Tribunale federale
Tribunal federal
{T 1/2}
4C.73/2007 /len
Urteil vom 26. Juni 2007
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Hürlimann.
Parteien
Pro Litteris,
Beklagte und Berufungsklägerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Magda Streuli-Youssef,
gegen
1. Aargauer Zeitung AG,
2. Berner Zeitung AG,
3. Edipresse Publications SA,
4. Handelszeitung und Finanzrundschau AG,
5. Le Temps,
6. Neue Zürcher Zeitung AG,
7. Ringier AG,
8. Tamedia AG,
Kläger und Berufungsbeklagte,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Born.
Gegenstand
Urheberrecht; Vergütungsansprüche für elektronische Pressespiegel,
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 21. Dezember 2006.
Sachverhalt:
A.
Die ProLitteris (Beklagte) ist eine konzessionierte Verwertungsgesellschaft im Sinn von Art. 40 ff. des Bundesgesetzes über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 9. Oktober 1992 (Urheberrechtsgesetz, URG; SR 231.1). Mit Verfügung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum wurde ihr die Bewilligung zur Geltendmachung der sich aus den Art. 13, 20 und 22 URG ergebenden Ansprüche, soweit sie die Werke der Literatur, der bildenden Kunst und der Fotografie betreffen, für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2008 erteilt. Der gemeinsame Tarif (im Folgenden GT) 8 regelt in diesem Zusammenhang das Fotokopieren von Werkausschnitten für den Eigengebrauch in Betrieben, der GT 9 das Speichern und Weiterverbreiten von digitalen Kopien von Werkausschnitten in einem internen Netzwerk eines Betriebes. Die Beklagte zieht für elektronische Vervielfältigungen von Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdiensten gestützt auf den GT 8/VI seit dem 1. Januar 2002 und für interne elektronische Pressespiegel gestützt auf den GT 9/VI seit dem 1. Januar 2004 Vergütungen ein.
B.
Mit Klageschrift vom 15. Januar 2004 machten die Aargauer Zeitung AG, die Berner Zeitung AG, die Edipresse Publications S. A., die Handelszeitung und Finanzrundschau AG, Le Temps, die Neue Zürcher Zeitung AG, die Ringier AG und die Tamedia AG (Klägerinnen) beim Obergericht des Kantons Zürich folgende Rechtsbegehren anhängig:
1. Es sei der Beklagten zu verbieten, gegenüber Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen Vergütungsansprüche geltend zu machen für die elektronische Vervielfältigung und Verbreitung von journalistischen Beiträgen festangestellter Journalistinnen und Journalisten der Klägerinnen, die in den Printmedien und/oder in den Online-Medien der Klägerinnen veröffentlicht worden sind, soweit die Vervielfältigung und Verbreitung zur Herstellung interner elektronischer Pressespiegel (Zusammenstellung von journalistischen Beiträgen aus Zeitungen und/oder Zeitschriften in elektronischer Form) erfolgen.
Eventualiter: Es sei festzustellen, dass die Beklagte Urheberrechte der Klägerinnen verletzt, indem sie gegenüber Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen Vergütungsansprüche geltend macht für die elektronische Vervielfältigung und Verbreitung von journalistischen Beiträgen festangestellter Journalistinnen und Journalisten der Klägerinnen, die in den Printmedien und/oder in den Online-Medien der Klägerinnen veröffentlicht worden sind, soweit die Vervielfältigung und Verbreitung zur Herstellung interner elektronischer Pressespiegel (Zusammenstellung von journalistischen Beiträgen aus Zeitungen und/oder Zeitschriften in elektronischer Form) erfolgen.
2. Es sei der Beklagten zu verbieten, gegenüber Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdiensten Vergütungsansprüche geltend zu machen für die elektronische Vervielfältigung und Verbreitung von journalistischen Beiträgen festangestellter Journalistinnen und Journalisten der Klägerinnen, die in den Printmedien und/oder in den Online-Medien der Klägerinnen veröffentlicht worden sind.
Eventualiter: Es sei festzustellen, dass die Beklagte Urheberrechte der Klägerinnen verletzt, indem sie gegenüber Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdiensten Vergütungsansprüche geltend macht für die elektronische Vervielfältigung und Verbreitung von journalistischen Beiträgen festangestellter Journalistinnen und Journalisten der Klägerinnen, die in den Printmedien und/oder in den Online-Medien der Klägerinnen veröffentlicht worden sind."
C.
Mit Urteil vom 21. Dezember 2006 wies das Obergericht des Kantons Zürich das Rechtsbegehren Ziffer 1 (Haupt- und Eventualantrag) ab (Dispositiv Ziffer 1). In Gutheissung des Hauptantrags des Rechtsbegehrens Ziffer 2 verbot es der Beklagten, gegenüber Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdiensten Vergütungsansprüche geltend zu machen für die elektronische Vervielfältigung und Verbreitung (elektronische Versendung oder Zugänglichmachung) von journalistischen Beiträgen festangestellter Journalistinnen und Journalisten der Klägerinnen, die in Printmedien, sog. Electronic Papers (elektronische Ausgabe von Zeitungen und Zeitschriften) und/oder in den Online-Medien der Klägerinnen veröffentlicht werden (Dispositiv Ziffer 2). Die Kosten wurden den Parteien je zur Hälfte auferlegt (Dispositiv Ziffer 4), die Prozessentschädigungen wettgeschlagen (Dispositiv Ziffer 5). Das Obergericht kam zum Schluss, dass die Erstellung interner elektronischer Pressespiegel unter Art. 19 Abs. 1 lit. c URG fallen könne und die Beklagte insofern gestützt auf Art. 20 Abs. 2 und 4 URG Vergütungen erheben dürfe. Die Herstellung elektronischer Pressespiegel durch Presseausschnitt- oder Dokumentationslieferdienste für einen Auftraggeber sei hingegen nur mit Zustimmung der an den betroffenen Werkexemplaren Berechtigten zulässig, da diese Dienste nicht Dritte im Sinn von Art. 19 Abs. 2 URG seien. Die Beklagte könne deshalb dafür keine Vergütungen geltend machen.
D.
Mit Berufung vom 15. Februar 2007 beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 21. Dezember 2006 teilweise, nämlich Dispositiv Ziffer 2, 4 und 5 aufzuheben und es sei das Rechtsbegehren 2 der Klage vollumfänglich abzuweisen. Eventuell sei "der Berufung" die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Sie rügt eine Verletzung von Art. 19 Abs. 1 und 2, Art. 20 Abs. 2 und 4, Art. 44 sowie Art. 45 Abs. 1 und 2 URG .
Die Klägerinnen beantragen, die Berufung sei abzuweisen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2006 sei zu bestätigen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006, 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem OG (Art. 132 Abs. 1 BGG). Nach Art. 54 Abs. 2 OG hat die Berufung von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung. Der Eventualantrag der Beklagten, "der Berufung" die aufschiebende Wirkung zu gewähren, sofern sie nach BGG zu beurteilen sei, fällt damit dahin.
2.
Die Klägerinnen geben Zeitungen und Zeitschriften heraus. Sie können sich unbestritten auf die Urheberrechte an den von ihnen verlegten und veröffentlichten Exemplaren dieser Print- oder Online-Medien berufen, und es ist nicht mehr umstritten, dass ihnen insbesondere die Urheberrechte an den in diesen Medien veröffentlichten Beiträgen ihrer festangestellten Journalisten zustehen. Die Klägerinnen behaupten, die beklagte Verwertungsgesellschaft verletze diese Urheberrechte durch die Einziehung von Vergütungen insofern, als sie sich die Befugnis anmasse, über die Verwertung des Werks zu entscheiden. Sie verlangen gestützt auf Art. 62 Abs. 1 lit. a URG, es sei der Beklagten zu verbieten, Vergütungen für die Verwertung ihrer Werke in elektronischen Pressespiegeln, die von Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdiensten erstellt werden, zu erheben. Bei elektronischen Pressespiegeln handelt es sich um individuelle Zusammenstellungen von Artikeln aus Zeitungen und Zeitschriften, die Unternehmen und Behörden zu bestimmten Themenbereichen in elektronischer Form herstellen oder herstellen lassen und an ihre Mitarbeiter verteilen.
2.1 Nach Art. 10 Abs. 1 URG hat der Urheber das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk verwendet wird. Dieses Recht umfasst nach Abs. 2 der Norm insbesondere das Vervielfältigungsrecht (lit. a) und das Verbreitungsrecht (lit. b). Das Gesetz sieht zugunsten allgemeiner Interessen Beschränkungen des Urheberrechts vor, so namentlich in Art. 19 URG mit Bezug auf den Eigengebrauch. In diesem Fall bedarf die Werkverwendung nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, sie unterliegt aber nach Massgabe von Art. 20 Abs. 2 URG der Vergütungspflicht. Die Vergütungsansprüche können nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden. Deren Befugnis zur Erhebung der Vergütungen ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (Art. 20 Abs. 4 URG); sie bedarf keiner rechtsgeschäftlichen Grundlage in Verträgen mit den Rechtsinhabern (BGE 124 III 489 E. 2a S. 493 mit Verweis). Die Verwertungsgesellschaften sind verpflichtet, im bewilligungspflichtigen Bereich Tarife aufzustellen für die geltend gemachten Vergütungen (Art. 46 URG). Sind mehrere Verwertungsgesellschaften im gleichen Nutzungsbereich tätig, stellen sie für die gleiche Verwendung von Werken einen gemeinsamen Tarif nach einheitlichen Grundsätzen auf und bezeichnen eine unter ihnen als gemeinsame Zahlstelle (Art. 47 Abs. 1 URG). Die Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten ist zuständig für die Genehmigung der Tarife (Art. 55 Abs. 1 URG). Rechtskräftig genehmigte Tarife sind für die Gerichte verbindlich (Art. 59 Abs. 3 URG). Den Verwertungsgesellschaften ist es allerdings nicht gestattet, auf dem Umweg über einen genehmigten Tarif eine Vergütungspflicht für Tätigkeiten einzuführen, die nach dem Gesetz vergütungsfrei sind (BGE 127 III 26 E. 4 S. 28; 125 III 141 E. 4a S. 144 f.). Es ist Aufgabe der Zivilgerichte, darüber zu wachen, dass aus den Tarifen im Einzelfall keine gesetzeswidrigen Vergütungsansprüche abgeleitet werden (BGE 125 III 141 E. 4a S. 145).
2.2 Die Beklagte zieht gestützt auf Ziffer 6.3.24.2 des von der Eidgenössischen Schiedskommission genehmigten GT 8/VI Vergütungen für elektronische Vervielfältigungen von Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdiensten ein. Diese Ziffer lautet:
"Versenden von elektronischen Vervielfältigungen
Im Sinne einer Ausnahme zu Ziffer 5.4 (...) fallen die im Rahmen des erlaubten Eigengebrauchs gemäss Art. 19 URG bzw. Art. 22 FL-URG erstellten elektronischen Vervielfältigungen, die ein Dokumentationslieferdienst oder ein Presseausschnittsdienst im Sinne von Art. 19 Abs. 2 URG bzw. Art. 22 Abs. 2 FL-URG elektronisch versendet (z.B. als attachment eines E-Mails) bzw. dem Berechtigten ermöglicht, die auf Anfrage elektronisch hergestellten und für ihn bereitgestellten Werkexemplare einzeln bei sich herunterzuladen, ebenfalls unter den gemeinsamen Tarif 8 und werden gemäss Ziffer 6.3.24.1 abgerechnet. Verwendungen im Rahmen von Ziffer 5.2 (...) sind davon ausgeschlossen."
3.
Das Obergericht kam zum Schluss, dass die Erstellung eines betriebsinternen elektronischen Pressespiegels sowie dessen betriebsinterne digitale Übermittlung gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. c URG unter Vorbehalt von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG zulässig sind. Die Klägerinnen bestreiten dies zu Recht nicht.
3.1 Gestützt auf Art. 19 Abs. 1 URG dürfen veröffentlichte Werke zum Eigengebrauch verwendet werden. Als Eigengebrauch gilt unter anderem nach lit. c das Vervielfältigen von Werkexemplaren in Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen für die interne Information oder Dokumentation. Zwar nennt die Norm nur das Vervielfältigungsrecht, dieses muss jedoch das Recht mitenthalten, die Vervielfältigung innerhalb des Betriebs zu verbreiten, da sonst der Zweck - die interne Information oder Dokumentation - gar nicht erreicht werden könnte (Christoph Gasser, Der Eigengebrauch im Urheberrecht, Diss. Bern 1997, S. 98; Ivan Cherpillod, SIWR II/1, 2. Aufl. 2006, S. 277 f.; vgl. auch die Botschaft des Bundesrates zu einem Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte [...] vom 19. Juni 1989, BBl 1989 III 477 S. 540, sowie die Botschaft des Bundesrates zum Bundesbeschluss über die Genehmigung von zwei Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum und zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 10. März 2006, BBl 2006 3389 S. 3421). Art. 19 Abs. 3 lit. a URG schliesst für den Eigengebrauch im Sinn von Art. 19 Abs. 1 lit. c URG die vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare aus. Unter den Begriff des Werkexemplars fallen hier die jeweilige Zeitung oder Zeitschrift, nicht hingegen der einzelne darin enthaltene Presseartikel (Denis Barrelet/Willi Egloff, Das neue Urheberrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, 2. Aufl. 2000, N. 23 zu Art. 19 URG; Yanshi Bu, Die Schranken des Urheberrechts im Internet, Diss. Bern 2004, S. 78). Von einer weitgehend vollständigen Vervielfältigung des Werkexemplars ist auszugehen, wenn in Anbetracht des Umfangs der Kopie für den Durchschnittskonsumenten der Kauf des vollständigen Exemplars uninteressant wird (Barrelet/Egloff, a.a.O., N. 23 zu Art. 19 URG).
3.2 Art. 19 URG soll im Bereich der unkontrollierbaren Massennutzung verhindern, dass sich die Nutzer im Zustand des ständigen Rechtsbruchs befinden (Botschaft 1989, a.a.O., S. 538; Barrelet/ Egloff, a.a.O., N. 5 zu Art. 19 URG; François Dessemontet, Le droit d'auteur, Randnr. 420). Unter diesem Gesichtspunkt kann es keine Rolle spielen, ob bei der Erstellung einer Presseübersicht ein Zeitungsartikel kopiert und damit eine analoge Kopie gemacht wird oder ob der Artikel mit einem Scanner erfasst und so eine digitale Kopie hergestellt wird (vgl. auch Werner Stauffacher, Neue Nutzungsformen - neuer Gemeinsamer Tarif, in: medialex 2004, S. 7). Auch die Botschaft 2006, a.a.O., S. 3421, geht davon aus, dass ein Werk gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. c URG in Form einer digitalen Kopie in einem betriebsinternen Netzwerk gespeichert werden darf. Entsprechend muss die betriebsinterne Verbreitung des elektronischen Pressespiegels über das Computernetzwerk ebenfalls zulässig sein (Cherpillod, a.a.O., S. 278; Gasser, a.a.O., S. 98; die Botschaft 2006, a.a.O., S. 3421, bezeichnet dies als "selbstverständlich").
3.3 Für die Erstellung eines internen elektronischen Pressespiegels erforderliche Vervielfältigungshandlungen sind unter Vorbehalt von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG nach Art. 19 Abs. 1 lit. c URG zulässig. Mit Bezug auf Printmedien bedeutet dies namentlich, dass der Betrieb die betreffenden Seiten der Zeitungen einscannen, die digitalisierten Daten abspeichern, die ausgewählten Artikel aus der eingescannten Quellseite ausschneiden, auf eine Zielseite übertragen und die so entstandene Datei abspeichern darf (vgl. dazu Tonia Rogge, Elektronische Pressespiegel in urheber- und wettbewerbsrechtlicher Beurteilung, Diss. Hamburg 2001, S. 59 ff.). Bei den Electronic Papers, d.h. den integralen Digitalausgaben von Zeitungen und Zeitschriften im Original-Layout, und den Online-Ausgaben, die auf dem Internet unentgeltlich angeboten werden, tritt in der Regel das Herunterladen an die Stelle des Einscannens.
4.
Wer zum Eigengebrauch nach Art. 19 Abs. 1 URG berechtigt ist, darf die dazu erforderlichen Werkexemplare gemäss Art. 19 Abs. 2 URG auch durch Dritte herstellen lassen.
4.1 Im vorliegenden Verfahren ist umstritten, ob Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste Dritte im Sinne dieser Bestimmung sind, so dass die Beklagte ihnen gegenüber nach Art. 20 URG Vergütungen für die elektronische Vervielfältigung und Verbreitung der im Rechtsbegehren 2 umschriebenen Beiträge geltend machen darf. Presseausschnittdienste durchsuchen nach der Umschreibung des Obergerichts auf Grund der von ihren Kunden vorgegebenen Stichworte die Medien themenbezogen und tagesaktuell und erstellen mit den gefundenen Artikeln einen elektronischen Pressespiegel. Mit Bezug auf die Tätigkeit der Dokumentationslieferdienste beschränkt sich das Obergericht darauf festzuhalten, diese Dienste würden Recherchen in ihren Medienarchiven durchführen. Die Konstellation, dass Presseerzeugnisse vollständig kopiert, Archive angelegt und hernach auf Bestellung die gewünschten Artikel ausgeliefert werden, ist nach den Feststellungen des Obergerichts im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen. Unter den im Rechtsbegehren 2 der Klägerinnen verwendeten Begriff "Online-Medien" fallen sowohl die Electronic Papers als auch die aktuellen Online-Angebote.
4.2 In der Lehre besteht keine Einigkeit darüber, ob die Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste als Dritte im Sinne von Art. 19 Abs. 2 URG qualifiziert werden können. Nach der einen Meinung, welcher der Appellationshof des Kantons Bern in einem Urteil vom 21. Mai 2001 gefolgt ist (publ. in: sic! 2001, S. 613/618), muss die Frage verneint werden (Christoph Gasser, in: Barbara K. Müller/Reinhard Oertli, Stämpflis Handkommentar SHK, Urheberrechtsgesetz, N. 27 zu Art. 19 URG; Thierry Calame, Elektronische Pressespiegel und Urheberrecht, in: recht 2002, S. 176/184; Kaessner, a.a.O., S. 1278 f.; Bu, a.a.O., S. 83; Lukas Bühler, Schweizerisches und internationales Urheberrecht im Internet, Diss. Freiburg 1999, S. 261 f.). Zur Begründung wird ausgeführt, der Gesetzgeber habe mit Art. 19 Abs. 2 URG bloss denjenigen entgegenkommen wollen, die sich kein eigenes Kopiergerät leisten könnten (Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, a.a.O., S. 618). Weiter wird geltend gemacht, beim Leistungsangebot der kommerziellen Anbieter von elektronischen Pressespiegeln handle es sich um ein Servicepaket (Recherche/Selektion/Vervielfältigung), dessen Inhalt einen nicht mehr vom Privilegierungstatbestand erfassten Eingriff in die Nutzungsrechte des Urhebers darstelle (Calame, a.a.O., S. 184). Selbst wenn man das Anbieten des Servicepakets auf Bestellung grundsätzlich als zulässig erachte, sei die zu beurteilende Tätigkeit dennoch nicht gestattet, da sie den Kauf der im Handel angebotenen Verlagserzeugnisse als entbehrlich erscheinen lasse (Calame, a.a.O., S. 184 f.; Kaessner, a.a.O., S. 1278). Umfangreiche Zeitungsauswertungen durch kommerzielle Anbieter könnten völlig aus der Kontrolle des Urhebers geraten (Bu, a.a.O., S. 83). Nach der anderen Doktrin, der das Zivilgericht Basel-Stadt in einem Urteil vom 19. Juni 2002 (publ. in: sic! 2003, S. 217/222) gefolgt ist, können Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste Dritte im Sinn von Art. 19 Abs. 2 URG sein (Barrelet/Egloff, N. 17 zu Art. 19 URG; Reto M. Hilty, Anmerkung zum Urteil des Appellationshofes Bern vom 21. Mai 2001, in: sic! 2001, S. 623/627; derselbe, Vergütungsssystem und Schrankenregelungen, in: GRUR 2005, S. 819/822; Cherpillod, a.a.O., S. 280; Werner Stauffacher, Elektronische Pressespiegel und kein Ende?, in: sic! 2003, S. 458/460; Matthias Häuptli, Vorübergehende Vervielfältigungen im schweizerischen, europäischen und amerikanischen Urheberrecht, Diss. Basel 2004, S. 113; Willi Egloff, Revisionsbedarf beim urheberrechtlichen Eigengebrauch, in: medialex 2006, S. 35/40/44). Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, die Tätigkeit des Auswählens von Artikeln stelle keine urheberrechtlich relevante Handlung dar (Reto M. Hilty, Anmerkung, a.a.O., S. 627; Häuptli, a.a.O., S. 113).
4.3 Nach Art. 19 Abs. 2 URG ist es dem zum Eigengebrauch Berechtigten gestattet, die "dazu erforderlichen Werkexemplare auch durch Dritte herstellen zu lassen". Das Erstellen einer digitalen Kopie ist demnach vom Wortlaut der Norm gedeckt. Art. 19 Abs. 2 URG soll verhindern, dass ein Dritter, der die Kopie für den zum Eigengebrauch Berechtigten herstellt, Art. 10 Abs. 2 lit. a URG verletzt. Die Bestimmung wurde unter Berücksichtigung der gängigen Kopierpraxis eingeführt (Botschaft 1989, a.a.O., S. 540). Die Botschaft erwähnt in diesem Zusammenhang zwar lediglich die Konstellation, dass der zum Eigengebrauch Berechtigte selber über keinen Kopierapparat verfügt (Botschaft 1989, a.a.O.). Da zum damaligen Zeitpunkt die rasante Entwicklung der Computertechnologie nicht vorhersehbar war, kann daraus aber nicht der Schluss gezogen werden, die Herstellung digitaler Kopien falle von vorneherein nicht unter Art. 19 Abs. 2 URG; das gilt umso mehr, als der Scanner wie das Kopiergerät ein technisches Hilfsmittel für die Erstellung einer Kopie des Werkexemplars sind. Sinn und Zweck von Art. 19 Abs. 2 URG sprechen demnach wie der Wortlaut dafür, dass die Erstellung einer digitalen Kopie von der Norm abgedeckt wird.
4.4 Die Tatsache, dass die Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste vor Herstellen des Werkexemplars nach Stichworten des Kunden eine Recherche durchführen und die zu kopierenden Artikel auswählen, steht der Anwendung von Art. 19 Abs. 2 URG nicht entgegen. Die blosse Lektüre von Printmedien auf bestimmte Stichworte hin und die anschliessende Auswahl von Artikeln durch den Dritten greifen nämlich nicht in die in Art. 10 URG umschriebenen Nutzungsrechte des Urhebers ein. Für das Lesen der Electronic Papers bzw. der Online-Angebote auf dem Bildschirm muss das Werk über das Internet abgerufen werden, womit geschützte Daten im Arbeitsspeicher oder anderen Pufferspeichern des Nachfragers gespeichert werden und urheberrechtlich gesehen eine Vervielfältigung vorgenommen wird. Diese flüchtige Speicherung erlaubt jedoch keine über die Wahrnehmung hinausgehende Werkverwendung; sie ist vielmehr Teil der Werkvermittlung. Ihr kommt damit keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu, weshalb sie vom Vervielfältigungsrecht des Urhebers auszunehmen ist (Bühler, a.a.O., S. 166; vgl. auch den Entwurf eines neuen Art. 24a URG, wonach vorübergehende Vervielfältigungen eines Werks zulässig sind, wenn sie flüchtig oder begleitend sind, einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen, ausschliesslich der Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder einer rechtmässigen Nutzung dienen und keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben; BBl 2006 3444). Die Online-Recherche (sog. Browsing) ist grundsätzlich geeignet, Art. 10 Abs. 2 lit. a URG zu verletzen, da sie die vorübergehende, wenn auch nur extrem kurze Festlegung der digitalisierten Fassung eines Werks im Arbeitsspeicher des Computers voraussetzt (Ulrich Loewenheim, in: Gerhard Schricker [Hrsg.], Urheberrecht, Kommentar, 3. Aufl. 2006, N. 20 f. zu § 16 dURG). Hier handelt es sich jedoch ebenfalls um eine flüchtige Speicherung, der keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, weshalb sie vom Vervielfältigungsrecht des Urhebers auszunehmen ist (vgl. auch die Botschaft 2006, a.a.O., S. 3431, die im Zusammenhang mit der geplanten Einführung eines Art. 24a URG das Browsing ausdrücklich nennt). Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass der Anbieter, der eine Webseite im Netz bereitstellt, mit dem Browsen einverstanden ist, da er den Zugriff möglichst vieler Nutzer beabsichtigt (Rogge, a.a.O., S. 304 f.).
4.5 Die Gründe, welche in der Lehre dafür angeführt werden, Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste allgemein nicht als Dritte im Sinn von Art. 19 Abs. 2 URG zu betrachten, sind nicht stichhaltig. Dieses Ergebnis entspricht auch der Meinung, die der Bundesrat im Zusammenhang mit der geplanten Änderung von Art. 19 Abs. 2 URG vertritt. Das URG soll im Rahmen der vorgesehenen Ratifikation des WIPO-Urheberrechtsvertrags (im Folgenden WCT), der den Schutz der Urheber in Bezug auf grenzüberschreitende Kommunikationstechnologien wie das Internet regelt, in verschiedener Hinsicht revidiert werden. Im vorparlamentarischen Verfahren wurde von Interessengruppen verlangt, die Möglichkeit, für den Eigengebrauch bestimmte Vervielfältigungen durch Dritte herstellen zu lassen, sei auf den Bereich der Reprographie einzuschränken (Botschaft 2006, a.a.O., S. 3404). Der Entwurf des Bundesrates kommt dieser Forderung nicht nach. Gemäss der in der Botschaft vertretenen Meinung genügen die in anderer Hinsicht vorgenommenen Ergänzungen von Art. 19 URG, um die Norm an das digitale Umfeld anzupassen (Botschaft 2006, a.a.O., S. 3429). Der Bundesrat hält es demnach nicht für erforderlich, mit Bezug auf die Zulässigkeit der digitalen Vervielfältigung durch Dritte eine Klarstellung vorzunehmen. Der Ständerat hat als erstbehandelnder Rat dem Entwurf des Bundesrates mit Bezug auf die Änderung von Art. 19 Abs. 2 URG am 19. Dezember 2006 diskussionslos zugestimmt (AB 2006 S 1203 f.).
5.
Die Klägerinnen machen mit ihrem generell formulierten Rechtsbegehren geltend, es gebe bei der elektronischen Vervielfältigung und Verbreitung der im Rechtsbegehren 2 umschriebenen journalistischen Beiträge überhaupt kein Vorgehen, bei dem die Handlungen der Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste unter Art. 19 Abs. 2 URG fallen würden.
5.1 Nach den Feststellungen des Obergerichts werden die Zeitungsausschnittsdienste gemäss heutiger Geschäftspraxis von ihren Kunden nicht mit der Suche nach einem bestimmten Artikel beauftragt. Gesucht wird vielmehr nach allgemeinen Suchbegriffen (Namen, Sachthemen, Inserate), die die Kriterien der Kunden erfüllen. Die kommerziellen Presseausschnittsdienste kennen unterschiedliche Verfahren für die Erstellung elektronischer Pressespiegel. Beim selektiven Einscannen werden die Printmedien von Lektoren nach Artikeln zu vorgesehenen Themenbereichen durchsucht. Die interessierenden Artikel werden gekennzeichnet, eingescannt, in ein computerlesbares Textformat übersetzt, am Computer bearbeitet (ausgeschnitten) und in Kopie auf einer Datenbank gespeichert. Wenn die Mitarbeiter auch in den von den Verlagen angebotenen Online-Ausgaben recherchieren, werden die digitalisiert vorliegenden Artikel entweder direkt aus dem Netz heruntergeladen oder aber ausgedruckt und anschliessend eingescannt. Beim vollständigen Einscannen werden die ausgewählten Presseerzeugnisse vollständig oder teilweise - sofern lediglich einzelne Rubriken erfasst werden sollen - mit einem Scanner seitenweise digitalisiert. Anschliessend werden die Zeitungsseiten in Volltextdateien umgewandelt, und es wird anhand von vorgegebenen Stichwörtern eine Selektion vorgenommen. Die beim Suchvorgang gefundenen Artikel werden vom Programm ausgeworfen und in einer entsprechenden Datei abgespeichert. Die digitalen Artikel werden bearbeitet, abgespeichert und beim kommerziellen Anbieter nach den jeweiligen Suchprofilen den einzelnen Kunden zugeordnet.
5.2 Für die Anwendbarkeit von Art. 19 Abs. 2 URG ist zunächst nicht erforderlich, dass die berechtigte Person das Werk selbst zur Verfügung stellt (BGE 128 IV 201 E. 3.5 S. 214; Barrelet/Egloff, a.a.O., N. 20 zu Art. 19 URG; Gasser, a.a.O., S. 109 f.; Jens Kaessner, Elektronische Archive und Pressespiegel, in: AJP 1999, S. 1276/1279; Tobias Baumgartner, Privatvervielfältigung im digitalen Umfeld, Diss. Zürich 2006, S. 85; der Entwurf des Bundesrates zu einem Urheberrechtsgesetz von 1984 hatte dies hingegen in Art. 29 Abs. 3 - ausser für öffentlich zugängliche Dokumentationszentren gemäss Abs. 2 der Norm - ausdrücklich vorgesehen; BBl 1984 III 173 S. 271). Der Dritte darf also aus eigenen Beständen kopieren. Voraussetzung ist immerhin der rechtmässige tatsächliche Zugang zum Originalexemplar (BGE 128 IV 201 E. 3.5 S. 214). Darüber hinaus muss auch bei Art. 19 Abs. 2 URG die Schranke von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG berücksichtigt werden; die vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare ausserhalb des privaten Kreises ist demnach unzulässig (BGE 128 IV 201 E. 3.5 S. 214; die geplante Neufassung von Art. 19 Abs. 2 URG sieht den Vorbehalt von Abs. 3 ausdrücklich vor; BBl 2006 3443).
5.3 Dem Obergericht ist insoweit zuzustimmen, als der zum Eigengebrauch Berechtigte selbst bestimmen muss, was kopiert werden soll, damit Art. 19 Abs. 2 URG zur Anwendung kommt. Ein Kopieren auf Vorrat durch den Dritten ist damit ausgeschlossen. Entgegen der Ansicht des Obergerichts legt der zum Eigengebrauch Berechtigte jedoch auch dann fest, welche Werkexemplare zu erstellen sind, wenn er den Presseausschnitt- oder Dokumentationslieferdiensten lediglich die Stichworte für die Auswahl der Werke nennt, weil auch in diesem Fall die Selektion auf seinen Kriterien beruht.
5.4 Da die Recherche und die Selektion der Artikel urheberrechtlich irrelevante Handlungen sind, greifen die Presseausschnitt- oder Dokumentationslieferdienste damit nicht in die Urheberrechte der Klägerinnen ein. Darüber hinaus bestimmen die Kunden selber, welche Artikel kopiert werden sollen. Die Klägerinnen machen nicht geltend, die Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste hätten keinen rechtmässigen tatsächlichen Zugang zu den Originalexemplaren. Sofern die Dienste bei der Herstellung der Kopie keine anderen Handlungen vornehmen, als der zum Eigengebrauch Berechtigte selber vornehmen dürfte (siehe dazu oben E. 3.3), fällt die Vervielfältigung des Werkexemplars deshalb unter Art. 19 Abs. 2 URG.
6.
Die Klägerinnen wenden schliesslich ein, der Beschleunigungseffekt durch die elektronische Vervielfältigung und Verbreitung von Pressespiegeln gefährde sie offensichtlich in hohem Masse, da die Tätigkeit der Medienbeobachtungsunternehmen nunmehr einer Verlagstätigkeit gleichkomme und den Kauf der im Handel angebotenen Printmedien als entbehrlich erscheinen lasse. Die Anwendung von Art. 19 Abs. 2 URG auf die genannte Tätigkeit der Medienbeobachtungsunternehmen verletze deshalb den in verschiedenen internationalen Abkommen vorgesehenen Dreistufentest.
6.1 Der in Art. 9 Abs. 2 der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst in der Pariser Fassung vom 24. Juli 1971 (SR 0.231.15; im Folgenden RBÜ) für die Vervielfältigung und in Art. 13 des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum vom 15. April 1994 (SR 0.632.20, Anhang 1C; im Folgenden TRIPS-Abkommen) allgemein festgeschriebene Dreistufentest sieht vor, dass (1.) Beschränkungen und Ausnahmen von ausschliesslichen Rechten auf bestimmte Sonderfälle eingegrenzt werden, (2.) die normale Verwertung des Werkes nicht beeinträchtigt werden darf und (3.) die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht unangemessen verletzt werden dürfen (vgl. auch Art. 10 Abs. 1 WCT). Die erste Teststufe schliesst generalklauselartige Ausnahmebestimmungen aus. Es muss klar sein, welche Zielsetzung mit der Ausnahme oder Beschränkung verfolgt wird. Die zweite Teststufe verlangt eine Verhältnismässigkeitsprüfung im Hinblick auf die Verwertungsmöglichkeiten des Urheberrechts. Dabei bestimmt sich nach der Art des fraglichen Rechts und nach dem diesbezüglichen Absatzmarkt, was eine normale Verwertung ist. In der dritten Teststufe ist eine Verhältnismässigkeitsprüfung im engeren Sinn vorzunehmen. Ein Eingriff in die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber ist unzulässig, sofern er ihnen nicht zugemutet werden darf (Botschaft 2006, a.a.O., S. 3413). Die Beeinträchtigung ist dann unzumutbar, wenn die Interessen Dritter diejenigen des Rechtsinhabers nicht zu überwiegen vermögen (Christoph Gasser/Sandro Macciacchini/Reinhard Oertli, in: Müller/Oertli, a.a.O., N. 16 der Vorbem. zu Art. 19 URG). Durch die Zahlung einer angemessenen Vergütung kann die durch eine Schranke verursachte Verletzung berechtigter Interessen so abgemildert werden, dass keine Verletzung der dritten Teststufe vorliegt (Martin Senftleben, Grundprobleme des urheberrechtlichen Dreistufentests, in: GRUR International 2004, S. 200/205; Baumgartner, a.a.O., S. 112). Auf Grund der unterschiedlichen Formulierungen in den verschiedenen internationalen Erlassen, die den Dreistufentest vorsehen, ist unklar, um wessen Interessen es im Rahmen dieser dritten Stufe überhaupt geht. Während Art. 9 RBÜ und Art. 10 WCT vom Urheber sprechen, nennt Art. 13 TRIPS-Abkommen den Rechtsinhaber. Die Interessen der Verwerter stimmen aber nicht notwendigerweise mit denjenigen der Urheber überein. Da der Dreistufentest dem Schutz des Urhebers mindestens ebenso dient wie demjenigen der Verwerter, geht es nicht an, ihn ausschliesslich aus der Optik des Verwerters vorzunehmen (Reto M. Hilty, Urheberrecht in der Informationsgesellschaft - Schweizer Modell vs. Europäische Vorgaben, in: sic! 2004, S. 966/969; derselbe, Vergütungssystem, a.a.O., S. 825 f.; vgl. auch Senftleben, a.a.O., S. 209).
6.2 Da die Beschränkung des ausschliesslichen Rechts nur den Fall betrifft, dass anstelle des zum Eigengebrauch Berechtigten ein Dritter ein Werkexemplar herstellt, ist die erste Teststufe im vorliegenden Fall unproblematisch. Die normale Verwertung einer Zeitung liegt sodann - wie die Klägerinnen selbst festhalten - im Verkauf sowie in der Nutzung der Online-Ausgaben und der Electronic Papers. Nach den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts ist die klägerische Behauptung, die Tätigkeit der Medienbeobachtungsunternehmen führe zu einem Rückgang der Auflagen und zum Verlust von Lesern, unbelegt und unsubstantiiert. Eine Verletzung der zweiten Teststufe liegt demnach nicht vor.
6.3 Im Rahmen der dritten Teststufe ist eine Abwägung zwischen den Interessen der Rechtsinhaber und denjenigen Dritter vorzunehmen. Der einzelne Informationssuchende wird in der immer dichter werdenden, unstrukturierten Datenflut zunehmend auf Spezialisten angewiesen sein. Das gilt gerade für kleine Betriebe, die für die Informationssuche kaum professionelle eigene Angestellte bezahlen können (Hilty, Urheberrecht, a.a.O., S. 968). Auf Grund der praktisch nicht mehr überschaubaren Anzahl von Pressetiteln hat die Informationsgesellschaft mit Blick auf die Meinungsvielfalt ein grosses Interesse daran, dass spezialisierte Anbieter elektronische Pressespiegel für ihre Kunden erstellen dürfen, ohne dafür auf die Zustimmung der Verlage angewiesen zu sein (Hilty, Urheberrecht, a.a.O., S. 969; derselbe, Vergütungssystem, a.a.O., S. 825 ff.; Egloff, a.a.O., S. 41; vgl. auch Thomas Hoeren, Pressespiegelschranken im Urheberrecht - eine Anfrage an die Informationsfreiheit, in: Festschrift für Jean Nicolas Druey zum 65. Geburtstag, Zürich 2002, S. 773/775, wonach ein Verbotsrecht in die Grundfesten der Informationsfreiheit eingreife und daher nicht begründbar sei). Unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage kann nicht angenommen werden, es werde in die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber auf unzumutbare Weise eingegriffen, wenn ihnen anstelle des Verbotsrechts lediglich ein Vergütungsanspruch eingeräumt wird, da sowohl die Interessen der Journalisten als auch diejenigen der Verlage zu berücksichtigen sind. Mit Bezug auf den Pressespiegel ist dem Verlag, der sich in der Regel von den Journalisten umfassende Nutzungsrechte einräumen lässt, zwar mit einem Verbotsrecht am besten gedient, da er es damit in der Hand hat, die Vervielfältigung der Werke zu verhindern oder seine Zustimmung gegen entsprechendes Entgelt zu erteilen. Der Journalist als Urheber des einzelnen Artikels hat an einem Verbotsrecht hingegen kein Interesse. Einerseits ist er daran interessiert, dass seine Beiträge vielen Lesern zur Verfügung stehen. Andererseits verdient er nur dann an der durch den Presseausschnitt- oder Dokumentationslieferdienst vorgenommenen Vervielfältigung, wenn statt des an den Verlag abgetretenen Verbotsrechts ein Vergütungsanspruch besteht (vgl. Art. 49 Abs. 3 URG). Da sich unter diesen Umständen die Interessen des Urhebers im Resultat mit denjenigen der Allgemeinheit decken und der Verlag durch die entgeltliche gesetzliche Lizenz eine Vergütung erhält, ist der Eingriff in die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber nicht als unzumutbar anzusehen (vgl. auch Hilty, Urheberrecht, a.a.O., S. 969; derselbe, Vergütungssystem, a.a.O., S. 820 und 825 f.). Auch die dritte Teststufe ist demzufolge nicht verletzt.
6.4 Nach dem Gesagten steht die Auslegung von Art. 19 Abs. 2 URG, wonach Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste, die für ihre Kunden nach deren Stichworten elektronische Pressespiegel erstellen, Dritte im Sinn dieser Norm sein können, nicht im Widerspruch zum Dreistufentest.
7.
Gemäss Ziffer 6.3.24.2 des GT 8/VI zieht die Beklagte Vergütungen nur für solche elektronische Vervielfältigungen ein, die die Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdienste als Dritte im Sinn von Art. 19 Abs. 2 URG erstellen und elektronisch versenden. Nach dem Gesagten sind derartige Konstellationen denkbar. Ziffer 5.5 des GT 8/VI weist darüber hinaus darauf hin, dass für das vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigen im Handel erhältlicher Werkexemplare die ausdrückliche Erlaubnis der betreffenden Rechtsinhaber erforderlich sei. Die Beklagte masst sich demnach keine Befugnisse der Klägerinnen an, wenn sie gemäss Ziffer 6.3.24.2 des GT 8/VI von den Presseausschnitt- und Dokumentationslieferdiensten Vergütungen einzieht, sondern erfüllt vielmehr ihre gesetzliche Pflicht, für zwingend verwertungspflichtige Nutzungen Vergütungsansprüche geltend zu machen (Art. 44 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 und 4 URG ). Die Berufung ist begründet.
8.
Aus den genannten Gründen ist die Berufung gutzuheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2006 ist teilweise, nämlich Dispositiv Ziffern 2, 4 und 5 aufzuheben und das Rechtsbegehren 2 der Klage abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Klägerinnen kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Berufung wird gutgeheissen. Dispositiv Ziffern 2, 4 und 5 des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2006 werden aufgehoben, und das Rechtsbegehren 2 der Klage wird abgewiesen.
2.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 9'000.-- wird den Klägerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
4.
Die Klägerinnen haben die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 10'000.-- zu entschädigen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Juni 2007
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: