Tribunale federale
Tribunal federal
{T 7}
B 49/06
Urteil vom 7. Mai 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.
Parteien
L.________, 1941, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dominique Chopard, Werdstrasse 36, 8004 Zürich,
gegen
Stiftung Z.________, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Berufliche Vorsorge,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 12. Juni 2006.
Sachverhalt:
A.
Der 1941 geborene L.________ war vom 1. Juni 1979 bis 31. März 1993 als Personalchef in der Firma Y.________ AG angestellt und dadurch bei den Stiftungen X.________ obligatorisch und Z.________ (nachfolgend Pensionskasse) überobligatorisch berufsvorsorgerechtlich versichert. Mit Verfügung vom 25. Juli 1995 sprach ihm die IV-Stelle des Kantons St. Gallen mit Wirkung ab 1. August 1993 basierend auf einem Invaliditätsgrad von 70 % wegen psychischen Störungen eine ganze Rente der Invalidenversicherung zu. Die Stiftungen richteten ihm ab gleichem Datum eine ganze Invalidenrente nach BVG sowie eine auf einem Invaliditätsgrad von 70 % basierende überobligatorische Rente aus. Als sich sein Gesundheitszustand im Sommer 2003 verschlechterte (Psyche und koronare Herzkrankheit), ersuchte er die Pensionskasse um Erhöhung der überobligatorischen Rente. Nachdem die IV-Stelle am 1. März 2004 auf ein Revisionsgesuch nicht eingetreten war, lehnte es die Pensionskasse am 22. Juni 2004 unter Berufung auf die Bindungswirkung des Entscheides der Invalidenversicherung ab, ihm die anbegehrte volle überobligatorische Rente zuzusprechen.
B.
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die von L.________ am 17. Mai 2005 gegen die Pensionskasse eingereichte Klage, mit der er ab 1. Juli 2003 die Zusprechung einer überobligatorischen Rente basierend auf einem Invaliditätsgrad von neu 100 % und entsprechender Prämienbefreiung beantragen liess, mit Entscheid vom 12. Juni 2006 ab.
C.
L.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und erneuert das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren.
Die Pensionskasse lässt sich nicht vernehmen, während das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG [SR 173.110]) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205 und 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Strittig ist, ob die ausgewiesene Verschlechterung des Gesundheitszustandes und die daraus resultierende Erhöhung des Invaliditätsgrades im Rahmen der weitergehenden Vorsorge den Beschwerdeführer zum Bezug einer überobligatorischen Invalidenrente von 100 % berechtigt.
3.
Das kantonale Gericht hat zunächst richtig erkannt, dass die Vorsorgeeinrichtung entgegen ihrer Auffassung nicht an den Entscheid der IV-Stelle vom 1. März 2004 gebunden ist (BGE 132 V 1 E. 2 S. 3). Richtig wiedergegeben ist auch die Rechtsprechung zur Leistungspflicht der bisherigen Vorsorgeeinrichtung bei Verschlimmerung des Gesundheitszustandes (BGE 123 V 262 E. 1a S. 263). Zu ergänzen ist, dass diese Rechtsprechung hier auch im überobligatorischen Bereich gilt, da die Beschwerdegegnerin in ihrem Reglement vom gleichen Invaliditätsbegriff ausgeht wie die Invalidenversicherung (BGE 123 V 262 E. 1b S. 264).
4.
4.1 Die Vorinstanz verneint die erweiterte Leistungspflicht im Wesentlichen mit der Begründung, die ausgewiesene Verschlechterung des Gesundheitszustandes stehe hauptsächlich im Zusammenhang mit der koronaren Herzkrankheit, welche nicht durch den Versicherungsfall abgedeckt sei. Der Vergleich der Diagnosen aus den Jahren 1995 und 2003/04 zeige, dass der Beschwerdeführer an den selben psychischen Beschwerden leide. Dazu gekommen sei die Herzkrankheit. Bis zur Feststellung dieser Erkrankung habe er seine Resterwerbsfähigkeit von 30 % während rund sieben Jahren verwerten können. Die psychiatrische Behandlung sei am 26. März 2001 beendet und erst nach der Herzoperation wieder aufgenommen worden. Daran vermöge der Bericht des behandelnden Psychiaters, Dr. med. R.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 16. April 2005 nichts zu ändern. Dieser habe in seinem Bericht vom 30. Januar 2004 nichts von einer chronisch depressiven Entwicklung und langsamen Verschlechterung der psychischen Symptomatik erwähnt. Er stehe daher in eklatantem Widerspruch zu seinem früheren Bericht.
4.2 Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, was möglicherweise Anlass für die Verschlimmerung des psychischen Vorzustandes und dem aus psychischen Gründen erfolgten Verlust der Restarbeitsfähigkeit gewesen sei, sei nicht rechtserheblich. Damit übersieht er, dass die Leistungspflicht einer Vorsorgeeinrichtung für eine erst nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses eingetretene oder verschlimmerte Invalidität in jedem Fall voraussetzt, dass zwischen relevanter Arbeitsunfähigkeit und nachfolgender Invalidität ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Der sachliche Zusammenhang ist zu bejahen, wenn der der Invalidität zu Grunde liegende Gesundheitsschaden im Wesentlichen derselbe ist, der zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat (BGE 123 V 262 E. 1c S. 264 f.).
4.3 Aufgrund der vorhandenen Akten lässt sich indessen nicht zuverlässig beurteilen, ob der in E. 4.2 erwähnte enge sachliche und zeitliche Zusammenhang gegeben ist oder nicht. Zwar sprechen die vom kantonalen Gericht angeführten Indizien in der Tat gegen die Annahme eines relevanten Zusammenhanges. Dr. med. B.________, Innere Medizin FMH, hat aber im Bericht vom 22. Dezember 2003 eine Arbeitsunfähigkeit wegen der Herzkrankheit nur bis Ende 2003 bescheinigt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die "Prognose bezüglich Herz mittelfristig gut" sei. Weitere medizinische Unterlagen zur Herzkrankheit finden sich mit Ausnahme der erst im letztinstanzlichen Verfahren aufgelegten - aber begründungslosen - Bestätigung des Dr. med. B.________ vom 19. Juli 2006, wonach der Beschwerdeführer aus rein kardiologischer Sicht die Teilarbeitstätigkeit ab 1. Juli 2004 wieder hätte aufnehmen können, nicht. Schliesslich ist zu beachten, dass der behandelnde Psychiater bereits im Verlaufsbericht vom 30. Januar 2004 auf den verschlechterten psychischen Gesundheitszustand hingewiesen hat. Dass sich daher auch die Arbeitsfähigkeit verändert haben kann, erscheint zwar plausibel. Warum aber bei beinahe gleicher Diagnose eine gegenüber dem - allerdings mehr als zehn Jahre zurückliegenden - Gutachten des Dr. med. W.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 8. Dezember 1995, um 30 % höhere Arbeitsunfähigkeit bestehen soll, ist nicht schlüssig dargetan. Unter diesen Umständen drängt sich auf, die Sache zwecks Einholung eines interdisziplinären Gutachtens an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
5.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 Satz 1 OG). Dem Prozessausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten der Beschwerdegegnerin (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG; BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235 mit Hinweisen).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 12. Juni 2006 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Klage neu entscheide.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 7. Mai 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: