Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 7}
B 82/06
Urteil vom 19. Januar 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger und Seiler,
Gerichtsschreiber Attinger.
Parteien
H._________, 1958, Beschwerdeführer, vertreten
durch Rechtsanwalt Alfred Dätwyler, Bielstrasse 3, 4500 Solothurn,
gegen
Pensionskasse X.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle Vetter-Schreiber, Seestrasse 6, 8002 Zürich.
Gegenstand
Berufliche Vorsorge,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 12. Juni 2006.
Sachverhalt:
A.
H._________ (geb. 1958) bezieht infolge eines Unfalles vom 11. April 1997 Invalidenrenten der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV), der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) und seit 1. März 2001 der Pensionskasse X.________ (ganze Stamm- und vier Kinderrenten), Letztere in Höhe von insgesamt Fr. 793.- monatlich. Diese Leistungsausrichtung gemäss Schreiben der Pensionskasse vom 26. März 2002 beruhte auf der Überversicherungsregelung nach Art. 23 Ziff. 1 ihres ab 1. Januar 1998 geltenden Reglements, wonach Invaliditätsleistungen soweit gekürzt wurden, als sie zusammen mit den anderen anrechenbaren Leistungen 100 % des Brutto-Gesamteinkommens, zuzüglich allfälliger Kinderzulagen der versicherten Person, überstiegen.
Auf den 1. Januar 2005 hin trat das revidierte Reglement in Kraft, welches u.a. die Überversicherungsgrenze neu auf 90 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes festlegt (Schreiben der Pensionskasse an den Versicherten vom 2. Dezember 2004). Dem entsprechend legte die Vorsorgeeinrichtung die reglementarischen Invaliditätsleistungen mit Wirkung ab 1. Januar 2005 neu fest.
B.
H._________ erhob am 23. August 2005 Klage an das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit dem Rechtsbegehren, die Vorsorgeeinrichtung sei zu verpflichten, ihm Fr. 4718.-, nebst Zins zu 5 % seit 16. April 2005 (mittlerer Verfall), zu bezahlen. Das Versicherungsgericht hiess die Klage im Umfange von Fr. 1348.- teilweise gut, weil die neue Überversicherungsregelung erst nach einer Übergangsfrist von zwei Monaten wirksam werden könne; im Übrigen wies es die Klage ab (Entscheid vom 12. Juni 2006).
C.
H._________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und darin das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Während die Pensionskasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 395 Erw. 1.2).
2.
Streitig und als Frage des Bundesrechts frei zu prüfen (Art. 104 lit. a OG) ist, ob die Beschwerdegegnerin der koordinationsrechtlichen Berechnung der ab 1. März 2005 zu erbringenden Invalidenrente die neue reglementarische Überversicherungsgrenze von 90 % (statt wie bisher 100 %) zugrunde legen darf. Dabei steht fest, dass die Beschwerdegegnerin das neue Reglement als solches korrekt ausgelegt hat. Im Rahmen vorfrageweiser Prüfung (BGE 126 V 52 Erw. 3, 119 V 196 Erw. 3b) bleibt somit allein zu beurteilen, ob die angewendete neue Reglementsbestimmung mit übergeordnetem Recht kollidiert.
2.1 Nach Art. 24 Abs. 1 BVV2 kann die Vorsorgeeinrichtung die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen kürzen, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen. Die neue Reglementsbestimmung deckt sich somit bezüglich der Höhe der Überversicherungsgrenze mit der Lösung im Bereich der obligatorischen Mindestvorsorge (Art. 6 BVG), weshalb sie schon aus diesem Grund nicht als gesetzwidrig bezeichnet werden kann. Soweit die Beschwerdegegnerin als umhüllende Kasse die neue 90 %-Überversicherungsgrenze im Obligatoriumsbereich zur Anwendung bringt, entgeht sie von vornherein dem Vorwurf, übergeordnetes Recht zu verletzen, ist doch der Verordnungsgeber im Rahmen von Art. 34a Abs. 1 BVG zweifellos befugt, die Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile unter Berücksichtigung von Verfassung und Gesetz im Rahmen einer weiten Gestaltungsfreiheit zu regeln (BGE 130 V 78), wie er dies verschiedentlich gemacht hat (vgl. den letzten Satz des Art. 24 Abs. 2 BVV2, wonach mit Wirkung ab 1. Januar 2005 den Bezügern von Invalidenleistungen - im Gegensatz zur bisherigen Regelung [vgl. die mit BGE 123 V 88 begründete Rechtsprechung zur vorherigen Fassung] - nicht nur das weiterhin erzielte, sondern auch das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbs- oder Ersatzeinkommen angerechnet wird).
2.2 Was die weitergehende Vorsorge anbelangt, verkennt die Argumentation in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zum einen, dass die Vorsorgeeinrichtungen sich - vorbehältlich der in Art. 49 Abs. 2 Ziff. 1-26 BVG erwähnten Bestimmungen - im Rahmen des verfassungsmässigen Minimalstandards (rechtsgleiche Behandlung, Willkürverbot, Verhältnismässigkeit; BGE 132 V 154 Erw. 5.2.4 und 281 Erw. 4.2) frei einrichten können; Verletzungen dieser Art sind nicht ersichtlich. Zum andern übersieht der Beschwerdeführer, dass die Beschwerdegegnerin von Gesetzes wegen gar nicht verpflichtet wäre, ihm aus dem Unfall vom 11. April 1997, für welchen die SUVA aufkommt, Invalidenrenten aus weitergehender beruflicher Vorsorge zu erbringen (BGE 116 V 189). Wenn aber die Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin ausschliesslich auf reglementarischer Grundlage beruht, muss es ihr unbenommen sein, einzelne Modalitäten wie zum Beispiel die Überversicherung auf dem Weg der Reglementsänderung neu zu ordnen (BGE 122 V 316), was entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers und der von ihm zitierten Lehrmeinungen nicht gegen Art. 27 Abs. 2 ZGB verstösst. Der dafür erforderliche Abänderungsvorbehalt (BGE 117 V 221) im Reglement ist unstreitig vorhanden, wie die Vorinstanz dargelegt hat. Eine individuelle Zusicherung ist so wenig erfolgt wie ein reglementarischer Revisionsausschluss bezüglich der Überversicherung. Namentlich stellt auch die Mitteilung der Rentenhöhe vom 26. März 2002 keine solche Zusicherung dar, zumal sie auf reglementarischen Bestimmungen Bezug nimmt, was die reglementskonform geänderten Bestimmungen einschliesst. Von einem wohlerworbenen Recht kann daher nicht die Rede sein, zumal die Überversicherungsregelung das reglementarische Recht als solches - bezüglich der Anspruchsvoraussetzungen - nicht tangiert. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Regress der Vorsorgeeinrichtung ändern daran nichts.
3.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 134 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 19. Januar 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: