Tribunale federale
Tribunal federal
H 176/06{T 7}
Urteil vom 16. Januar 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke.
Parteien
H.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Daniel Landolt, Wächlenstrasse 5, 8832 Wollerau,
gegen
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400 Winterthur, Beschwerdegegner.
Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. September 2006.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 22. März 2005 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Zürich H.________ als früheren Gesellschafter und Geschäftsführer der konkursiten G.________ GmbH zur Bezahlung von Schadenersatz für entgangene Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von Fr. 71'605.50. In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Einsprache reduzierte sie mit Entscheid vom 9. November 2005 die Schadenersatzforderung auf Fr. 64'167.20 und wies gleichzeitig das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ab.
B.
Am 12. Dezember 2005 liess H.________ dagegen Beschwerde erheben. Ein gleichzeitig gestelltes Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wies das angerufene Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 19. September 2006 mangels Bedürftigkeit ab.
C.
H.________ hat Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und es sei ihm die unentgeltliche Verbeiständung zu bewilligen. Zudem stellt er auch für das letztinstanzliche Verfahren ein Begehren um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 395 E. 1.2).
2.
2.1 Der kantonale Entscheid über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege gehört zu den Zwischenverfügungen, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er kann daher selbstständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim (früheren) Eidgenössischen Versicherungsgericht angefochten werden (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 und 2 lit. h VwVG sowie Art. 97 Abs. 1 und 128 OG ; BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 115).
2.2 Im Beschwerdeverfahren über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das kantonale Versicherungsgericht sind keine Versicherungsleistungen streitig, weshalb das Bundesgericht nur zu prüfen hat, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 100 V 62 Erw. 2).
3.
Die Rechtsprechung gemäss BGE 131 V 483, wonach die Unterschrift des Gerichtspräsidenten oder Einzelrichters Gültigkeitserfordernis für einen Zwischenentscheid darstellt, wurde im Urteil Ausgleichskasse Verom gegen Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 14. Juli 2006, I 252/06, wiedergegeben in Anwaltsrevue 2006/11 S. 444, dahingehend präzisiert, dass sich die Frage, wer den Entscheid eines kantonalen Versicherungsgerichts zu unterzeichnen hat, nach kantonalem Recht richtet, soweit dieses eine entsprechende Regelung enthält.
Gemäss zürcherischem Recht werden gerichtliche Entscheide, die keine Sachurteile darstellen, lediglich vom Gerichtssekretär als kanzleibediensteter Urkundsperson unterzeichnet (vgl. § 156 in Verbindung mit § 126 des Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich [GVG]). Dass der angefochtene Zwischenentscheid nur die Unterschrift der Gerichtssekretärin trägt, ist deshalb nicht zu beanstanden.
4.
4.1 Nach Art. 61 ATSG bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 VwVG nach kantonalem Recht. Es hat den in lit. a-i aufgezählten Anforderungen zu genügen. Art. 61 lit. f ATSG hält fest, dass das Recht, sich verbeiständen zu lassen, gewährleistet sein muss. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Partei ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt. Diese Vorschrift gilt laut Art. 2 ATSG und Art. 1 AHVG von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen auch im Bereich der Alters- und Hinterlassenenversicherung (vgl. auch Art. 29 Abs. 3 Satz 2 BV und § 16 Abs. 1 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 7. März 1993); mit Inkraftsetzung des ATSG ist Art. 85 Abs. 2 lit. f Sätze 1 und 2 AHVG aufgehoben worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat sich inhaltlich nichts geändert, sodass die zu alt Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG ergangene Rechtsprechung weiterhin anwendbar ist (SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 [Urteil D. vom 21. August 2003, H 106/03]).
4.2 Die Vorinstanz hat die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der unentgeltlichen Verbeiständung im Allgemeinen (keine Aussichtslosigkeit, Bedürftigkeit, sachliche Gebotenheit der anwaltlichen Hilfe; BGE 103 V 47 Erw. II.1b, 100 V 62 Erw. 3 in Verbindung mit SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 Erw. 2.1; RKUV 1996 Nr. U 254 S. 209 Erw. 2, 1994 Nr. U 184 S. 78 Erw. 4a; vgl. auch BGE 125 V 202 Erw. 4a) sowie zur Beurteilung der Bedürftigkeit im Besonderen (BGE 130 I 182 Erw. 2.2, 128 I 232 Erw. 2.5.2, 103 V 47) zutreffend dargelegt. Richtig ist insbesondere, dass von einem Grundstückeigentümer verlangt werden kann, einen Kredit auf sein Grundstück aufzunehmen, soweit dieses noch belastet werden kann (Urteil U. vom 7. Juli 2003, U 356/02, Erw. 3.2, mit Hinweis auf BGE 119 Ia 12 Erw. 5 und nicht publizierte Erw. 7 des Urteils SVR 2002 EL Nr. 9 S. 21). Darauf wird verwiesen.
5.
5.1 Das kantonale Gericht hat das Begehren um unentgeltliche Verbeiständung mit der Begründung abgewiesen, zwar verbleibe bei Einkünften von monatlich Fr. 3'909.- und Ausgaben von Fr. 3'411.20 nach praxisgemässer Berücksichtigung eines Freibetrages von Fr. 500.- kein Überschuss mehr. Jedoch sei es dem Beschwerdeführer zumutbar - unter Beanspruchung der seiner Ehefrau obliegenden ehelichen Unterhaltspflicht, die Liegenschaften (die selbstbewohnte Eigentumswohnung in F.________ im Eigentum der Ehefrau mit einem Steuerwert von Fr. 493'200.- sowie die Liegenschaft in W.________ mit einem Steuerwert von Fr. 2'200.-) hypothekarisch höher zu belasten.
5.2 Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, eine solche Erhöhung der Hypothek sei ihm mit Blick auf die allgemein bekannten Grundsätze der Berechnung der Tragbarkeit von Hypotheken gar nicht möglich. Gemäss diesen dürfe die monatliche Belastung mit Hypothekarzinsen und Nebenkosten höchstens ein Drittel des verfügbaren Einkommens betragen. Um eine mittel- und längerfristige Tragbarkeit sicherzustellen, werde dabei mit einem mittleren Zinssatz von 5% für erste Hypotheken gerechnet; die Unterhaltskosten würden je nach Bank mit 0.5-1% des Anlagewertes berücksichtigt. Dies ergebe bei der derzeitigen Belastung von Fr. 400'000.-, einem hypothetischen Zins von 5% und minimalen Nebenkosten von 0.5% eines Anlagewertes von Fr. 500'000.- eine jährliche Belastung von Fr. 22'500.-, was rund 48% des aus Renten- und Ergänzungsleistungen sowie Vermögenserträgen bestehenden Einkommens von Fr. 46'908.- jährlich betrage.
5.3 Zwar gilt für die Beurteilung der Tragbarkeit tatsächlich die Faustregel, dass die hypothekarische Belastung nicht mehr als ein Drittel des Einkommens betragen soll. Bei der Berechnung berücksichtigen die Banken jedoch je nach Kulanz nicht immer einen hypothetischen Zinssatz von 5%, sondern oft nur den effektiven Zinssatz, wie gerade das Beispiel des Beschwerdeführers zeigt: Mit der Hypothek über Fr. 400'000.- bei jährlichen Zinsen von Fr. 10'800.-, entsprechend einem Zinssatz von 2.7%, gewährte die Bank offensichtlich einen Kredit, der mit Blick auf das Einkommen von Fr. 46'908.- nur bei Berücksichtigung des effektiven Zinssatzes als tragbar im Sinne der genannten Faustregel erscheint, während die jährliche Belastung bei einem hypothetischen Zinssatz von 5%, wie vom Beschwerdeführer dargelegt, weit über ein Drittel des Einkommen betragen würde.
Es ist damit entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zum Vornherein ausgeschlossen, dass die Liegenschaften höher belastet werden können. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Bank eine Erhöhung der Hypothek um einen Betrag von Fr. 5000.- oder Fr. 10'000.- zur Deckung der Anwaltskosten gewähren wird, allenfalls sogar zum gleichen Zinssatz wie die bereits bestehende Hypothek, zumal sich bei einem zusätzlichen Kapitalbedarf von beispielsweise Fr. 10'000.- die jährliche Belastung bei einem Zinssatz auch von 3% lediglich um Fr. 300.- erhöhen würde. Unter diesen Umständen genügt es nicht, wenn der Beschwerdeführer in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde lediglich auf allgemeine Grundsätze der Berechnung der Tragbarkeit verweist. Vielmehr wäre er, um den ihm obliegenden Nachweis zu erbringen (vgl. Anwaltsrevue 2003 S. 272 [Urteil G. vom 21. März 2003, B 54/02, mit Hinweis auf SVR 1998 UV Nr. 11 S. 32 Erw. 4c/bb]), gehalten gewesen, eine entsprechende Bankbestätigung beizubringen, dass eine solche Erhöhung der Hypothek nicht möglich ist (erwähntes Urteil G., Erw. 4.3, sowie Urteil J. vom 4. Juli 2001, U 29/01, Erw. 2c). Da er dies unterlassen hat, ist nicht rechtsgenüglich dargetan, dass die vorinstanzliche Feststellung, wonach dem Beschwerdeführer eine Erhöhung der hypothekarischen Belastung der Liegenschaften möglich sei, nicht zutrifft, weshalb es bei der Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Verfahren sein Bewenden hat.
6.
Streitigkeiten im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege unterliegen grundsätzlich nicht der Kostenpflicht, weshalb keine Gerichtskosten zu erheben sind (SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 7 Erw. 5). Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung ist somit gegenstandslos.
Wurde der Nachweis der Bedürftigkeit vom Beschwerdeführer nicht erbracht, kann die unentgeltliche Verbeiständung auch im letztinstanzlichen Verfahren nicht gewährt werden (Art. 152 OG in Verbindung mit Art. 135 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 16. Januar 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: