BGer I 673/2006
 
BGer I 673/2006 vom 16.05.2007
Tribunale federale
{T 7}
I 673/06
Urteil vom 16. Mai 2007
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Widmer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiber Grunder.
Parteien
F.________, 1952, Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Dr. Marco Biaggi, Aeschenvorstadt 71, 4051 Basel,
gegen
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt
vom 9. Juni 2006.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügungen vom 31. März und 11. Mai 2005 sprach die IV-Stelle Basel-Stadt dem 1952 geborenen F.________ ab 1. Februar 2004 eine halbe Invalidenrente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 55 % zu und verneinte einen weiteren Anspruch auf die bislang gewährte Arbeitsvermittlung; eine Einsprache wies sie ab (Einspracheentscheid vom 23. Februar 2006).
B.
In Gutheissung der Beschwerde hob das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt den Einspracheentscheid vom 23. Februar 2006 auf und wies die Sache zu erneutem Entscheid (Zusprechung einer Dreiviertelrente ab 1. Februar 2004; Weitergewährung von Arbeitsvermittlung) an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 9. Juni 2006).
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt F.________ beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben, soweit der Invaliditätsgrad auf 62 % festgelegt werde, und es sei die Sache an die Verwaltung zur Neubeurteilung des Anspruchs auf Invalidenrente zurückzuweisen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz; BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Mit diesem Gesetz ist die bisherige organisatorische Selbständigkeit des Eidgenössischen Versicherungsgerichts aufgehoben und dieses mit dem Bundesgericht fusioniert worden (Hansjörg Seiler in: Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum BGG, Art. 1 N 4 und Art. 132 N 15). Das vorliegende Urteil wird daher durch das Bundesgericht gefällt. Weil der angefochtene Entscheid jedoch vor dem 1. Januar 2007 ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gewesenen Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; Art. 131 Abs. 1 und 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft seit 1. Juli 2006], in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
Im Hinblick darauf, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde am 15. August 2006 der Post übergeben wurde und am 16. August 2006 beim Eidgenössischen Versicherungsgericht einging, ist Art. 132 Abs. 2 OG anwendbar, obwohl der angefochtene Entscheid vom 9. Juni 2006 datiert und somit vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung ergangen ist. Die massgebliche Übergangsbestimmung (lit. c von Ziff. II der Gesetzesänderung vom 16. Dezember 2005) erklärt bisheriges Recht für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens beim Eidgenössischen Versicherungsgericht anhängigen Beschwerden für anwendbar, was hier nicht zutrifft.
3.
3.1 Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer die verbliebene hälftige Arbeitsfähigkeit in einer leicht belastenden Tätigkeit (ohne Notwendigkeit, die Arme stark zu belasten, schwere Gewichte über 15 kg zu heben oder zu tragen, Überkopfarbeiten zu verrichten sowie in Zwangspositionen verharren zu müssen, und mit der Möglichkeit, Pausen einlegen zu können) in erwerblicher Hinsicht vollständig zu verwerten vermag und inwieweit das vorinstanzlich gestützt auf statistische Durchschnittswerte auf Fr. 28'629.- bestimmte Invalideneinkommen (behinderungsbedingt oder anderweitig begründet) herabzusetzen ist.
3.2
3.2.1 Die gesetzlichen Definitionen von Invalidität, Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit usw. sind Rechtsbegriffe. Ob die Vorinstanz von einem zutreffenden Verständnis dieser Begriffe ausgegangen ist, stellt daher eine frei überprüfbare Rechtsfrage dar. Demgegenüber ist die aufgrund von medizinischen Untersuchungen gerichtlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit mit Einschluss der Beurteilung der noch vorhandenen Ressourcen und der Zumutbarkeit einer Arbeitstätigkeit eine Tatfrage, es sei denn, andere als medizinische Gründe stünden der Bejahung der Zumutbarkeit im Einzelfall in invalidenversicherungsrechtlich erheblicher Weise entgegen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 f.).
3.2.2 Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass dem Versicherten auf dem bei der Beurteilung der Erwerbs(un)fähigkeit zu unterstellenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 8 ATSG) ein genügend breiter Fächer verschiedener möglicher Tätigkeiten offensteht (vgl. BGE 110 V 273 E. 4b S. 276). Zu denken ist dabei in erster Linie an Bedienungs- und Überwachungsfunktionen. Entgegen der Auffassung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erfordern solche Tätigkeiten in der Regel weder ein zügiges Arbeitstempo noch das Einschalten von zusätzlichen Pausen. Sodann übersieht der Beschwerdeführer mit der Rüge, die Vorinstanz habe keine konkreten Arbeitsmöglichkeiten bezeichnet, welche aufgrund der ärztlichen Angaben und unter Berücksichtigung der übrigen Fähigkeiten in Frage kommen, dass praxisgemäss keine übermässigen Anforderungen an die Konkretisierung von Verweisungstätigkeiten und Verdienstaussichten gestellt werden dürfen. Die Sachverhaltsermittlung hat nur soweit zu gehen, dass im Einzelfall eine zuverlässige Bestimmung des Invaliditätsgrades gewährleistet ist (Urteil I 198/97 vom 7. Juli 1998 E. 3b mit Hinweis, publ. in: AHI 1998 S. 290; vgl. auch BGE 107 V 17 E. 2d S. 22; Urteil I 362/99 vom 8. Februar 2000 E. 3 und 4a, publ. in: SVR 2001 IV Nr. 10 S. 27). Dies gilt namentlich dann, wenn wie hier zur Ermittlung des Invalideneinkommens die Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) herangezogen werden (vgl. BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 mit Hinweisen). Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, dass der Beschwerdeführer die verbliebene hälftige Arbeitsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt vollständig zu verwerten vermag, ist weder in tatbeständlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden.
3.3 Zu prüfen ist schliesslich, ob das kantonale Gericht mit der Gewährung eines Abzugs von 10 % vom für das Bundesgericht verbindlich festgestellten Invalideneinkommen (Fr. 28'629.-) sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat (Erw. 2 hievor). Diese Frage kann offen gelassen werden. Wird das um den maximal zulässigen Abzug von 25 % (BGE 129 V 472 E. 4.2.3 S. 481 mit Hinweisen) verminderte Invalideneinkommen in Beziehung gesetzt zum ebenfalls verbindlich festgestellten Validenlohn (Fr. 67'290.20), ergibt sich ein Invaliditätsgrad von 68 %, welcher - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem vorinstanzlichen Entscheid - ebenfalls nur einen Anspruch auf eine Dreiviertelrente begründet.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse der Wirtschaftskammer Baselland und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 16. Mai 2007
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: