BGer 2C_58/2007
 
BGer 2C_58/2007 vom 24.04.2007
Tribunale federale
{T 0/2}
2C_58/2007/ble
Urteil vom 24. April 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Louis Fiabane,
gegen
Eidgenössische Spielbankenkommission,
Postfach, 3003 Bern,
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II,
Postfach, 3000 Bern 14.
Gegenstand
Art. 9 und 29 BV (Qualifikation des Automaten "Bubble"),
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom 9. Februar 2007.
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:
1.
1.1 Mit Zwischenverfügung vom 21. September 2006 stellte die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) auf Antrag der X.________ hin ihre Zuständigkeit fest, die Frage zu prüfen, ob der Automat "Bubble" ein Glücksspielautomat sei und unter das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz, SBG [SR 935.52]) falle oder nicht. Die Rechtsmittelbelehrung orientierte fälschlicherweise, dass hiergegen innert 30 Tagen (richtig gewesen wäre: innert 10 Tagen) an die Rekurskommission für Spielbanken gelangt werden könne, was die X.________ am 25. Oktober 2006 tat. Das Bundesverwaltungsgericht als Nachfolgebehörde der Rekurskommission trat am 9. Februar 2007 auf ihre Beschwerde nicht ein, da die Rechtsmittelbelehrung für den Rechtsvertreter der X.________ erkennbar fehlerhaft gewesen sei.
1.2 Die X.________ beantragt vor Bundesgericht, den entsprechenden Entscheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Beurteilung in der Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesverwaltungsgericht und die Eidgenössische Spielbankenkommission beantragen, die Beschwerde abzuweisen bzw. abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Mit Verfügung vom 2. April 2007 wies der Abteilungspräsident das mit der Beschwerde verbundene Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw. um Erlass einer vorsorglichen Massnahme ab.
2.
Der angefochtene Entscheid erging nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110, AS 2006 1205 ff.); die Eingabe ist somit als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen und zu erledigen. Dies kann im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG geschehen, da sie sich als offensichtlich unbegründet erweist:
3.
3.1 Verfahrensleitende und andere Zwischenverfügungen in einem der Endverfügung vorausgehenden Verfahren waren nach der bis zum 31. Dezember 2006 gültigen Fassung von Art. 45 Abs. 1 aVwVG (AS 1969 747 ff.) selbständig anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil nach sich ziehen konnten. Zwischenverfügungen über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 9 VwVG bezeichnete das Gesetz ausdrücklich als selbständig anfechtbar (Art. 45 Abs. 2 lit. a aVwVG): Nach dieser Bestimmung stellt die Behörde, die sich als zuständig erachtet, dies durch Verfügung fest, "wenn eine Partei ihre Zuständigkeit bestreitet"; das war hier der Fall: Die Beschwerdeführerin hatte geltend gemacht, die ESBK sei unzuständig, den von ihr als Warenverkaufsautomaten mit Gewinnspiel vertriebenen Apparat "Bubble" auf eine allfällige Anwendbarkeit des Bundesgesetzes über Glücksspiele und Spielbanken hin zu überprüfen und in diesem Zusammenhang von ihr Angaben und Unterlagen bzw. ein Modell ihres Geräts einzuverlangen. Die ESBK hat - dem Gesuch der Beschwerdeführerin entsprechend - hoheitlich ihre Zuständigkeit festgestellt (vgl. das Urteil 2A.438/2004 vom 1. Dezember 2004 ["Tactilo"]), womit das Verfahren nicht abgeschlossen, sondern der betroffenen Firma im Rahmen eines Zwischenentscheids Gelegenheit gegeben wurde, diese Frage - innert 10 Tagen ab Eröffnung des Entscheids (Art. 50 aVwVG in der Fassung vom 6. Oktober 1972; AS 1973 649) - gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Beschwerdefrist lief dementsprechend am 5. Oktober 2006 ab, womit die Eingabe vom 25. Oktober 2006 verspätet erfolgt ist.
3.2
3.2.1 Zwar darf einer Partei aus einer falschen Rechtsmittelbelehrung kein Nachteil erwachsen, doch gilt dieser Grundsatz nicht absolut (vgl. Art. 38 VwVG; BGE 121 II 72 E. 2a S. 77 f. mit Hinweisen). Vorausgesetzt ist, dass sich die Prozesspartei nach Treu und Glauben auf die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung auch verlassen durfte (BGE 112 Ia 305 E. 3 S. 310). Wer deren Fehlerhaftigkeit erkennt oder bei gebührender Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, kann sich nicht auf die unzutreffenden Angaben berufen (BGE 119 IV 330 E. 1c S. 332 ff.). Praxisgemäss sind jedoch nur grobe Fehler einer Partei geeignet, eine falsche Rechtsmittelbelehrung aufzuwiegen. Es besteht trotz fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung dann kein schutzwürdiges Vertrauen in diese mehr, wenn die Partei oder ihr Anwalt bei einer Konsultation des Gesetzestextes den Mangel ohne Weiteres hätten erkennen können (BGE 124 I 255 E. 1a/aa S. 258 mit Hinweisen); nicht erforderlich ist, dass dabei auch die Literatur oder die einschlägige Rechtsprechung gesichtet werden (BGE 117 Ia 421 E. 2a S. 422).
3.2.2 Eine Konsultation des Gesetzestextes (Art. 45 in Verbindung mit Art. 50 aVwVG) hätte im vorliegenden Fall - wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - erlaubt, die Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung ohne Weiteres zu erkennen. Dies gilt umso mehr, als der angefochtene Entscheid deutlich mit dem optisch hervorgehobenen Titel "Zwischenverfügung" überschrieben war, was den Anwalt der Beschwerdeführerin dazu hätte veranlassen müssen, mit einem Blick in das Gesetz die Richtigkeit der Rechtsmittelbelehrung zu überprüfen; es entspricht auch den Regelungen vieler Kantone, dass gegen Zwischenentscheide zur Beschleunigung des eigentlichen Verfahrens kürzere als die ordentlichen Rechtsmittelfristen gelten.
3.3
Was die Beschwerdeführerin hiergegen weiter einwendet, überzeugt nicht:
3.3.1 Soweit sie darauf hinweist, dass sie die verfahrensrechtliche Zuständigkeit der ESBK nicht bestritten, sondern geltend gemacht habe, dass diese materiell über keine Rechtsgrundlage für ihre Abklärungen verfüge, verkennt sie, dass die beiden Fragen vorliegend eng miteinander verbunden sind: Im Endentscheid wird darüber befunden, ob das Gerät "Bubble" unter das Spielbankengesetz fällt oder nicht; wird - wie hier - geltend gemacht, die ESBK sei unzuständig, weil auf den umstrittenen Apparat das Spielbankengesetz nicht anwendbar sei, muss die Spielbankenkommission auf Antrag hin ihre Zuständigkeit zur Durchführung eines entsprechenden Unterstellungsverfahrens in einer Zwischenverfügung im Sinne von Art. 9 VwVG feststellen (vgl. das Urteil 2A.438/2004 vom 1. Dezember 2004 ["Tactilo"]). Wenn die Beschwerdeführerin bzw. ihr Anwalt dies verkannt haben, handelt es sich dabei um einen irrelevanten Irrtum; zumindest hätten sie in dieser Situation mit der ESBK Rücksprache nehmen müssen.
3.3.2 Dass diese in ihrer Stellungnahme vom 16. Januar 2007 nur materiell und nicht formell argumentiert und insbesondere nicht geltend gemacht hat, die Beschwerde sei verspätet eingereicht worden, ändert hieran nichts; das Bundesverwaltungsgericht hatte die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen zu prüfen.
3.3.3 Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe davon ausgehen dürfen, es habe sich bei der Verfügung der ESBK um den von ihr beantragten "Endentscheid" im Unterstellungsverfahren gehandelt, ist bereits dadurch entkräftet, dass die Verfügung ausdrücklich als "Zwischenverfügung" bezeichnet war und die Spielbankenkommission damit weitere Anordnungen verband (Einreichen einer umfassenden Dokumentation und eines Automaten des Typs "Bubble").
3.3.4 War der Nichteintretensentscheid des Bundesverwaltungsgerichts nicht bundesrechtswidrig, verletzte es auch den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör nicht, wenn ihr die Stellungnahme der ESBK vom 16. Januar 2007 erst mit dem Versand des Urteils zugestellt wurde, zumal die Beschwerdeführerin gerade selber darauf hinweist, dass sich die Stellungnahme lediglich auf die materiellen Fragen und nicht darauf bezogen habe, ob die Beschwerde auch rechtzeitig eingereicht worden sei.
4.
4.1 Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist deshalb abzuweisen. Für alles Weitere wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid und in den Vernehmlassungen verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
4.2 Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die unterliegende Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG); Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 109 BGG:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen Spielbankenkommission und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. April 2007
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: