BGer I 178/2006
 
BGer I 178/2006 vom 25.06.2007
Tribunale federale
{T 7}
I 178/06
Urteil vom 25. Juni 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Grünvogel.
Parteien
C.________, 1967, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Heidi Koch-Amberg, Stauffacherstrasse 1, 6020 Emmenbrücke,
gegen
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Hirschengraben 19, 6003 Luzern, Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 8. Februar 2006.
Sachverhalt:
A.
Die 1967 geborene C.________ ersuchte das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern um unentgeltliche Verbeiständung im Prozess gegen den Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Luzern vom 26. Oktober 2005 betreffend Invalidenrente. Mit Verfügung vom 8. Februar 2006 lehnte der Präsident des Verwaltungsgerichts das Gesuch wegen fehlender Bedürftigkeit ab.
B.
C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es sei ihr für das kantonale Verfahren die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren. Gleichzeitig ersucht sie um unentgeltliche Verbeiständung im letztinstanzlichen Prozess.
Das kantonale Gericht beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor dem Bundesgericht neue tatsächliche Behauptungen aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 97 E. 1c S. 99 f.; 120 V 481 Erw. 1b S. 488 f.).
3.
Die Vorinstanz berücksichtigte bei der Bedürftigkeitsbemessung auf der Einkommensseite Fr. 6001.70 als Nettoeinkommen des Ehegatten und Fr. 157.- als kantonalen Beitrag an die Krankenkassenprämie. Beim Nettoeinkommen stellte sie dabei auf den von der Beschwerdeführerin hiefür allein zum Beweis beigebrachten Lohnausweis 2005 für die Steuererklärung, bei der kantonalen Prämienverbilligung auf die bei der Ausgleichskasse Luzern eingeholten Auskünfte, ab.
Nachdem es die Beschwerdeführerin sodann trotz eines entsprechenden Hinweises unterlassen hatte, behauptete Schulden (Fr. 5000.- Krankenkasse, Fr. 18'000.- Garage, Fr. 23'000.- weitere Schulden) und deren Abzahlung in irgend einer Form zu belegen, erachtete das Gericht diese als nicht ausgewiesen und berücksichtigte sie in der Folge bei der Bedürftigkeitsbemessung nicht. Wegen fehlenden Kompetenzcharakters des von der Familie der Beschwerdeführerin genutzten Personenwagens verweigerte die Vorinstanz weiter die Berücksichtigung damit zusammenhängender Kosten und Auslagen und schloss dergestalt auf einen prozessualen Notbedarf von Fr. 5009.70.
4.
Bezüglich des angenommenen Nettoverdienstes ihres Ehemannes bemängelt die Versicherte die fehlende Aussagekraft des von ihr selbst eingereichten Beweismittels.
Dieses umfasste die aus dem Jahr 2005 stammenden Einkünfte. Wäre dieser Lohnausweis tatsächlich von beschränkter Aussagekraft gewesen - wie von ihr nunmehr behauptet -, hätte es an ihr gelegen, bereits im vorinstanzlichen Verfahren darauf hinzuweisen, andere Belege beizubringen oder zumindest anzurufen. Dies hatte sie indessen unterlassen.
Soweit sie dies letztinstanzlich nachzuholen versucht, ist dies verspätet (E. 2 zweiter Absatz hiervor): Die von ihr angeführte familiäre Belastung wegen des Todes des Schwiegervaters stellt keinen eigentlichen Hinderungsgrund dar, der es ihr verunmöglicht hätte, innert Frist im oben beschriebenen Sinne zu handeln, zumal sie zu diesem Zeitpunkt bereits durch eine Rechtsanwältin vertreten war und bei tatsächlich auftretenden Schwierigkeiten das Gericht ohne weiteres um (eine weitere) Fristverlängerung hätte ersuchen können.
Dergestalt kann dem kantonalen Gericht weder eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vorgeworfen werden noch eine willkürliche Würdigung der vorhandenen Beweismittel.
5.
Was die Höhe der vom Kanton zurückerstatteten Krankenkassenprämien anbelangt, ist nicht einzusehen, weshalb die Vorinstanz bei deren Festlegung nicht auf die das Jahr 2005 betreffenden Auskünfte der Ausgleichskasse hätte abstellen dürfen, nachdem die Versicherte selbst keine Belege dazu eingereicht hatte und für das Jahr 2006 noch keine Zahlen erhältlich waren.
6.
Die Beschwerdeführerin legt sodann letztinstanzlich eine Reihe von Beweismitteln ein, welche die von der Vorinstanz nicht berücksichtigten Schulden belegen sollen. Darüber hinaus macht sie erstmals Mobiliar- und Haftpflichtversicherungsraten wie auch ungedeckte Arzt- und Ausbildungskosten geltend.
Auch hier ist nicht einzusehen, weshalb diese Tatsachenbehauptungen und Belege nicht bereits im vorinstanzlichen Verfahren hätten beigebracht werden können. Sie sind daher ebenso wenig geeignet, die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz als mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG erscheinen zu lassen.
Zudem sind private Schulden nicht zu berücksichtigen (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts U 219/99 vom 17. März 2000 E. 3b) und die erwähnten Auslagen im Grundbetrag bzw. Zuschlag dazu inbegriffen.
7.
Bei diesem Zwischenergebnis bedürfen die weiteren strittigen Punkte, Fr. 480.- Auto- und Wegkosten, keiner weiteren Erörterung. Denn selbst wenn dieser Betrag zu berücksichtigen wäre, verbliebe ein Einkommensüberschuss von monatlich über Fr. 500.-. und damit ein genügend hoher Betrag, um die erforderlichen Anwaltskosten in absehbarer Zeit, d.h. innert weniger Monate, aus den Einkommensüberschüssen zu bezahlen (BGE 109 Ia 5 E. 3a S. 9).
8.
Bei Streitigkeiten um die unentgeltliche Prozessführung im kantonalen Verfahren sind für Verfahren nach OG praxisgemäss keine Gerichtskosten zu erheben (vgl. dazu SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 E. 4, H 106/03). Dem Antrag auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes kann nicht stattgegeben werden, weil die Begehren zum vornherein aussichtslos erschienen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 152 Abs. 1 OG; BGE 129 I 129 E 2.3.1 S. 135 f.; 128 I 225 E. 2.5.3 S. 236 mit Hinweis).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der IV-Stelle Luzern, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 25. Juni 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: