung ausgeschrieben. Auf Gesuch hin wurde der Haftbefehl zurückgenommen und der Strafantritt im Normalregime mit Verfügung des Strafvollzugsdienstes vom 4. Oktober 2005 auf den 6. Dezember 2005 verschoben. Am 18. Oktober 2005 ersuchte X.________ um Vollzug der Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit evtl. in Form von Halbgefangenschaft. Am 9. November 2005 teilte der Rechtsvertreter von X.________ dem Strafvollzugsdienst telefonisch mit, dass es seinem Klienten infolge unregelmässiger Arbeitszeiten nicht möglich sei, die Strafen in Halbgefangenschaft zu verbüssen, worauf er mit Schreiben vom 10. November 2005 darum ersuchte, X.________ wiedererwägungsweise zur gemeinnützigen Arbeit zuzulassen. Der Strafvollzugsdienst überwies das Gesuch mit Verfügung vom 14. November 2005 der Fachstelle für Gemeinnützige Arbeit, setzte den Strafantrittstermin (im Normalregime) neu auf den 15. März 2006 fest und ordnete an, dieser entfalle, wenn vorgängig eine gültige Vereinbarung betreffend Strafverbüssung durch gemeinnützige Arbeit zustande komme. Nachdem die Fachstelle Gemeinnützige Arbeit das Wiedererwägungsgesuch mit Verfügung vom 1. Dezember 2005 abgelehnt hatte, teilte der Strafvollzugsdienst X.________ mit Schreiben vom 21. Februar 2006 mit, dass er die Strafen in Form der Halbgefangenschaft am 15. März 2006 im Bezirksgefängnis in Lachen antreten könne; dies wurde mit Verfügung des Bezirksamtes March vom 22. Februar 2006 formell bestätigt. Am 28. Februar 2006 ersuchte X.________ das Bezirksamt March, die Strafen durch gemeinnützige Arbeit verbüssen zu können. Mit Schreiben vom 1. März 2006 teilte der Strafvollzugsdienst des Kantons Zürich X.________ mit, die Vollzugsbehörde des Kantons Schwyz sei weder zuständig noch bereit, die Bewilligung für gemeinnützige Arbeit zu erteilen; es bleibe beim Strafantritt in Form der Halbgefangenschaft am 15. März 2006. Im Weiteren wies der Strafvollzugsdienst darauf hin, wenn X.________ die Strafe nicht antrete, habe dies die polizeiliche Verhaftung und die Verbüssung der Strafe im Normalregime zur Folge. Am 14. März 2006 ersuchte X.________ wegen Krankheit um Verschiebung des Strafantritts. Das Bezirksamt March retournierte am 21. März 2006 den Vollzug dem Kanton Zürich und wies darauf hin, am Tag des Strafantritts sei ein Schreiben des Hausarztes von X.________ eingetroffen, welchem u.a. zu entnehmen gewesen sei, dass X.________ "untauglich für die Hafterstehung" sei. Daraufhin sei mit X.________ telefonisch vereinbart worden, dass er am darauf folgenden Tag, am 16. März 2006, die Halbgefangenschaft antreten werde, wobei bei Bedarf ohne weiteres ein Amtsarzt zur Beurteilung der Hafterstehungsfähigkeit beigezogen werde. Es sei ihm auch erklärt worden, dass er bei Nichteinrückung grundsätzlich mit dem Normalvollzug zu rechnen habe. Am Nachmittag des 16. März 2006 sei ein Schreiben des Hausarztes von X.________ desselben Tages eingetroffen, aus welchem ersichtlich gewesen sei, dass X.________ notfallmässig ins Spital Lachen eingewiesen worden sei. X.________ habe in der Folge die Halbgefangenschaft auch nicht angetreten.
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C.
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Mit Verfügung vom 24. April 2006 lud der Strafvollzugsdienst des Kantons Zürich X.________ zur Verbüssung der beiden Gefängnisstrafen von 30 und 60 Tagen im Normalregime auf den 17. Mai 2006 vor. Am 16. Mai 2006 erhob X.________ dagegen Rekurs, den die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich mit Verfügung vom 22. August 2006 abwies; der Strafantritt wurde neu auf den 27. September 2006 festgesetzt.
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D.
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X.________ führt mit Eingabe vom 22. September 2006 staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügungen der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich vom 22. August 2006 und des Strafvollzugsdienstes vom 24. April 2006. Er beantragt die Aufhebung dieser Verfügungen.
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Die Direktion der Justiz und des Innern beantragt die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Das Amt für Justizvollzug hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Der Beschwerdeführer focht neben der Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern auch die Verfügung des Strafvollzugsdienstes mit staatsrechtlicher Beschwerde an. Der Entscheid einer unteren kantonalen Instanz kann nach bundesgerichtlicher Praxis mitangefochten werden, wenn entweder der letzten kantonalen Instanz nicht sämtliche vor Bundesgericht zulässigen Rügen unterbreitet werden konnten oder wenn solche Rügen zwar von der letzten kantonalen Instanz zu beurteilen waren, jedoch mit einer engeren Prüfungsbefugnis, als sie dem Bundesgericht zusteht ("Dorénaz-Praxis", BGE 126 II 377 E. 8b S. 395). Diese Voraussetzungen zur Mitanfechtung eines unterinstanzlichen kantonalen Urteils sind vorliegend nicht gegeben, weshalb auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten ist, soweit sie sich gegen die Verfügung des Strafvollzugsdienstes vom 24. April 2006 richtet.
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2.
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Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen. Auf bloss allgemein gehaltene, rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3).
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2.1 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, weil der Strafvollzugsdienst "ohne jede vorgängige Anhörung des Beschwerdeführers" am 24. April 2006 die Strafverbüssung im Normalregime verfügt habe. Weiter beanstandet er, dass der Strafvollzugsdienst in seiner Verfügung einem allfälligen Rekurs die aufschiebende Wirkung entzogen und den Strafantritt mitten in die Rekursfrist angesetzt habe. Die Direktion der Justiz und des Innern hat diese Rügen in ihrer Verfügung vom 22. August 2006 behandelt. Mit der entsprechenden Begründung setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander und legt daher nicht dar, inwiefern diese verfassungs- oder konventionswidrig sein soll. Mangels einer genügenden Begründung kann somit insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
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2.2 Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Verfügung des Bezirksamtes March vom 22. Februar 2006, mit welcher ihm der Vollzug in Form der gemeinnützigen Arbeit gewährt wurde, sei weiterhin gültig. Dabei lässt er jedoch den konkreten Verfahrensablauf unerwähnt. So ist er sowohl vom Strafvollzugsdienst des Kantons Zürich als auch vom Bezirksamt March darauf hingewiesen worden, dass ein Nichtantreten der Strafe den Normalvollzug zur Folge habe. Weiter sei mit ihm noch am 15. März 2006 telefonisch vereinbart worden, dass er am 16. März 2006 die Halbgefangenschaft antreten und bei Bedarf vom Amtsarzt zur Frage der Hafterstehungsfähigkeit untersucht werde. Am 21. März 2006 retournierte das Bezirksamt March den Vollzug dem Kanton Zürich, da der Beschwerdeführer seine Strafe nicht angetreten hatte. Weshalb aufgrund der geschilderten Verhältnisse die am 22. Februar 2006 gewährte gemeinnützige Arbeit immer noch Gültigkeit haben sollte, ergibt sich aus der Beschwerde nicht rechtsgenüglich, weshalb auch in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
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2.3 Die Direktion der Justiz und des Innern legte dem Beschwerdeführer in der angefochtenen Verfügung die Voraussetzungen für den Vollzug in Form der Halbgefangenschaft dar. Aufgrund der Vorkommnisse seit Februar 2005 sah sie davon ab, dem Beschwerdführer nochmals die Möglichkeit einzuräumen, die Strafe in Form der Halbgefangenschaft zu verbüssen, zumal weiterhin äusserst fraglich sei, ob einem erneuten Strafantrittstermin Folge geleistet würde. Ausserdem könne den gesundheitlichen Problemen des Beschwerdführers beim Normalvollzug in Realta - entgegen der Halbgefangenschaft - in adäquater Weise begegnet werden. Mit diesen Ausführungen setzt sich der Beschwerdeführer mit seiner meist appellatorischen Kritik zu wenig auseinander, weshalb auch insoweit mangels einer genügenden Begründung auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann.
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3.
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Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).
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Mit dem Entscheid in der Sache erweist sich das Gesuch um aufschiebende Wirkung als gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Justizvollzug, Strafvollzugsdienst, und der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 12. Oktober 2006
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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