Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
I 732/05
Urteil vom 17. Oktober 2006
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ursprung, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard; Gerichtsschreiberin Hofer
Parteien
M.________, 1950, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Tandler, Haus zum Rebberg, Schaffhauserstrasse 6, 8042 Zürich,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 31. August 2005)
Sachverhalt:
A.
A.a Der 1950 geborene, an chronischen Rückenbeschwerden leidende M.________ bezog seit 1. April 2001 gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 41 % eine Viertelsrente der Invalidenversicherung. Mit Verfügung vom 30. Juni 2003, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 7. April 2004, wies die IV-Stelle des Kantons Zürich das Gesuch um Erhöhung der Invalidenrente zunächst ab, anerkannte jedoch eine im Verlaufe des Verfahrens eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Mit Verfügung vom 5. Oktober 2004 sprach sie dem Versicherten mit Wirkung ab 1. Oktober 2004 eine halbe Invalidenrente zu. Die gegen den Einspracheentscheid vom 7. April 2004 erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 26. November 2004 in dem Sinne gut, dass es die Sache zur Abklärung der Frage, in welchem Zeitpunkt eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten sei, und zu neuem Entscheid an die IV-Stelle zurückwies.
A.b Am 9. Mai 2005 teilte die IV-Stelle dem Rechtsvertreter des Versicherten mit, im Hinblick auf die Leistungsprüfung sei eine medizinische Abklärung notwendig. Damit werde das Medizinische Zentrum X.________ (MZ) betraut. M.________ liess daraufhin geltend machen, er sei mit dem Vorgehen nicht einverstanden, da ihm die Namen der konkret mit dem Gutachten befassten Ärzte nicht bekannt gegeben worden seien und er somit seine Mitwirkungsrechte nicht ausüben könne. Mit Verfügung vom 31. Mai 2005 hielt die IV-Stelle unter Verzicht auf die Angabe der die Begutachtung durchführenden Fachärzte an der vorgesehenen Begutachtung fest.
B.
Beschwerdeweise liess M.________ beantragen, es sei die Verfügung vom 31. Mai 2005 aufzuheben und die IV-Stelle anzuweisen, vor einer Abklärung durch das MZ eine Namensliste der Ärzte zu erstellen und herauszugeben. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 31. August 2005 ab, soweit sie - mit Bezug auf den Antrag auf aufschiebende Wirkung - nicht gegenstandslos geworden sei.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann das Eidgenössische Versicherungsgericht in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilen und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 ist indessen auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Beschwerden bisheriges Recht anwendbar. Da die hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig war, richtet sich dessen Kognition noch nach der bis Ende Juni 2006 gültigen Fassung von Art. 132 OG, welche dem neuen Abs. 1 entspricht.
2.
2.1 In BGE 132 V 93 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht erwogen, der Anordnung einer Begutachtung komme kein Verfügungscharakter zu. Um eine solche Anordnung handelt es sich beim Verwaltungsakt vom 9. Mai 2005. Mit diesem wurde gegenüber der versicherten Person lediglich formlos mittels Realakt die vorgesehene Beweismassnahme eröffnet. Erhebt diese keine Einwendungen, bleibt es dabei und es ist keine Verfügung zu treffen. Weiter hat das Gericht im erwähnten Urteil ausgeführt, zu unterscheiden sei zwischen der Anordnung einer Expertise und dem Entscheid über die in der Folge geltend gemachten Ausstands- und Ablehnungsgründe gegenüber der Person des Gutachters. Erhebt die versicherte Person substanziiert Einwendungen, welche eine Befangenheit der an der Begutachtung mitwirkenden sachverständigen Person im Sinne gesetzlicher Ausstands- und Ablehnungsgründe zu begründen vermögen, hat der Versicherungsträger darüber eine Verfügung zu erlassen. Im vorerwähnten Urteil BGE 132 V 93 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht daran festgehalten, dass Verfügungen, mit denen substanziiert vorgetragene gesetzliche Ausstands- und Ablehnungsgründe abgelehnt wurden, selbstständig anfechtbar sind, weil sie für die versicherte Person einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Zu Einwendungen anderer Art wie etwa mangelnde Qualifikation der mitwirkenden Sachverständigen und anderes hat der Versicherungsträger im Rahmen der Beweiswürdigung in der Verfügung über den materiellen Leistungsanspruch Stellung zu nehmen.
2.2 Mit Verfügung vom 31. Mai 2005 wurde dem Versicherten nur die Gutachterstelle genannt, ohne anzugeben, welche Fachärzte an der Begutachtung mitwirken würden. Er konnte daher nicht erkennen, ob eine unbefangene Beurteilung seines Gesundheitszustandes gewahrt sein werde. Stellt die Ernennung eines Sachverständigen einen selbstständig anfechtbaren Zwischenentscheid dar, sofern die versicherte Person substanziiert gesetzliche Ausstandsgründe geltend gemacht hat und diese abgewiesen werden, muss dasselbe auch gelten, wenn ihr gar keine Gelegenheit gegeben worden ist, Ausstandsgründe vorzubringen, weil ihr die Namen der Gutachter nicht bekannt gegeben worden sind. Diese zu kennen ist für den Betroffenen unabdingbar, um Ausstandsgründe vorbringen zu können. Auch prozessökonomische Gründe sprechen dafür, dass die Vorinstanz auf die gegen die Verfügung vom 31. Mai 2005 gerichtete Beschwerde zu Recht eingetreten ist (vgl. Art. 49 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 und Art. 56 Abs. 1 ATSG ).
3.
3.1 Muss der Versicherungsträger zur Abklärung des Sachverhaltes ein Gutachten einer oder eines unabhängigen Sachverständigen einholen, so gibt er gemäss Art. 44 ATSG der Partei deren oder dessen Namen bekannt. Diese kann den Gutachter aus triftigen Gründen ablehnen, und sie kann Gegenvorschläge machen.
3.2 Das kantonale Gericht hat erwogen, auch nach Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar 2003 könnten die IV-Stellen sowohl Einzelpersonen wie auch medizinische Abklärungsstellen als Institutionen mit medizinischen Gutachten beauftragen. Bei Gutachtensaufträgen an eine MEDAS - um eine solche handle es sich beim MZ - würden die Mitwirkungsrechte der versicherten Person gemäss Art. 44 ATSG jedoch nicht zur Anwendung kommen.
3.3 Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, auch wenn eine Gutachterstelle beauftragt werde, müssten die Namen der beteiligten Fachärzte mitgeteilt werden, ansonsten es der versicherten Person verunmöglicht werde, die Unparteilichkeit und die fachliche Kompetenz der Sachverständigen vorgängig zu überprüfen.
4.
4.1 Im noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Urteil R. vom 14. Juli 2006 (I 686/05) kam das Eidgenössische Versicherungsgericht auf dem Wege der Auslegung von Art. 44 ATSG zum Schluss, dass auch mit Bezug auf Medizinische Abklärungsstellen die Namen der konkret mit dem Gutachten befassten Ärzte vorgängig bekannt zu geben sind. Mit Blick auf das praktische Vorgehen hat das Gericht erwogen, Art. 44 ATSG regle den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Namen der sachverständigen Personen nicht ausdrücklich. Vom Normzweck her sei jedoch von einer vorgängigen Mitteilung auszugehen. Denn nur so werde gewährleistet, dass die Mitwirkungsrechte ihre Funktion erfüllen. Die Bestimmung fordere indessen nicht, dass die Namensnennung gleichzeitig mit der Anordnung der IV-Stelle über die durchzuführende Begutachtung zu erfolgen habe. Ein Zusammenlegen der beiden Mitteilungen sei zwar zweckmässig und rationell, jedoch im Rahmen der Begutachtung durch eine MEDAS aus sachlichen Gründen oftmals nicht praktikabel. Es müsse daher genügen, wenn die Namen der Gutachter der versicherten Person erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben würden. In jedem Fall müsse dies aber frühzeitig genug erfolgen, damit sie in der Lage sei, noch vor der eigentlichen Begutachtung ihre Mitwirkungsrechte wahrzunehmen. Es rechtfertige sich daher, die jeweilige Begutachtungsstelle damit zu beauftragen. Sie sei am ehesten in der Lage, die Namen der mit der Abklärung befassten Gutachter zu kennen, und sie könne diese zusammen mit dem konkreten Aufgebot oder jedenfalls möglichst frühzeitig der versicherten Person bekannt geben. Diese werde ihre Einwände alsdann gegenüber der IV-Stelle gelten machen können, welche darüber noch vor der eigentlichen Begutachtung zu befinden haben werde. Der vorinstanzliche Entscheid verletzt somit Bundesrecht, wenn damit die Anwendung der Mitwirkungsrechte gemäss Art. 44 ATSG auf Begutachtungsstellen verneint wird.
4.2 Die IV-Stelle hat am 9. Mai 2005 in Form einer einfachen Mitteilung an den Beschwerdeführer eine Begutachtung im MZ angeordnet. In Ergänzung zu dieser Mitteilung wird die IV-Stelle dem Beschwerdeführer nunmehr die Namen der Ärzte zu nennen haben, welche konkret mit der Begutachtung befasst sein werden. Sollten ihr diese aufgrund der besonderen Situation beim MZ noch nicht bekannt sein, wird sie dies dem Beschwerdeführer mitteilen mit dem Hinweis, dass ihm diese zu einem späteren Zeitpunkt direkt von der Begutachtungsstelle genannt würden und er dannzumal allfällige Einwendungen der IV-Stelle gegenüber geltend machen könne. Das MZ wird alsdann zusammen mit dem konkreten Aufgebot oder rechtzeitig, bevor es das Gutachten an die Hand nimmt, die Namen der mit dem Begutachtungsauftrag befassten Fachärzte und ihre fachliche Qualifikation bekannt geben. Allfällige Einwendungen wird der Beschwerdeführer jedoch nicht gegenüber dieser, sondern gegenüber der dafür zuständigen IV-Stelle geltend zu machen haben.
5.
Mit dem Entscheid in der Hauptsache wird der Antrag, es sei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, gegenstandslos.
6.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Der obsiegende Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. August 2005 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 31. Mai 2005 aufgehoben. Die Akten werden an die IV-Stelle überwiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.
4.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
5.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 17. Oktober 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: