Tribunale federale
Tribunal federal
{T 7}
I 589/06
Urteil vom 29. Mai 2007
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
Parteien
O.________, 1953, Beschwerdeführerin, vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer, Schützengasse 7, 8001 Zürich,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Mai 2006.
Sachverhalt:
A.
Die 1953 geborene O.________ meldete sich am 1. Dezember 2000 zum Bezug einer Rente bei der Eidgenössischen Invalidenversicherung an. Sie machte geltend, an starken Beschwerden im Rücken-, Bein- und Armbereich zu leiden und an einem Diabetes erkrankt zu sein. Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, klärte die gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse der Versicherten ab. Mit Verfügung vom 17. Oktober 2001 verneinte sie mangels rentenbegründender Invalidität einen Leistungsanspruch. Nachdem das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich eine dagegen erhobene Beschwerde noch abgewiesen hatte, hiess das Eidgenössische Versicherungsgericht eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde der O.________ in dem Sinne teilweise gut, als es die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit diese nach weiteren medizinischen Sachverhaltsabklärungen neu über den Anspruch der Versicherten verfüge. Die Verwaltung liess O.________ in der Folge durch das Institut X.________ polydisziplinär abklären. Laut Gutachten vom 17. Juni 2004 erachtete die Experten die Versicherte ab November 2000 in der bis dahin ausgeübten mittelschweren Tätigkeit als vollständig arbeitsunfähig. Hingegen sei sie zu jenem Zeitpunkt in einer angepassten leichten Tätigkeit voll arbeitsfähig gewesen. Seit September 2002 sei sie auch in einer leichten wechselbelastenden Tätigkeit nur noch zu 50% arbeitsfähig. Gestützt auf das Gutachten sprach die IV-Stelle der Versicherten mit Verfügung vom 10. Oktober 2004 ab September 2002 eine halbe Invalidenrente auf Grund eines Invaliditätsgrades von 50% zu. Daran hielt sie auch auf Einsprache hin fest (Entscheid vom 31. Januar 2005).
B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher die Ausrichtung einer ganzen Invalidenrente ab 1. Februar 2000 beantragt wurde, mit Entscheid vom 8. Mai 2006 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt O.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz 75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid am 8. Mai 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 Erw. 1.2 S. 395).
1.2 Da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde am 1. Juli 2006 bereits am Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig war, sind auch die auf diesen Zeitpunkt in Kraft getretenen, für Streitigkeiten um Leistungen der Invalidenversicherung geltenden Anpassungen von Art. 132 und Art. 134 OG gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG nicht anwendbar. Die Beurteilung hat daher mit voller Kognition zu erfolgen und das Verfahren ist kostenfrei (Art. 132 und Art. 134 OG je in der massgebenden, bis 30. Juni 2006 in Kraft gestandenen Fassung).
2.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen zu den Begriffen der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG), der Erwerbunfähigkeit (Art. 7 ATSG), der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4 Abs. 2 IVG) und zum Beginn (Art. 29 Abs. 1 IVG) des Rentenanspruchs sowie die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, namentlich zur Aufgabe des Arztes oder der Ärztin bei der Bemessung des Invaliditätsgrades (BGE 125 V 261 Erw. 4), zur Beweiswürdigung sowie zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen) richtig dargelegt. Hierauf wird verwiesen.
3.
Streitig und zu prüfen ist die Höhe des Rentenanspruchs und dessen Beginn.
3.1 Die IV-Stelle und das vorinstanzliche Gericht stützen sich bei ihrer Beurteilung auf das Gutachten des Instituts X.________ vom 17. Juni 2004. Darin werden verschiedene Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gestellt, so unter anderem diejenige eines chronischen panvertebralen Schmerzsyndroms, eines Diabetes mellitus Typ 2 und einer leichten depressiven Episode. Vor allem die verschiedenen objektivierbaren Befunde im Wirbelsäulenbereich hätten dazu geführt, dass seit November 2000 eine volle Arbeitsunfähigkeit in den angestammten Tätigkeiten als Mitarbeiterin in der Teigwarenproduktion einerseits und bei einer Reinigungsfirma andererseits bestehe. Auf Grund der Befunde und Diagnosen sei eine körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeit, insbesondere eine solche mit starker und mittelstarker Rückenbelastung, bleibend nicht mehr zumutbar.
3.2 Aus den Akten ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin sowohl ihre Haupttätigkeit bei der Firma H.________ als auch das Teilzeitpensum als Reinigungsangestellte bei der Firma E.________ am 30. November 2000 beendete. Vor diesem Zeitpunkt bestand keine länger dauernde ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, womit eine Rente ab Februar 2000 beantragt wird, wird nicht dargetan, auf welche tatsächlichen Grundlagen man sich hinsichtlich des Zeitpunktes der geltend gemachten Erwerbsunfähigkeit stützt. Die Verwaltung und das kantonale Gericht haben zu Recht auf das genannte Gutachten abgestellt, wonach ab Dezember 2000 für die bis dahin ausgeübten mittelschweren Tätigkeiten eine volle Arbeitsunfähigkeit bestand. Der Beginn des Wartejahres im Sinne von Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG ist somit der 1. Dezember 2000.
3.3 Zu prüfen bleibt, ob die Beschwerdeführerin ab 1. Dezember 2001 zu mindestens 40% erwerbsunfähig war.
3.3.1 Das einzige ärztliche Zeugnis, welches über diesen Zeitpunkt Auskunft gibt, ist der Bericht des Dr. med. L.________, Neurologie FMH, vom 17. Dezember 2001. Dieser fand in einer MRI-Untersuchung der HWS am 29. November 2001 eine grosse Diskushernie C5/6 mit Kompression des Duralsacks median und rechts sowie eine mässige Diskushernie mit Osteophyt median und links auf Höhe C4/5, ebenfalls mit Kompression des Myelons. Über die Arbeitsfähigkeit äussert sich der Neurologe nicht. Die die Beschwerdeführerin behandelnde Dr. med. R.________, Fachärztin FMH für physikalische Medizin und Rehabilitation, erachtet ihre Patientin gemäss Schreiben vom 23. September 2002 insbesondere wegen den radiologisch verifizierten multiplen Diskushernien cervical und lumbal - also wegen der bereits im November 2001 erhobenen Befunde - als nur noch während drei Stunden täglich in einer rückenschonenden Tätigkeit als arbeitsfähig.
Auch laut Gutachten des Instituts X.________ vom 17. Juni 2004 ist die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin insbesondere wegen der somatischen (rheumatologischen/neurologischen) Problematik eingeschränkt. Die leichten psychiatrischen Befunde haben nur eine geringgradige Leistungseinschränkung zur Folge, welche diejenige durch die Rückenbeschwerden nicht zusätzlich erhöht. Die Expertise erscheint als vollständig, gut begründet, nachvollziehbar und widerspruchsfrei, weshalb hinsichtlich der darin enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen darauf abzustellen ist. Es ist denn auch nachvollziehbar, dass zusätzliche Pausen und eine täglich limitierte Arbeitszeit gleichermassen der körperlichen und der seelischen Erholung dienen. Bei einer körperlich leichten, wechselbelastenden Tätigkeit ohne Heben, Stossen und Ziehen von Lasten über 5 kg sowie ohne Überkopfarbeiten und Zwangshaltungen ist demnach eine Tätigkeit im Ausmass von 50% zumutbar. Als Beginn der nur noch 50%igen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit verweisen die Gutachter des Instituts X.________ auf das Schreiben der Dr. R.________ und datieren diese somit auf September 2002. Das erscheint nicht ganz folgerichtig. Alle Ärzte sind sich darin einig, dass Arbeit insbesondere wegen der Rückenpathologie auch in einer angepassten Tätigkeit nur noch eingeschränkt möglich ist. Die entsprechenden degenerativen Veränderungen sind indessen seit dem 29. November 2001 (MRI durch Dr. med. L.________) und nicht erst seit dem Bericht vom 23. September 2002 der Dr. med. R.________ dokumentiert. Auch wenn der Neurologe selbst kein Attest über die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit abgegeben hat, belegen die damals erhobenen Befunde die Veränderungen, die zur erwähnten Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit geführt haben. Damit ist der Beginn des Anspruchs auf eine Invalidenrente auf den 1. Dezember 2001 festzusetzen.
3.4 Die Ermittlung des Invaliditätsgrades durch die IV-Stelle und das kantonale Gericht beruhen auf der Zumutbarkeitsbeurteilung des Instituts X.________. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden denn auch weder hinsichtlich des der Bemessung zu Grunde liegenden Valideneinkommens von Fr. 55'822.- noch des Invalideneinkommens von Fr. 25'654.- Ausführungen gemacht. Es wird einzig gerügt, bei letzterem sei lediglich ein Abzug von 10% vom durchschnittlichen statistischen Tabellenlohn gemacht worden. Richtigerweise hätte ein Abzug von 15% vorgenommen werden müssen. Diese Frage kann hier aber offen gelassen werden, weil auch bei einem Abzug in der beantragten Höhe kein Invaliditätsgrad resultieren würde, die einen höheren Anspruch als auf eine halbe Rente geben würde.
4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Ausgang des letztinstanzlichen Verfahrens entsprechend steht der teilweise obsiegenden Beschwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung zu (Art. 135 OG in Verbindung mit Art. 159 Abs. 3 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Mai 2006 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle Zürich vom 31. Januar 2005 insoweit aufgehoben, als damit für die Zeit vom 1. Dezember 2001 bis 31. August 2002 der Anspruch auf eine Invalidenrente verneint worden ist. Im Übrigen wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 750.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV-Ausgleichskasse Metzger, Bern, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 29. Mai 2007
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: