Tribunale federale
Tribunal federal
{T 7}
C 227/06
Urteil vom 28. März 2007
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Schön,
Gerichtsschreiberin Heine.
Parteien
Amt für Wirtschaft und Arbeit,
Abteilung Qualifizierung für Stellen Suchende,
Walchestrasse 39, 8006 Zürich, Beschwerdeführer,
gegen
B.________, 1959, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Paul Hollenstein, Stockerstrasse 39, 8002 Zürich.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 28. August 2006.
Sachverhalt:
A.
Die seit 15. April 2005 arbeitslose B.________ ist gelernte Sekretärin und arbeitete zuletzt vom 1. August 2002 bis 30. Juni 2004 beim Amt X.________ als Sachbearbeiterin. Am 4. Januar 2006 begann sie das Nachdiplomstudium FH Executive Master of Gerontology an der Fachhochschule Y.________ und stellte am 18. Februar 2006 ein Gesuch um Zustimmung zum Kursbesuch. Mit Verfügung vom 3. April 2006 lehnte das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) das Begehren ab mit der Begründung, die Dauer der Weiterbildung gehe über die Rahmenfrist hinaus. Daran hielt das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) mit Einspracheentscheid vom 9. Mai 2006 fest.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich in dem Sinne gut, dass der angefochtene Einspracheentscheid aufgehoben wurde mit der Feststellung, die Beschwerdeführerin habe Anspruch auf Bildungsmassnahmen. Die Sache wurde zur Festsetzung der Leistungen in masslicher Hinsicht an die Verwaltung zurückgewiesen (Entscheid vom 28. August 2006).
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das AWA die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids.
Die Versicherte lässt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf Vernehmlassung verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Im angefochtenen Entscheid werden die vorliegend massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über die von der Arbeitslosenversicherung geförderten Umschulungs-, Weiterbildungs- und Eingliederungsmassnahmen zu Gunsten von Versicherten, deren Vermittlungsfähigkeit aus Gründen des Arbeitsmarktes unmöglich oder stark erschwert ist ( Art. 59 Abs. 1 und 3 AVIG ), sowie die Rechtsprechung zur Abgrenzung der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Weiterbildung von der Grund- und allgemeinen beruflichen Weiterbildung (BGE 111 V 271 E. 2c S. 274) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.
2.1 In zeitlicher Hinsicht ist ergänzend festzustellen, dass nur Kurse von beschränkter Dauer als Massnahmen der Umschulung oder Weiterbildung im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne anerkannt werden können. Dabei hat eine Kursdauer von einem Jahr als obere Limite zu gelten; Leistungsgesuchen für länger dauernde Kurse kann nur ausnahmsweise entsprochen werden. Denn mehrjährige Bildungsgänge - d.h. eigentliche Grundausbildungen - sind vom Kreis der durch die Arbeitslosenversicherung zu übernehmenden Massnahmen regelmässig ausgeschlossen. Dagegen werden mehrmonatige Kurse als Vorkehren der Umschulung oder Weiterbildung im Sinne der Arbeitslosenversicherung anerkannt.
2.2 Als weiterer massgebender Gesichtspunkt ist sodann derjenige der sozialen Üblichkeit unter Berücksichtigung des Alters, der Motivation und der weiteren Lebensumstände der Versicherten zu prüfen. Es ist jeweils zu untersuchen, ob die fragliche Vorkehr bei den gegebenen Umständen nicht ohnehin Bestandteil der üblichen Berufsausbildung bildet und ob die Versicherte den Kurs auch besuchen würde, wenn sie - bei im Übrigen gleichen Verhältnissen - nicht arbeitslos (oder von Arbeitslosigkeit bedroht) wäre.
3.
Im vorliegenden Fall steht ein zweieinhalb Jahre dauerndes Nachdiplomstudium FH Executive Master of Gerontology zur Diskussion. Dabei handelt es sich um eine berufsbegleitende Weiterbildung, welche eine Tätigkeit mit Menschen in der zweiten Lebenshälfte voraussetzt. Von den Kursabsolventen wird in erster Linie erwartet, dass sie ihren Grundberuf beibehalten, jedoch in bedeutend höherem Masse befähigt sein werden, ihr Tätigkeitsfeld sowohl persönlich als auch fachlich besser zu gestalten. Das Nachdiplomstudium wendet sich sodann hauptsächlich an Personen, die sich beruflich in leitenden Funktionen mit Menschen in der zweiten Lebenshälfte befassen und in Organisationen des Sozial-, Gesundheitswesens, Bildungs- und Nonprofitbereichs tätig sind.
3.1 Die erwähnte lange Kursdauer übersteigt den üblichen Rahmen der von der Arbeitslosenversicherung zu übernehmenden Umschulungs- und Weiterbildungsmassnahmen. Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug der Beschwerdegegnerin läuft vom 15. April 2005 bis 14. April 2007. Das Nachdiplomstudium begann im Januar 2006 und endet im Juni 2008. Gemäss Art. 59 Abs. 3 lit. a AVIG müssen die Anspruchsvoraussetzungen von Art. 8 AVIG für die Teilnahme an arbeitsmarklichen Massnahmen erfüllt sein. Demnach würden spätestens mit Auslauf der Rahmenfrist die Anspruchsvoraussetzungen dahinfallen (Urteil C 13/05 vom 14. August 2005, E. 6.3).
3.2 Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände kann vorliegend auch innert der Rahmenfrist keine Ausnahme vom Grundsatz gemacht werden, wonach nur Kurse mit einer Dauer von bis zu einem Jahr als obere zeitliche Grenze übernommen werden, denn der fragliche Kursbesuch dient nicht in erster Linie der Verbesserung der Anstellungsaussichten. Als gelernter Sekretärin stand der Versicherten in der Vergangenheit der Zugang zum Arbeitsmarkt offen. Den Akten ist zu entnehmen, dass sie als Sachbearbeiterin unbefristete Arbeitsverträge hatte und die letzte Stelle beim Amt X.________ wegen eines Bildungsurlaubs in Afrika aufgab. Im Vordergrund steht demnach eine persönliche Umorientierung und der Wille, im sozialen Bereich tätig zu werden. Dabei dürfen administrative Tätigkeiten mit sozialer Ausrichtung nicht mit Sozialarbeit vermengt werden, weshalb das Nachdiplomstudium im vorliegenden Fall nicht eine Ausbildungslücke zu schliessen vermag, sondern die beruflichen Wunschvorstellungen der Versicherten verwirklichen soll. Ziel der arbeitsmarktlichen Massnahmen ist jedoch, die Eingliederung von Versicherten, die aus Gründen des Arbeitsmarktes erschwert vermittelbar sind, zu fördern (Art. 59 Abs. 2 AVIG). Eine Ausbildung zu finanzieren, bei welcher die Vermittlungschancen im Vergleich zu jenen im angestammten Beruf nicht besser sind, erfüllt demnach die gesetzlichen Voraussetzungen nicht, weshalb eine zwei Jahre dauernde Weiterbildung zum Executive Master of Gerontology für eine Sachbearbeiterin nicht als adäquate Massnahme zur Beendigung der Arbeitslosigkeit bezeichnet werden kann.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. August 2006 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 28. März 2007
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: