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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4C.365/2006 /len
Urteil vom 16. Januar 2007
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Kiss,
Gerichtsschreiberin Sommer.
Parteien
X.________,
Kläger, Beklagter und Berufungskläger,
gegen
Y.________ AG,
Klägerin, Beklagte und Berufungsbeklagte,
vertreten durch Rechtsanwalt Walter Wagner.
Gegenstand
Mietvertrag; missbräuchliche Kündigung,
Berufung gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Präsident der III. Zivilkammer,
vom 14. September 2006.
Sachverhalt:
A.
X.________ (Berufungskläger) betrieb in den von der Y.________ AG (Berufungsbeklagte) gemieteten Räumlichkeiten im Einkaufszentrum A.________-Center eine Chemische Reinigung. Den Mietvertrag für Geschäftsräume vom 8. Juli 2004 kündigte die Berufungsbeklagte mit Schreiben vom 11. Oktober 2005 per 20. April 2006.
B.
Am 10. November 2005 gelangte der Berufungskläger an die Schlichtungsstelle für Miet- und Pachtverhältnisse des Gerichtskreises Werdenberg-Sargans. Er focht die Kündigung als missbräuchlich an und ersuchte eventualiter um erstmalige angemessene Erstreckung des Mietverhältnisses. Die Schlichtungsstelle erkannte mit Entscheid vom 22. Dezember 2005 auf Gültigkeit der Kündigung und erstreckte das gekündigte Mietverhältnis erstmalig bis zum 30. April 2007.
Beide Parteien akzeptierten diesen Entscheid nicht und gelangten an das Kreisgerichtspräsidium Werdenberg-Sargans. Der Berufungskläger begehrte die Feststellung der Missbräuchlichkeit der Kündigung, allenfalls die Erstreckung bis zum 30. April 2009. Die Berufungsbeklagte beantragte die Abweisung dieser Begehren und die Verweigerung einer Erstreckung. Das angerufene Gericht behandelte die beiden Klagen in getrennten Verfahren. Es wies am 8. März 2006 die Klage auf Anfechtung der Kündigung ab und hiess diejenige auf Verweigerung der Erstreckung gut.
Gegen die beiden Urteile vom 8. März 2006 erhob der Berufungskläger kantonale Berufung an das Kantonsgericht St. Gallen unter Aufrechterhaltung seiner vorinstanzlich gestellten Begehren. Das Kantonsgericht vereinigte die beiden Verfahren. Mit Entscheid vom 14. September 2006 wies es die Berufungen ab, reduzierte aber die vom Berufungskläger an die Berufungsbeklagte für deren erstinstanzliche Parteikosten zu bezahlende Entschädigung auf Fr. 120.--.
C.
Der Berufungskläger beantragt mit eidgenössischer Berufung, den Entscheid des Kantonsgerichts aufzuheben und festzustellen, dass die Kündigung vom 11. Oktober 2005 missbräuchlich sei. Allenfalls sei "die von der Schlichtungsstelle gewährte erstmalige Erstreckung um 3 Jahre auf 30. April 2009 zu gewähren". Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem OG (Art. 132 Abs. 1 BGG).
2.
2.1 Die Berufungsanträge sind zu begründen (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). In der Berufungsschrift ist anzugeben, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt sind. Dabei ist auf die Begründung des angefochtenen Entscheids einzugehen und im Einzelnen aufzuzeigen, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt (BGE 116 II 745 E. 3 S. 749). Auf nicht oder ungenügend begründete Begehren tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 105 II 308 E. 6 S. 316).
2.2 Im Berufungsverfahren hat das Bundesgericht seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz als wahr und vollständig zugrunde zu legen, es sei denn, diese beruhten auf einem offensichtlichen Versehen, seien unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder bedürften der Ergänzung, weil das kantonale Gericht in fehlerhafter Rechtsanwendung einen gesetzlichen Tatbestand nicht oder nicht hinreichend klärte, obgleich ihm die entscheidwesentlichen Behauptungen und Beweisanträge frist- und formgerecht unterbreitet wurden (vgl. Art. 63 und 64 OG; BGE 130 III 102 E. 2.2; 127 III 248 E. 2c). Die Partei, die den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt haben will, hat darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG; BGE 115 II 484 E. 2a).
Die vorliegende Berufungsschrift enthält zahlreiche Vorbringen, die über die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil hinausgehen, ohne dass Sachverhaltsrügen vorgetragen würden, die den genannten Begründungsanforderungen entsprächen. Insoweit ist der Berufungskläger nicht zu hören.
3.
3.1 Die Vorinstanz befand, dass entgegen der Ansicht des Berufungsklägers weder eine missbräuchliche Kündigung i.S.v. Art. 271 Abs. 1 OR noch eine solche i.S.v. Art. 271a Abs. 2 OR vorliege. Gegen die Verneinung einer missbräuchlichen Kündigung nach Art. 271a Abs. 2 OR bringt der Berufungskläger in seiner Berufungsschrift nichts vor. Hingegen wirft er der Vorinstanz im Zusammenhang mit der Generalklausel nach Art. 271 Abs. 1 OR vor, die angebotenen Beweise nicht oder nicht gehörig abgenommen bzw. die seines Erachtens von der Berufungsbeklagten vorgeschobenen Kündigungsgründe nicht überprüft zu haben. Insbesondere hätte die Vorinstanz den Wahrheitsgehalt des von der Berufungsbeklagten angegebenen Grundes, der Fluchtweg sei zwingend durch sein Geschäft zu bauen, abklären müssen.
3.2 Bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen ist die Kündigung anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst (Art. 271 Abs. 1 OR). Ein solcher Verstoss ist zu bejahen, wenn die Kündigung auf keinem schützenswerten Interesse beruht und damit schikanös ist oder zu einem krassen Missverhältnis berechtigter Interessen führen würde (BGE 132 III 737 E. 3.4.2 mit Hinweisen). Damit sich die Parteien ein Bild von der Interessenlage machen können, muss die Kündigung auf Verlangen begründet werden (Art. 271 Abs. 2 OR). Bei der Interessenabwägung ist auf die wahren Interessen der Parteien abzustellen, weshalb bloss vorgeschobene Kündigungsgründe insoweit unbeachtlich sind (BGE 120 II 31 E. 4a S. 33; Urteil 4C.61/2005 vom 27. Mai 2005, E. 4.1, publ. in: SJ 2006 I S. 34 ff.; Urteil 4C. 267/2002 vom 18. November 2002, E. 2.2, publ. in: SJ 2003 I S. 261 ff.). Es genügt, wenn sich von mehreren angegebenen Kündigungsgründen einer nicht als treuwidrig erweist (Urteil 4C.400/1998 vom 23. März 1999, E. 4a und 4b, publ. in: mp 1999, S. 195 ff.). Das Motiv einer Kündigung ist eine Tatfrage (BGE 127 III 86 E. 2a; 115 II 484 E. 2b S. 486).
3.3 Die Vorinstanz ging davon aus, die Berufungsbeklagte berufe sich gemäss ihrem Kündigungsschreiben vom 11. Oktober 2005 auf den geplanten Umbau und die Umstellung des A.________-Centers. Im Laufe des Verfahrens habe sie die anfangs vorgebrachte doppelte Begründung der Kündigung - Umbau und Umstellung des A.________-Centers - aufgegeben. Die zunächst mit dem Argument des Fluchtweges geltend gemachten baulichen Gründe für die Kündigung seien in den Hintergrund getreten, während die strategische Neuausrichtung des A.________-Centers verstärkt geltend gemacht worden sei. Selbst wenn die Behauptung des Berufungsklägers zutreffen sollte, dass eine bauliche Lösung möglich sei, die den Bestand seiner Chemischen Reinigung unberührt liesse, heisse das nicht, dass die Berufungsbeklagte einen unrichtigen Kündigungsgrund hätte vorschieben wollen. Denn es sei möglich, dass sich eine erste Einschätzung von Behörde und Berufungsbeklagter erst auf Nachfragen bei der Behörde als unrichtig erwiesen habe. Hinzu komme, dass jedenfalls die geschäftsstrategische Begründung der Kündigung nicht missbräuchlich sei. Diese Begründung entspreche den Tatsachen und bringe ein klares und legitimes Geschäftsinteresse der Berufungsbeklagten zum Ausdruck.
3.4 Da sich der Kündigungsgrund der strategischen Neuausrichtung des A.________-Centers als den Tatsachen entsprechend und somit nicht als vorgeschoben erwies, brauchte die Vorinstanz entgegen der Ansicht des Berufungsklägers nicht weiter zu prüfen, ob der Kündigungsgrund des Umbaus, insbesondere betreffend Fluchtweg, zutraf oder nicht. Vorliegend unbestritten ist, dass der festgestellte Kündigungsgrund der strategischen Umstellung des A.________-Centers in rechtlicher Hinsicht als nicht missbräuchlich zu qualifizieren ist.
4.
4.1 Die Vorinstanz untersuchte eingehend, ob dem Berufungskläger nach Art. 272 OR eine Erstreckung zu gewähren sei, und verneinte dies schliesslich. Bezüglich der Verweigerung der Erstreckung rügt der Berufungskläger, die Vorinstanz habe fälschlicherweise angenommen, dass er keine genügenden Anstrengungen unternommen habe, um ein geeignetes Ersatzlokal zu finden.
Damit richtet er sich in unzulässiger Weise gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Diese hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass der Berufungskläger bis heute keine genügenden Nachweise über seine Suchbemühungen geliefert hat. Das Vorliegen von Suchbemühungen ist im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Härtegrund der schwierigen Marktsituation (Art. 272 Abs. 2 lit. e OR) auch schon bei der erstmaligen Erstreckung zu berücksichtigen (Urteil 4C.425/2004 vom 9. März 2005, E. 3.4 mit Hinweis; Weber, Basler Kommentar, N. 13 zu Art. 272 OR). Dagegen wendet sich der Berufungskläger zu Recht nicht. Er stellt den Erwägungen der Vorinstanz lediglich seine eigene Darstellung der Sachlage gegenüber und bringt zudem unzulässige Noven vor, so wenn er behauptet, er habe gute Chancen, im Juli 2008 eine entsprechende Mietfläche zu erhalten. Unbehelflich sind auch seine Ausführungen betreffend die Schliessung der Filiale in B.________, da es vorliegend um ein Ersatzobjekt in der Umgebung von A.________ geht. Der Berufungskläger begründet im Zusammenhang mit seiner eigenen Sachverhaltsdarstellung keine Ausnahme von der Bindung des Bundesgerichts an die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG. Seine Vorbringen können daher nicht gehört werden (Erwägung 2.2 hiervor).
4.2 Der Berufungskläger wirft der Vorinstanz vor, Art. 274d OR verletzt zu haben. Sie hätte aufgrund der Untersuchungsmaxime sämtliche Unterlagen bei der Urteilsfindung beiziehen müssen.
Mit diesem pauschalen, nicht näher konkretisierten Vorwurf genügt der Berufungskläger den Begründungsanforderungen an eine Berufung nicht (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; Erwägung 2.1 hiervor). Ohnehin hat die Vorinstanz unter Bezugnahme auf die soziale Untersuchungsmaxime geprüft, ob weitere Beweise abzunehmen seien. Sie konnte weder aufgrund der berufungsklägerischen Ausführungen im kantonalen Berufungsverfahren noch sonst Anhaltspunkte dafür erkennen, dass das erstinstanzliche Zugeständnis des Berufungsklägers, er "mache keinen Wind", solange bezüglich des hängigen Verfahrens keine Gewissheit bestehe, unrichtig protokolliert worden wäre. Welche Unterlagen oder sonstige Beweise die Vorinstanz übergangen hätte oder welche Vorbringen sie noch hätte abklären müssen, zeigt der Berufungskläger nicht auf.
4.3 Auf der Grundlage des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts ist eine bundesrechtswidrige Verweigerung einer Erstreckung weder dargetan noch ersichtlich.
5.
Auf die Berufung kann grösstenteils nicht eingetreten werden. Im Übrigen ist sie abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Berufungskläger kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Berufungskläger auferlegt.
3.
Der Berufungskläger hat die Berufungsbeklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Präsident der III. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Januar 2007
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: