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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2P.329/2006 /fco
Urteil vom 15. Juni 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
Parteien
X.________ GmbH,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Hess,
gegen
Abfallbewirtschaftungsverband Oberengadin-Bergell ABVO, Cho d'Punt 70, 7503 Samedan,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Mario A. Pfiffner,
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 2. Kammer, Obere Plessurstrasse 1, 7000 Chur,
Y.________ Transporte.
Gegenstand
Art. 9 und 29 Abs. 2 BV (Submission),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden,
2. Kammer, vom 7. November 2006.
Sachverhalt:
A.
Die X.________ GmbH, welche den Sammeldienst für den Hauskehricht im Gebiet (exklusive St. Moritz und Bergell) des Abfallbewirtschaftungsverbandes Oberengadin-Bergell (im Folgenden: "Verband") bereits in der ablaufenden Vergebungsperiode ausgeführt hatte, erhielt am 16. Februar 2006 aufgrund einer neuen Submission wiederum den Zuschlag für die nächste Periode (ab 1. Juni 2006 für fünf Jahre), wogegen ein anderer Bewerber ohne Erfolg Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden erhob (Urteil vom 8. Mai 2006). lm Sinne einer Übergangsregelung wurde der laufende Vertrag mit der X.________ GmbH (im Folgenden auch: "Beschwerdeführerin") bis zum Abschluss dieses Rechtsmittelverfahrens verlängert. Die Beschwerdeführerin weigerte sich in der Folge zunächst aber, den ihr seitens des Verbandes am 26. Mai 2006 zugestellten Vertrag zu unterzeichnen, weil die in der Ausschreibung des Verbandes angegebene gesamte jährliche Abfallmenge (4'366,525 t), nach welcher sich die Entschädigung richtet, über dem tatsächlichen Durchschnitt der vergangenen Jahre (4'181 t) liege; sie verlangte eine entsprechende Korrektur des Vertrages, um den aus der Differenz resultierenden Ertragsausfall auszugleichen (Schreiben vom 12. Juli 2006). Nachdem bereits eine Besprechung vom 21. Juni 2006 zu keinem Ergebnis geführt hatte, lehnte der Verband die beantragte Vertragsänderung mit Schreiben vom 25. Juli 2006 ab; gleichzeitig stellte er fest, dass die mit der Beschwerdeführerin vereinbarte Verlängerung des bisherigen Werkvertrages infolge des gescheiterten Abschlusses eines neuen Vertrages am 31. Juli 2006 ende und der Verband gezwungen sei, "eine Übergangslösung" zu suchen. Am 27. Juli 2006 teilte er mit, dass ab 1. August 2006 die (in der Submission zweitplatzierte) Firma Y.________ Transporte den Sammeldienst übernehmen werde. Mit Schreiben vom 28. Juli 2006 sandte die Beschwerdeführerin dem Verband den unterzeichneten Werkvertrag zu mit dem Hinweis, dass sie auf die verlangte Anpassungsklausel verzichte. Der Verband antwortete am 31. Juli 2006, dass der Vertrag von der Beschwerdeführerin innert der ihr hiefür bis zum 15. Juli 2006 gesetzten Frist hätte unterzeichnet werden müssen und der Sammeldienst aufgrund der gegebenen Lage ab 2. August 2006 einer anderen Firma übertragen worden sei.
B.
Mit Eingabe vom 25. August 2006 stellte die X.________ GmbH beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden das Begehren, den Verband zum Abschluss des ihr am 26. Mai 2006 unterbreiteten Vertrages zu verpflichten, wobei für den Fall der Unterschreitung der in der Ausschreibung angegebenen Basismengen eine Anpassung des Tonnenpreises vorzusehen sei. Sodann sei festzustellen, dass der mit der Firma Y.________ Transporte abgeschlossene Vertrag "submissionsrechtlich rechtswidrig" sei. Eventuell sei der Verband zu Schadenersatz im Maximalbetrag von Fr. 500'000.- für entgangenen Gewinn und ungedeckte Kosten zu verpflichten. Letzteres Begehren liess die Beschwerdeführerin in der Replik wieder fallen.
Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 7. November 2006 ab, soweit es darauf eintrat. Es betrachtete die Mitteilung des Verbandes "von Ende Juli" 2006, mit der das Nichtzustandekommen des Vertrages mit der Beschwerdeführerin festgestellt und die Beauftragung einer andern Firma als Übergangslösung mitgeteilt wurde, als anfechtbare - und mangels Rechtsmittelbelehrung fristgerecht angefochtene - Verfügung. Es trat jedoch auf die Beschwerde nicht ein, soweit damit die Verpflichtung des Verbandes zum Vertragsabschluss verlangt werde. Vor Verwaltungsgericht könne lediglich der Zuschlag als solcher, allenfalls dessen Widerruf bzw. der Abbruch oder die Wiederholung des Verfahrens angefochten werden; hingegen sei das Verwaltungsgericht, wie das Bundesgericht in einem Urteil vom 20. November 2003 (2P.155/2003) festgestellt habe, nicht befugt, einen Submittenten im Rahmen eines submissionsrechtlichen Vollstreckungsverfahrens zum Vertragsabschluss zu zwingen. Vorliegend gehe es nicht um den Widerruf des Zuschlages oder um die Wiederholung des Verfahrens. Der Abschluss eines Vertrages werde vom Verband vielmehr deswegen abgelehnt, weil die Beschwerdeführerin etwas anderes verlange, als mit dem Zuschlag festgelegt worden sei, bzw. weil sie ihre Unterschrift verspätet geleistet habe. Ob der Verband zum Abschluss eines dem Zuschlag entsprechenden Vertrages verpflichtet gewesen wäre und ob aus dem Nichtzustandekommen dieses Vertrages allenfalls eine Schadenersatzforderung resultiere, sei vom zuständigen Zivilrichter zu beurteilen. Zu prüfen sei dagegen die submissionsrechtliche Zulässigkeit des Vertragsschlusses mit einer Drittfirma. Bei dieser im Sinne einer Übergangslösung erfolgten freihändigen Vergebung gehe es nicht um die Fortsetzung bzw. um die Wiederholung oder den Widerruf des rechtskräftig abgeschlossenen Beschaffungsverfahrens, sondern um eine andere, neue Beschaffung, die notwendig geworden sei, weil der Vertrag gemäss dem ersten Zuschlag nicht zustandegekommen sei. Dieses Vorgehen stehe im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 lit. e der kantonalen Submissionsverordnung, wonach eine freihändige Vergebung u.a. dann zulässig sei, wenn aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse die Beschaffung so dringlich werde, dass kein anderes Verfahren mehr durchgeführt werden könne; dies sei hier der Fall.
C.
Mit Eingabe vom 18. Dezember 2006 führt die X.________ GmbH staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 7. November 2006 "teilweise aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen."
Der Abfallbewirtschaftungsverband Oberengadin-Bergell stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht lässt sich unter Hinweis auf die Erwägungen seines Urteils im gleichen Sinne vernehmen. Die Firma Y.________ Transporte hat sich nicht vernehmen lassen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) in Kraft getreten. Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG).
2.
2.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid, der sich auf kantonales (Submissions-)Recht stützt und gegen den mangels Zulässigkeit eines anderen eidgenössischen Rechtsmittels nur die staatsrechtliche Beschwerde offen steht (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 und Art. 87 OG). Die Beschwerdeführerin ist durch den Entscheid des Verwaltungsgerichts, mit dem über die Zulässigkeit der Vergebung des streitigen Auftrages an ein Drittunternehmen befunden wird, in ihrer Rechtsstellung betroffen und nach Art. 88 OG zur Beschwerde legitimiert.
2.2 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 110 Ia 1 E. 2 S. 3 f.). Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 107 Ia 186 E. b). Rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Willkürverbots, kann er sich nicht damit begnügen, den angefochtenen Entscheid einfach als willkürlich zu bezeichnen; er hat vielmehr anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen darzulegen, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 117 Ia 10 E. 4b S. 11/12).
3.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 9 und 29 Abs. 1 BV. Inwiefern neben dem angerufenen Willkürverbot (Art. 9 BV) auch der Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung im Verfahren (Art. 29 Abs. 1 BV) verletzt worden sein soll, wird in der Beschwerdeschrift nicht dargetan; auf diese Rüge ist nicht einzutreten. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sind im Übrigen in weiten Teilen rein appellatorisch. Die staatsrechtliche Beschwerde genügt bloss in den im Folgenden behandelten beiden Punkten (E. 4.2.1 und E. 4.2.2) den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG:
4.
4.1 Die Beschwerdeführerin schliesst sich, in Abweichung von ihren Vorbringen im kantonalen Verfahren, nunmehr ausdrücklich dem Standpunkt des Verwaltungsgerichts an, wonach nicht ein Widerruf des Zuschlages oder eine Wiederholung des Vergabeverfahrens in Frage stehe (Beschwerde S. 8). Sie akzeptiert auch ausdrücklich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Frage einer Kontrahierungspflicht sowie die Beurteilung eines aus dem Nichtabschluss des Vertrages allfällig entstandenen Schadenersatzanspruches in die Zuständigkeit des Zivilrichters falle, bei dem inzwischen ein entsprechendes Verfahren eingeleitet worden sei (Beschwerde S.7). Die Beschwerdeführerin greift das Urteil des Verwaltungsgerichts in diesen Punkten bewusst nicht an und beschränkt ihre Vorbringen auf die Frage der Zulässigkeit des Vertragsabschlusses mit der Firma Y.________ Transporte. Sie erachtet die Argumentation, mit welcher das Verwaltungsgericht das diesbezügliche Vorgehen des Verbandes schützte, als willkürlich.
4.2
4.2.1 Sie macht zunächst geltend, die zur Verzögerung bzw. Verhinderung eines Vertragsabschlusses führende Lage sei entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht von ihr verschuldet worden. Vielmehr habe der Verband die Unternehmer durch Angabe einer falschen Tonnage getäuscht. Zwar habe sie bei Einreichung der Offerte um die Tonnendifferenz gewusst, doch sei ihr der Grund hiefür - Einsammlung des Kehrichts von Hotels und Campingplätzen durch andere vom Verband beauftragte Unternehmer - damals nicht bekannt gewesen.
Dieser Einwand vermag nicht durchzudringen. Was es mit der beanstandeten Differenz bezüglich der zu entsorgenden Abfallmenge für eine Bewandtnis hat und wieweit Abweichungen von den in der Ausschreibung als "Richtwert" angegebenen Werten die Kalkulation des Tonnenpreises durch die Anbieter beeinflussen konnten, bedarf hier keiner weiteren Abklärung. Wenn die Beschwerdeführerin als bisher mit dem Sammeldienst beauftragtes Unternehmen schon bei der Abfassung ihrer Offerte feststellte, dass die in der Ausschreibung als Basis für die Kalkulation angegebene Abfallmenge des Jahres 2005 nicht mit den von ihr selber in den letzten Jahren gemessenen Werten übereinstimmte, dann hätte es an ihr gelegen, gemäss Ziff. 1.7. der Ausschreibungsunterlagen innert der hiefür gesetzten Frist (18. Januar 2006) mit einer entsprechenden Frage an den Verband zu gelangen. Der Verband hätte alsdann, wie in der Ausschreibung festgehalten, seine diesbezügliche Auskunft allen Bewerbern mitgeteilt. Nachdem jedoch die übrigen Bewerber sich gleich wie die Beschwerdeführerin für ihre Kalkulation auf die in der Ausschreibung genannte Menge abgestützt hatten, durfte sich der Verband ohne Willkür auf den Standpunkt stellen, das Gebot der Gleichbehandlung der Anbieter schliesse eine nachträgliche Korrektur der Offerte der Beschwerdeführerin bzw. des mit ihr abzuschliessenden Vertrages aus.
4.2.2 Die Beschwerdeführerin rügt weiter, der Verband habe den von ihr ohne Anpassungsklausel schliesslich doch noch unterschriebenen Vertrag in der Hand gehabt, bevor er als Übergangslösung freihändig die zweitplatzierte Firma Y.________ Transporte mit dem Sammeldienst beauftragt habe. Sie habe damit die Bedingungen der Ausschreibung vollumfänglich und noch rechtzeitig erfüllt, weshalb der Auftrag zur Weiterführung des Sammeldienstes zu Unrecht dieser anderen Firma erteilt worden sei.
Zwar trifft zu, dass die Beschwerdeführerin am 28. Juli 2006, nachdem der Verband den Vertragsabschluss als gescheitert betrachtet und die Beauftragung einer Drittfirma bereits angekündigt hatte, den zuschlagskonformen Vertrag unterzeichnet einreichte. In ihrem Begleitschreiben offerierte sie ihre Dienste ab sofort, behielt aber "allen Schadenersatz" vor und verlangte eine anfechtbare Verfügung, um ihre Rechte vor Verwaltungsgericht geltend machen zu können. Wenn der Verband auf diese, erst lange nach Ablauf der hiefür gesetzten Frist (15. Juli 2006) abgegebene und weiterhin mit Vorbehalten verbundene Zustimmungserklärung nicht mehr einging, war diese Haltung zumindest vertretbar. Dass die Beschwerdeführerin ihre Auffassung, wonach die zuschlagskonforme Entschädigung mit einer Anpassungsklausel versehen werden müsse, nicht aufgegeben hatte, ergab sich schon aus dem dahingehenden Begehren, welches sie im anschliessenden Verfahren vor Verwaltungsgericht erneut stellte. Der Verband durfte bei der gegebenen Sachlage den Abschluss eines dem Zuschlagsentscheid entsprechenden Vertrages ohne Willkür als gescheitert betrachten und alsdann wegen der Dringlichkeit einer fortlaufenden Entsorgung des Hauskehrichts gestützt auf die dahingehende Ausnahmeregelung in Art. 3 Abs. 1 lit. e der kantonalen Submissionsverordnung vom 25. Mai 2004 freihändig eine andere Unternehmung mit der vorläufigen Weiterführung des Sammeldienstes beauftragen. Die Beschwerdeführerin bringt nichts vor, was das diesen Standpunkt des Verbandes schützende Urteil des Verwaltungsgerichts als unhaltbar erscheinen liesse.
5.
Nach dem Gesagten erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, als unbegründet.
Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 OG). Diese hat zudem dem anwaltlich vertretenen Verband für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat den Abfallbewirtschaftungsverband Oberengadin-Bergell für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. Juni 2007
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: