Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
C 167/04
Urteil vom 29. Dezember 2006
II. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Schön und Borella; Gerichtsschreiber Grünvogel
Parteien
I.________, 1955, Beschwerdeführer, vertreten
durch Rechtsanwalt Tomas Kempf, Webernstrasse 5, 8610 Uster,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Brunngasse 6, 8400 Winterthur, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 21. Juni 2004)
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 22. Oktober 2003 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich einen Anspruch des 1955 geborenen I.________ auf Insolvenzentschädigung für die im Konkurs seiner früheren Arbeitgeberin, der Firma X.________ GmbH, offen gebliebenen Lohnforderungen der Monate Mai bis August 2002. Zur Begründung führte die Kasse an, I.________ habe gegenüber der Firma seine Lohnausstände nicht in genügender Weise geltend gemacht, was einen Anspruch auf Insolvenzentschädigung ausschliesse. Daran hielt die Kasse mit Einspracheentscheid vom 30. Dezember 2003 fest.
B.
Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. Juni 2004 ab.
C.
I.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und des Einspracheentscheids sei ihm eine Insolvenzentschädigung in der Höhe von Fr. 35'600.-, abzüglich der nachweislich den Sozialversicherungsträgern überwiesenen Sozialversicherungsbeiträge, zuzusprechen.
Die Kasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Stellungnahme verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Im vorinstanzlichen Entscheid werden die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf Insolvenzentschädigung (Art. 51 Abs. 1 AVIG), den Umfang des Anspruchs (Art. 52 Abs. 1 AVIG in der bis 30. Juni 2003 gültig gewesenen Fassung) sowie über die Pflichten des Arbeitnehmers im Konkurs- oder Pfändungsverfahren (Art. 55 Abs. 1 AVIG; BGE 114 V 59 Erw. 3d; ARV 2002 Nr. 8 S. 64 Erw. 1b; vgl. auch ARV 2002 Nr. 30 S. 190, 1999 Nr. 24 S. 140) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Da die per 1. Juli 2003 in Kraft getretene Änderung von Art. 52 Abs. 1 AVIG einzig die Anspruchsberechtigung für allfällige Lohnforderungen für Arbeitsleistungen nach der Konkurseröffnung betrifft, und solche Ansprüche vorliegend nicht zur Diskussion stehen, kann offen gelassen werden, ob Art. 52 Abs. 1 AVIG übergangsrechtlich in der alten oder neuen Fassung zur Anwendung gelangt.
1.2 Die Bestimmung von Art. 55 Abs. 1 AVIG, wonach der Arbeitnehmer im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles unternehmen muss, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bezieht sich dem Wortlaut nach auf das Konkurs- und Pfändungsverfahren. Sie bildet jedoch Ausdruck der allgemeinen Schadenminderungspflicht, welche auch dann Platz greift, wenn das Arbeitsverhältnis vor der Konkurseröffnung aufgelöst wird (BGE 114 V 59 Erw. 3d; ARV 1999 Nr. 24 S. 140). Sie obliegt der versicherten Person in reduziertem Umfang schon vor der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber der Lohnzahlungspflicht nicht oder nur teilweise nachkommt und mit einem Lohnverlust zu rechnen ist (ARV 2002 Nr. 30 S. 190).
2.
2.1 Der Beschwerdeführer trat am 2. Mai 2002 in die Dienste der Firma ein, ehe diese ihm wegen finanziellen Nöten bereits wieder am 25. Juli 2002 zunächst fristlos kündigte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma keinen einzigen Monatslohn ausbezahlt.
2.2 Ob und gegebenenfalls was der Versicherte bereits vor Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Realisierung dieser Ausstände unternommen hatte - wozu er bereits zu diesem Zeitpunkt bis zu einem bestimmten Umfang gehalten war (Erw. 1.2 in fine hiervor) -, ist nicht erstellt. Dies braucht indessen nicht näher abgeklärt zu werden, da er seiner Schadenminderungspflicht (auch) nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in ausreichendem Ausmass nachgekommen ist, wie noch zu zeigen ist.
3.
3.1 Fest steht, dass die Firma dem Versicherten gleichentags mit der Kündigung Lohnausstände für die Monate April bis Ende Juli 2002 unterschriftlich bestätigte (den Angaben der Firma gegenüber der Kasse und dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 23. Mai 2002 folgend, hat das Arbeitsverhältnis allerdings erst am 2. Mai 2002 begonnen). Am 8. September 2002 machte der Beschwerdeführer alsdann gegenüber der Firma die bei ordentlicher Kündigungsfrist geschuldeten Löhne der Monate August und September 2002 geltend. Diese wurden durch den von der Firma gemäss Anzeige an den Versicherten vom 11. September 2002 mit der Liquidation der Gesellschaft beauftragten Rechtsanwalt am 16. September 2002 anerkannt. Der Rechtsanwalt stellte in diesem Schreiben wegen Insolvenz eine Konkurseröffnung innert weniger Wochen in Aussicht. Daraufhin verzichtete der Beschwerdeführer auf weitere Schritte zur Realisierung der Lohnausstände. Der Konkurs wurde schliesslich elf Monate später am 14. August 2003 eröffnet und am 12. September 2003 mangels Aktiven eingestellt.
3.2 Zwar ist nachvollziehbar, dass der Versicherte im Hinblick auf die am 16. September 2002 angekündigte, angeblich unmittelbar bevorstehende Konkurseröffnung zunächst von weiteren Schritten zur Geltendmachung und Realisierung der Lohnforderungen Abstand genommen hat. Zu einem Verzicht auf weitere Massnahmen zur Realisierung der Verdienstansprüche bestand aber mit der Vorinstanz spätestens dann kein Anlass mehr, als sich herausstellte, dass der Konkurs nicht, wie angekündigt, in den nächsten Wochen eröffnet worden war. Trotzdem unternahm der Beschwerdeführer über Monate hinweg nichts mehr zur Durchsetzung der Lohnforderung und unterliess es insbesondere, den von der Firma zur Liquidation eingesetzten Rechtsanwalt nochmals anzugehen und seinen Ansprüchen Nachdruck zu verleihen oder sofort ein Betreibungsbegehren zu stellen. Dies, obschon ihm die schlechte finanzielle Lage des Betriebs bekannt war und er konkret mit einem Lohnverlust rechnen musste. Ebenso wenig kontaktierte er nochmals die direkt im Anschluss an die Kündigung erstmals aufgesuchte Rechtsauskunftstelle Y.________ unter Verweis auf die geänderte Sachlage.
Nicht gefolgt werden kann dem Versicherten sodann, wenn er geltend macht, es sei ihm angesichts der finanziellen Situation der Arbeitgeberin nicht zumutbar gewesen, die für die Durchsetzung der Lohnansprüche auf dem betreibungsrechtlichen Weg erforderlichen Kostenvorschüsse zu leisten, welche durch die spätere Einstellung des Konkurses ohnehin verloren gegangen wären. Mit den bereits im vorinstanzlichen Verfahren angerufenen Umständen (Lohnausstände seit Stellenantritt; Erläuterungen des mit der Liquidation beauftragten Rechtsanwaltes vom 11. und 16. September 2002, wonach die Forderungen wegen Insolvenz wohl kaum beglichen werden könnten), vermag der Beschwerdeführer nicht nachzuweisen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt keine Aussicht auf Bezahlung des ausstehenden Geldes oder eines Teils davon mehr bestand. Im Hinblick darauf, dass der Konkurs erst am 14. August 2003 und damit rund elf Monate nach den Mitteilungen vom 11. und 16. September 2002 eröffnet wurde, bedürfte es diesbezüglich eines eindeutigen Nachweises. Denn es kann unter arbeitslosenversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht Sache des Versicherten sein, darüber zu entscheiden, ob weitere Vorkehren zur Realisierung der Lohnansprüche erfolgversprechend sind oder nicht. Vielmehr hat er im Rahmen der ihm obliegenden Schadenminderungspflicht grundsätzlich alles ihm Zumutbare zur Wahrung der Lohnansprüche vorzunehmen (ebenso: Urteil H. vom 3. Dezember 2003, C 148/03). Ohnehin hatte es der Versicherte nicht nur unterlassen, die Forderung betreibungsrechtlich einzufordern, sondern er verzichtete darüber hinaus, sich mit dem Rechtsanwalt erneut in Verbindung zu setzen, als die angekündigte Konkurseröffnung auf sich warten liess.
3.3 Indem der Beschwerdeführer über einen derart langen Zeitraum gänzlich untätig geblieben ist, obwohl ein Handeln dringend angezeigt gewesen wäre, hat er die ihm obliegende Schadenminderungspflicht in einer Weise verletzt, welche die verfügte Leistungsverweigerung als rechtens erscheinen lässt (vgl. ARV 2002 Nr. 8 S. 62, 1999 Nr. 24 S. 140).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Zürich, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft und zugestellt.
Luzern, 29. Dezember 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: