Tribunale federale
Tribunal federal
{T 7}
I 114/06
Urteil vom 13. April 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella und Seiler,
Gerichtsschreiber Arnold.
Parteien
Z.________, 1965, Kosovo, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Pierre Heusser, Kernstrasse 8, 8004 Zürich,
gegen
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35,
6005 Luzern, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, vom
15. Dezember 2005.
Sachverhalt:
A.
Der 1965 geborene Z.________ bezieht wegen der Folgen eines am 2. Juli 1995 erlittenen Nichtberufsunfalls (Sturz beim Fussballspiel mit Ruptur des vorderen Kreuzbandes des rechten Knies) nebst einer Integritätsentschädigung für eine Integritätseinbusse von 8 % seit 1. Januar 1998 eine Invalidenrente der Unfallversicherung auf Grund eines Invaliditätsgrades von 18.4 % (Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 25. März 2003, S 01 524). Auf Anmeldung (vom 22. September 1997) zum Leistungsbezug hin klärte die IV-Stelle Luzern ihrerseits die medizinischen und beruflich-erwerblichen Verhältnisse ab. Ein Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen beruflicher Art wurde in der Folge verneint (Verfügung vom 25. Juni 1998, letztinstanzlich bestätigt durch das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 14. April 2000, I 505/99). Mit Verfügung vom 14. Januar 2004 und Einspracheentscheid vom 8. November 2004 sprach die IV-Stelle vom 1. September 1996 bis 31. Juli 1997 (bei einem Invaliditätsgrad von 100 %) eine ganze und ab 1. August bis 31. Dezember 1997 (bei einer Erwerbsunfähigkeit von 50 %) eine halbe Invalidenrente zu.
B.
In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hielt das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern fest, der Versicherte habe bis 30. September 1997 Anspruch auf eine ganze Rente, im Monat Oktober 1997 auf eine halbe Rente und in den Monaten November und Dezember 1997 auf eine Viertelsrente (Entscheid vom 15. Dezember 2005).
C.
Z.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und im Hauptpunkt die unbefristete Zusprechung einer ganzen Invalidenrente beantragen, eventuell seien ergänzende medizinische Abklärungen anzuordnen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
1.2 Der Streit betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann das Bundesgericht in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilen und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 ist indessen auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim (damaligen) Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Beschwerden bisheriges Recht anwendbar. Da die hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim Gericht hängig war, richtet sich dessen Kognition noch nach der bis Ende Juni 2006 gültigen Fassung von Art. 132 OG, welche dem neuen Abs. 1 entspricht.
2.
Das kantonale Gericht hat die für den strittigen Anspruch auf Invalidenrente einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt. Es betrifft dies insbesondere den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen und in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG, BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348 f.), die Beweiswürdigung und den Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweisen) sowie die Voraussetzungen, unter denen einer somatoformen Schmerzstörung ausnahmsweise invalidisierender Charakter zukommt (BGE 130 V 352). Darauf wird verwiesen.
3.
3.1 Nach Lage der medizinischen Akten ist zu Recht allseits unstrittig, dass der Beschwerdeführer auf Grund der verbliebenen somatischen Unfallfolgen (femoro-patelläres Schmerzsyndrom, leichte Femoro-Patellararthrose) die angestammte Tätigkeit als Chauffeur nicht mehr uneingeschränkt verrichten kann, ihm hingegen eine körperlich leichte und wechselbelastende Arbeit aus somatischer Sicht zu 100 % zumutbar ist.
3.2 Streitig ist, ob sich auf Grund eines psychischen Gesundheitsschadens mit Krankheitswert eine zusätzliche Verminderung der Arbeitsfähigkeit ergibt. Die Vorinstanz hat dies in einlässlicher, in allen Teilen zutreffender Würdigung der medizinischen Unterlagen, insbesondere gestützt auf das Gutachten des Dr. med. S.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 13. November 2003, verneint. Die vom Beschwerdeführer hiegegen letztinstanzlich erhobenen Einwendungen vermögen, soweit sie nicht bereits das kantonale Gericht widerlegt hat, zu keinem anderen Ergebnis zu führen.
3.2.1 Der Expertise des Dr. med. S.________ vom 13. November 2003 kommt, wie bereits die Vorinstanz zutreffend erwog, voller Beweiswert zu, da sie alle rechtsprechungsgemässen (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352) Kriterien für beweiskräftige ärztliche Entscheidungsgrundlagen erfüllt. Das Administrativgutachten erging gestützt auf die gutachterliche Untersuchung am 6. November 2003 sowie in Kenntnis der Vorakten (Anamnese). Es leuchtet in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge ein und die Schlussfolgerungen des Psychiaters sind nachvollziehbar und überzeugend begründet.
3.2.2 Grundlage für die Expertise bildete die gutachterliche Untersuchung des Beschwerdeführers vom 6. November 2003. Die Akten enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine mehrmalige Untersuchung zur Erhebung der psychiatrisch relevanten Befunde durch den Gutachter erforderlich gewesen wäre, um die medizinischen Verhältnisse zuverlässig zu erfassen. Anzahl und Dauer der jeweils erforderlichen gutachterlichen Untersuchungen hängen von den konkreten Verhältnissen des zu beurteilenden Falles ab. Eine Regel, wonach - so der Beschwerdeführer - stets "mehrere Gesprächssitzungen" nötig sind, um zu beweiskräftigen Entscheidungsgrundlagen zu gelangen, existiert nicht.
3.2.3 Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Begutachtung an der mangelnden Verständigung scheiterte. In der Expertise ist wohl die Rede davon, dass der Versicherte nur sehr schlecht deutsch spreche und der affektive Rapport nur knapp genügend herstellbar sei, im gleichen Zuge wird aber auch festgestellt, dass zuweilen ein recht flüssiges Gespräch in Gang gekommen sei. Die Administrativexpertise zeigt mit den einzelnen klaren und detaillierten Angaben zum Psychostatus und im Rahmen der abschliessenden psychiatrischen Beurteilung auf, dass eine lege artis vorgenommene Exploration stattgefunden hat, welche Dr. med. S.________ den erforderlichen Einblick in den psychischen Zustand verschaffte. Deshalb durfte das kantonale Gericht darauf abstellen.
3.2.4 Laut Anmeldung zum Leistungsbezug reiste der Beschwerdeführer im August 1990 in die Schweiz ein. Gemäss gutachterlicher Anamnese erfolgte die Einreise im Jahre 1990 als politischer Flüchtling zusammen mit der Familie ("in Folge des Balkankrieges"). Letztinstanzlich wird gerügt, diese Darstellung des Gutachters sei grob fehlerhaft, habe doch der "Kosovokrieg" erst 1997 begonnen. Zwar trifft es zu, dass sich die kriegerischen Kämpfe im Kosovo erst nach dem Jahr 1997 ausweiteten. Der Umstand, dass die Verfassung Serbiens bereits im März 1989 die Autonomie Kosovos faktisch abgeschafft und Belgrad am 5. Juli 1990 das Parlament Kosovos aufgelöst, die Provinzregierung abgesetzt und eine Zwangsverwaltung eingesetzt hatte, lässt indes durchaus Raum dafür, dass der Beschwerdeführer aus politischen Gründen im Jahre 1990 eingereist war. Wie es sich damit im Einzelnen verhält, braucht freilich nicht weiter abgeklärt und erörtert zu werden. Eine qualifiziert fehlerhafte Anamnese, welche auf Unsorgfalt des Experten schliessen lassen würde, liegt jedenfalls offenkundig nicht vor.
4.
Schliesslich besteht weder nach den Akten noch auf Grund der Parteivorbringen Anlass, auf die durch die Vorinstanz ermittelten hypothetischen Einkommen (Validen- und Invalideneinkommen) zurückzukommen, nachdem die Arbeitsfähigkeit als einziges strittiges Element der Invaliditätsbemessung letztinstanzlich nicht zu beanstanden ist (BGE 110 V 48 E. 4b S. 53).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 13. April 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: