BGer B 28/2006
 
BGer B 28/2006 vom 12.01.2007
Tribunale federale
{T 7}
B 28/06
Urteil vom 12. Januar 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger und Borella,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.
Parteien
Z.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Yves Derendinger, Wengistrasse 24, 4502 Solothurn,
gegen
Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst PRD, Hohlstrasse 552, 8048 Zürich, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Berufliche Vorsorge,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 3. Januar 2006.
Sachverhalt:
A.
Z.________ (geb. 1972) war vom 1. November 1999 bis 31. Mai 2001 bei der Firma G.________ angestellt. Für diese Tätigkeit war er im Rahmen der beruflichen Vorsorge bei der Sammelstiftung BVG der Elvia Leben (nunmehr Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft; nachfolgend Vorsorgeeinrichtung) versichert. Die per Austritt am 31. Mai 2001 Z.________ zustehende Austrittsleistung von Fr. 5255.- verwendete die Vorsorgeeinrichtung mangels entsprechender Mitteilung als Einmaleinlage für eine Freizügigkeits-Police. Mit Schreiben vom 21. Januar 2002 teilte Z.________ der Vorsorgeeinrichtung mit, dass er sich selbstständig gemacht habe und die Barauszahlung der Freizügigkeitspolice wünsche. Am 30. April 2002 erhielt die Vorsorgeeinrichtung von der Comunitas Pensionskasse des Schweizerischen Gemeindeverbandes eine Freizügigkeitsleistung über Fr. 18'541.15 für eine Person gleichen Namens. Dieses Guthaben baute die Vorsorgeeinrichtung irrtümlicherweise in die Freizügigkeits-Police des Z.________ ein. Nachdem die Vorsorgeeinrichtung die erforderlichen Unterlagen für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erhalten hatte, überwies sie Z.________ am 1. Juli 2002 eine Austrittsleistung von Fr. 24'018.-.
Am 27. Januar 2004 stellte die Vorsorgeeinrichtung auf Grund einer telefonischen Anfrage der Comunitas Pensionskasse und nachfolgenden internen Abklärungen fest, dass sie die überwiesene Freizügigkeitsleistung von Fr. 18'541.15 zu Unrecht Z.________ gutgeschrieben hatte. Die Austrittsleistung war für einen anderen Z.________ bestimmt, der ebenfalls bei der Klägerin eine Freizügigkeitspolice besass und mit Ausnahme einer Ziffer die gleiche AHV-Nummer wie Z.________ besass. Mit Schreiben vom 28. Januar 2004 forderte die Allianz von Z.________ den zu viel ausbezahlten Betrag von Fr. 18'541.15 zurück. Z.________ lehnte dieses Ansinnen mit Schreiben vom 23. Februar 2004 ab mit der Begründung, er habe das ganze Kapital in eine selbstständige Existenz investiert und verloren.
B.
Auf Klage der Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft vom 10. Dezember 2004 hin verpflichtete das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 3. Januar 2006 Z.________, der Klägerin Fr. 18'541.15 nebst Zins zu 5 % ab 2. April 2004 zu bezahlen, und hob den Rechtsvorschlag in der Betreibung des Betreibungsamtes Solothurn (Zahlungsbefehl vom 29. April 2004) auf.
C.
Z.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Klage vom 10. Dezember 2004 vollumfänglich abzuweisen.
Die Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Kantonales Gericht und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Am 1. Januar 2005 ist die 1. BVG-Revision gemäss Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 in Kraft getreten (AS 2004 1700). Mit Art. 35a BVG (in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 Ziff. 4 BVG) besteht nunmehr ab In-Kraft-Treten der Revision am 1. Januar 2005 für den Bereich der obligatorischen und weitergehenden beruflichen Vorsorge eine eigenständige gesetzliche Vorschrift für die Rückerstattung zu Unrecht bezogener Leistungen. Weil jedoch in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 131 V 109 Erw. 1, 129 V 4 Erw. 1.2, 127 V 467 Erw. 1), sind angesichts der am 1. Juli 2002 erfolgten Auszahlung, der Ende April 2004 eingeleiteten Betreibung und der am 10. Dezember 2004 eingereichten Klage die neuen Bestimmungen nicht anwendbar (BGE 119 Ib 110 mit Hinweisen; SZS 2000 S. 154 Erw. 5b, B 33/97).
3.
Nach der Rechtsprechung richtet sich der Rückforderungsanspruch der Vorsorgeeinrichtung bei Fehlen einer entsprechenden reglementarischen Bestimmung - für die Zeit bis zum In-Kraft-Treten der 1. BVG-Revision per 1. Januar 2005 - sowohl im Bereich der obligatorischen wie auch der weitergehenden Vorsorge nach den Art. 62 ff. OR (BGE 128 V 236; SZS 2004 S. 401 [B 87/00], vgl. auch BGE 128 V 50 und 115 V 115). Nach Art. 62 Abs. 1 OR hat die Bereicherung zurückzuerstatten, wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist. Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat (Abs. 2). Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann laut Art. 63 Abs. 1 OR das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat. Gemäss Art. 64 OR kann die Rückerstattung insoweit nicht gefordert werden, als der Empfänger nachweisbar zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn, dass er sich der Bereicherung entäusserte und hiebei nicht in gutem Glauben war oder doch mit der Rückerstattung rechnen musste. Der Bereicherungsanspruch verjährt nach Art. 67 Abs. 1 OR mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs (dazu auch SZS 2004 S. 461).
4.
4.1 Auf Grund der Akten steht fest, dass der Beschwerdeführer bei seinem Eintritt in die Vorsorgeeinrichtung seines damaligen Arbeitgebers am 1. November 1999 keine Freizügigkeitsleistung eingebracht hatte. Bei seinem Austritt am 31. Mai 2001 teilte ihm die Sammelstiftung BVG der Elvia Leben am 10. August 2001 mit, die ihm zustehende Austrittsleistung von Fr. 5255.- werde als Einmaleinlage für eine Freizügigkeits-Police verwendet. Mit Schreiben vom 16. Mai 2002 gab ihm die Beschwerdegegnerin bekannt, zu Gunsten seiner Freizügigkeitspolice sei per 30. April 2002 der Betrag von Fr. 18'541.15 gutgeschrieben worden, "vergütet durch die Comunitas Pensionskasse des Schweiz. Gemeindeverbandes, Bern". Die Vergütung werde als Einmaleinlage zur Erhöhung der bestehenden Freizügigkeits-Police verwendet. Im Juni 2002 reichte der Beschwerdeführer die für eine Barauszahlung erforderlichen Unterlagen betreffend Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ein. In der Folge liess er sich die um die erwähnte Gutschrift von Fr. 18'541.15 erhöhte Austrittsleistung ohne Widerspruch auszahlen.
4.2 Auf Grund dieses Sachverhalts ist mit dem kantonalen Gericht festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Barauszahlung am 1. Juli 2002 nicht gutgläubig war im Sinne von Art. 64 OR (dazu: BGE 116 II 692 Erw. 3b/bb in fine mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hatte bei Beginn des Vorsorgeverhältnisses am 1. November 1999 und während dessen Dauer seiner Vorsorgeeinrichtung nie eine Freizügigkeitsleistung überweisen lassen. Bei seinem Austritt per 31. Mai 2001 wurde ihm die Höhe der Austrittsleistung mit Fr. 5255.- mitgeteilt. Ferner orientierte ihn die Beschwerdegegnerin am 16. Mai 2002 über die am 30. April 2002 erfolgte Gutschrift über Fr. 18'541.15. Aus dem Brief vom 16. Mai 2002 musste der Beschwerdeführer erkennen, dass diese Gutschrift nicht ihn betreffen konnte, da er zu keiner Zeit der Comunitas Pensionskasse des Schweizerischen Gemeindeverbandes in Bern angehört hatte. Ebensowenig hatte er entgegen seiner Darstellung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei der Beschwerdegegnerin den Zusammenruf weiterer ihn betreffender Freizügigkeits-Policen verlangt. Vielmehr hatte er in beiden Gesuchen um Barauszahlung vom 21. Januar und 13. Juni 2002 ausdrücklich auf die Freizügigkeitspolice Bezug genommen. Abgesehen davon gibt es im Unterschied zur AHV (vgl. Art. 141 AHVV) in der beruflichen Vorsorge das Institut des Kontenzusammenrufs nicht. Unter diesen Umständen war der Beschwerdeführer nicht gutgläubig im Sinne von Art. 64 OR. Das kantonale Gericht hat daher zu Recht die Klage gutgeheissen, da die Rückforderungsvoraussetzungen nach den Art. 62 ff. OR erfüllt sind. Dabei ist unerheblich, ob der Irrtum oder die Fahrlässigkeit der Vorsorgeeinrichtung entschuldbar ist oder nicht (SZS 2004 S. 461).
5.
Da es sich bei der vorliegenden Streitsache um einen Prozess um Versicherungsleistungen handelt, ist das Verfahren nach Art. 134 OG (Abs. 1, in der seit 1. Juli 2006 gültigen Fassung) kostenlos. Die obsiegende und nicht vertretene Vorsorgeeinrichtung hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (BGE 126 V 143).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 12. Januar 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: