Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.587/2006 /ble
Urteil vom 18. Januar 2007
II. Öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Hatzinger.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Ilg,
gegen
Justiz- und Polizeidepartement des Kantons
St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen.
Gegenstand
Aufenthalt,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 24. August 2006.
Sachverhalt:
A.
X.________ (geb. 1974), türkischer Staatsangehöriger, reiste Ende 2003 in die Schweiz ein und heiratete am 11. Mai 2004 in Basel die Landsmännin Y.________ (geb. 1967), welche über die Niederlassungsbewilligung verfügt. Die Ehefrau ersuchte darauf um Familiennachzug des Ehemanns; zuerst stellte sie in Basel ein entsprechendes Gesuch und in der Folge am 27. April 2005 beim Ausländeramt des Kantons St. Gallen. Während der Antrag in Basel aufgrund ihrer Abmeldung aus dem Kanton abgeschrieben wurde, wies die St. Galler Behörde das dortige Gesuch am 30. Januar 2006 ab und setzte X.________ eine Frist, die Schweiz zu verlassen. Zur Begründung wurde u.a. angeführt, es bestehe der Verdacht, dass die Ehe nicht gelebt werde, suche der Ehemann doch in Basel eine Stelle und habe er den Mietvertrag der Wohnung in St. Gallen nicht unterzeichnet. Gegen diese Verfügung rekurrierte Y.________ am 13. Februar 2006 beim Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen. Mit Eingabe vom 28. Februar 2006 bezog sich X.________ auf diesen Rekurs und ersuchte das Departement, seinen Aufenthalt während des Verfahrens im Sinne einer vorsorglichen Massnahme zu bewilligen. Am 7. April 2006 wies das Departement den Rekurs von Y.________ ab. In den Erwägungen hielt es u.a. fest, mit seinem Entscheid sei das Gesuch von X.________ gegenstandslos geworden; ob darauf einzutreten gewesen wäre, obwohl dieser nicht rekurriert habe, könne daher offen bleiben.
B.
Gegen diesen Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements gelangte X.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Dieses trat am 24. August 2006 (Zustellung des Urteils: 31. August 2006) auf die Beschwerde nicht ein, weil X.________ sich am Verfahren vor dem Departement nicht beteiligt habe und demzufolge durch den angefochtenen Entscheid nicht formell beschwert sei.
C.
X.________ hat am 2. Oktober 2006 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur materiellen Beurteilung seines Aufenthaltsanspruchs zurückzuweisen.
Mit Eingabe vom 20. Oktober 2006 hat der Beschwerdeführer einen Arbeitsvertrag der Ehefrau nachgereicht. Am 24. November 2006 hat er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung ersucht.
Antragsgemäss hat der Abteilungspräsident am 28. November 2006 der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das Verwaltungsgericht, das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen sowie das Bundesamt für Migration beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; Art. 132 Abs. 1 BGG).
1.2 Angefochten ist ein Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, einer kantonal letzten Instanz. In der Sache geht es um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, auf welche der Beschwerdeführer gemäss Art. 17 Abs. 2 ANAG einen Anspruch hat. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher grundsätzlich zulässig, und zwar auch insoweit, als die Vorinstanz gemäss kantonalem Verfahrensrecht auf die Beschwerde nicht eingetreten ist (vgl. BGE 132 II 250 E. 4 S. 253; 127 II 264 E. 1a S. 267). Mit diesem Rechtsmittel kann im Übrigen auch geltend gemacht werden, das kantonale Verfahrensrecht sei in bundesrechtswidriger, namentlich in bundesverfassungswidriger, Weise angewendet worden.
2.
2.1 Nach Art. 98a Abs. 3 OG sind im Verfahren vor der letzten kantonalen Instanz Beschwerdelegitimation und Beschwerdegründe mindestens im gleichen Umfang wie für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zu gewährleisten. Das Verwaltungsgericht durfte daher an die Legitimation keine strengeren Anforderungen stellen, als sie in Art. 103 lit. a OG für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgesehen sind. Danach ist zu dieser Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Indessen ist nach Lehre und Rechtsprechung zu diesem Rechtsmittel nur befugt, wer formell beschwert erscheint, das heisst wer am Verfahren vor der unteren Instanz teilgenommen hat und mit seinen dort gestellten Anträgen ganz oder teilweise unterlegen ist. Von diesem Erfordernis wird nur abgesehen, wenn der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden an jenem Verfahren nicht teilnehmen konnte (vgl. BGE 130 II 514 E. 1 S. 516; 129 III 186 nicht publ. E. 1.2; 118 Ib 356 E. 1a S. 358 f., mit weiteren Hinweisen; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 155; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 542).
2.2 Der Beschwerdeführer stellt diese Grundsätze nicht zur Diskussion, macht aber geltend, er sei ohne Verschulden nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig Rekurs zu erheben, weil er erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist aus einem völlig anderen Kulturraum und ohne Kenntnis der schweizerischen Rechtsmittelmöglichkeiten in die Schweiz eingereist sei.
2.2.1 Das trifft indessen offensichtlich nicht zu, wie sich aus dem angefochtenen Entscheid und namentlich aus den Akten ergibt. Danach ist der Beschwerdeführer schon Ende 2003 in die Schweiz eingereist und hat am 11. Mai 2004 in Basel seine heutige Ehefrau geheiratet, die in der Folge im Kanton Basel-Stadt ein erstes Familiennachzugsgesuch stellte, das sie am 27. April 2005 im Kanton St. Gallen erneuerte. Während der ganzen Zeit hielt sich der Beschwerdeführer immer in der Schweiz auf, wenn auch ohne ordentliche Bewilligung. Insofern ist kein Grund ersichtlich, weshalb er die ihn direkt betreffende Verfügung des Ausländeramtes vom 30. Januar 2006, mit welcher das Familiennachzugsgesuch der Ehefrau abgewiesen und er selber angewiesen worden ist, die Schweiz bis zum 28. Februar 2006 zu verlassen, nicht innert Frist hätte anfechten können.
2.2.2 Zwar wurde diese Verfügung nur dem Vertreter seiner Ehefrau und nicht auch ihm persönlich zugestellt. Doch hat die Vorinstanz dazu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nicht geltend gemacht, es liege insoweit ein Eröffnungsfehler vor bzw. er habe von den Anordnungen des Ausländeramtes nicht rechtzeitig Kenntnis erhalten. Dagegen wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts vorgebracht. Damit fehlt es aber in der Tat am Erfordernis der formellen Beschwer (vgl. auch BGE 121 II 5 nicht publ. E. 1). Dass der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Departement ein Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen gestellt hat, ändert nichts daran, dass er in jenem Verfahren nicht Beschwerdeführer war und keine materiellen Anträge gestellt hat.
2.3 Wenn das Verwaltungsgericht unter diesen Umständen auf die bei ihm erhobene Beschwerde nicht eingetreten ist, hat es keine strengeren Anforderungen an die Beschwerdelegitimation gestellt, als sie für das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor Bundesgericht gelten, und insofern Art. 98a Abs. 3 OG nicht verletzt (vgl. auch Pra 2004 Nr. 157 S. 894, 1A.73/2004, E. 1.1). Dass es dabei kantonales Verfahrensrecht willkürlich angewendet habe, wird nicht geltend gemacht.
3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 36a OG abzuweisen. Da die Begehren zum vornherein aussichtslos erschienen, ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Art. 152 OG) ebenfalls abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig ( Art. 153, 153a und 156 Abs. 1 OG ). Parteientschädigungen sind keine geschuldet (vgl. Art. 159 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren gemäss Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Justiz- und Polizeidepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Januar 2007
Im Namen der II. Öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: